Merkels clevere Kommunikationsstrategien zur Imageerweiterung

Seit einiger Zeit schon beobachte ich Angela Merkels teils sehr erfolgreichen Versuche zur Imageerweiterung. Sie gibt sich ein fortschrittliches Image vor allem über die Klima- und Entwicklungsthematik, nimmt bewusst Kontakt auf zur progressiven Pop-Szene und kritisiert gelegentlich den US-Präsidenten Bush. Und sie versucht, sich und ihrer Partei ein sozialeres Image zu geben. Das zielt auf eine strategische Erweiterung des Wählerpotenzials und der Koalitionsmöglichkeit mit den Grünen. Jetzt sind diese Vermutungen durch ein öffentlich gewordenes so genanntes geheimes Protokoll aus dem Bundeskanzleramt bestätigt worden. Außerdem sprechen verschiedene Äußerungen von Dr. Heiner Geißler für die Planung und den Erfolg dieser Strategie. Albrecht Müller.

Wie Bertelsmann mit zweifelhaften Studien die Puppen in der Politik tanzen lässt

Erinnern Sie sich noch: Vor einem Monat sagte die Bundesregierung der Fettleibigkeit den Kampf an. Angestoßen wurde die Debatte mal wieder über eine internationale Vergleichs-„Studie“, über die zunächst die Süddeutsche Zeitung berichtete. BILD zog mit den Schlagzeilen nach: „Wir sind die dicksten Europäer“ und „Wir sind zu fett“. Und wie so häufig in einem Land, in dem mit BILD und Glotze regiert wird, hechelte die Politik hektisch der Medienkampagne nach. Seehofer hörte die Signale und zog ein Diätprogramm für die Deutschen aus der Tasche.
Die deutschen Daten für die Vergleichsstudie stammten – na Sie ahnen es schon – natürlich aus dem Gesundheitsmonitor der Bertelsmannstiftung von 2003.
Das Robert Koch-Institut bezweifelt nun die Vergleichbarkeit der Datensätze und kommt zu ganz anderen Zahlen als die Bertelsmänner. Damit wird das Problem der Dickleibigkeit nicht viel kleiner, aber interessant ist, wie in Deutschland Politik funktioniert. Wolfgang Lieb.

Audiatur et altera pars! Oder: Wer nur noch Gewalt sieht, gibt die Demonstrationsfreiheit auf

„Die G 8-Schlacht“ titelt BILD und bietet wie auch Spiegel Online oder Focus Online Frontberichterstattung per Newsticker. Bei der „jungen Welt“ kommt in einer Chronologie die andere Seite zu Wort.
Gewaltfetischisten und Gewalt polizeilicher Repression und die „Kriegsberichterstattung“ darüber sollen uns mit aller Brutalität beweisen: Nur diese Welt ist möglich!
Die Zehntausende, die friedlich dafür demonstriert haben, dass auch eine andere Welt möglich sein soll, werden in die Rolle von naiven Biedermännern abgedrängt, die den Brandstiftern die Bühne zimmern. Die Demonstrationsfreiheit und der friedliche Protest gegen eine falsche Globalisierung werden zwischen Gewalt und Gegengewalt zerrieben. Wolfgang Lieb.

Der Konsumklimaindex steigt, der Einzelhandelsumsatz fällt

Voller Begeisterung wurde aufgenommen, dass der Konsumklimaindex der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) im Mai unerwartete Höchstwerte erreichte. Regelmäßig folgt in der letzten Zeit dem „Stimmungshoch“ die Enttäuschung über die nüchternen Realitäten: Laut Statistischem Bundesamt ist der Einzelhandelsumsatz im April real um 0,6 Prozent gesunken. Nach wie vor bremst also der rückläufige Konsum die Konjunktur.

Statistisches Bundesamt: Die G 8-Staate emittieren 43 % des gesamten globalen CO 2 – Ausstoßes

Die G8-Staaten Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Russische Föderation, Vereinigte Staaten und das Vereinigte Königreich verursachten 2004 einen Gesamtausstoß an CO2-Emissionen von 11,3 Milliarden Tonnen. Wie das Statistische Bundesamt vor Beginn des G8-Gipfels am 6. Juni weiter mitteilt, waren dies knapp 43% der gesamten globalen CO2-Emissionen von 26,6 Milliarden Tonnen. Die G8-Staaten belasteten mit jährlich 13,2 Tonnen CO2 je Einwohner die Atmosphäre, ver­glichen mit 4,2 Tonnen je Einwohner im Weltdurchschnitt. Den höchsten Pro-Kopf-Aus­stoß an CO2 hatten im G8-Vergleich die Vereinigten Staaten mit 19,7 Tonnen je Ein­wohner. Am niedrigsten war er in Frankreich mit 6,2 Tonnen. In Deutschland lag der entsprechende Wert bei 10,3 Tonnen CO2 je Einwohner.
2006 entfielen mit 4,8 Billionen US-Dollar rund 40% der globalen Warenausfuhren (12,1 Billionen US-Dollar) auf diese Ländergruppe.
Die G8-Staaten (ohne Russische Föderation) leisteten 2005 Entwicklungshilfe (netto) in Höhe von 80,5 Milliarden US-Dollar. Das waren 0,30% ihres Bruttonationaleinkommens.
Quelle: Statistisches Bundesamt

„Willy wählen ’72“ – Eine Dokumentation und Analyse des bisher erfolgreichsten Wahlkampfes der SPD. Signierte Exemplare für NachDenkSeiten-Leser.

Willy wählen 1972 - Siege kann man machen

Wenn man Vertreter der heute herrschenden SPD-Gruppe auf die 45,8% anspricht, die die SPD als vergleichsweise linke Partei mit einem offensiven Wahlkampf 1972 erreicht hatte, dann verweisen sie auf die angeblich total veränderten Umstände. Die Umstände haben sich jedoch nicht prinzipiell verändert, die SPD hat sich verändert. Sie hätte auch damals die Wahl nicht gewonnen, wenn sie sich der Wirtschaft und den Rechtskonservativen so angepasst hätte, wie sie das heute tut.
Ich war damals für den Wahlkampf der SPD verantwortlich und habe ihn dann 1997 in einem Buch dokumentiert. Dieses ist auch heute noch sehr aktuell – politisch und im übrigen anregend für alle, die mit Öffentlichkeitsarbeit tun haben. Und dann ein Geschenk für jene, die sich 1972 politisch engagiert haben, oder nur wissen wollen, wie das damals war. Ziemlich anders, als es in einschlägigen historischen Werken steht. In „Willy wählen ’72. Siege kann man machen“ werden eine Reihe von Vorurteilen der bisherigen Geschichts-(en)schreiber widerlegt.
Die Hälfte des Erlöses geht an den Förderverein der NachDenkSeiten für den Ausbau derselben. Albrecht Müller.

Vom blauen Himmel über der Ruhr zur vergifteten Luft über NRW

NRW das Land von Kohle und Stahl, dessen Industriegeschichte sprichwörtlich für eine geschundene Umwelt wurde, erlebt einen Strukturwandel: Vom Land der Kokereien und Hochöfen zum Land der Abfallverbrennungsanlagen. Mit 480 Anlagen zur thermischen Verbrennung gibt es in keinem anderen Land eine solche Dichte von Verbrennungsanlagen. NRW ist mit 2,4 Mio. Tonnen Abfall aus dem Ausland – darunter über 600.000 Tonnen gefährlicher Sondermüll (Daten aus dem Jahr 2005) – vom Kohleexportland zum Müllimportland aus der ganzen Welt geworden. Der Müll aus 52 Ländern von Italien bis nach Australien, das demnächst 22.000 Tonnen Hexachlorbenzol (HCB), eines der zwölf gefährlichsten Gifte nach Deutschland liefern will, wird in NRW „entsorgt“ [PDF – 120 KB].
Für die Müllentsorgungsunternehmen sind die Verbrennungsöfen „eine Lizenz zum Gelddrucken“. Und die NRW- Kommunal- und Landespolitiker von SPD und CDU haben dazu nicht nur die Lizenz erteilt, sondern teilweise auch kräftig kassiert. Wolfgang Lieb.

„Dummbabbler“ nennt man in meiner Heimat Heidelberg jemanden, der so spricht wie der Bahnchef

Mehdorn attackiert seine Kritiker. Siehe unten. Wer kritisch fragt und analysiert wie Attac oder bahn-für-alle oder wir in den NachDenkSeiten, erhält das Etikett „Rezepte der Vergangenheit“. Die Etiketten ersetzen das Denken. Übrigens kennt Mehdorn die Sprach-Gebräuche meiner Heimat. Er war Chef der Heidelberger Druckmaschinen AG. Dort war man durchweg heilfroh, als man ihn wieder los war. Albrecht Müller.

Lorenz Jarass: Die Unternehmenssteuerreform 2008 kostet nicht 5 Mrd. €, sondern über 10 Mrd. € pro Jahr

Die Reform hat schädliche Auswirkungen auf Arbeitsplätze und ökonomische
Stabilität, da die Steinbrück-Strukturreformen kastriert wurden: Die
steuerliche Privilegierung von Krediten gegenüber Eigenkapital wird verstärkt, Arbeitsplatzexport und Heuschrecken werden weiter steuerlich begünstigt.
Wer sich umfassend über die Unternehmenssteuerreform 2008 unterrichten will, wen eine Bestandsaufnahme und Analyse der Besteuerung interessiert, wer Genaueres über die Reform und ihre Kritik erfahren möchte und wer gerne Daten und Tabellen studiert, der sollte in das ins Netz gestellte Buch von Lorenz Jarass [PDF – 1.2 MB] schauen.

Nochmals: Ver.di: Mindestlohn schafft 450 000 Jobs

Am 29. Mai haben wir unter der Ziffer 12 unserer Hinweise auf eine Studie von Klaus Bartsch hingewiesen, in der dieser durchgerechnet hat, dass die Einführung des Mindestlohns die Binnennachfrage spürbar anregen und dadurch mehrere Hunderttausend neue Jobs schaffen könnte.
Wir haben angesichts z.B. einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft, die zu einem gegenteiligen Ergebnis kommt, zu dem Gutachten im Auftrag von ver.di sicher sehr oberflächlich angemerkt, dass wir von solchen Studien generell nicht viel halten. Wir sind mit diesem Urteil Klaus Bartsch vor allem im Vergleich zu anderen Studien zu diesem Thema nicht gerecht geworden. Wir möchten deshalb gerne die Stellungnahme von Klaus Bartsch unseren Leserinnen und Lesern zur Kenntnis geben.