Hinweise des Tages

Jens Berger
Ein Artikel von:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (KR/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Noam Chomsky: „Europas Krisenstrategie ist Selbstmord“
  2. Eurokrise
  3. Söder wütet gegen Griechen
  4. Habermas, Bofinger, Nida-Rümelin – Für einen Kurswechsel in der Europapolitik
  5. Eine angereicherte Steuerdebatte
  6. Schweizer Banken mögen Romney
  7. Italiens Premier zur Euro-Krise: Monti fürchtet Auseinanderbrechen Europas
  8. Hartz-IV-Wohnregelung verfassungswidrig?
  9. Ein Jahr nach dem Gewaltausbruch: Englands verdrängte Unruhen
  10. Gauck und wie er die Welt sieht
  11. Obamas Drohnenkrieg – Lizenz zum Töten
  12. Berichte über Gräueltaten in Syrien – Vorsicht vor Propaganda
  13. Zu guter letzt: Wenn die Reichensteuer kommt …

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Noam Chomsky: „Europas Krisenstrategie ist Selbstmord“
    Einer der wichtigsten Intellektuellen der Gegenwart: Noam Chomsky. Die Tea-Party-Bewegung erinnert ihn an die Nazis, Obama lässt Unschuldige morden, und auch dem Tagesspiegel misstraut er: Noam Chomsky ist streitlustig wie eh und je:

    „Die europäische Krisenstrategie ist Selbstmord. Es ist ziemlich schwierig, die Politik der sogenannten Troika unter der Führung Deutschlands als etwas anderes als Klassenkampf zu interpretieren. EZB-Präsident Mario Draghi hat selbst gesagt, dass man den Sozialstaat loswerden will.“

    Quelle: Tagesspiegel

  2. Eurokrise
    1. Sparpaket in Spanien: Gefährliche Drohung
      Wenn Spaniens Premier Rajoy von Einsparungen spricht, müssen die Spanier darunter leiden
      Nach mehrmaligem Aufschub werden die Spanier heftiger denn je zur Ader gelassen – von ihrem Premier Mariano Rajoy. Brechen die Einnahmen weg, müssen eben Ausgaben gekürzt werden. So einfach, so kompliziert. 102 Milliarden Euro will Spaniens konservative Regierung bis 2014 einsparen. Das sind 37 Milliarden Euro mehr als zuletzt geplant. Einstellungsstopp im öffentlichen Dienst und eine Sondersteuer auf Treibstoffe sollen zusätzliches Geld in die Staatskasse spülen. Doch auch die Leidensfähigkeit der Bevölkerung hat ein absehbares Ende.
      Quelle: derStandard.at

      Anmerkung JB: Man muss wahrlich kein Prophet sein, um bereits jetzt zu sagen, dass die „Sparziele“ nicht eingehalten werden können, da die Kürzungen und Sondersteuern die ohnehin bereits schwer angeschlagene Konjunktur endgültig ruinieren. Damit wird Spanien ein sicherer Kandidat für den ESM.

    2. Studie zur Wettbewerbsfähigkeit: Euro-Sorgenländer holen auf
      Eine neue Studie über die Konkurrenzfähigkeit innerhalb der Euro-Zone zeigt Unerwartetes – die Krisenländer werden im Vergleich zu den Kernländern immer wettbewerbsfähiger. Wichtigste Ursache: “Die Lohnstückkosten in den Krisenländern sind teilweise rapide gesunken”, so Bert Colijn, einer der Studienautoren. Die Lohnstückkosten sind auch in Griechenland in den vergangenen zwei Jahren deutlich gefallen, den Erhebungen zufolge ist die Produktivität gestiegen und sind die Löhne gesunken. “Diese Anpassungen haben zu einem großen Teil mit dem Druck der Troika zu tun”, sagt Colijn, diese Restrukturierung “dürfte mittel- bis langfristig positive Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der griechischen Wirtschaft haben”.
      Quelle: Spiegel Online

      Anmerkung Orlando Pascheit: Nach der FTD nimmt nun auch der Spiegel diese Studie zum Anlass, dem Austeritätskurs der Troika Positives abzugewinnen. Einmal abgesehen davon, dass das industrielle Lohnstückkostenniveau (nicht die Entwicklung) in diesen Ländern schon immer unter dem Niveau Deutschlands lag, liegt es auf der Hand, dass bei einem Absenken der Löhne (Auflage der Troika) auch bei gleich bleibender Produktivität die Lohnstückkosten sinken. Wenn dann noch hinzukommt, dass durch die Entlassung von Arbeitnehmern bei gleich bleibendem Output die Produktivität steigt, so fallen die Lohnstückkosten selbstverständlich noch stärker. Die ganze Logik ist allerdings recht absurd, wenn man bedenkt, dass diese Phänomene typisch für eine tiefe Wirtschaftskrise sind. Verschreibe also eine tiefe Depression und steigere damit deine Wettbewerbsfähigkeit. Immerhin vermerkt der Spiegel, dass durch den Sparkurs in diesen Ländern die Nachfrage eingebrochen sei. Er könnte auch ruhig vermerkten, dass der Troikakurs Einkommensverluste und Massenarbeitslosigkeit verursacht hat, weit über das Maß vernünftiger Sparmaßnahmen hinaus. Und selbst wenn man die preisliche Wettbewerbsfähigkeit über alles stellt, so muss doch zum Beispiel im Falle Griechenlands die Frage gestellt werden, welchen Exportprodukten diese preisliche Wettbewerbsfähigkeit zugutekommt. Einmal abgesehen davon, dass Griechenland im Warenhandel eine schon fast zu vernachlässigende Exportquote von 11 % (2011) aufweist, so steht doch nur ein kleines Segment an Produkten im Wettbewerb mit den hoch industrialisierten Ländern des europäischen Kerns. Siehe auch die Anmerkung zum Artikel der FTD auf den NachDenkSeiten.

    3. EZB bewahrt Athen vor Bankrott
      Die Europäische Zentralbank (EZB) hat zur Abwendung der Staatspleite in Griechenland der griechischen Notenbank die Ausgabe von zusätzlichen Notkrediten erlaubt. Wie die “Welt” in ihrer Samstagsausgabe berichtete, stellte der EZB-Rat mit der am Donnerstag getroffenen Entscheidung die Finanzierung Athens bis zur Auszahlung der nächsten Hilfstranche im September sicher. Die Regierung könne nun bis zu vier Milliarden Euro zusätzlich erhalten, die letztlich aus den Mitteln der Zentralbank stammen.
      Quelle: derStandard.at
  3. Söder wütet gegen Griechen
    Der bayrische Finanzminister Markus Söder fordert den schnellen Austritt Griechenlands aus der Eurozone und stellt sich damit gegen die Auffassung der Koalition in Berlin. Die Deutschen könnten nicht länger die Zahlmeister für das verschuldete Land sein, so der CSU-Minister
    Quelle: Frankfurter Rundschau

    Anmerkung JB: Söder macht sich wieder einmal selbst alle Ehre. Der Mann ist frei von jeglichem Verdacht auf Kompetenz und überholt in Sachen Populismus selbst die BILD mühelos. Vielleicht sollte man den bajuwarischen Rumpelstilz besser ganz einfach ignorieren.

  4. Habermas, Bofinger, Nida-Rümelin – Für einen Kurswechsel in der Europapolitik
    In einem programmatischen Essay entwerfen die Philosophen Jürgen Habermas und Julian Nida-Rümelin sowie der Ökonom Peter Bofinger einen neuen Kurs für Europa.
    Sigmar Gabriel, der Vorsitzende der SPD, hatte den Philosophen Jürgen Habermas besucht und ihn um einen Beitrag für das Regierungsprogramm seiner Partei gebeten. Später gesellten sich der Philosoph Julian Nida-Rümelin und der Ökonom Peter Bofinger hinzu.
    Entstanden ist eine programmatische Aufforderung an die deutschen Sozialdemokraten, die nun Gegenstand einer ausführlichen Programmdebatte sein wird. Das Programm soll nicht mehr im „closed-shop“ Verfahren geschrieben werden, sondern im Austausch mit Wissenschaftlern und Intellektuellen.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung WL: Eine Vertiefung der Europäischen Institutionen und eine Souveränitätsübertragung brächten jedoch gar nichts, wenn der derzeitige wirtschafts- und fiskalpolitische nur unter einem europäischen Dach fortgesetzt würde. Die Autoren haben Recht, dass Ausgangspunkt für eine konzeptuelle Neuausrichtung ist eine klare Diagnose der Krisenursachen sein müsste. Sie setzen mit ihrem Strategiewechsel allerdings auch nur auf der fiskalpolitischen Ebene an und plädieren für einen modifizierten Vorschlag des Sachverständigenrats für einen Schuldentilgungsfonds. Über die wirklichen Ursachen der Verschuldung, nämlich die durch die ökonomischen Ungleichgewichte verursachten Leistungsbilanzunterschiede und die dadurch verursachte Verschuldung der Länder mit negativer Leistungsbilanz, denken die Autoren leider nicht nach.

  5. Eine angereicherte Steuerdebatte
    FDP und Steuerzahlerbund sind ganz aufgeregt, weil ein linkes Bündnis um Attac höhere Steuern für Reiche fordert. SPD und Grüne finden das erstmal ganz gut.
    Soll es neue Reichensteuern geben? Die Diskussion wird europaweit geführt und flammt nun auch in Deutschland wieder auf. Der Bund der Steuerzahler ist alarmiert. „Es wird nichts bringen, wenn weiter an der Steuerschraube gedreht wird“, sagte Präsident Rainer Holznagel. Denn Steuererhöhungen hätten noch nie zum Schuldenabbau geführt, sondern nur zu neuen Staatsausgaben.
    Wenig begeistert ist auch die FDP von der Idee, die hohen Vermögen zu besteuern. „Das würde uns alle schwächen, die Wirtschaftskraft schwächen, aber vor allen Dingen Arbeitsplätze kosten“, sagte Generalsekretär Patrick Döring am Wochenende. Denn Deutschland habe viele mittelständische Unternehmen, die von den Eigentümern geführt würden. Dort sei Vermögen gebunden und werde produktiv eingesetzt.
    Quelle: taz

    Anmerkung JB: Wer den Teich trockenlegen will, darf die Frösche nicht fragen.

  6. Schweizer Banken mögen Romney
    Die Banken UBS und Credit Suisse sammeln Spenden für den Republikaner. Sie erwarten, dass Mitt Romney Obamas moderate Bankenregulierung aufhebt.
    Sollte Mitt Romney in drei Monaten zum neuen US-Präsidenten gewählt werden, kann er sich dafür auch bei den beiden Schweizer Großbanken UBS und Credit Suisse (CS) bedanken.
    Der republikanische Kandidat hat nach Informationen des unabhängigen Center for Responsive Politics (CRP) in Washington, D. C. aus den beiden eidgenössischen Banken bislang deutlich mehr Spendengelder erhalten als der demokratische Amtsinhaber Barack Obama.
    Quelle: taz
  7. Italiens Premier zur Euro-Krise: Monti fürchtet Auseinanderbrechen Europas
    Italiens Premier Mario Monti sieht Europas Zukunft düster. Im SPIEGEL-Interview spricht er über eine drohende “psychologische Auflösung Europas” und die Grundlagen der Union. Allen Regierungschefs der Euro-Zone empfiehlt er mehr Unabhängigkeit von den Parlamenten: “Wenn sich Regierungen vollständig durch die Entscheidungen ihrer Parlamente binden ließen, ohne einen eigenen Verhandlungsspielraum zu bewahren, wäre das Auseinanderbrechen Europas wahrscheinlicher als eine engere Integration.”
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung Orlando Pascheit: Das haben wir nun davon, wenn Technokraten und Experten Politik machen: Die Regierungschefs als über dem, aber für das dumme Volk, ja selbst über den schon ziemlich abgehoben jeweiligen Parlamenten stehende gute Diktatoren: „Natürlich muss sich jede Regierung nach den Entscheidungen des Parlaments richten … Aber jede Regierung hat auch die Pflicht, das Parlament zu erziehen.“
    Das ist vielleicht dem Wirtschaftsprofessor, der “ex cathedra” seinen Studenten die Lehrsätze seiner Wissenschaft einpaukt, nachzusehen, aber wenn das die Haltung ist, die sich aus der langjährigen Tätigkeit in der Europäischen Kommission ergibt: Dann gute Nacht Europa. – Da ist es einem schon lieber, dass bei einer Abstimmung über den Euro in Deutschland in Kauf genommen worden wäre, dass der dumme Pöbel das Experiment so aus dem Bauch heraus abgelehnt hätte. Wahrscheinlicher wäre bei entsprechender Überzeugungsarbeit der Eurobefürworter gewesen, dass eine kleine Währungsunion herausgekommen wäre und der Rest in einem weit gefassten EWS (Europäisches Währungssystem) verblieben wäre. Womit wir heute wahrscheinlich besser dastünden.

  8. Hartz-IV-Wohnregelung verfassungswidrig?
    Das Sozialgericht Mainz sieht in aktuellen Anwendung des § 22 Absatz 1 SGB II einen Verstoß gegen die Menschenwürde und das Sozialstaatsprinzip
    Unter den “Kosten der Unterkunft” versteht man die Gelder, die Hartz-IV-Empfängern nach § 22 Absatz 1 SGB II für Miete und Heizung gezahlt bekommen. Diese Aufwendungen werden nicht komplett erstattet, sondern nur zu dem Teil, den ihre Kommune für “angemessen” erachtet. Wessen Miete als zu hoch oder wessen Wohnfläche als zu groß gilt, den fordert das Jobcenter zu einem Umzug auf. Lebt er sechs Monate danach noch in der Wohnung, kürzt die Arbeitsagentur seinen Bezug.
    Diese Regelungen zu den “Kosten der Unterkunft” sind seit ihrem Inkrafttreten immer wieder Anlass für Prozesse. In einer jetzt bekannt gewordenen Entscheidung des Mainzer Sozialgerichts vom 8. Juni (Az.: S 17 AS 1452/09) kommt die 17. Kammer im Fall eines Geringverdienerehepaares aus Worms, für dessen 62 m² große und 358,13 teure Wohnung das örtliche Jobcenter nur 292,20 Miete erstatten wollte, zu dem Schluss, dass die Konkretisierung des Begriffs “angemessen” in § 22 Absatz 1 Satz 1 SGB II durch das Bundessozialgericht “nicht mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG vereinbar” sei. Dazu beziehen sich die drei Richter auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010, in dem der damalige Hartz-IV-Regelsatz als zu pauschal ermittelt verworfen wurde.
    Quelle: Telepolis
  9. Ein Jahr nach dem Gewaltausbruch: Englands verdrängte Unruhen
    Vor einem Jahr wurden London und andere englische Städte von schweren Unruhen erschüttert. Der vordringlichen Frage nach den Ursachen des Gewaltausbruchs gingen das Riots Communities and Victims Panel sowie eine Studie der London School of Economics (LSE) und der Tageszeitung «The Guardian» nach. Sie kommen zu sehr ähnlichen Ergebnissen. Laut der LSE/«Guardian»-Studie nannten die Randalierer als Gründe am häufigsten Wut über eine diskriminierende Behandlung durch die Polizei, Protest gegen soziale und wirtschaftliche Ungerechtigkeit sowie simplen Opportunismus. Auch das von der Regierung beauftrage Panel bestätigt die Bedeutung der Wut auf die Polizei. Vor allem schwarze Randalierer in London nannten die als diskriminierend und entwürdigend empfundenen häufigen Strassenkontrollen durch Polizisten («stop and search») als Beweggrund. Das Panel geht sehr ausführlich auf den sozialen und familiären Hintergrund der Randalierer ein. 70 Prozent von ihnen kamen aus Quartieren, die zu den ärmsten in England zählen. Die LSE/«Guardian»-Studie zitiert das häufig von den Randalierern genannte Fehlen von Jobs, Chancen und Hoffnungen, das zu einer Entfremdung geführt habe. So hätten nur 14 Prozent der befragten Randalierer erklärt, sie fühlten sich als Teil der britischen Gesellschaft, gegenüber 53 Prozent landesweit. Das Panel macht eine Fülle von Vorschlägen, die von besserer Ausbildung und Erziehung an den Schulen bis zu intensiverer Unterstützung von Familien und Jugendlichen durch die Sozialdienste reichen. Es räumt aber ein, dass die Umsetzung dieser Vorschläge aus Kostengründen schwierig sei.
    Bis heute sind die Tories mit ihrer einseitigen Strategie der Kriminalitätsbekämpfung gut durchgekommen. Die harten Strafen sind populär. Das Ausblenden der komplexen sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Dimensionen, die viel schwerer zu beeinflussen sind, wird bereitwillig akzeptiert. England setzt auf Ausgrenzung und Repression und nimmt das Schwelen sozialer Unruheherde in Kauf. Die Geschichte Londons ist, wie der Historiker Clive Bloom gezeigt hat, seit 2000 Jahren geprägt durch eine endlose Serie regelmässig ausbrechender Unruhen und Revolten. Vier Fünftel der befragten Randalierer zeigten sich laut der LSE/«Guardian»-Studie überzeugt davon, dass es wieder zu Unruhen kommen wird. Der letztes Jahr aus der Provinz an die Spitze der Londoner Polizei geholte Bernard Hogan-Howe zeigte Realitätssinn. Er ordnete sogleich an, mehr Polizisten speziell für die Bekämpfung von Unruhen auszubilden und grössere Bestände an Gummigeschossen anzuschaffen.
    Quelle: NZZ

    Anmerkung Orlando Pascheit: Anscheinend existiert in unseren Medien eine Art Zwei-Klassen-Berichterstattung: Während die Berichterstattung über die Fußballweltmeisterschaft uns reichlich mit Hintergrundmaterial vor allem über die Ukraine versorgte, wobei allerdings die Haftbedingungen einer bekannten Oppositionellen an zentraler Stelle standen, ersparen uns unsere Medien die traurige Tatsache, dass in einer der ältesten Demokratien die Olympischen Festspiele an einem nicht zu vernachlässigenden Teil des Demos vorbeigeht. Die Berichterstattung der NZZ bildet eine rühmliche Ausnahme, auch wenn sie einen ganz wesentlichen Aspekt nicht sehen möchte oder kann. Sie begründet die Befürchtung eines neuen Ausbruchs von Gewalt damit, dass die sozialen Hintergründe eher noch düsterer geworden sind: “Die Arbeitslosigkeit ist heute höher als vor einem Jahr, die Reallöhne sind tiefer, und die Budgets für Schulen, Sozial- und Familienhilfen werden drastisch gekürzt, weil der hochdefizitäre Staat sparen muss.” – Dies gilt allerdings in einer ganzen Reihe von europäischen Ländern ebenso. Und auch hierzulande wird vornehmlich “bei Ausbildung und Erziehung an den Schulen bis zu intensiverer Unterstützung von Familien und Jugendlichen durch die Sozialdienste” und manchem Sinnvollem mehr gespart”.

  10. Gauck und wie er die Welt sieht
    Das Sommerinterview des Bundespräsidenten ist nicht nur ein Lob für Merkel. Es macht auch Gaucks konservatives Gesellschaftsbild erkennbar.
    Nach seinem Sommerinterview im ZDF feierte Spiegel Online den Bundespräsidenten Joachim Gauck als unbequemen Mahner, weil Gauck die Kanzlerin aufgefordert habe, sie möge ihre Politik besser erklären. Wie die „Nachdenkseiten“ bereits gezeigt haben, war diese Aussage Gaucks eher ein Lob für Angela Merkel. Denn außer mangelnder Kommunikation hatte er der Regierung nichts weiter vorzuwerfen. Also hatte sich der Präsident eher als Wahlkampfhelfer der Kanzlerin erwiesen. Das Interview zeigt aber noch mehr. Es offenbart Joachim Gauck als einen Anhänger einer überkommenen Gesellschaftstheorie, nach der die unmündige Bevölkerung von einer durch Wissen und Kompetenz überlegenen Elite regiert wird.
    Quelle: Der Spiegelfechter
  11. Obamas Drohnenkrieg – Lizenz zum Töten
    Amerikas Präsident hat den Kampf mit Drohnen nicht nur von seinem Amtsvorgänger übernommen. Er hat ihn ausgeweitet. Aus dem Friedensnobelpreisträger ist ein Krieger geworden. […]
    Es hat lange gedauert, bis sich überhaupt jemand im Lager des Präsidenten getraut hat, Obamas Heilsversprechen von der moralischen Erneuerung Amerikas mit dessen Taten im Krieg gegen den Terrorismus zu kontrastieren. Dabei hat Obama kaum ein Jahr gebraucht, um nicht nur auf die Linie seines Amtsvorgängers George W. Bush einzuschwenken, sondern diesen an „außerordentlicher Grausamkeit“ im Anti-Terror-Krieg zu überflügeln. Zwei Schlüsselereignisse haben ihn dazu motiviert: Der „Unterhosenbomber“, der am ersten Weihnachtstag 2009 beinahe ein Passagierflugzeug zum Absturz gebracht hätte. Und der Aufstieg der „Tea Party“-Bewegung, die den Republikanern zum Sieg bei den Kongresswahlen im November 2010 verhalf – und Obama als Waschlappen verspottete.
    Da schlug der Präsident zurück. Aus dem Mann der Hoffnung und des Wandels, dem Friedensnobelpreisträger, wurde ein Drohnenkrieger, der im „Situation Room“ im Keller des Weißen Hauses eine „Kill List“ führt und Tausende Menschen buchstäblich zum Abschuss freigibt – amerikanische Staatsbürger eingeschlossen. Sein Versprechen, das Gefangenenlager Guantánamo binnen eines Jahres zu schließen, kassierte Obama faktisch, beharrt aber darauf, es irgendwann doch noch einzulösen. Auch das Vorhaben, Terrorverdächtige vor Zivilgerichte zu stellen, statt sie von Militärtribunalen in Guantánamo aburteilen zu lassen, gab er auf.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung KR: Bemerkenswert, ein koservatives, deutsches Leitmedium rückt von der abenteuerlichen, US-amerikanischen Militärpolitik ab.

  12. Berichte über Gräueltaten in Syrien – Vorsicht vor Propaganda
    Seit Beginn der Proteste verprügeln, foltern und töten syrische Sicherheitskräfte Demonstranten. Doch unabhängige Beobachter gibt es in dem Land kaum. Berichte von Massakern und Kriegsverbrechen, die sich die Gegner gegenseitig vorwerfen, sind deshalb mit großer Vorsicht zu betrachten. Das belegen die Erfahrungen aus etlichen bewaffneten Konflikten.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung
  13. Zu guter letzt: Wenn die Reichensteuer kommt …

    Quelle: Stuttmann-Karikaturen

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