Hinweise des Tages

Jens Berger
Ein Artikel von:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Robert Misik – Wer dem armen Schlucker die Sozialhilfe neidet, der kürzt sich am Ende selbst das Einkommen
  2. Der gefühlte Geldsegen
  3. Die neue Lohndebatte
  4. Rezessionen kommen in Prognosen nicht vor
  5. Olli Rehn: “Es dauert leider noch etwas länger”
  6. Die SPD, DIE LINKE und die Mieten – Alltagssorgen können Gewinnerthemen sein
  7. Arbeitsmarkt-Konsens verschafft Hollande Atempause
  8. Griechisches Parlament genehmigt Steuererhöhungen
  9. Wenn Deutschland und Europa soviel mehr ausgeben würden wie die japanische Regierung, dann…
  10. Stefan Sell: Viel zu häufig nur Leiharbeit statt Dauerjob
  11. Erfahrungen aus dem sozialistischen Jetset
  12. Vierzig Stunden in der Kita
  13. S21 – Gutachterliche Stellungnahme
  14. Korruptionsaffäre bei Thyssen-Krupp – Der Schienenpapst und seine Freunde
  15. Unions-Fraktionsvize Fuchs jahrelang für britische Spionagefirma tätig
  16. Studie: Warum so viele Amerikaner in jungen Jahren sterben
  17. Crowddenunzianten – Im Hinterzimmer des gesunden Volksempfindens
  18. Schleichwerbung bei “Wetten, dass..?” – Gottschalk-Affäre bringt ZDF heftige Kritik ein
  19. Presse mag »UmFAIRteilen« nicht
  20. Wolfgang Michal: Die Krise der Blogger
  21. Denn Störer braucht das Land

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Robert Misik – Wer dem armen Schlucker die Sozialhilfe neidet, der kürzt sich am Ende selbst das Einkommen
    Warum eine generöse Mindestsicherung und ordentliche Mindestlöhne für alle gut sind – auch für die, die mehr verdienen und nie in Gefahr kommen, von der Stütze leben zu müssen.
    Ich habe über dieses Thema schon an verschiedenen Stellen in größerem Zusammenhang geschrieben, will mir hier aber einmal auf diesen Aspekt beschränken. Denn wir wissen ja alle, dass es in unseren Gesellschaften verschiedene Verständnisse von “Gerechtigkeit” gibt, die aber auch miteinander in Konflikt geraten können.
    Und ein solcher “Gerechtigkeitsinstinkt” ist auch der, da soll man gar nicht die Augen davor verschließen, dass manche Leute mittleren Einkommens anderen Leuten eine generöse Mindestsicherung, höhere Hartz-IV-Sätze, Sozialhilfesätze (egal, wie man das jetzt in welchem Land auch immer nennt), nicht gönnen. Sie würden dann sagen: Ich arbeite jeden Tag und geh mit 2000.- Euro heim oder weniger. Und der faule Sack liegt daheim und bekommt, wenn er auch noch Familie hat, 1200.- Euro oder ähnliches. Das ist nicht gerecht. Man soll dem die Stütze kürzen. Oder ihm zumindest die Damenschrauben anlegen, damit er sich einen Job sucht.
    Man kann diesen Instinkt verständlich finden oder mies – aber das ist hier nicht der Punkt.
    Der Punkt ist ein anderer. Angenommen, wir leben in einer Gesellschaft, die bisher ihren aus welchen Gründen immer Gescheiterten einen Sozialhilfesatz von 800.- bezahlt hat. Dann werden in der Regel die niedrigsten Mindestlöhne ein wenig darüber liegen. Sagen wir: 900.- oder 1000.- Euro. Weil sich ansonsten zumindest aus pekuniären Gründen die Aufnahme von Arbeit nicht lohnen würde. Jetzt wissen wir zwar, dass sehr sehr viele Leute bereit sind, Arbeit auch dann anzunehmen, wenn sie kaum nennenswert über dem Sozialhilfesatz vergütet wird, weil viele Menschen es als entwürdigend ansehen, zum Amt zu gehen, weil sie es mögen, eine Arbeit zu haben, statt fad daheim herumzusitzen. Aber in der Regel werden die niedrigsten Löhne doch oberhalb des Sozialhilfesatzes liegen.
    Quelle: Robert Misik
  2. Der gefühlte Geldsegen
    So eine Freude! Die Gesellschaft für Konsumforschung sagt vorher, dass wir im Jahr 2013 alle rund 50 Euro mehr im Monat in der Tasche haben. Das Dumme ist nur: Die Statistiker sprechen dabei vom Durchschnittsdeutschen – also leider nicht von mir. Sind damit etwa Sie gemeint?
    Quelle 1: Spiegel Online
    Quelle 2: GfK

    Anmerkung Orlando Pascheit: Den NachDenkSeiten war es schon immer ein Anlegen, vor der gedankenlosen Übernahme statistischer Durchschnittswerte zu warnen. Silke Burmester macht das auf unterhaltsame Weise. Wer die Pressemitteilung der GfK genau liest, findet bereits hier einige Relativierungen. Immerhin verweist sie darauf, dass die Rentenentwicklung im Jahr 2013 unterhalb der Inflationsrate liegen dürfte und somit Kaufkrafteinbußen entstünden. Die Unterscheidung zwischen reichen und armen Regionen mag zwar zusätzliche Informationen bieten, aber der Frage, wie sich das zusätzliche Einkommen über die Haushalte verteilt, verweigert sich die GfK. Immerhin weist sie darauf hin, “dass die Kaufkraft einer Region ein Durchschnittswert der dort lebenden Bevölkerung ist und nichts über die Kaufkraft einzelner Individuen, die Kaufkraft je Haushalt oder über die dahinter liegende Einkommensverteilung und damit die Schere zwischen „Arm“ und „Reich“ aussagt.” Deshalb kann man Frau Burmesters Grundgefühl nachvollziehen: “So aber habe ich das Gefühl, sie ist Quatsch ohne Aussagekraft. Ganz so, als ginge es nur darum, eine Zahl rauszuhauen, auf dass die Medien sie aufgreifen und Dich als Quelle nennen, ganz egal, ob die Zahl irgendetwas mit der realen Situation zu tun hat oder nicht.” Und in der Tat kommt z.B. das “Hamburger Abendblatt” erst gegen Ende seines Artikels recht schwammig darauf zusprechen, dass die 554 Euro ein nominaler Wert sind: “Auch real seien die Geldbörsen besser gefüllt. Bei der von der Bundesbank prognostizierten Inflationsrate von 1,5 Prozent blieben immer noch 1,4 Prozent mehr Kaufkraft übrig. Die Gründe dafür seien die weiterhin solide Lage auf dem Arbeitsmarkt und gestiegene Löhne und Gehälter in vielen Branchen, sagte eine Sprecherin.” Schade, dass die Sprecherin nicht die verzerrenden Kapitaleinkünfte erwähnt, denn diese dürften 2013 wie in der Vergangenheit auch stärker wachsen als Löhne und Gehälter.

  3. Die neue Lohndebatte
    Die Forderungen nicht nur der Gewerkschaften nach spürbaren Lohnerhöhungen in Deutschland werden lauter. Die Arbeitgeberseite wehrt sich – was nicht wirklich überrascht. Und doch ist das nicht das übliche Geplänkel. Vielmehr deutet sich in der neuen Lohndebatte an, was zu befürchten war: Die Arbeitgeber werden auf die erzwungenermaßen sinkenden Löhne in Südeuropa mit Forderungen nach neuen Lohnsenkungen in Deutschland reagieren.
    Seit Beginn der Eurokrise setzen Bundeskanzlerin Angela Merkel, Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Co. auf drastische und erzwungene Lohnsenkungen in Südeuropa. Erklärtes Ziel ist es, diese Staaten wieder „wettbewerbsfähiger“ zu machen. Hintergrund sind auseinanderlaufende Lohnstückkosten in Europa: Auf der einen Seite sind einige Volkswirtschaften, allen voran Deutschland, in den letzten zehn Jahren sehr viel billiger geworden. Im Verhältnis dazu sind auf der anderen Seite andere Länder, etwa in Südeuropa, teurer geworden. Dies führte zu drastischen Exportüberschüssen in Deutschland, aber etwa auch den Niederlanden oder Finnland. Spiegelbildlich dazu kam es in Spanien, Griechenland oder Portugal zu drastischen Exportdefiziten.
    Quelle: annotazioni
  4. Rezessionen kommen in Prognosen nicht vor
    Was ich schon seit Langem beobachte, fand ich erneut bestätigt durch ein Schaubild aus dem Financial Stability Review der EZB vom Dezember: Die Volkswirte, die die Veränderungsrate des realen BIP vorhersagen, haben kein Gefühl für das Timing und die Tiefe von Rezessionen. Sie versagen gerade dann, wenn es besonders drauf ankommt.
    Das heißt allerdings nicht, dass Prognosen überflüssig sind, denn grundsätzlich basieren alle Entscheidungen, die bis weit in die Zukunft hinein Folgewirkungen haben, auf Einschätzungen darüber, wie es wirtschaftlich weitergehen wird, also auf Prognosen. Wie sonst könnte zum Beispiel die Regierung ihre mittelfristige Finanzplanung aufstellen?
    Alle Politiker und Marktteilnehmer brauchen sie. Sie sind nicht nur in Planwirtschaften, sondern auch in den modernen Marktwirtschaften unverzichtbar. Sie sind ja nichts anderes als in Zahlen gefasste Erwartungen. Und Erwartungen bestimmen, was gekauft wird, ob man studiert oder nicht, für welchen Job man sich entscheidet, oder ob man heute investiert oder erst in ein paar Jahren.
    Quelle: ZEIT Herdentrieb
  5. Olli Rehn: “Es dauert leider noch etwas länger”
    Da hat der IWF nun auch herausgefunden, dass die eingeschlagene Kürzungspolitik in Europa falsch war, weil sie der Konjunktur schadet und die sogenannten Multiplikatoren viel höher ausfallen als angenommen, heißt: die Wirtschaftsleistung deutlich schneller schrumpft, als die sogenannten Experten das Wort “sparen” sagen können, da regt sich umgehend Widerstand in Brüssel. Währungskommissar Olli Rehn wartet nun mit einem schlagenden Argument auf. Der Sparkurs™ könne gar nicht falsch sein, weil es einen positiven Effekt gebe.
    Quelle: André Tautenhahn
  6. Die SPD, DIE LINKE und die Mieten – Alltagssorgen können Gewinnerthemen sein
    Wir haben es tun mit einer Spekulationswelle selten erlebter Größenordnung zu tun. Gesucht sind maximale Renditen. Die finden sich am Ehesten in Großstädten, und zwar dort, wo hohe Nachfrage und preiswerte Wohnungen zusammentreffen. Dafür prädestiniert sind unsanierte Stadtteile, d.h. Wohnungen im unteren Preissegment, die nach Sanierung teuer vermietet oder verkauft werden können. Dort wohnen vor allem einkommensschwache Haushalte. Die müssen natürlich herausgedrängt werden. Sie trifft folglich die Finanzkrise in doppelter Hinsicht: Nachdem den Menschen (über ihre Steuergroschen) die Folgen des Bankenkollaps aufgehalst wurden, werden sie nun ihrer Wohnungen (und ihres sozialen Umfelds) beraubt und an den Stadtrand verdrängt.
    Schaut man sich nun die Neupositionierung der Sozialdemokratie mit Blick auf die skizzierten Zuspitzungen an, fallen zwei Aspekte auf: Bei allen Fortschritten in Bezug auf die Begrenzung der Mietentwicklung bleibt die SPD in zwei Punkten auffallend zurückhaltend: Fehlanzeige bei Maßnahmen zur Eindämmung der Spekulation und Fehlanzeige bei Sonderprogrammen zur Ankurbelung des Wohnungsbaus für die unteren Einkommensschichten…
    Absolut vorrangig sind zwei Forderungen: 1. Maßnahmen zur Eingrenzung der Immobilienspekulation; 2. die Konzentration der Wohnungspolitik auf Haushalte im unteren Einkommensbereich durch eine Neu-Konzeptionierung des Sozialen Wohnungsbaus, allgemeiner durch einen Ausbau des öffentlichen Einflusses in der Wohnungspolitik…
    DIE LINKE hat sich auf der Klausur ihrer Bundestagsfraktion kurz vor der Niedersachsen-Wahl erfreulich klar darauf verständigen können, diese beiden Punkte in das dort beschlossene Schwerpunktpapier[1] aufzunehmen…
    Die Partei hat sehr lange dafür gebraucht…Die Verzögerung hatte den Effekt, dass bis heute kein abgestimmtes Positionspapier der Partei DIE LINKE zur Wohnungspolitik existiert.
    Quelle: Sozialismus Aktuell
  7. Arbeitsmarkt-Konsens verschafft Hollande Atempause
    Francois Hollande ist noch einmal davon gekommen. Arbeitgeber und Gewerkschaften in Frankreich haben einen Konsens im Streit über flexiblere Arbeitszeiten erzielt. Das spart einen Gesetzentwurf. Trotzdem: 10,1 Prozent Arbeitslose und ein Wachstum von 0,1 Prozent malen ein düsteres Bild. Was fehlt, ist eine Agenda 2010 à la francaise. Französische Gewerkschaften und Arbeitgeber haben sich nach zähen Verhandlungen auf eine Reform des Arbeitsmarkts verständigt. Wie die Arbeitgebervertreter am Freitagabend mitteilten, sollen die starren Arbeitsmarktregeln in diesem Jahr gelockert werden. Drei der fünf an den Gesprächen beteiligten Gewerkschaften wollten den Kompromiss unterzeichnen. (…) In Frankreich steigt die Arbeitslosenquote seit Monaten. Viele Unternehmen des Landes fallen zudem in internationalen Wettbewerb immer weiter zurück. Sie machen dafür unter anderem zu hohe Arbeitskosten verantwortlich.
    Quelle: heute.de

    Anmerkung unseres Lesers G.K.: Da hat also der gegenüber den Neoliberalen zunehmend einknickende Hollande noch mal Schwein gehabt. Das unionsnahe ZDF (über dessen Unionsnähe können auch die Kabarettsendungen “Neues aus der Anstalt” und “Pelzig hält sich” nicht hinwegtäuschen) stellt sich mit diesem Beitrag einmal mehr in den Dienst der rechtskonservativ-neoliberalen Ideologie. Beim ZDF (und nicht nur dort) trauert man wohl auch heute noch dem neoliberalen Gespann “Merkozy” hinterher.

    Beim Blick auf die ZDF-Berichterstattung sowie jener des deutschen Medienmainstream zur Eurokrise fühlt man sich unwillkürlich an den “Geisterfahrer”-Witz erinnert: Zum Warnhinweis der Radio-Verkehrsredaktion über den Geisterfahrer auf der von ihm befahrenen Autobahn ruft dieser aus: “Ein Geisterfahrer? Hunderte!” Auf die nun schon seit mehreren Jahren grassierende Eurokrise übertragen: “Griechenland, Spanien, Italien, Portugal, Frankreich und weitere Staaten der Eurozone sind schuld an dieser Krise. Daher dürfen wir erwarten, daß Europa dem erfolgreichen deutschen Vorbild nacheifert.” Daß die neoliberale deutsche Politik eine Mitverantwortung für die europäische Krise (möglicherweise sogar die Hauptverantwortung – Stichworte: deutsche Dumpingpolitik sowie die den europäischen Krisenstaaten maßgeblich von Deutschland diktierten zerstörerischen Kaputtsparprogramme) haben könnte, blendet der deutsche Medienmainstream nahezu vollständig aus. Man darf gewiss sein: Auch die französischen “Eliten” (ebenso die “Eliten” der übrigen europäischen Staaten) werden u.a. mit Hilfe der von ihnen kontrollierten Massenmedien danach trachten, aus der Krise der Eurozone ihren persönlichen Vorteil zu ziehen sowie ihre Macht weiter zu festigen, sprich: nach deutschem “Vorbild” über die Ausweitung der Niedriglohnsektoren sowie über Einschnitte in die sozialen Sicherungungssysteme ihren Anteil am erwirtschafteten Volkseinkommen weiter auszudehnen.

    Laut ZDF haben sich drei der fünf an den Verhandlungen beteiligten französischen Gewerkschaften “im Konsens” mit den Arbeitgebern auf eine “Reform des Arbeitsmarktes” und damit auf eine “Lockerung der Arbeitnehmerrechte” “verständigt”. Was das ZDF “Konsens” und “Verständigung” nennt, dürfte viel eher das Resultat massiver politischer Drohgebärden gewesen sein. Der in der ZDF-Nachrichten- und Wirtschaftredaktion herrschende neoliberale Geist wird am folgenden Textpassus vollends sichtbar: “Was fehlt, ist eine Agenda 2010 à la francaise.” Auch folgender Textbaustein zeigt überdeutlich die ideologische Schlagseite des ZDF: “Viele Unternehmen des Landes fallen zudem in internationalen Wettbewerb immer weiter zurück. Sie machen dafür unter anderem zu hohe Arbeitskosten verantwortlich.” Mit der kritiklosen Übernahme dieses Arbeitgeber-Arguments nährt das ZDF den Eindruck, die französischen Arbeitskosten hätten sich in den vergangenen Jahren zu stark erhöht. Unter Bezugnahme auf die deutsche Dumpingpolitik seit Ende der 90er Jahre verweist Heiner Flassbeck jedoch auf folgende Faktenlage [PDF – 30 KB]:

    “Wenn das größte Land in der Eurozone gegen die zentrale gemeinsam vereinbarte Regel zur Inflationskonvergenz verstößt und auf diese Weise die anderen Länder wirtschaftlich an die Wand drängt, kann auch die effizienteste Volkswirtschaft nicht ohne gewaltigen Schaden davonkommen. Das beste Beispiel ist Frankreich. Frankreich hat sich als so ziemlich einziges Land der entscheidenden Regel der Währungsunion entsprechend verhalten und befindet sich jetzt doch in der gleichen Zwickmühle wie alle anderen Schuldner, weil auch dort die Politiker nicht verstehen oder wahrhaben wollen, dass ein Land wie Deutschland, das in einer Währungsunion mit Gewalt seine Wettbewerbsfähigkeit verbessert, der eigentlich Schuldige ist.”

    Die Auswirkungen des deutschen Lohndumping zeigen sich an den auseindanderlaufenden Entwicklungen der Leistungsbilanzsalden Deutschlands und Frankreichs:

    • Der deutsche Leistungsbilanzüberschuss in Prozent vom Bruttoinlandsprodukt hatte sich seit der Jahrtausendwende bis zum Jahre 2007 (dem Jahr vor dem offenen Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise) auf den enorm hohen Wert von beinahe 8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöht. In den Jahren 2008 bis 2010 hatte sich dieser als Folge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise auf etwas über 5 Prozent reduziert, jedoch im Jahre 2012 die 6-Prozent-Marke bereits wieder überschritten.
    • Umgekehrt verlief die Entwicklung des Leistungsbilanzsaldos beim deutschen Haupthandelspartner Frankreich. Im Jahre 1998 (dem Jahr vor der Fixierung der Euro-Umtauschkurse) betrug der französische Leistungsbilanzüberschuss knapp 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Maßgeblich verursacht von den Negativfolgen der deutschen Dumpingpolitik (sowie des Einflusses der hohen deutschen Leistungsbilanzüberschüsse auf die Höhe des Euro-Umtauschkurs gegenüber den Nicht-Eurozonenstaaten) verschlechterte sich dieser in den Folgejahren Schritt für Schritt und sank im Jahre 2005 auf Null. Das ab dem Jahre 2006 zu verzeichnende französische Leistungsbilanzdefizit von zunächst knapp 1 Prozent hat sich bis zum Jahre 2011 auf mehr als 3 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt ausgeweitet. Dies führte in Frankreich zu Wachstums- und Beschäftigungseinbußen und damit neben wachsenden Auslandsschulden zu einem Anstieg der Staatsverschuldung.

    Statt das seit Ende der 90er Jahre von Deutschland betriebene Lohn- und Sozialdumping zu thematisieren, schwadroniert auch das ZDF von “zu hohen französischen Arbeitskosten”. Zudem sticht ins Auge, daß sich ausgerechnet jene deutschen Medien, welche “Arbeitsmarktreformen” und sonstige “Strukturreformen” zu Lasten der französischen Durchschnitts- und Geringverdiener, Rentner und Arbeitslosen fordern, über die Absicht der französischen Regierung echauffieren, Einkommen jenseits der Millionengrenze mit 75 Prozent zu besteuern. Deutlicher können das ZDF sowie der überwiegende Teil des deutschen Medienmainstream ihre Präferenz zu Gunsten der deutschen und europäischen Spitzenverdiener sowie Eigentümer und Erben großer Vermögen einerseits und zu Lasten der deutschen und europäischen Durchschnitts- und Geringverdiener sowie Rentner und Arbeitslosen andererseits kaum kundtun. Die Bevölkerungen hierulande, in Frankreich sowie in den übrigen Staaten der Eurozone sollten sich im wohlverstandenen Eigeninteresse darüber klar werden, ob sie auch in Zukunft gewillt sind, die politische und ökonomische Hegemonie der hiesigen neoliberalen “Eliten” innerhalb Europas nahezu widerstandslos zu akzeptieren.

  8. Griechisches Parlament genehmigt Steuererhöhungen
    Mit der nun beschlossenen Steuerreform will die Regierung Familien entlasten und Besserverdiener stärker belasten. Die Maßnahme ist Voraussetzung für weitere Hilfsgelder. […]
    Die Reform sieht einen Spitzensteuersatz von 42 Prozent für alle Griechen mit einem Einkommen von mehr als 42.000 Euro vor. Zuvor lag der Spitzensteuersatz bei 45 Prozent für Einkommen ab 100.000 Euro. Angestellte und Rentner mit Einkünften von weniger als 25.000 Euro im Jahr sollen nun weniger Steuern zahlen. Die Steuern auf Unternehmensgewinne steigen um sechs Punkte auf 26 Prozent. Außerdem wurden Abschreibungsmöglichkeiten und Steuererleichterungen abgeschafft, die vor allem Familien mit Kindern betrafen. Insgesamt zielt das Reformpaket auf eine Vereinfachung des Steuersystems und eine Erweiterung der Bemessungsgrundlage ab.
    Quelle: ZEIT

    Anmerkung unseres Leses J.A.: Entweder können die ZEIT-Redakteure es nicht richtig erklären oder ich verstehe es nicht richtig, oder hier wird wieder einmal eine reale Verschärfung der Umverteilung von unten nach oben wortakrobatisch in ihr Gegenteil verkehrt, um den Anschein sozialer Gerechtigkeit zu erzeugen. Laut Teaser werden Familien *entlastet* und Besserverdiener stärker *belastet*; laut Text werden aber zumindest der Steuersatz für Einkommen über 100.000 Euro von 45 auf 42% *gesenkt* und Steuererleichterungen für Familien abgeschafft – genau das Gegenteil der Ankündigung in der Überschrift.

  9. Wenn Deutschland und Europa soviel mehr ausgeben würden wie die japanische Regierung, dann …
    Rund 170 Mrd. Euro – 10,3 Billionen Yen – will die neue Regierung in Japan zusätzlich ausgeben, um die Wirtschaft endlich aus der Rezession zu führen. Zwei Prozent mehr Wirtschaftswachstum und 600.000 neue Arbeitsplätze erwartet die Regierung von diesem Stimulus.
    Rezession und Massenarbeitslosigkeit herrschen auch in Europa. Dort aber setzt man auf Ausgabenkürzungen und “Strukturreformen”, wie es auch die japanische Vorgängerregierung getan hat. Erfolglos, wie zuletzt selbst der IWF eingestehen musste – freilich ohne sein wirtschaftspolitisches Konzept zu verwerfen.
    Und auch die deutsche Bundesregierung meint es sich noch länger leisten zu können, auf Erfolge zu verweisen, wo schlichtweg keine zu sehen sind. Die Frage liegt also nahe, was anstelle dieser potemkinschen Politik in Deutschland und Europa auf der Tagesordnung stünde, würde sie dem japanischen Beispiel folgen.
    Die 170 Mrd. Euro bzw. 10,3 Billionen Yen Mehrausgaben ins Verhältnis zu den jeweiligen Staatsausgaben, dem Bruttoinlandsprodukt und der Endnachfrage (Inlandsnachfrage plus Exporte) der jeweiligen Volkswirtschaften bzw. des Europäischen Währungsraums gesetzt, ergibt folgendes Bild:
    Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) entsprechen die 170 Mrd. Euro bzw. 10,3 Billionen Yen 2,2 Prozent des japanischen BIP. 2,2 Prozent des BIP entsprechen in Deutschland 58 Mrd. Euro, in der Eurozone 208 Mrd. Euro.
    Quelle: Wirtschaft und Gesellschaft
  10. Stefan Sell: Viel zu häufig nur Leiharbeit statt Dauerjob
    Es geht hier um eine Problematik, die den Betroffenen, die praktische Erfahrungen haben mit den Agenturen und/oder Jobcentern, mehr als bekannt sind: Immer mehr offene Stellen, die bei der Arbeitsagenturen oder den Jobcentern gemeldet sind, kommen von Leiharbeitsfirmen. Und offensichtlich befinden sich die Agenturen und Jobcenter in einer win-win-Situation mit den Leiharbeitsfirmen, wenn diese Arbeitslose einstellen – und sei es eben auch nur, was der Regelfall ist, kurzfristig: Denn jede Einstellung bei einer Leiharbeitsfirma gilt als “Integration” in Erwerbsarbeit und bekommt in der Statistik das gleiche Zählungsgewicht wie die oftmals mühsame, auf alle Fälle erheblich aufwendigere Vermittlung in eine normale, unbefristete Beschäftigung in einem normalen Unternehmen.
    Quelle: Aktuelle Sozialpolitik. Das soziapolitische Informationsportal auf facebook
  11. Erfahrungen aus dem sozialistischen Jetset
    Ein Armutsbericht.
    Den Armutsberichten kann man nur schwerlich trauen. Daher sollten mal die von Armut berichten, die sie kennen. Demgemäß: Ich erhielt eine Weile das, was man umgangssprachlich Hartz IV nennt. Wenn ich darüber schreibe, weiß ich, wovon ich schreibe. Wie sich Armut ausgestaltet, wie sie sich betulich ins Leben schleicht, ist mir bekannt. Welche sozialen Auswirkungen sie zeitigt, kann ich ganz gut wiedergeben.
    Die neue Armut ist keine Erfindung des sozialistischen Jetsets, wie es Kanzler Kohl 1986 dem Stern ins Stenoblöckchen diktierte. Ob sie es damals war, kann ich aus der Ferne schwer beurteilen. Heute ist sie es jedenfalls nicht. Sie ist da und sie wirkt. Wirkt auf mannigfaltige Weise, wirkt in jeden Winkel des Alltags hinein, wirkt am Gemüt desjenigen, der Mensch in Armut ist.
    Mensch in Armut sagt man vorzugsweise. Man ist nicht arm und man ist kein Armer, man ist in Armut. Das klingt, ich hatte es letztes Jahr schon mal geschrieben, als hätte man eine Wahl gehabt. Ich schrieb damals, dass es jedenfalls sprachlich so klingt, als habe man zwischen Optionen wählen können, denn man könne demnach in Armut genauso leben wie in Miami. In etwas zu leben suggeriert Alternativen gehabt zu haben. Ich sah neulich den zweiten Teil von Bridget Jones im Feiertagsfernsehen. Dort trifft die Hauptdarstellerin auf einer Versammlung britischer Snobs auf eine Anwaltsgattin, die klarmacht, warum es schlecht sei, einem Obdachlosen Geld zu geben. Wegen dem Saufen natürlich; ähnlich dachte ja auch Steinbrück letztens laut nach und die Neuberechnung des Regelsatzes beruhte exakt auf dieser Prämisse. Die ganze Geschichte sei letztlich, so die feine Dame, dass sich diese Menschen dafür entschlossen hätten, arm zu sein und zu bleiben. In Armut leben ist die philologische Wucherung dieses Denkens.
    Quelle: ad sinistram
  12. Vierzig Stunden in der Kita
    Yannics Mutter arbeitet Schicht bei McDonald’s. Sein Vater stapelt bis in den Abend Paletten. Ihr Kind bringen sie in eine 24-Stunden-Kita. Die Einrichtung rettet solchen Eltern den Arbeitsplatz. Doch Familien und Erzieher bringt sie an ihre Grenzen.
    Quelle: FAZ
  13. S21 – Gutachterliche Stellungnahme
    Gutachterliche Stellungnahme zu der Frage, mit welchen rechtlichen Konsequenzen die Mitglieder des Aufsichtsrats der Deutschen Bahn AG im Falle einer Fortsetzung des Projekts „Stuttgart 21“ zu rechnen hätten Angesichts der nicht zu schließenden Finanzierungslücke und der weiteren finanziellen und sonstigen Risiken des Projekts „Stuttgart 21“ erscheint die Beendigung des
    Projekts für den Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG unausweichlich. Die Vorteile der Beendigung überwiegen deutlich. Die Beendigung ist erforderlich, um die Deutsche Bahn AG und die Mitglieder des Aufsichtsrats ganz persönlich von Schäden in unabsehbarer Höhe zu bewahren. Die Deutsche Bahn AG kann das Projekt vertragskonform beenden (siehe Ziffer 1). Die Beendigung ist für die Deutsche Bahn AG wirtschaftlicher als seine Fortsetzung (siehe Ziffer 2). Eine Fortsetzung des Projekts würde den Reputationsschaden der Deutschen Bahn AG potenzieren (siehe Ziffer 3). Die Mitglieder des Aufsichtsrats sollten sich bei ihrer Entscheidung nicht durch Meinungsäußerungen des Bundesverkehrsministers oder anderer Mitglieder der
    Bundesregierung beeinflussen lassen (siehe Ziffer 4). Sie sollten sich auch nicht darauf verlassen, dass ihre etwaige zivilrechtliche Haftung von ihren Haftpflichtversicherungen abgedeckt ist.
    Quelle: Bei Abriss Aufstand [PDF – 82 KB]

    Anmerkung: Am kommenden Mittwoch sollte die Arbeitnehmerseite und am darauffolgenden Freitag die Anteilseigener vom Bahnvorstand über die Kostenentwicklung informiert werden. Die Workshops wurden abgesagt.

    Dazu: Der Aufsichtsrat der Deutsche Bahn AG und die Arbeitnehmervertreter
    Grundgedanke der Unternehmensmitbestimmung ist, dass Arbeitnehmer auch in den Aufsichtsräten Einfluss nehmen können – und zwar im Sinne der betrieblichen Arbeitnehmer-Interessen und im Sinne überbetrieblicher Interessen aller Arbeitnehmer… .
    Das nach 1945 angestrebte Ziel der Parität ist aber spätestens mit dem Mitbestimmungsgesetz von 1976 ziemlich verwässert. Im zwanzigköpfigen Aufsichtsrat der Bahn sitzen zwar je 10 Arbeitgeber- und ArbeitnehmervertreterInnen. Aber: den Vorsitzenden stellt die Arbeitgeberseite und der hat bei Pattsituationen ein doppeltes Stimmrecht. Zweites Aber: Auf der Arbeitnehmerseite war auch eine VertreterIn der Leitenden Angestellten zu wählen (Ute Plambeck).
    Damit die Bahn nach der formalen Privatisierung auch so richtig profitwirtschaftlich loslegt, hat die Bundesregierung ihre Mandate im Aufsichtsrat neben je einem Vertreter des Wirtschafts-, Verkehrs- und Finanzministeriums und dem Neoliberalen Patrick Döring mit klassischen Lobbyisten besetzt. Vorstandsvorsitzender Felcht ist ein Heuschrecker (Investmentgesellschaft von JPMorgan), Energielobbyisten (Dänzer-Vanotti von E.ON), Stahlbaron und Atomlobbyist Jürgen Großmann (Platz 83 auf der Liste der reichsten Deutschen) oder dem Unternehmensberater und Klimawandelleugner Knut Löschke.
    Quelle: GewerkschafterInnen gegen Stuttgart 21

    Anmerkung WL: Siehe dort auch die Liste der Aufsichtsratsmitglieder. Der Alleineigentümer Bund hat neben drei namenlosen Ministerialen lauter “Fachleute aus der Wirtschaft” in den Aufsichtsrat entsandt, ein Lobbyistenclub, der vor allem die Ausplünderung und Auslieferung der Bahn an private Wirtschaftsinteressen organisierte. Und dann gibt’s da auch noch die zehn Arbeitnehmervertrete im Aufsichtsrat der Bahn. Jahrelang haben sie den Versprechungen des Vorstands geglaubt, S 21 sei ein gutes Geschäft für die Bahn und deswegen auch gut für die Beschäftigten. Allmählich dämmert ihnen, das es genau umgekehrt sein könnte. (Aus der Mailing-Liste „unser park“.

  14. Korruptionsaffäre bei Thyssen-Krupp – Der Schienenpapst und seine Freunde
    Der alte Vorstand von Thyssen-Krupp soll einen verurteilten Manager gedeckt haben. Das könnte den Stahlkonzern viel Geld kosten.
    “Schienenpapst” haben ihn seine Kollegen genannt, aber etwas Päpstliches hatte der Stahlhändler bestimmt nicht. Aufbrausend konnte er sein, und Mitarbeiter herunterputzen. Sein Sündenregister soll sehr lang sein. So lesen sich die Akten des Bundeskartellamtes in Bonn und der Staatsanwaltschaft in Bochum, die intensiv untersuchen, wie der Stahlkonzern Thyssen-Krupp die Abnehmer von Schienen und Weichen offenbar in großem Stil betrogen hat.
    Bei ihren Nachforschungen stoßen die Ermittler immer wieder auf einen Mann, der mutmaßlich erst bei Krupp und dann bei Thyssen-Krupp ein Kartell von Schienen-Lieferanten aus ganz Deutschland betreut, wenn nicht gar gesteuert hat – auf den Schienenpapst, der im Konzern Karriere machte und der 2008 in allen Ehren in den Ruhestand verabschiedet wurde. Was die Kartellwächter und Staatsanwälte bislang herausfanden, führt zu einem schweren Verdacht gegen die alte Konzernspitze.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung
  15. Unions-Fraktionsvize Fuchs jahrelang für britische Spionagefirma tätig
    Der Stern enthüllt heute, dass der CDU-Politiker Michael Fuchs seit 2008 für die umstrittene Londoner Spionagefirma Hakluyt & Company (H&C) tätig war. Für 13 Vorträge erhielt er mindestens 57.000 Euro. Die Geschichte hat zwei brisante Facetten: erstens was macht ein Volksvertreter bei einer Spionagefirma? Zweitens waren die Vorträge auf Seiten des Bundestages jahrelang falsch angegeben.
    Quelle: LobbyControl
  16. Studie: Warum so viele Amerikaner in jungen Jahren sterben
    In keinem anderen hoch entwickelten Land der Welt ist die Wahrscheinlichkeit, dass man seinen 50. Geburtstag nicht mehr erlebt, so groß wie in den USA. So gibt es in den USA unter allen untersuchten Nationen die höchste Kindersterblichkeit, die niedrigsten Geburtsgewichte, die größte Zahl an schweren Verletzungen, die meisten Morde, die höchste Zahl sexuell übertragbarer Krankheiten, die höchste Aids -Rate, die meisten Drogentoten, die größte Zahl von Menschen mit Fettleibigkeit und Diabetes , die meisten Todesfälle durch Verkehrsunfälle, die größte Zahl an Behinderten, die meisten Herz- und chronischen Lungenkrankheiten. Und – der Trend deutet sogar in Richtung einer weiteren Verschlechterung. “Da muss etwas ganz Grundlegendes schieflaufen”, konstatiert Woolf, zumal doch in keinem Land der Welt so viel Geld pro Einwohner in das Gesundheitssystem investiert wird. Besonders erstaunlich ist, dass sich an dem schlechten Abschneiden kaum etwas ändert, wenn man nur weiße, nicht rauchende US-Amerikaner mit College-Ausbildung, gutem Einkommen und Krankenversicherung betrachtet. Die Wissenschaftler fordern jetzt eine nationale Diskussion über die Ursachen dieser erschreckenden Zahlen.
    Quelle 1: WELT
    Quelle 2: U.S. Health in international Perspective: Shorter lives, Poorer Health [PDF – 1.4 MB]

    Anmerkung Orlando Pascheit: Natürlich geht es um Solidarität, die in einer Gesellschaft, die da meint bzw. sich von Seiten des Kapitals einreden lässt, jeder sei seines Glückes Schmied, systemisch unterentwickelt ist. Die sich erst allmählich entwickelnde Reform Obamas, die 30 Millionen US-Bürgern endlich Versicherungsschutz bieten wird, wird die nächsten Studien besser ausfallen lassen. Dass es der älteren Generation vergleichsweise besser geht, ist schlicht und einfach auf das von Lyndon B. Johnson im Rahmen des Great Society-Programm geschaffene Krankenversicherungssystem, Medicare, zurückzuführen: Jeder Bürger ab dem Alter von 65 Jahren kann Medicare in Anspruch nehmen.

  17. Crowddenunzianten – Im Hinterzimmer des gesunden Volksempfindens
    Es bereitete Menschen schon immer große Lust, ohne persönliches Risiko in die Gesänge der Anklage und Verdächtigung aus der Kehle eines namhaften Denunzianten mit einzustimmen. Sie gewinnen dadurch das Gefühl, der darbenden Gerechtigkeit werde Genüge getan. In Zeiten von Social Web reicht bereits der Klick auf ein “like” oder “submit”, um den Shitstorm über den Denunzierten auszuschütten. Man muss sich nicht mehr – wie noch 1938 – mit Steinen vor den Fenstern der Gescholtenen einfinden. Nennen wir diese Choristen darum Crowddenunzianten und sehen uns drei Beispiele für ihr Treiben an.
    Quelle: Telepolis
  18. Schleichwerbung bei “Wetten, dass..?” – Gottschalk-Affäre bringt ZDF heftige Kritik ein
    Jahrlang haben Unternehmen bei “Wetten, dass..?” Schleichwerbung betrieben – und zahlten dafür Millionen, wie der SPIEGEL enthüllt. Der Deutsche Journalisten-Verband spricht von schwerem Schaden für das ZDF, auf Twitter reagieren Zuschauer mit bitterem Sarkasmus.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung AM: Dazu kommt ein eigener Beitrag.

  19. Presse mag »UmFAIRteilen« nicht
    Münchener erfuhren bis heute nichts von einem Stadtratsbeschluss zur Vermögenssteuer.
    Am 19. Dezember hat der Münchener Stadtrat Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) aufgefordert, sich gegenüber der Landes- und Bundesregierung für eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer einzusetzen. Doch die Mehrheit der Bürger der bayerischen Landeshauptstadt weiß bis heute nichts davon. Die beiden wichtigsten Lokalzeitungen, die Süddeutsche Zeitung und der Münchner Merkur berichteten bisher nicht darüber….
    Ein Lokalredakteur der Süddeutschen Zeitung erklärte zur fehlenden Berichterstattung über den Stadtratsbeschluss auf Nachfrage, in der Sitzung hätte es »mehrere große Themen« gegeben und der Beschluss zur Vermögensteuer sei »eher symbolisch«.
    Quelle: junge Welt
  20. Wolfgang Michal: Die Krise der Blogger
    Sascha Lobo hat es getan. Johnny Haeusler hat es getan. Die beiden Altstars der deutschen Netzkultur haben die Internet-Community unlängst dazu aufgerufen, aus den sozialen Netzwerken heraus „ins Offene“ zu kommen und wieder „als freie Menschen“ zu bloggen. Ihre fast flehentlichen Aufrufe sind ein Indiz dafür, dass die Luft in der Blogosphäre dünner geworden ist. Selbst prominente Leitartikler stellen aufatmend fest, die aufmüpfigen Blogs hätten ihre beste Zeit wohl hinter sich. Ist Bloggen ein Auslaufmodell?…
    Laut einer Studie von ARD und ZDF nutzen inzwischen 43 Prozent aller Internetuser soziale Netzwerke, aber nur acht Prozent bloggen…
    Soziale Netzwerke wie Facebook und Google+ machen es ihren Nutzern leicht und bieten im Vergleich zu Blogs enorme Vorteile. Etwa eine größere Effizienz. Der Facebook- oder Google-Kunde kann unerwünschte Personen ausgrenzen und sein Publikum ohne Zeit- und Streuverluste erreichen. In dieser „Filterblase“ schreibt es sich angenehmer und bequemer als in einem öffentlich zugänglichen Blog, bei dem man doch stets etwas das Gefühl hat, des Nachts in einem erleuchteten Schaufenster zu sitzen…
    Anders als in Frankreich, wo das Bloggen den „großen Egos“ und der Tradition des aufbrausenden öffentlichen Debattierens entgegenkommt, anders auch als in den USA, wo die hemmungslose „Selbstverkaufe“ in den Blogs nie auf missbilligende Ablehnung stieß, zählten Zurückhaltung, vorwurfsvolle Skepsis und die Urheberrechte in Deutschland zu den garantierten Spaßbremsen.
    Doch es gibt bei den Bloggern auch eine Mitschuld: Ihr elitäres Gehabe gegenüber Anfängern, die Vernachlässigung der gegenseitigen Unterstützung und die unzulängliche Moderation in den Kommentarspalten haben die deutschen Blogger ziemlich einsam werden lassen – und ihre großen Egos in die Arme der Altmedien getrieben.
    Quelle: der Freitag
  21. Denn Störer braucht das Land
    stoersender.tv Der große Alte des deutschen Kabaretts, Dieter Hildebrandt, rief auf zum Stören. Hochkarätige Störenfriede meldeten sich. […]
    So etwas (wie die NachDenkSeiten) müsste es auch auf dem Gebiete des Fernsehens geben, mag sich der große Alte des deutschen Kabaretts, Dieter Hildebrandt gedacht haben. Zu diesem Behufe will er sich eines populären Mittels unserer Zeit, des Internets, bedienen. Hildebrandt ist mit seinen 85 Jahren wach, zornig, unternehmungslustig und mutig geblieben. Der Altmeister will es wieder einmal wissen. Er befand: Ein Störsender sei nötig in diesem Land. Der Kanal wird stoersender.tv heißen und im Internet zu sehen sein.
    Der Sender soll eine Spielwiese für Störenfriede bieten, die sich nicht abfinden wollen mit den gesellschaftlichen Verhältnissen wie sie sind. Der Störsender hat vor, nächstes Jahr zwanzig Mal ein TV-Magazin zu produzieren…
    “Gestört wird durch diese Kampagnenplattform jeder, der sich dafür aufdrängt. Und zwar von Allen.” Das Motto lautet: “Zuschauen war gestern. Heute gibt’s Störsehen. Mach mit!”
    Quelle: der Freitag

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