In einem skandalösen Schritt hat die EU den Schweizer Ex-Militär und Autor Jacques Baud mit Sanktionen belegt, weil er „pro-russische Propaganda“ und „Verschwörungstheorien“ zum Ukrainekrieg verbreiten würde. Der inakzeptable Vorgang zeigt: Um im Meinungskampf ein paar Punkte zu machen, werden von den EU-Verantwortlichen die eigenen Phrasen von „Meinungsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit“ weiterhin der Lächerlichkeit preisgegeben. Ein Kommentar von Tobias Riegel.
Die EU will den Autor und früheren NATO-Berater und pensionierten Oberst im Generalstab der Schweizer Armee Jacques Baud sanktionieren. In ihrer offiziellen Begründung behaupten die EU-Verantwortlichen (maschinell übersetzt):
„Jacques Baud, ehemaliger Oberst der Schweizer Armee und strategischer Analyst, ist regelmäßig zu Gast in pro-russischen Fernseh- und Radiosendungen. Er fungiert als Sprachrohr für pro-russische Propaganda und verbreitet Verschwörungstheorien, beispielsweise indem er die Ukraine beschuldigt, ihre eigene Invasion inszeniert zu haben, um der NATO beizutreten. Jacques Baud ist daher für die Umsetzung oder Unterstützung von Maßnahmen oder Politiken verantwortlich, die der Regierung der Russischen Föderation zuzuschreiben sind und die die Stabilität oder Sicherheit in einem Drittland (Ukraine) durch Informationsmanipulation und Einmischung untergraben oder gefährden.“
Jacques Baud hat mehrere Bücher über den Krieg in der Ukraine veröffentlicht, die im Westendverlag auch in Deutschland erschienen sind. Er war auch schon Referent bei einem Pleisweiler Gespräch der NachDenkSeiten. Ob Bauds Werke und Auftritte nun in der EU verboten werden, ist eine der Fragen, die nach dem skandalösen Schritt gegen ihn nun im Raum stehen. Die Weltwoche schreibt dazu:
„In Brüssel will man den ehemaligen Schweizer Nachrichtenoffizier, der phasenweise auch für die Uno in New York in Friedensmissionen tätig war, mit einem Einreiseverbot für EU-Staaten belegen. Seine Vermögenswerte, sofern er solche in der EU hat, sollen eingefroren werden. Die EU selbst hat die Meldung offiziell bisher nicht bestätigt. Damit wolle man in Brüssel verhindern, dass neu sanktionierte Personen wie Baud ‚Vermögenswerte verschieben‘, noch bevor die Massnahmen in Kraft treten, schrieb die welsche Zeitung ’24 heures’ am Wochenende.“
Weitere Infos zu den Sanktionen gegen Baud finden sich in diesem Artikel bei Overton, in dem es zu den möglichen Konsequenzen heißt:
„Strafrechtlich kann man gegen Autoren wie Baud nicht vorgehen. Sie haben nichts Illegales gemacht, sondern nur die strategische Kommunikation der EU-Kommission irritiert. Daher greift man zu Sanktionen, die die Menschen vom Geldfluss abschneiden: ‚Sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die im Besitz oder im Eigentum von natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen stehen oder von natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen gehalten oder kontrolliert werden … werden eingefroren.‘ Zudem werden Reisebeschränkungen erlassen: ‚Die Mitgliedstaaten ergreifen die Maßnahmen, die erforderlich sind, um zu verhindern, dass in Anhang I aufgeführte natürliche Personen in ihr Hoheitsgebiet einreisen oder durch ihr Hoheitsgebiet durchreisen.‘ Großzügigerweise können Mitgliedsstaaten ihren eigenen Staatsangehörigen die Einreise in ihr Hoheitsgebiet verweigern, müssen dies aber nicht.“
Die neuen Sanktionen sollen laut der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas kurz vor dem EU-Gipfel am Donnerstag „den Druck auf Russland erhöhen, in Friedensverhandlungen mit der Ukraine einzusteigen“, berichtet die taz – in dem Artikel schwingen sogar einige kritische Gedanken mit:
„Belege fehlen – wie bei den meisten Sanktionen gegen Einzelpersonen. Es ist auch unklar, wie ein Schweizer und ein Franzose auf die europäische Liste kommen konnten.“
„Abgrund der Gesetzlosigkeit“
Die BSW-Europaabgeordneten Michael von der Schulenburg und Ruth Firmenich schreiben in einer Stellungnahme, die Entscheidung des EU-Rats für Auswärtige Angelegenheiten, weitere europäische Bürger zu sanktionieren, stelle einen erneuten schweren Schlag gegen die Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union dar: „Mit den nun beschlossenen Maßnahmen gegen Jacques Baud wegen angeblicher ‚Desinformationsaktivitäten‘ versucht die politische Elite der EU einen der renommiertesten Analysten des Ukrainekrieges zum Schweigen zu bringen, so von der Schulenburg. „Die EU nutzt die Sanktionsliste als Instrument gegen Kritiker und manövriert sich immer weiter in einen Abgrund der Gesetzlosigkeit“, erklärt Firmenich.
Die BSW-Politiker erinnern bezüglich der Sanktionen gegen Baud an weitere rechtsstaatlich hochproblematische EU-Maßnahmen: So würden nicht nur europäische Bürger ohne solide Rechtsgrundlage wegen ‚Desinformation‘ sanktioniert – gleichzeitig solle in dieser Woche die rechtswidrige Umwandlung von dauerhaft eingefrorenen Vermögenswerten der russischen Zentralbank in Sicherheiten für Kredite an die Ukraine erfolgen. Parallel dazu laufe vor dem EuGH ein Verfahren wegen der unrechtmäßigen Anwendung von Artikel 122 als Rechtsgrundlage für die 150 Milliarden Euro schwere SAFE-Verordnung, so die Politiker, die das EU-Parlament zum Handeln auffordern: Es könne die Aufhebung des Sanktionsrahmens für ‚Desinformation‘ beantragen.
Gutachten: Gefahr der politisch motivierten Verfolgung durch die EU
Ein kürzlich erstelltes Rechtsgutachten stütze diese Forderung, so die BSW-Politiker. In dem Text würden renommierte Juristinnen zu dem Ergebnis kommen, dass zahlreiche Elemente des EU-Sanktionsrahmens gegen „Desinformation“ mit dem Unionsrecht unvereinbar seien.
Besonders kritisch werde in dem Gutachten die Verweigerung des Rechts auf Anhörung für Personen gesehen, denen Desinformation vorgeworfen wird, bevor Sanktionen gegen sie verhängt werden. Darüber hinaus seien die im Rahmen des Sanktionsregimes vorgesehenen Einschränkungen der Freizügigkeit von EU-Bürgern rechtswidrig, während die rechtlichen Garantien für die Betroffenen insgesamt unzureichend ausfielen. Die verwendeten Begriffe wie „Informationsmanipulation und Einmischung“ seien derart weit gefasst, dass sie dem Rat faktisch eine nahezu uneingeschränkte Ermessensfreiheit bei der Verhängung von Sanktionen einräumten. Dies eröffne die Gefahr politisch motivierter Verfolgung.
Ein skandalöser Vorgang
Das gesamte antirussische Sanktions-Regime der EU ist als unangemessen, wirkungslos und selbstzerstörerisch zu bezeichnen – innerhalb dieses in Gänze abzulehnenden Regimes sind EU-Sanktionen gegen (nicht-russische) europäische Bürger nur einer von vielen besonders hochproblematischen Aspekten.
Der skandalöse Vorgang um Jacques Baud soll mutmaßlich andere Kritiker der EU-Politik zur Ukraine einschüchtern. Er ist auch kein Einzelfall: So wurden unter anderem bereits die europäischen Bürger Hüseyin Doğru, Thomas Roeper und Alina Lipp auf Sanktionslisten der EU gesetzt.
Der aktuelle Fall Jacques Baud und viele andere Vorgänge zeigen: Verantwortliche in der EU arbeiten weiter intensiv an der Einschränkung der Meinungsfreiheit. Dass die eigenen Phrasen von der „Verteidigung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“ mit solchen Handlungen der Lächerlichkeit preisgegeben werden, wird skrupellos in Kauf genommen.
Titelbild: Jacques Baud beim 36. Pleisweiler Gespräch / NachDenkSeiten
Das Video zum 36. Pleisweiler Gespräch mit Jacques Baud
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