Jauch bleibt kommerziell

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Günther Jauch hat die Verhandlungen um die Nachfolge von Sabine Christiansen gestoppt, weil die ARD darauf gedrungen habe, er solle „journalistisch exklusiv“ für „das Erste“ tätig sein und dort eine weitere Sendung übernehmen, sagte der 50jährige und fügte hinzu: „Ich wollte aber keine Zusagen über den Sonntagabend hinaus geben“.
Das ist kein Schaden für den politischen Journalismus und schon gar nicht für die ARD. Wolfgang Lieb.

Jauch wollte neben der Christiansen Nachfolgesendung am Sonntagabend bei der ARD auch noch mittwochs weiter bei RTL seine „spannenden Geschichten und bewegende Schicksale“ im von ihm selbst produzierten „sternTV“ präsentieren und dreimal in der Woche den Rate-Onkel bei „Wer wird Millionär?“ mimen. Dazu wohl auch noch für seinen Werbpartner, die Süddeutsche Klassenlotterie, sozusagen als Jackpott, die „5-Millionen-SKL-Show“ ausspielen.

Jauch betreibt nebenbei auch noch eine Produktionsfirma I&U TV, die mit 60 Mitarbeitern Shows für RTL und Sat1 produziert.
Jauch nutzte seine Popularität, um sich als Werbeträger für Telekom, Quelle und einem Bierbrauer und wem auch sonst noch einspannen zu lassen. Dazu tingelt er auch mit angeblichen Gagen von bis zu 80.000 Euro als sog. „Event-Entertainer“ durch Promiveranstaltungen.
Er soll sehr bescheiden leben und sein Geld u.a. in Immobilien anlegen.

Jauch ist in den Privatsendern bisher eher als Sympathieträger für sich selbst und für seine eigene Vermarktung aufgefallen, als durch kritischen Journalismus. Die ARD erhoffte sich – wie schon von Harald Schmidt – ein Quoten-Zugpferd des kommerziellen Konkurrenten RTL (auch) vor den eigenen Karren spannen zu können.
Es wäre ein weiterer Schritt in Richtung auf eine programmliche Angleichung von öffentlich-rechtlichen und Privatsendern geworden. Der „Unterhaltungs“-Faktor einer Polit-Show hätte sich mit ziemlicher Sicherheit noch weiter erhöht, als das schon in ziemlich schwer erträglicher Weise bei Christiansen der Fall.

Endlich wieder einmal eine ernsthafte politische Diskussion am Sonntagabend durfte man sich von Jauchs Verpflichtung ohnehin kaum erwarten. Wie sollte ein Medienstar wie Jauch, der mehrmals in der Woche auf vielen Sendern präsent ist und darüber hinaus seine vielseitigen Geschäfte betreiben muss, auch noch die Zeit und die Kapazität haben, eine anspruchsvolle Sendung sachlich fundiert vorbereiten können, um kompetent eine fachliche Debatte zu unterschiedlichsten politischen Themen zu strukturieren und mit seinen Studiogäste nicht nur den vorgegebenen Fragezettel abzuarbeiten, sondern gelegentlich mal eine wirklich ernsthafte Diskussion in Gang zu bringen, gar mit kritischem Nachhaken durch den Moderator?

Jauch will also jetzt kommerziell bleiben. Das ist auch gut so. So laufen wir wenigstens nicht Gefahr, dass uns in Abwandlung des RTL-Titels „Wer wird Millionär?“ künftig sonntags in der ARD auch noch eine Sendung unter der Überschrift „Was erwarte ich als Millionär?“ heimsucht.

Nun sind aber stern, RTL und die anderen Medien im Bertelsmann-Konzern aber ganz schön böse, und machen die ARD madig. Erhofften sie sich doch, dass „ihr“ Mann, durch sein Engagement in einem populären ARD-Sendeformat zur besten Fernsehzeit der Woche sozusagen einen „Ritterschlag“ für Qualitätsjournalismus bekommen könnte, der auch ihr Schmuddel-Image hätte aufbessern können.

Die ARD war ja Jauch bis an die Grenze der Peinlichkeit zu Kreuze gekrochen. Ein Glück, dass Jauch jetzt von sich aus abgesprungen ist, der öffentlich-rechtliche Sender hätte nun die Chance einen journalistisch ausgewiesenen und kritischen Moderator zu finden.

Rubriken:

Medien und Medienanalyse

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