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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Zum Hoeneß-Prozess
  2. Ukraine
  3. Arm stirbt früher
  4. Die Linke fordert höheres Rentenniveau
  5. Bsirske: “Die wollen Wildwest spielen”
  6. 58 Milliarden Arbeitsstunden – höchster Stand seit 20 Jahren
  7. Arbeitszeiten in Kliniken – “Überdenken Sie Ihren Stundenzettel noch mal”
  8. Bundeskabinett beschließt Regierungsentwurf des Bundeshaushalts 2014 und Eckwerte für die Jahre 2015 bis 2018
  9. Gastspiel beim S-21-Geologen
  10. Drei Jahre Fukushima – verdrängt und vergessen?
  11. Initiative fordert Werbeverzicht der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten
  12. Kurzer Prozess: »Zeit Online« und der geschasste 150-Euro-Reporter
  13. Albrecht von Lucke: Die gespaltene Opposition
  14. Der Neofaschismus in Europa
  15. China vor dem Burnout
  16. TV-Tipp: “Die Anstalt” wird am 15.03.2014 21 00h auf 3 SAT wiederholt
  17. Nachruf auf Gérard Mortier von Michael Vesper
  18. THE TWINS – Jutta Winkelmann und Gisela Getty

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Zum Hoeneß-Prozess
    1. Hoeneß’ Millionenspiele in der Schweiz
      In großem Stil hat Uli Hoeneß Millionensummen bewegt. Das war offenbar ganz im Sinn der Schweizer Vontobel Bank, die an seinen Devisengeschäften gut mitverdiente. Vontobel beruft sich nun auf das Bankgeheimnis – doch der Ruf ist angekratzt…
      Dass ihn sein Bankberater nicht stoppte, liegt schlicht an der Tatsache, dass ein Finanzinstitut an jedem Kauf, Verkauf und bei Krediten mitverdient. Hat Hoeneß wirklich bis zu 50.000 Transaktionen getätigt, dürfte er unter den individuellen Topkunden bei Vontobel gewesen sein.
      Quelle: tagesschau.de
    2. Zeugenaussage entlastet Uli Hoeneß
      Für den Präsidenten des FC Bayern München sah es schlecht aus, als das Gericht feststellen musste, dass er auch über die tatsächliche Höhe der hinterzogenen Steuergelder gelogen hatte. Die Aussage eines EDV-Experten scheint die entlastende Wirkung seiner Selbstanzeige zu stärken…
      Es werden aber Fragen bleiben. Die Frage zum Beispiel, ob es selbst in diesen Finanzkreisen wirklich ganz gewöhnlich ist, einen Kumpel (in dem Fall den früheren adidas-Chef Richard Dreyfuss) mal eben um 20 Millionen anzupumpen, um ein wenig zum Privatvergnügen Zocken zu gehen.
      Zumal dieser Kumpel durchaus wirtschaftliche Interessen mit Hoeneß’ Arbeitgeber, dem FC Bayern München, hatte. Daraus ergibt sich dann die Frage, ob denn eins der Schweizer Konten tatsächlich nur ein privates Hoeneß-Konto war. Daran schließt sich wiederum die Frage an, ob der immer seriöse FC Bayern tatsächlich so viel erhabener ist, als andere europäischen Klubs, die sich mit Tricks und Mauscheleien und illegalen Gebaren durchbetrügen. Wenn sich das herausgestellt hätte, wäre das Lebenswerk des Uli Hoeneß, nämlich der FC Bayern, zerstört.
      Quelle: Tagespiegel

      Dazu passt:

    3. Zweieinhalb Jahre Haft für Schuberts Geliebte
      Die Geliebte des Frankfurter “Bierkönigs” Bruno H. Schubert, Swetlana M., wurde zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt, weil sie keine Steuern für die zahlreichen Geschenke des Millionärs zahlte. Sie soll dem Fiskus noch über eine halbe Million Euro Schulden.
      Von März 2004 bis Januar 2008 hat Swetlana M. nach Überzeugung des Gerichts insgesamt Geld und andere Geschenke im Wert von etwa 2,5 Millionen Euro erhalten, ohne dafür Schenkungssteuer zu bezahlen. Die Steuerschuld hatte die Staatsanwaltschaft auf rund 770.000 Euro beziffert, von denen etwas mehr als eine halbe Million noch nicht zurückgezahlt wurde…
      Strafmildernd rechnete das Gericht an, dass Swetlana M. nicht vorbestraft ist. Und dass sie bereits ein knappes dreiviertel Jahr in U-Haft gesessen hat. Und dass sie größtenteils geständig ist…
      Die zumindest teilweise erfolgte Schadenswiedergutmachung war zumindest nach Meinung des Gerichts „mit einer gewissen Taktik verbunden“…
      All dies führte letztlich dazu, dass die Strafe aus Sicht des Gerichts nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Schließlich landeten auch Steuerbetrüger, die aus echter wirtschaftlicher Not handelten, schon bei geringeren Summen oft im Gefängnis.
      Quelle: FR

      Anmerkung WL: Vor dem Gesetz sind alle gleich. Wirklich alle?

    4. Steuerbetrug leicht gemacht – Fahnder auf verlorenem Posten
      Steuerbetrügereien fliegen meist nur dann auf, wenn geheime Konten im Ausland bekannt werden. So ist es bei Uli Hoeneß und tausenden Steuerhinterziehern. Oft sind es Nachbarn, Ehefrauen, vermeintliche Freunde, die den Steuersünder verraten, oder der Name steht auf einer gekauften Bankdaten-CD. Nur so gelingt es den deutschen Steuerbehörden die Betrüger zu überführen, da sich Steueroasen wie die Schweiz, Österreich oder Luxemburg auf ihr Bankgeheimnis berufen und keine Kontodaten nach Deutschland übermitteln.
      Frontal21 über den schweren Kampf gegen Steuerhinterzieher.
      Quelle 1: frontal 21
      Quelle 2: ZDF mediathek
  2. Ukraine
    1. Erhard Eppler: Putin, Mann fürs Böse
      Der Westen sollte Wladimir Putin nicht verteufeln, sondern sein Verhalten in der Ukraine-Krise zu verstehen versuchen. Kein russischer Präsident würde geduldig dabei zusehen, wie eine eindeutig antirussische Regierung in Kiew versucht, die Ukraine in Richtung Nato zu führen…
      Dass die provisorische Regierung der Ukraine keine ausreichende Legitimation hat, die Zukunft des Landes zu bestimmen, ist rechtlich so einleuchtend wie das Pochen des Westens auf die Unversehrtheit des Territoriums der Ukraine. Aber die Weltgeschichte ist kein Amtsgericht. Wir Deutschen haben immer auf unser Selbstbestimmungsrecht Wert gelegt. Haben die Russen auf der Krim dieses Recht nicht? Muss das, was der Diktator Nikita Chruschtschow 1954 aus Laune dekretiert hat, auch gelten, wenn die Ukraine sich gegen jenes Russland stellt, dem die Mehrheit der Krimbewohner sich verbunden fühlt?
      Quelle: SZ
    2. Altkanzler Kohl mahnt zu Besonnenheit
      „Es hat seitens des Westens in den vergangenen Jahren hier große Versäumnisse gegeben. Die Aufbruchstimmung in der Ukraine wurde nicht mehr klug begleitet. Ebenso hat es an Sensibilität im Umgang mit unseren russischen Nachbarn gemangelt, insbesondere mit Präsident Putin.
      Wir könnten heute schon viel weiter sein. Über Nacht lassen sich die Dinge jetzt nicht lösen. Wir brauchen Zeit und vor allem Besonnenheit. Das gilt für alle Seiten und alle Fragen.
      Quelle: Bild.de
    3. Sahra Wagenknecht warnt vor dem “dritten Weltkrieg”
      Ein Anschluss der Krim an Russland ist nach einem Referendum zu akzeptieren, und die Grünen sind blind für die “faschistischen Teile” der Übergangsregierung in Kiew – sagt die Linke Sahra Wagenknecht. Und äußert Verständnis für die Ängste Moskaus…
      Wagenknecht sagte, ein Anschluss der Krim an Russland nach einem Referendum auf der Halbinsel müsse akzeptiert werden. Sie äußerte Verständnis für Ängste Russlands, die unter anderem begründet seien durch eine mögliche Aufnahme der Ukraine in die Nato. Das Interesse von Russland in der Region sei zu berücksichtigen, meinte die Linken-Politikerin. Der Einmarsch russischer Soldaten auf der Krim sei zwar ein Bruch des Völkerrechts, jedoch auch eine “Reaktion auf eine Fehlentwicklung” – die Einsetzung der Übergangsregierung in Kiew…
      Sanktionen gegen Russland nannte sie zugleich “lächerlich”, die Russen würden davon nur “sehr begrenzt” beeindruckt sein. Den abgesetzten Regierungschef Viktor Janukowitsch nannte sie einen “Ganoven”. Die jetzige ebenfalls von Oligarchen gestützte Übergangsregierung sei aber nicht besser.
      Quelle: Tagesspiegel
    4. Bilder des Kalten Krieges
      Ein Berliner Osteuropa-Experte erhebt schwere Vorwürfe gegen die Ukraine-Politik und die Ukraine-Berichterstattung in der Bundesrepublik. Berlin und die EU hätten jahrelang russische Kooperationsangebote systematisch ignoriert und Moskau massiv provoziert, urteilt Stefan Meister, Russland-Spezialist des European Council on Foreign Relations (ECFR). Sie trügen daher “eine große Mitschuld” an der aktuellen Kriseneskalation. Insgesamt werde der Konflikt mit Russland im Westen “zu einseitig” beurteilt: “Wir bedienen … Bilder des Kalten Krieges”. Während Politik und Medien die Öffentlichkeit auf eine weitere Eskalation vorbereiten, zeichnen sich für den Fall, dass die Bevölkerung der Krim am Sonntag für den Anschluss an Russland stimmt, erste Ansätze für eine Destabilisierung der Halbinsel ab. So stellen militante ukrainische Faschisten in Aussicht, sie würden ihr “Vaterland bis zum Ende verteidigen”; ihre Mobilisierung hat inzwischen begonnen. Einige von ihnen kämpften bereits in Tschetschenien als Milizionäre gegen die russischen Streitkräfte. Zudem heißt es, Moskau habe mit Angriffen aus dem salafistischen Spektrum der muslimischen Krim-Tataren zu rechnen. Einige dieser Salafisten haben Kampferfahrung aus dem Syrien-Krieg.
      Quelle: German-Foreign-Policy
    5. Das staubige Reich der Oligarchen
      Im ostukrainischen Donbass wächst die Wut auf die alten Eliten. Der Versuch der neuen Regierung, sich mit den Oligarchen zu verbünden, droht zu scheitern.
      „Und wissen Sie was? Dieses Volk ist 20 Jahre lang geplündert worden, und es wird weiter geplündert werden. Weil wir immer nur stillhalten und uns verstecken. Soll ich Ihnen noch mehr sagen?“…
      Nach seiner Darstellung geht dieser Betrug so: Irgendein Oligarch mit guten Beziehungen zum Staat wirbt ein paar arbeitslose Bergleute an, Männer wie diesen Sascha mit seinen Witzen.
      Die malochen dann in ihren Maulwurfslöchern, ohne Schutz, ohne Rechte und Sicherheitsvorkehrungen, rund um die Uhr bis zum Umfallen, für zehn Euro am Tag. Die gewonnene Kohle, billiger als jedes legale Bergwerk sie je fördern kann, wird dann in eine staatliche Grube geschmuggelt und zu „legaler“ und damit viel teurerer Ware umdeklariert. Zusätzlich kassiert der jeweilige Oligarch dann noch eine Staatssubvention für jede „legalisierte“ Tonne…
      Nach Janukowitschs Sturz aber ist ein neues Element hinzugekommen. Seit dem Tag, an dem das ukrainische Publikum zum ersten Mal einen Blick in die Paläste, Lustgärten und goldenen Toilettenschüsseln der gestürzten Seilschaft werfen konnte, macht sich ein lange unterdrückter Zorn gegen die Leute dieses Führers Luft, gegen die Stahl- und Kohlebarone des „Donezker Clans“…
      Weil die Oligarchen aber in den letzten Tagen versucht haben, sich mit der neuen Macht in Kiew zu arrangieren, weil Interimspräsident Oleksandr Turtschinow zwei von ihnen im Osten sogar zu Gouverneuren gemacht hat, fällt diese neue Wut nun in eins mit dem traditionellen Ressentiment des „russischen“ Ostens gegen den „ukrainischen“ Westen…
      Quelle: FAZ
    6. Verhandeln ist besser als schießen
      Friedensbewegung warnt vor weiterer Eskalation in der Ukraine
      Positionspapier des Bundesausschusses Friedensratschlag veröffentlicht. Pressemitteilung.
      Insbesondere wären alle Maßnahmen – auch wenn sie im Einvernehmen mit der Mehrheit der Bevölkerung auf der Krim getroffen würden – rechtswidrig, die auf eine einseitige Lostrennung der Krim oder anderer Regionen aus dem ukrainischen Staatsverband hinausliefen. Nach der Charta der Vereinten Nationen ist eine Sezession unzulässig, es sei denn sie beruht auf einer einvernehmlichen Regelung der betroffenen Parteien – in diesem Fall also der Gesamt-Ukraine. Die Trennung Tschechiens und der Slowakei oder die Unabhängigkeit Südsudans waren Beispiele erlaubter „Sezessionen“. Die einseitige Unabhängigkeitserklärung der serbischen Provinz Kosovo dagegen war völkerrechtswidrig, weil sie gegen den Willen Serbiens erfolgte. Für problematisch halten wir auch das Argument Moskaus, Truppen zum „Schutz“ der Bevölkerung stationieren zu können. Es gibt kein Recht auf eine „humanitäre Intervention“ und die Friedensbewegung hat oft genug gegen so oder ähnlich begründete Militäraktionen Position bezogen (z.B. NATO-Krieg gegen Jugoslawien, Afghanistan-Krieg, Irakkrieg, Luftkrieg gegen Libyen, Frankreichs Krieg in Mali).

      Wir weisen aber ausdrücklich darauf hin, dass die russischen Maßnahmen nur vor dem Hintergrund der massiven Einmischung des Westens in die inneren Angelegenheiten der Ukraine und der Gewalteskalation in Kiew zu verstehen sind. In der Stellungnahme des Friedensratschlags heißt es hierzu: “Wenn deutsche, US-amerikanische oder polnische Politiker die Antiregime-Demonstrationen auf dem Maidan unterstützten, wenn der CIA in Kiew Oppositionspolitiker anheuerte, wenn NATO und EU von Beginn an auf einen Regimewechsel hingearbeitet haben, wenn Milliarden Dollar investiert wurden, um die Ukraine aus ihrer historischen Beziehung zu Russland heraus zu reißen, wenn schließlich die illegalen Maßnahmen des ukrainischen Parlaments (von der Absetzung des gewählten Präsidenten bis zur Annullierung des Sprachengesetzes) kommentarlos hingenommen und zu den faschistischen Umtrieben geschwiegen wird: Dann hat der Westen jede Glaubwürdigkeit verloren, die Maßnahmen Russlands unter Bezugnahme auf das Völkerrecht zu kritisieren.”
      Quelle: AG Friedensforschung

    7. Sind Sanktionen gegen Russland richtig?
      Ja, sagt Rebecca Harms (Grüne), denn die EU müsse klarmachen, welchen Preis Putin zu zahlen habe. Nein, sagt Stefan Liebich (Linkspartei). Er plädiert für reden, reden, reden
      Quelle: taz
    8. Scholl-Latour: Wir leben in einer Zeit der Massenverblödung
      Zu seinem 90. Geburtstag wirft der Journalist und Islamexperte, der Gott und die Welt kennt, einen Blick auf sein Leben und auch auf die Krise in der Ukraine: … Wenn Sie sich einmal anschauen, wie einseitig die hiesigen Medien, von TAZ bis Welt, über die Ereignisse in der Ukraine berichten, dann kann man wirklich von einer Desinformation im großen Stil berichten, flankiert von den technischen Möglichkeiten des digitalen Zeitalters, dann kann man nur feststellen, die Globalisierung hat in der Medienwelt zu einer betrüblichen Provinzialisierung geführt. Ähnliches fand und findet ja bezüglich Syrien und anderen Krisenherden statt. …  Ich frage mich, was sich die EU von einer Annäherung der Ukraine erhofft. In Brüssel sollte man sich besser auf eine Konzentration und Konsolidierung ausrichten, statt die Ausweitung nach Osten voranzutreiben. Schon mit der Aufnahme Rumäniens und Bulgariens haben sich die Kommissare in Brüssel übernommen. Käme nun noch die Republik von Kiew hinzu, wo von den Tataren die Wurzeln des heutigen Russlands gelegt wurden und die Bekehrung zum Christentum stattfand, dann würde das aufgeblähte Territorium der fragilen Europäischen Union bis rund dreihundert Kilometer an jenes Schlachtfeld heranrücken, das unter dem Namen Stalingrad berühmt wurde. Haben die Deutschen jedes Gespür für die Tragik der eigenen Geschichte verloren?
      Quelle 1: Telepolis
      Quelle 2: Phoenix: Alfred Schier mit Peter Scholl-Latour
    9. Im Zweifel für Zwischentöne
      Als Wladimir Putin ankündigte, er behalte sich eine “humanitäre Mission” auf der Krim vor, annektierte er einen Begriff, der nur unserer Welt zusteht. Da sind die Ohren empfindlich, sie reagieren auf ein gestohlenes Konzept wie auf einen schrillen Misston. Unser Gehör ist geeicht, es trennt das Statthafte vom Unstatthaften, da gibt es kein Vertun. Ich habe mich oft gefragt, wie dieses Gehör zustande kommt, diese instinktive Selbstverortung, die es den meisten Menschen erlaubt, zu komplizierten internationalen Krisen im Handumdrehen eine Meinung zu haben. In diesen Tagen lässt sich lernen, wie ein Echoraum entsteht, aus dem es zurückschallt, wie hineingerufen wird, in einer Mono-Ton-Qualität, die man für längst vergangen hielt, in unseren zersplitterten Öffentlichkeiten des 21. Jahrhunderts. Es gibt Stimmen abseits des Mono-Tons, Zwischenrufe; sie kommen eher von der Seite, von Schriftstellern, Wissenschaftlern, Wirtschaftsexperten. Der politische Journalismus hingegen neigt stets dazu, sich hinwegtragen zu lassen, dorthin, wo er eigentlich nicht mehr gebraucht wird, weil da schon alle sind, die auf nichtjournalistische Weise Öffentlichkeit prägen und Gehöre eichen.
      Jeder Krieg, jeder Konflikt braucht eine Erzählung, die Gut und Böse definiert, die einordnet, vereinfacht und Interessen bedient. Erst dann setzt sich jene große Maschinerie in Gang, die wie von magischer Hand gesteuert nur noch eine Richtung zu kennen scheint. Der Journalismus ist dabei Täter ebenso wie Opfer. Denn eigentlich ist es heute schwer geworden mit den glatten Erzählungen: Weil die westliche Politik moralische Maßstäbe und völkerrechtliche Grundsätze mit einer geradezu opulenten Widersprüchlichkeit handhabt. Kosovo, Kroatien, Libyen, Ägypten, Südsudan, Mali, Syrien, Zentralafrika: Ob neue Staaten erlaubt sind, ob ein Referendum Gültigkeit hat, ob ein Putsch legitim ist, eine Intervention gerechtfertigt, eine Bombardierung geboten, all dies ist schlicht eine Frage von Interessen. – Ich plädiere nicht für einen Werterelativismus. Sondern für das Zulassen von Zweifeln, für eine Kultur des Zweifels. Für das Abweichen vom Mono-Ton, für den zumindest versuchsweisen Widerspruch gegen die bei uns hegemonialen Erzählungen. Vor kurzer Zeit wurde auf verschiedenen Foren in den USA und in Europa über den Unterschied zwischen aktivistischem und professionellem Journalismus debattiert. Letzterer reklamiert für sich gern die Neutralität, während der Aktivist bestimmten Interessen und Zielen verpflichtet sei. Im Fall Ukraine erlebt man gerade den Aktivismus des Mainstreams. Wer sich einem Kollektiv zugehörig fühlt, schreibt zweifelsarm. Nicht zweifelsfrei, aber doch zweifelsarm. In dieser Hinsicht ist der Mainstream und seine herbeifabulierte Freie Welt nur das denkbar größte Kollektiv. Es gibt in diesem Kollektiv stillschweigende Vereinbarungen; sie sind den meisten nicht bewusst und gerade deswegen so wirkmächtig.
      Quelle: taz

      Anmerkung Orlando Pascheit: Nur zwei Dinge: Der Journalismus ist Täter. Es wäre eine Beleidigung für diesen Stand, die vierte Gewalt so zu unterschätzen. Der gestandene Journalist hat gelernt, dass seine Herkunft, seine Sozialisation, seine Bequemlichkeit, seine persönlichen Neigungen und Interessen seiner Recherche und Analyse häufig im Wege stehen. Er bleibt Täter, wenn er sich von diesen Einflüssen nicht lösen kann oder will. Die Frage ist, inwieweit er dann noch Journalist ist. Zum Zweiten gibt es natürlich Grenzen (neben denen des eigenen Verstandes und Vermögens) – z.B. aus begrenzten Informationen eine Meldung zu machen. Aber er kann das kenntlich machen, vor allem aber kann er die Recherche intensivieren. Auf einer eher psychologischen Ebene – und das ist eher eine persönliche Beobachtung – kann das Anrennen gegen hegemoniale “Erzählungen des Mainstreams” in Politik und Medien dazu führen, dass man sich den Methoden des “Gegners” ungewollt anpasst – z.B. indem man selbst zu Vereinfachungen greift oder in einem blinden Kontra verharrt.

  3. Arm stirbt früher
    Diabetes. Herzkreislaufkrankheiten. Psychische Störungen. Magenkrebs. Immer sind sozial benachteiligte Menschen unverhältnismäßig betroffen. Neue Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) deuten nun darauf hin, dass sich die Schere bei den “Gesundheitschancen und Krankheitsrisiken” zwischen oben und unten, arm und reich weiter öffnet…
    …auch bei der sogenannten ferneren Lebenserwartung zeigt sich unübersehbar der Einfluss der sozialen Lage: Ab einem Alter von 65 Jahren liegt der Unterschied zwischen Menschen mit niedrigem Einkommen und Menschen mit einem hohen Einkommen bei 5,3 Jahren (Männer) beziehungsweise 3,8 Jahren (Frauen).
    Quelle: Telepolis
  4. Die Linke fordert höheres Rentenniveau
    Die Fraktion Die Linke macht sich in einem Antrag (18/767) dafür stark, das Rentenniveau in der gesetzlichen Rentenversicherung wieder anzuheben. Darüber hinaus fordert sie, die Ursachen der Altersarmut zu bekämpfen.
    Die Abgeordneten kritisieren, dass die Rentenreformen der vergangenen Jahre dazu führen würden, dass das Rentenniveau von 53 Prozent im Jahr 2001 auf 43,7 Prozent im Jahr 2030 sinkt. Eine Rente von 1.000 Euro werde dann nur noch 800 Euro wert sein. Unter dieser Voraussetzung müsse eine durchschnittlich verdienende Person 35 Jahre statt bisher 26 Jahre lang arbeiten, um eine Rente oberhalb der Grundsicherung im Alter zu bekommen. Beschäftigte im unteren und mittleren Einkommensbereich würden künftig nur noch sehr schwierig auf eine Rente oberhalb der Grundsicherungsniveaus kommen, befürchten die Parlamentarier. Sie werfen der Regierungskoalition außerdem vor, dass die von ihr geplanten Leistungsverbesserungen in der Rente „absurderweise“ dazu beitragen, das Rentenniveau weiter zu senken. „Denn erhöhte Rentenleistungen schmälern über den sogenannten Nachhaltigkeitsfaktor zukünftige Rentenanpassungen“, so die Argumentation.
    Sie verlangen, dass das Rentenniveau von derzeit knapp 48 Prozent wieder auf mindestens 53 Prozent angehoben und dort dauerhaft stabilisiert wird. Die Abgeordneten fordern außerdem eine Rücknahme der Rente mit 67 und die Schaffung flexibler Übergänge. Versicherten mit 40 Beitragsjahren (inklusive gleich gestellter Zeiten) soll ab Vollendung des 60. Lebensjahres ein abschlagsfreier Zugang zu einer Altersrente gewährt werden. Neue Möglichkeiten der geförderten Altersteilzeit sowie deutlich leichtere Zugänge zu Erwerbsminderungsrenten gehören ebenfalls in den Forderungskatalog der Linken.
    Quelle: Deutscher Bundestag
  5. Bsirske: “Die wollen Wildwest spielen”
    Wie genau soll der Mindestlohn angepasst werden, nachdem er 2015 eingeführt wird?
    Die Entwicklung soll sich an den Lohnabschlüssen wichtiger Branchen orientieren. Ein jährlicher Rhythmus wäre sinnvoll, mit Sitzungen am Ende des Jahres, wenn klar ist, was in wichtigen Branchen passiert ist. Das Mindestlohnniveau darf nicht durch lange Zeitabstände bei der Anpassung entwertet werden. Ich kritisiere ausdrücklich die Entscheidung der Koalitionäre, den gesetzlichen Mindestlohn bis 2017 einzufrieren.

    Wann soll er Ihrer Meinung nach das erste Mal angepasst werden?
    Am besten direkt nach seinem Inkrafttreten, also 2015. Er sollte dann schnell auf zehn Euro steigen. Im internationalen Vergleich sind wir schon heute mit 8,50 Euro ganz unten. Frankreich hat 9,53 Euro, die Niederlande 9,11 Euro.

    In Frankreich wird der Mindestlohn als eine Ursache für die hohe Jugendarbeitslosigkeit gesehen. Die Arbeitgeber hierzulande wollen Ausnahmen für Jüngere und Langzeitarbeitslose.
    Die höhere Jugendarbeitslosigkeit in Frankreich hängt damit zusammen, dass es kein System der dualen Ausbildung gibt und der Übergang von der Schule in die Arbeitswelt schwieriger ist. Das ist bei uns besser geregelt. Ausnahmen vom Mindestlohn sollte es hier nur für Auszubildende, Pflichtpraktika und Ehrenamtler geben – also dort, wo kein Arbeitsverhältnis besteht. Sonst droht ein Flickenteppich, der der Funktion Mindestlohn nicht gerecht wird.
    Quelle: Welt.de

  6. 58 Milliarden Arbeitsstunden – höchster Stand seit 20 Jahren
    Im Jahr 2013 arbeiteten die Erwerbstätigen in Deutschland insgesamt 58,1 Milliarden Stunden. Das war ein Plus von 0,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Mehr gearbeitet wurde zuletzt im Jahr 1994 mit 58,2 Milliarden Stunden, berichtete das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) am Mittwoch.
    Das Wachstum des Arbeitsvolumens ist auf die gestiegene Zahl der Erwerbstätigen zurückzuführen. „In Erwartung einer wiederanziehenden Konjunktur haben Betriebe im letzten Jahr trotz nur mäßig gefüllter Auftragsbücher die Beschäftigung weiter erhöht“, erklärte Enzo Weber, Leiter des IAB-Forschungsbereichs „Prognosen und Strukturanalysen“. Die Erwerbstätigkeit habe im Jahr 2013 um 0,6 Prozent zugenommen und mit 41,8 Millionen einen neuen Höchststand erreicht. Allerdings fiel der Anstieg geringer aus als in den beiden Vorjahren: 2011 lag der Zuwachs noch bei 1,4 Prozent, 2012 bei 1,1 Prozent.
    Anders als das Arbeitsvolumen insgesamt ist die durchschnittliche Jahresarbeitszeit der Erwerbstätigen 2013 um 0,4 Prozent zurückgegangen. Sie lag bei 1.388 Stunden. Auf die beschäftigten Arbeitnehmer bezogen, also ohne die Selbständigen und mithelfenden Familienangehörigen, sank die Jahresarbeitszeit um 0,3 Prozent von 1.316 Stunden auf 1.313 Stunden. Vollzeitbeschäftigte arbeiteten im Jahr 2013 durchschnittlich 1.640 Stunden, Teilzeitbeschäftigte 637 Stunden.
    Beim Urlaub und bei den sonstigen Freistellungen zeigte sich im Jahr 2013 ein leichter Anstieg. Dabei spielte auch eine Rolle, dass Arbeitnehmer infolge der Hochwasserkatastrophe im Sommer 2013 nicht zu ihren Arbeitsstätten gelangen konnten.
    Die bezahlten Überstunden gingen etwas zurück: 2013 waren es knapp 47 Stunden je Beschäftigten, im Vorjahr noch knapp 48.
    Der Krankenstand lag im Jahresdurchschnitt 2013 bei 3,72 Prozent und war damit etwas höher als im Jahr 2012 (3,59 Prozent). Grund dafür waren die erhöhten Krankenstandsquoten im Februar und März 2013 infolge der Grippewelle.
    Quelle 1: IAB
    Quelle 2: Eine Tabelle zur Entwicklung der Arbeitszeit [PDF – 85.4 KB]
    Quelle 3: Eine lange Zeitreihe mit den Jahreszahlen ab 1991

    Anmerkung WL: Vergleicht man allerdings die lange Zeitreihe so zeigt sich, dass das Arbeitsvolumen der beschäftigten Arbeitnehmer (also der nicht selbstständigen Erwerbstätigen) seit 1991 von 51.768 Millionen Stunden auf 49.047 Millionen Stunden im Jahre im Jahre 2013 verringert hat.
    Das Arbeitsvolumen der Vollzeitbeschäftigten hat sich im gleichen Zeitraum von 47.635 Millionen Stunden auf 40.099 Millionen Stunden verringert, während sich das Arbeitsvolumen der Beschäftigten in Teilzeit von 3.818 auf 8.223 Millionen Stunden erhöht hat. Das heißt in der Tendenz, dass sich das Arbeitsvolumen auf mehr Köpfe verteilt hat und vor allem die Teilzeitarbeit erheblich angestiegen ist.

  7. Arbeitszeiten in Kliniken – “Überdenken Sie Ihren Stundenzettel noch mal”
    Ein Arzt in Polen schiebt 175 Stunden lang Dienst – auch in deutschen Kliniken ist der Arbeitsdruck oft enorm. Junge Mediziner in der Facharztausbildung berichten von nicht vergüteten Überstunden und gefälschten Arbeitszeiten. Die Gewerkschaft ist machtlos.
    Quelle: Spiegel Online
  8. Bundeskabinett beschließt Regierungsentwurf des Bundeshaushalts 2014 und Eckwerte für die Jahre 2015 bis 2018
    „Die heutigen Beschlüsse der Bundesregierung zum Bundeshaushalt markieren eine Zäsur. Ab 2015 nimmt der Bund keine neuen Schulden mehr auf. Wir geben nicht mehr aus, als wir einnehmen…“
    Quelle: Bundesfinanzministerium

    Anmerkung WL: Die Politik der „schwäbischen Hausfrau“ hat sich durchgesetzt. Siehe dazu „Der Staat ist keine schwäbische Hausfrau“ [PDF – 2.9 MB]. Die Investitionsquote ist auf einem Tiefpunkt, der private Konsum dümpelt auf niedrigem Niveau und der Staat spart.
    Das sind üblicherweise die Voraussetzungen für eine rezessive Wirtschaftspolitik. Impulse werden offenbar weiter nur über den Export erwartet. Und das bei einem riesigen inländischen Investitionsbedarf in marode Brücken und Bauten und den Schienenverkehr.
    Hinzu kommt Schäuble spart auf Kosten der Sozialkassen, er kürzt den Bundeszuschuss an die Gesetzlichen Krankenkassen, er finanziert die „Mütter-Rente“ über die Rentenkasse und er finanziert das aus den Rentenbeiträgen. Die Handlungsspielräume des Staates für eine aktive Wirtschaftspolitik und für Zukunftsinvestitionen werden massiv verbarrikadiert.

  9. Gastspiel beim S-21-Geologen
    Das Tiefbahnhofprojekt Stuttgart 21 ist bis heute nur in Teilen genehmigt. Ob die Deutsche Bahn den Tunnelbahnhof zu Ende bauen darf, entscheidet das Eisenbahnbundesamt (EBA). An der Neutralität der Behörde tauchen nun Zweifel auf: Ein hochrangiger Beamter tritt als Redner beim Chefgeologen des Milliardenprojekts auf, während er zeitgleich wichtige Bauanträge des Gastgebers prüft.
    Quelle: Kontext:Wochenzeitung

    Hinweis: Auch in der aktuellen Ausgabe wieder eine Reihe interessanter Beiträge, u.a.:

    • Mappus‘ Mamba: Sie war Stefan Mappus’ wichtigste Ministerin. Nach der historischen Wahlniederlage der CDU kehrte Tanja Gönner Land und Politik den Rücken. Jetzt, im zweiten Schlossgarten-Untersuchungsausschuss, holt die Vergangenheit sie ein.
    • Causa nostra: Für Stuttgart 21 müssen rund 60 Kilometer Tunnelröhren unter der Stadt gebohrt werden. Der unterirdische Bahnhof ist damit eines der lukrativsten Projekte in Europa für Tunnelbauer, die sich gern als große Familie sehen.
    • Ein Prosit auf Putin: Olympia ist, wenn alle Freunde sind. Besonders gut kann das der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach. Vor allem mit Wladimir Putin. Olympiasieger Dieter Baumann zählt nicht zu den Freunden. Für Kontext zieht er seine Sotschi-Bilanz.
    • Russki, go home: Schluss jetzt mit dem Anti-Amerikanismus, wettert Peter Grohmann, sonst kommen hier aber mal ganz schnell die Drohnen.
    • Die Rechten vom Maidan: Rechtsextreme haben beim Protest auf dem Maidan kräftig mitgemischt. In der neuen Regierung besetzen Mitglieder der Allukrainischen Partei Swoboda Schlüsselpositionen. Und die pflegt sein Jahren freundschaftliche Kontakte zur NPD.

    Am Samstag als Beilage zur taz.

  10. Drei Jahre Fukushima – verdrängt und vergessen?
    Auch drei Jahre nach dem verheerenden Erdbeben und dem Tsunami in Japan lassen sich die langfristigen Folgen der Atomkatastrophe von Fukushima noch nicht erahnen. Noch immer gibt es kaum Zugangsmöglichkeiten zur Reaktorruine und immer wieder gelangt kontaminiertes Wasser in den Pazifik. Dessen ungeachtet verkündete Japans Premierminister Abe Shinzo im September 2013 während seiner Bewerbungsrede für die olympischen Sommerspiele 2020 vor dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) in Buenos Aires voller Überzeugung: „Lassen Sie mich Ihnen versichern: Wir haben die Situation komplett unter Kontrolle. Der Unfall hatte noch nie und wird nie Auswirkungen in Tokio haben.“
    Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik
  11. Initiative fordert Werbeverzicht der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten
    Nach den Berechnungen und Prognosen der KEF werden die Rundfunkanstalten bis zum Ende der Periode 2013 bis 2016 30.814,0 Mio. EUR aus den Rundfunkbeiträgen einnehmen. Das sind 1.145,9 Mio. mehr als von den Anstalten im April 2013 angemeldet. Vielfach wird nun empfohlen, schon jetzt Entscheidungen über die Verwendung dieser Mehreinnahmen zu treffen, obgleich eine gründliche Evaluierung für 2014 zur Vorbereitung der Entscheidungen beschlossen war mit dem Ziel, Lastengerechtigkeit und Beitragsstabilität des Rundfunkfinanzierungssystems besser sicherzustellen.
    Der Initiativkreis zur Förderung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Köln (IÖR) regt
    dringend an, zur Vorbereitung dieser Entscheidungen eine Debatte darüber zu führen, wie die voraussichtlichen Mehreinnahmen auch für den „Einstieg in den Ausstieg aus der Werbung in der ARD“ genutzt werden könnten.
    Werbung führt zu einem Verlust an öffentlich-rechtlichem Profil mit der Gefahr einer
    Entwicklung zur Konvergenz der Programme im dualen System. Die Legitimation und
    Zukunftsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erfordert aber ein klares Profil, das sich von den Privatsendern unterscheidet. Im Zuge der Digitalisierung ändert sich das
    Nutzungsverhalten auch in Bezug auf Werbung.
    Quelle: IÖR [PDF – 20 KB]
  12. Kurzer Prozess: »Zeit Online« und der geschasste 150-Euro-Reporter
    Unter den Artikeln, die der freie Journalist Moritz Gathmann für »Zeit Online« über die Ukraine geschrieben hat, steht seit kurzem folgender Hinweis:
    Offenlegung: Der Autor arbeitet für die vom russischen Staat mitfinanzierte Zeitungsbeilage Russland heute. Dies entspricht nicht unseren Grundsätzen. Wir entschuldigen uns dafür.
    Testfrage: Wofür genau entschuldigt sich »Zeit Online«?
    David Schraven leitet das Ressort »Recherche« bei der Funke-Mediengruppe (»WAZ«), er sitzt im Vorstand von »Netzwerk Recherche« und er hat, was womöglich nicht ganz unwesentlich ist, eine andere Meinung zu den Vorgängen in der Ukraine als Gathmann. »Eher voreingenommen und gefärbt«, nennt er dessen Artikel.
    Er fand einen Weg, sehr schnell etwas dagegen zu tun.
    Quelle: Stefan Niggemeiner

    Anmerkung WL: Dass Chefredakteure unliebsame Redakteure feuern oder auf Linie zwingen ist nichts Neues. Dass aber nun selbst Kollegen sich untereinander denunzieren und andere Meinungen durch Denunziation bei Chefredakteuren bekämpfen, hat eine ganz neue Qualität.

  13. Albrecht von Lucke: Die gespaltene Opposition
    Aus Linkspartei und Grünen wird in den nächsten Jahren keine Liebesbeziehung werden.
    Nein, das neue „Oppositionsbündnis“ verdient seinen Namen nicht. Es ist kein Bündnis aus Wunsch, sondern allenfalls aus Zwang: Dort, wo Linke und Grüne in der Opposition tatsächlich zur Zusammenarbeit verdammt sind, etwa zwecks Einberufung eines Untersuchungsausschusses, werden sie notgedrungen kooperieren. Ansonsten aber herrscht ein gewaltiges Distanzierungsbedürfnis – auch und vor allem von Seiten der Grünen…
    So sehr sich Gregor Gysi in den diversen gemeinsamen TV-Interviews mit Vertretern der Grünen auch anstrengte, gemeinsame Projekte in der Opposition auch nur anzudenken, so sehr ließen ihn Katrin Göring-Eckart und Cem Özdemir, ja selbst der vermeintlich linke Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter dabei abblitzen. Und zwar immer mit der gleichen, sehr durchschaubaren Strategie: Wir Grüne stehen für seriöse, immer auch regierungsfähige Oppositionsarbeit, die Linkspartei bloß für Fundamentalopposition…
    Die Devise der Grünen ist dabei klar: Man spielt nicht mit den Schmuddelkindern. Schließlich galt man lange selbst als eben solche, mit denen keiner koalieren wollte…
    Anders als die Linkspartei begreifen sich die Grünen längst als eine Regierung im Wartestand.
    Quelle: Gegenblende

    Anmerkung WL: Jetzt plädiert sogar Albrecht von Lucke dafür, dass die Linke auf den neuen außen- und militärpolitischen Kurs der Bundesregierung einschwenkt. Politik reduziert sich auf Koalitionsspekulationen in ferner Zukunft.

  14. Der Neofaschismus in Europa
    In Europa sind gegenwärtig über 100 neofaschistische Terrorgruppen, Kampfbünde und Parteien aktiv – allein in Rußland treiben etwa 30 Organisationen, die diesem Spektrum zuzurechnen sind, ihr Unwesen…
    Die vierte und jüngste Expansionsphase des Neofaschismus hat sich im Gefolge der aktuellen Euro-Krise entwickelt. Als die Regierungen der europäischen Peripherieländer unter dem Diktat der »Troika« aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank um die Jahreswende 2009/2010 krisenverschärfende Austeritätsprogramme durchsetzten, lösten sie eine soziale Katastrophe aus, die in vielem an die osteuropäischen »Schocktherapien« der 1990er Jahre erinnerte. Auch von dieser Entwicklung konnten neofaschistische Organisationsansätze profitieren. Der Neofaschismus hat inzwischen in mehreren süd- und südosteuropäischen Ländern tiefe Wurzeln geschlagen.
    Im Ergebnis dieser vier Aufschwungphasen ist der Neofaschismus wieder zu einem Machtfaktor aufgerückt, der in zunehmendem Maße auf die sozialen, kulturellen und politischen Verhältnisse Europas einwirkt…
    Der Neofaschismus ist dabei, sich in Europa zu einem von erheblichen Teilen der Unterklassen mitgetragenen Phänomen der sozialen Regression und des neuerlichen Wegs in die Barbarei zu entwickeln. Sein politischer Hauptfeind ist und bleibt die Linke in allen ihren Schattierungen – obwohl sie durch ihren übermächtigen institutionellen Flügel bis zur Unkenntlichkeit deformiert ist. Wenn wir uns den damit einhergehenden Herausforderungen stellen wollen, müssen wir zuallererst mit einer radikalen Selbstkritik anfangen.
    Quelle: Ossietzky
  15. China vor dem Burnout
    Kann die Volksrepublik eine Transformation des kreditgetriebenen Wachstums vollführen und ein nachfrageorientiertes Wirtschaftsmodell etablieren?
    Seit 2008 ist die chinesische Konjunktur nicht mehr Export-, sondern Investitionsgetrieben, während der Binnenkonsum weiterhin keine relevante Rolle spielt. Das Land wurde mit Infrastrukturprojekten überzogen und mit ganzen Geisterstädten zugepflastert, deren Wohneinheiten auch Jahre nach Fertigstellung keine Käufer finden. In diesen fünf Jahren ist die Gesamtverschuldung Chinas von 120 Prozent des BIP auf nun 190 Prozent angestiegen, wobei ein Großteil des Kreditwachstums auf den Schattenbanksektor zurückzuführen ist, der vor 2008 kaum eine Rolle spielte…
    Die sich immer deutlicher abzeichnende Schuldenkrise in China birgt übrigens – zusammen mit den einsetzenden Verwerfungen in vielen Schwellenländern – auch für das exportfixierte deutsche „Geschäftsmodell“ ein enormes Krisenpotenzial. Bekanntlich konnte Deutschlands Exportindustrie die einbrechende Nachfrage im krisengeschüttelten Europa, das von der Bundesregierung auf eine wirtschaftlich und sozial verheerende Hungerdiät gesetzt wurde, durch einen raschen Anstieg der Exporte im außereuropäischen Ausland kompensieren. Neben den USA waren hiervon China, Südostasien und viele Schwellenländer betroffen. Die deutschen Ausfuhren nach China sind von 5,6 Milliarden 1996, über 27,5 Milliarden 2007, bis auf 66,6 Milliarden 2012 angestiegen. Der chinesische Absatzmarkt spielt insbesondere für den deutschen Maschinenbau und die Fahrzeugindustrie eine wichtige Rolle…
    Die drohende Schuldenkrise in der Volksrepublik dürfte somit auch das exportfixierte deutsche „Geschäftsmodell“ in Schieflage bringen.
    Quelle: Gegenblende
  16. TV-Tipp: “Die Anstalt” wird am 15.03.2014 21 00h auf 3 SAT wiederholt
  17. Nachruf auf Gérard Mortier von Michael Vesper
    Im Alter von 70 Jahren verstarb in der Nacht zum Sonntag der Musikmanager Gérard Mortier nach schwerer Krankheit. Mortier hat in vielen Festspiel- und Opernhäusern quer durch Europa seine künstlerischen Spuren hinterlassen. 2002 ist er ins Ruhrgebiet gekommen und hat die Ruhrtriennale erfunden und geschaffen. Industrieanlagen und von der Montanindustrie verwüstete Landschaften wurden zu Spiel- und Ereignisstätte für Opern, Theater, Musik, Tanz und bildende Kunst. Ein Nachruf von Michael Vesper [PDF – 37 KB]
  18. .

  19. THE TWINS – Jutta Winkelmann und Gisela Getty
    Präsentation, Freitag, 14.03.2014, 19.30 Uhr, Millerzimmer
    Einladung zur Lesung, Ausstellung und Präsentation des in der Edition-Bildstein-Leipzig-Dresden neu erschienenen Buches – Unter dem Cherrytree für Viktor P.
    Begrüßung: Matthias Gangkofner
    Laudatio: Ingo Groepler- Roeser
    Lesung: Jutta Winkelmann und Gisela Getty
    Quelle: Münchner Künstlerhaus

    dazu: Logbuch einer Abenteuerreise ins Ungewisse
    Sie waren von unberechenbarer Erotik, androgyn und verführerisch: die 70er-Ikonen Gisela Getty und Jutta Winkelmann. Mit “Unter dem Cherrytree” veröffentlichen sie ein Poesiealbum ihrer Erinnerungen.
    Quelle: WELT

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