Hinweise des Tages

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(WL/KR)

  1. Wer den Staat reich macht
    Problematisch ist, wie der Überschuss zustande gekommen ist: Die Zeche haben vor allem Verbraucher, Normal- und Niedrigverdiener sowie die Bezieher von Sozialleistungen bezahlt.
    Noch etwas trübt das positive Bild des Staatsüberschusses: die im europäischen Vergleich extrem niedrige Staatsquote, die Deutschland mittlerweile erreicht hat. Weil ein immer geringerer Anteil der Wirtschaftsleistung durch öffentliche Kassen fließt, hinkt Deutschland auch bei den Ausgaben für Bildung und Infrastruktur hinterher. Ohne die Steuersenkungen für Spitzenverdiener und Unternehmen könnte Deutschland mehr in die Zukunft investieren – bei ebenfalls ausgeglichenem Haushalt.
    Quelle: taz

    Anmerkung Jürgen Berger: Die skandinavischen Länder zeigen Alternativen zu der hierzulande von Politik und Medien propagierten neoliberalen Politik auf. Das Abzocken der Normal- und Niedrigverdiener ist keine Voraussetzung für eine florierende Volkswirtschaft.
    Außerdem zeigen bereits die nur moderaten Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts, dass keine “schmerzlichen Strukturreformen” (natürlich zu Lasten von `Otto-Normalverbraucher´) erforderlich sind, um Geld in die Staatskassen zu bringen.

  2. Kochen am Krisenherd
    Der Gesetzgeber veranschlagt für Nahrung und Getränke bei 14- bis 18-Jährigen 3,42 Euro pro Tag. Selbst wer nur beim Discounter kauft, muss jedoch im Schnitt 4,68 Euro täglich bezahlen, um den Appetit eines Teenagers mit ausgewogener Kost zu stillen, schreiben die Autorinnen der Studie, Mathilde Kersting und Kerstin Clausen vom Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE) der Universität Bonn.
    Quelle: Tagesspiegel
  3. Kinderarmut
    Gerade erst haben neue Zahlen die Öffentlichkeit alarmiert: Im März 2006 erreichte die Zahl der Jungen und Mädchen bis 15 Jahre, die von staatlicher Unterstützung leben, mit knapp zwei Millionen einen neuen Höchststand. In Berlin gilt inzwischen jedes dritte Kind als arm, in Bremerhaven und Görlitz liegt die Quote bei mehr als vierzig Prozent. Anders als bis zur Jahrtausendwende bestreite niemand mehr den stetigen Anstieg der Kinderarmut. Minderjährige sind inzwischen die Bevölkerungsgruppe mit dem größten Risiko, unter die Einkommensgrenze zu rutschen.
    Quelle: FAS

    Anmerkung: Es ist ja immerhin bemerkenswert, dass die zunehmende Kinderarmut dem bürgerlichen Sonntagszeitungsleser zum Frühstück serviert wird. Aber ansonsten bleibt es bei Onkel Bräsigs Analyse „Armut kommt von der Pauverté“.

  4. Bizarrer Hartz-IV-Fragebogen
    In der Hamburger Arbeitsagentur werden Hartz-IV-Empfänger nach Informationen des SPIEGEL mit einem bizarren Fragebogen konfrontiert. Essgewohnheiten, Videovorlieben, sogar Einstellungen zur Liebe will die Behörde wissen. Man wolle nur “passgenauer” helfen, beteuert die Agentur.
    Quelle: Spiegel Online
  5. Egon W. Kreutzer: Hartz IV-Regelsätze und Mindestlohn
    Herr Müntefering will die Regelsätze für Hartz IV-Empfänger nur anheben, wenn gleichzeitig ein gesetzlicher Mindestlohn eingeführt wird. Herr Kauder fürchtet den Mindestlohn wie der Teufel das Weihwasser und ärgert sich, dass der Münte die sich zum Christlichen bekennenden Demokraten mit diesem Junktim in Schwierigkeiten bringt.
    Unter dem Strich ist alles nur durchsichtige Parteitaktik. Die C-Parteien gehen mit frisch aufgetragener Sozialtünche vor die Kameras und versuchen, sich als die wahren Freunde des Volkes darzustellen, was wiederum die Sozialdemokraten veranlasst, noch dickere Tünche über die soziale Kälte zu legen und einen Hauch von Rouge obendrein.
    Quelle: egon w. kreutzer
  6. Maßhalten gilt nicht für den Bahn-Vorstand
    Seit dem Amtsantritt von Bahnchef Hartmut Mehdorn haben sich die Bezüge des Vorstands mehr als verfünffacht. Die Lokführer rechnen seit Monaten verärgert vor, dass sich ihre Realeinkommen seit der Bahnreform im Schnitt um rund ein Zehntel verringert haben.
    Quelle: FR
  7. Telekom-Vorstand war “exzessiver” APO-Aktivist
    Seit kurzem ist Thomas Sattelberger Personalvorstand der Deutschen Telekom. Er setzt sich für reine Lehre vom Markt ein. In jungen Jahren verfolgte er gänzlich andere Ziele. An der Seite von Joschka Fischer war er in der Außerparlamentarischen Opposition (APO) aktiv und setzte sich für eine “sozialistische Weltrevolution” ein.
    Quelle: Die Welt

    Anmerkung: Darauf weisen wir nicht hin, weil wir wie die Welt gegen die 68er Generation polemisieren wollten, sondern weil Sattelberger eines unter unzähligen Beispielen ist, wie sich linkssektiererische Dogmatiker jedenfalls als Dogmatiker treu geblieben sind. Dogmen dienten schon immer dazu, den Verstand auszuschalten. Das verbindet die Anhängerschaft Sattelbergers zum damaligen „Kommunistischen Arbeitsbunds/Marxisten-Leninisten“ mit seiner heutigen Mitgliedschaft im “Konvent für Deutschland”.

  8. Telekom will 16 000 Programmierer auslagern
    Nach den Call-Centern und der Zentrale in Bonn nimmt sich Telekom-Chef René Obermann die nächste Sparte im Konzern vor: die Geschäftskundensparte T-Systems.
    Quelle: Focus Online
  9. Eine “private Zukunftsvorsorge” ist keine Alternative
    Die vielfach beschworene “private Altersvorsorge” ist für die Mehrheit schlicht und einfach nicht leistbar. Auch wenn noch soviel dafür geworben wird. Im Hinblick auf die Einnahmen- und Bedarfssituation besteht auch für die meisten der wenigen stabilen Haushalte (keine Scheidung, keine Arbeitslosigkeit) unter 50 bis 55 Jahren kaum eine Möglichkeit, Geld für private Vorsorge zu verwenden und beiseite zu legen – ohne sich nicht massiv in ihren Konsummöglichkeiten einzuschränken. Für die wirtschaftlich unteren drei Viertel der Haushalte, möglicherweise auch bis zu 90 Prozent, besteht wohl auch ab 50 bis 55 Jahren keine Möglichkeit dazu (das ist einfach zu teuer).
    Quelle: Telepolis

    Dazu passt:

    Konzerne zahlen fette Pensionen an Top-Manager
    Der deutsche Arbeitnehmer müht sich schwer für seine Rente. Die Chefs der Dax-Konzerne, die im Schnitt 3,4 Millionen Euro pro Jahr verdienen, erhalten hingegen fürstliche Pensionen. Spitzenreiter ist E.on-Chef Wulf Bernotat, der sich über 868.000 Euro pro Jahr freuen darf.
    Quelle: Die Welt Online

    Anmerkung: Dazu kommt, dass diese opulenten Renten vom Steuerzahler mitfinanziert werden. Die Pensionsansprüche können schließlich steuermindernd von den Betriebsergebnissen abgesetzt werden. Wetten, dass alle in dem Beitrag Genannten für die private Vorsorge eintreten.

  10. Geheimer Prüfbericht Rechnungshof warnt vor Risiken bei RAG-Plänen
    Das Auslaufen des Steinkohle-Bergbaus und der Börsengang der RAG bringen “erhebliche finanzielle Risiken für den Bund”. Davor warnt der Bundesrechnungshof (BRH) in einem geheimen Prüfbericht an den Bundestag. Weil der BRH-Bericht vertrauliche Geschäftsdaten des RAG-Konzerns enthält, ist er für Abgeordnete nur in der Geheimschutzstelle des Bundestags einzusehen.
    Unabsehbare Folgen für die Staatskasse befürchtet der Rechnungshof nach Informationen unserer Redaktion vor allem bei den so genannten Ewigkeitslasten. Die Rechnungsprüfer verweisen auf mögliche Kosten durch Bergschäden sowie die Reinigung des Grundwassers und das Abpumpen des Grubenwassers.
    Quelle: Rheinische Post
  11. Spekulationswut der Landesbanken
    Hintergrund dieser Spekulationswut ist die von der EU-Kommission angeordnete Marktliberalisierung, die den ungleichen Wettbewerb zwischen staatlichen und privaten Banken beenden sollte. Früher standen die jeweiligen Bundesländer als Bürgen hinter ihren Landesbanken. Diese galten deshalb als besonders kreditwürdig und konnten sich Geld zu sehr günstigen Konditionen besorgen, auch ohne größeres Eigenkapital. Das aber, so das Urteil aus Brüssel, sei ein unfairer Wettbewerbsvorteil gegenüber den privaten Geschäftsbanken. Vor zwei Jahren endete die so genannte Gewährträgerhaftung der Länder.
    Die Landesbanken müssen nun auf eigenen Beinen stehen und sich gegen die anderen Großbanken behaupten.
    Quelle: taz
  12. Weltspitze in ideologischer Festigkeit
    Während die internationale Ökonomenzunft selbstverständlich auf Angebot und Nachfrage blickt, tut sich der neoliberale Mainstream in Deutschland mit dieser Sichtweise nach wie vor schwer. Ein Gastbeitrag von Gustav Horn im Rheinischen Merkur vom 21.06.2007.
    Quelle: Hans Böckler Stiftung [PDF – 264 KB]
  13. Von der Leyen züchtet Zeitungsente
    Ministerin von der Leyen verkündete nach der Mügeln-Hatz einen Millionen-Zuschuss für den Kampf gegen Rechts – doch das Geld war schon lange zugesagt.
    Quelle: TAZ
  14. Ökonom Horn: Rückgang der Arbeitslosigkeit bald vorbei
    Der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn, beurteilt die Aussichten für die deutsche Konjunktur skeptisch.
    Quelle 1: Tagesspiegel
    Quelle 2: Interview Tagesspiegel
  15. Löhne und Gehälter ziehen wieder an
    Erstmals seit Jahren übertrifft die durchschnittliche Tarifentwicklung die Inflation, was Reallohngewinne für die Beschäftigten bedeutet. Auch die Lohndrift sei wieder positiv. Dennoch: eine solche Tarifbilanz kann nur eingeschränkt aussagekräftig sein.
    Quelle: ND
  16. Dolce Vita auf Pump
    Die SPD hat die Gesetzentwürfe und Anträge der Linken auf ihre finanzpolitischen Konsequenzen abgeklopft. Das Ergebnis: 154,7 Milliarden Euro mehr müssten die öffentlichen Haushalte aufbringen

    Kommentar Orlando Pascheit: Mal ganz abgesehen davon, dass diese Dokumentation für eine Tageszeitung reichlich verspätet in der FR erscheint, wird der Charakter einer Dokumentation durch die Titelung pervertiert. Die Absicht der SPD zu dokumentieren, mit dem Papier “Die Linkspartei und das Geld” dem neuen Konkurrenten mit dem gerade der SPD vertrauten Vorwurf zu kommen, dieser könne nicht mit Geld umgehen, ist eine Sache. Guter Journalismus würde aber voraussetzen, dass das Zahlengerüst der SPD zumindest im Ansatz überprüft würde, bevor man sich zu einer Wertung der Vorhaben der Linken im Stil von Bild aufschwingt: Dolce Vita auf Pump. Entweder die FR dokumentiert oder sie polemisiert, dann aber bitte auf Grundlage eigener Recherchen.

  17. Mit Stinkgas Jagd auf Obdachlose
    Der Bürgermeister des Pariser Vorortes Argenteuil will mit einem Übelkeit auslösenden Mittel gegen Menschen ohne festen Wohnsitz vorgehen. Mitarbeiter der Stadtverwaltung weigern sich.
    Quelle: TAZ
  18. Niels Kadritzke: Griechenland, ein Paradies für Brandstifter
    Im Klagen ist die griechische Regierung groß, doch gegen Brandrodung hat sie in 30 Jahren nichts unternommen.
    Quelle: taz
  19. US-Studie: Wirtschaftspolitik von Chávez nicht auf Öl gebaut
    Eine Untersuchung des US-amerikanischen Zentrums für Wirtschafts- und Politikforschung mit Sitz in Washington besagt, dass die These eines allein auf dem hohen Ölpreis basierten Aufschwungs nicht zutrifft Der Aufschwung wirkt sich unmittelbar auf die soziale Lage der Bevölkerung aus. Von 2003 bis 2006 ist der Anteil Armer unter den Venezolanern nach Regierungsangaben von 55,1 auf 30,4 Prozent zurückgegangen. “Dabei werden die neuen sozialen Dienstleistungen in Gesundheits- und Bildungswesen noch nicht einmal beachtet”, schreiben die beiden Autoren der Studie, die Caracas eine Erhöhung der Sozialausgaben von insgesamt 314 Prozentpunkten von 1998 bis 2006 bescheinigen. Auch die Arbeitslosigkeit sei gesunken.
    Quelle: Linkszeitung

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