Hinweise des Tages

Ein Artikel von:

(KR/WL)
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  1. Steuergeschenke an Unternehmen: Danke, Peer Steinbrück!
    Am 1. Januar tritt die Unternehmensteuerreform in Kraft. Sie soll dann die Firmen um 6,4 Milliarden Euro entlasten. Durch die Neubewertung der Bilanzrücklagen für den Fiskus springt schon im laufenden Jahr etwas heraus. Das Steuergeschenk fällt in eine Zeit, in der die Konzerne Rekordgewinne einfahren. Die Frankfurter Rundschau hat die Neunmonatszahlen großer Aktiengesellschaften daraufhin abgeklopft.
    Quelle: FR
  2. Koalition stoppt Kindergeld-Erhöhung
    Mehr Geld für Kinder gibt’s erst 2010 – entgegen aller Ankündigungen haben Union und SPD die geplante Kindergeld-Anhebung der Minister von der Leyen und Steinbrück um ein Jahr verschoben. Die von der Großen Koalition für 2009 versprochene Erhöhung des Kindergeldes wird aller Voraussicht nach ausfallen. Das folgt aus einem Beschluss des Koalitionsausschusses vom vergangenen Montag, der bislang geheim gehalten wurde.
    Quelle: SZ
  3. Abgeordnete erhöhen ihre Diäten
    Die Große Koalition hat die Diätenerhöhung im Schnellverfahren durchgesetzt. Mit der Mehrheit von Union und SPD beschlossen die Abgeordneten den Aufschlag bei gleichzeitiger minimaler Kürzung ihrer Pensionsansprüche.
    Quelle: FTD

    Anmerkung WL: Ja, ich halte die Erhöhung der Abgeordneteneinkommen für angemessen. Ein Volksvertreter hat ein herausgehobenes Amt mit mehr Verantwortung als ein Sparkassendirektor, und er soll ein seiner Verantwortung angemessenes Einkommen haben.
    Das aber nur dann, wenn er nicht dank seines Amtes ein Vielfaches nebenher verdienen darf.
    Und vor allem auch nur dann, wenn dieser Abgeordnete nicht mit zweierlei Maß misst: Also wenn er etwa Lohnerhöhungen der Lokomotivführer als eine Gefahr für den Wirtschaftsstandort denunziert oder dann wenn er nicht so tut, als wären 9 Euro im Monat durch die Senkung der Arbeitslosenbeiträge eine Großtat für die Arbeitnehmer. Oder vor allem dann, wenn er nicht so tut, als wären die Hartz-IV-Regelsätze ausreichend für das Existenzminimum. Mit der Begründung, dass nach vier Nullrunden die Diäten angehoben werden müssten, müsste man auch die Renten um 9 Prozent anheben. Es ist dieser Vergleich mit den Besserverdienenden unter den Abgeordneten und ihre Missachtung derjenigen, die wenig haben, es ist also schlicht diese doppelte Moral, die die Leute so auf die Palme treibt.

  4. Zahl der Minijobber steigt auf 6,6 Millionen
    Die Zahl der geringfügig beschäftigten Aushilfen in Privathaushalten und Unternehmen nimmt weiter zu. Insgesamt waren im dritten Quartal des Jahres rund 6,6 Millionen Menschen als Minijobber angestellt, wie die Knappschaft Bahn See am Freitag einem Bericht von ddp.djn zufolge mitteilte. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bedeute dies einen Anstieg um 3,7%. Mit rund 6,5 Millionen Menschen sei die große Mehrzahl im gewerblichen Bereich angestellt gewesen, in Privathaushalten arbeiteten etwa 148.000 geringfügig Beschäftigte.
    Quelle: FinanzNachrichten
  5. Frei, selbständig, arm: Das neue Akademikerproletariat
    “Alle reden über Mindestlöhne. Die der Briefträger, die jetzt doch nicht zustande kommen. Danke, Frau Merkel. Drei Millionen Erwerbstätige in Deutschland haben weniger als 940 Euro netto im Monat. Das Leben an der Armutsgrenze, das wissen wir inzwischen, trifft Friseure, Floristen, Fleischer: aber auch Freiberufler, und das ist neu. Anwälte, Architekten, Ingenieure oder Journalisten: Noch immer Traumberufe, die gute alte Mittelschicht. Beste Ausbildung, beste Perspektiven, das galt bisher.“
    Quelle: wdr Monitor
  6. Postdienstleistungen: Wettbewerb über Niedriglöhne
    Bei Postdienstleistern Beschäftigte verdienen oft so wenig, dass sie Anspruch auf Sozialleistungen haben. „Ein Mindestlohn würde Lohndumping auf Kosten der Versicherten abstellen,“ sagt Thomas Dieterich (welcher Richter am Bundesverfassungsgericht und Präsident des Bundesarbeitsgerichts war).
    Quelle: Hans boeckler Stiftung [PDF – 212 KB]
  7. Fallbeispiel Niederlande: “Mindestlohn, ein deutsches Drama”
    In den Niederlanden gibt es seit fast 40 Jahren einen gesetzlichen Mindestlohn, die Höhe der Sozialhilfe ist daran gekoppelt. Ein durchaus erfolgreiches Modell. Warum interessiert das nicht auch deutsche Politiker, Arbeitgeber und Gewerkschaftler?
    Quelle: Stern

    Anmerkung WL: Nur nebenbei: Haben Sie schon jemals ein internationales Ranking oder einen dieser viel gehandelten Benchmarks gesehen, bei dem der weit verbreitete Mindestlohn als ein Vergleichsmaßstab für einen erfolgreichen Wirtschaftsstandort herangezogen wurde? Warum wohl nicht? Weil damit das ganze Gerede von den angeblich dadurch vernichteten Arbeitsplätzen lächerlich gemacht würde. Aber bei uns darf in jeder Talkshow, wie letztlich bei Maybrit Illner, diese Gerede unwidersprochen und ständig wiederholt werden. Bei uns im Lande darf wie etwa beim Mindestlohn für Briefzusteller schlicht behauptet werden, der Mindestlohn gefährde den Wettbewerb. Aber keiner fügt hinzu, dass dies ausschließlich ein Wettbewerb zu Lasten der Arbeitnehmer ist.

  8. Armut und Reichtum in Deutschland
    Die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik scheint heute darin zu bestehen, dass Parteien und Politiker darum konkurrieren, wer die als Schädlinge der Nation identifizierten Personen („Sozialschmarotzer“, „Drückeberger“, „Faulenzer“) am härtesten anpackt. Im öffentlichen Diskurs über sozialstaatliche Verarmung überbieten sich die politischen Repräsentanten im Erfinden von Zumutungen an die von der Wirtschaft Ausrangierten und „Überflüssigen“, damit das Elend aus der Welt geschaffen wird – jedenfalls aus der Welt, die den Staat etwas kostet. Ignoriert wird dabei, dass Armut nicht beseitigt wird, indem man die Ansprüche auf staatliche Fürsorge beseitigt und dass durch Zwang keine Perspektiven für die Betroffenen geschaffen werden. „Nicht die Passivität der Opfer der Arbeitsmarktkrise und der gesellschaftlichen Ausgrenzung haben die Legitimationsprobleme (des Sozialstaats, M.K.) zu vertreten, sondern die fehlende bzw. unzureichende Flankierung der Prozesse wirtschaftsstrukturellen Wandels, die angesichts der Globalisierung nachhaltig und dauerhaft erforderlich gewesen wäre und dies auch nach wie vor noch ist.“
    Quelle: Linksnet
  9. Staatsrechtler Scholz (CDU): „Der Lokführer-Streik ist verfassungswidrig“
    Nach Ansicht des Verfassungsrechtlers Rupert Scholz (CDU) hätte die Bahn gute Chancen, den Streik der Lokführergewerkschaft GDL durch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe verbieten zu lassen. Scholz sieht die Bahn im Recht. Er begründete dies damit, dass der Konzern ein Unternehmen der öffentlichen Daseinsvorsorge sei und deshalb der Aspekt der Verhältnismäßigkeit „in besonderer Weise“ berücksichtigt werden müsse.
    Quelle: Focus

    Anmerkung: Eine wunderbare Logik unseres CDU-Hardliners: Erst die Unternehmen der Daseinsvorsorge privatisieren und damit die Beamten – die nicht streiken durften – abschaffen; nach der Privatisierung dann wieder die Prinzipien des Beamtenrechts einführen, nun allerdings ohne Kündigungsschutz, ohne Pensionsansprüche und ohne gesetzliche Besoldung.

  10. Beck kritisiert Lokführergewerkschaft GDL
    Beck warnte davor, “dass wir für eine Branche unterschiedliche Tarifverträge bekommen”. Das sei “eine große Gefahr für die gesamte Tarifautonomie”. Ähnliche Entwicklungen, wie sie sich derzeit in Deutschland “sehr zögerlich” abzeichneten, hätten in Großbritannien zur Zeit von Premierministerin Margaret Thatcher dazu geführt, dass die Gewerkschaften “an die kurze Leine genommen wurden”.
    Quelle: Berliner Zeitung

    Anmerkung Orlando Pascheit: Beck goes Westerwelle goes Thatcher. Wie schon bald Tradition bei der SPD, übertrifft die SPD-Spitze alles, was sich FDP & Co zu hoffen wagen, und droht mit einem Einschreiten der Regierung. Anscheinend hofft der Partei-Oberstratege, von einigen TV-Berichten über frustrierte Pendler beeindruckt, Volkes Stimmung zu treffen. Wenn nicht, Bild wird es schon machen.
    Mir fehlen die Worte.

  11. Frankreich: Kein Ende der Streiks
    Je länger der Streik dauert, desto stärker rückt der französische Omnipräsident Nicolas Sarkozy in den Hintergrund. Stattdessen tauchen Realitäten von unten auf den Fernsehbildschirmen auf: Niedriglöhne, Armutsrenten, unsichere Arbeitsverträge und immer wieder die Empörung, dass der Staatspräsident sich seine eigenen Bezüge wenige Tage vor dem Streik um das Dreifache erhöht hat und dass Abgeordnete schon nach einer Legislaturperiode höhere Rentenansprüche haben als Eisenbahner nach 37,5 Beitragsjahren.
    Quelle: TAZ
  12. Zum 100. Geburtstag Otto Brenners. Aggressiv setzte der legendäre IG-Metall-Chef die Interessen der Arbeitnehmer im Nachkriegsdeutschland durch
    In der organisierten Arbeitnehmerschaft galt Brenner als Held. Hier verlieh man ihm bewundernd den Titel “Otto der Eiserne”, auch “Otto der Große”. Denn Brenner ging in die Tarifverhandlungen mit äußerster Härte und Entschlossenheit. Streikdrohungen hatte er stets parat – und die Gegenseite wusste, dass es ihm ernst damit war. In den Lohnkämpfen der 1950er und 1960er Jahre agierte Brenner als Prellbock und Sturmspitze zugleich. Seine Metaller – welche die stärkste Einzelgewerkschaft der Welt bildeten – setzten in den Tarifkonflikten die Maßstäbe.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung: Angesichts des Bahnstreiks nur mal so zu Erinnerung.

  13. Thomas Fricke: Ruck Reloaded
    Deutschland im Winter 2007. Zu Nikolaus erreicht der Euro 1,50 $. Damit müssen US-Amerikaner mittlerweile fast 20 Prozent mehr für europäische Produkte zahlen als vor zwölf Monaten. Das dürfe man nicht dramatisieren, sagt Bundesfinanzminister Peer Steinbrück. Er liebe einen starken Euro. Bundesbankpräsident Axel Weber erklärt, es bestehe kein Grund zur Panik.
    Mitte 2009 meldet das Statistikamt, die Wirtschaft exportiere so viel wie noch nie. Der Dax steigt, Analysten jubeln: Offenbar sei es den Deutschen wieder mal gelungen, ihre Kosten durch Kürzungen und Lohnzurückhaltung abzubauen. Der Rest der Wirtschaft kriselt zwar, es gibt wieder fünf Millionen Arbeitslose, und die Deutschen geben kein Geld mehr aus. Egal, der Exportüberschuss erreicht 1000 Mrd. Euro. Was die Devisenmärkte so begeistert, dass der Euro erstmals über 3 $ schnellt. Er liebe den starken Euro, sagt Peer Steinbrück, kurz nach der Wahlniederlage im Herbst 2009.
    Quelle: FTD

    Anmerkung: Eine ziemlich treffende Satire.

  14. Odyssee der Erstsemester
    Das Bewerbungssystem für Erstsemester an deutschen Universitäten erweist sich in weiten Teilen als ineffizient, bürokratisch und kostentreibend, für Bewerber wie für die Hochschulen. Noch bis weit ins Semester hinein erhalten Studienbewerber Zu- oder Absagen verschiedener Unis. Viele Interessenten gehen auf Nummer Sicher und verschicken ihre Bewerbungsunterlagen gleich mehrfach. Für das vergangene Wintersemester waren etwa im Fach Jura 11.549 Studienplätze zu vergeben. Einschließlich der Mehrfachbewerbungen wurden 45.278 Zulassungsanträge eingereicht, von denen 34.600 positiv beantwortet wurden. Tatsächlich wurden schließlich nur 10.382 Studenten endgültig eingeschrieben. In anderen Fächern sieht es ähnlich aus. Ganze Generationen von Erstsemestern verirren sich im Dschungel des föderalen Bewerbungswahnsinns.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung: Wir bekommen das gleiche Chaos, das damals zur Einführung der Zentralstelle zur Vergabe von Studienplätzen geführt hat, die über Jahrzehnte (gerichtsfest) eine faire und zeitnahe Zuteilung der Studienplätze ermöglicht hat. Aber das galt ja als staatliche Bürokratie und musste abgeschafft werden. Wetten, dass es bald private Maklerfirmen für Studienplätze geben wird?

  15. Neues aus dem Casino: Zunehmend problematische Anlagen der Banken
    Die Kreditkrise ist noch keineswegs ausgestanden. Der Abschreibungsbedarf bei den grossen Finanzinstituten dürfte noch erheblich sein. Die Bestände an problematischen, weil schwierig zu bewertenden Vermögenswerten, level 3 assets, haben allgemein stark zugenommen. Trotz der Publizitätspflicht herrscht kein Durchblick, was die Bewertungskriterien angeht.
    Es handelt sich um Vermögenswerte mit dem grössten Risiko, für die es keine Marktpreise gibt und die entsprechend schwierig zu bewerten sind. Dazu zählen neben CDO (collaterialized debt obligations) unter anderem in der Regel auch Immobilien und Private-Equity-Beteiligungen.
    Manche Banken und Investmenthäuser sahen sich gezwungen, Anlagewerte von der zweiten in die dritte Kategorie zu verschieben. Bei Merrill Lynch etwa haben die “level 3 assets” im dritten Quartal um 69% auf gut 27 Mrd. $ oder 70% des Eigenkapitals zugenommen. Bei Lehman Brothers stiegen sie um 58% auf 34,7 Mrd. $, was 160% des Eigenkapitals entsprach. Bei Goldman Sachs und Morgan Stanley nahmen sie um gut einen Drittel zu und machten 185% bzw. 255% des Eigenkapitals aus. Auch bei Citigroup übertrafen die «level 3 assets» Ende September mit 135 Mrd. $ (+41%) das Eigenkapital um 6%.
    Quelle: NZZ
  16. Langsam rollen die Güter – Züge auf dem Abstellgleis
    Der Güterbahnhof Aachen West ist mal wieder völlig überlastet, kein Gleis mehr frei. Aus Kostengründen hat die Deutsche Bahn viele der Wartegleise stillgelegt. Sie rotten vor sich hin, obwohl sie dringend gebraucht würden. Die Bahn glaubt offenbar selbst nicht so recht an die Zukunft des Güterverkehrs auf der Schiene. Durch den Zukauf von Logistikern wie „Schenker“ und „Bax“ wurde die Deutsche Bahn inzwischen Europas größte Lastwagen-Spedition.
    Quelle 1: ZDF / Frontal21 [PDF – 52 KB]
    Quelle 2: ZDFmediathek
  17. Gefährliche Spuren
    In Leipzig wurde ein Chefermittler kaltgestellt – womöglich, weil er in dem sächsischen Rotlicht- und Korruptionsskandal die falschen Fragen stellte. Denn vorzuwerfen ist ihm nichts.
    Quelle: ZEIT
  18. Skandinavien: Betreuungsgeld bremst Frauenerwerbstätigkeit
    In Finnland und Norwegen gibt es die Möglichkeit für Eltern, eine finanzielle Zuwendung zu bekommen, wenn sie die staatlichen Kinderbetreuungsangebote nicht nutzen. In Finnland liegt diese Zuwendung bei rund 300, in Norwegen bei rund 400 Euro. Sinkende beziehungsweise stagnierende Beschäftigungsquoten zeigen: Diese Regelungen führen dazu, dass die Frauen eher zu Hause bleiben. Vor allem in Finnland arbeiten Mütter mit Kindern weniger.
    Quelle: Böckler Impuls

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