Hinweise des Tages

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(KR/WL)
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  1. Die Billigjobs fressen sich immer weiter
    Der Kurs der Koalition, Mindestlöhne über das Entsendegesetz auszuweiten, löst das Problem der Billigjobs nicht, meint Reinhard Bispinck vom gewerkschaftsnahen WSI. In vielen Branchen wie dem Hotelgewerbe greift das Entsendegesetz nicht.
    Quelle: taz
  2. IG-Metall-Chef von Nordrhein-Westfalen mahnt Gewerkschaften zu mehr Eigeninitiative – statt nach der Politik zu rufen
    Oliver Burkhard: „Der gesetzliche Mindestlohn ist allenfalls die zweitbeste Lösung. Ich glaube, wir kommen mit Tarifverträgen zu besseren Ergebnissen. Da wo erforderlich, müssen die Tarifparteien tarifliche Mindestlöhne vereinbaren. Erst wenn tariflich gar nichts mehr geht, muss der Gesetzgeber die unterste Schamgrenze einziehen.
    Die Zahl “7,50 pro Stunde” ist seit vier Jahren in der Welt – und der gesetzliche Mindestlohn ist immer noch nicht da. Wir sollten hartnäckiger für tarifliche Untergrenzen kämpfen, das lohnt sich. … Wenn die Politik eine Untergrenze einzieht, dann gibt es garantiert Unternehmen, die sagen: Jetzt verlasse ich die Tarifbindung, dann muss ich den höheren Tariflohn nicht mehr zahlen und habe trotzdem ein gutes Gewissen. Denn ich zahle ja den von den Gewerkschaften geforderten Mindestlohn.“
    Quelle: FR

    Anmerkung Volker Bahl: Würde man französische und andere europäische Gewerkschafter an dieser Diskussion beteiligen, dürfte sich diese Meinung als ziemlicher ökonomischer und sozialer “Un”sinn entpuppen – oder einfach nur lautes Auflachen auslösen: Wo seid ihr denn in den letzten 10 Jahren mit eurer “Eigeninitiative” gewesen? Die deutschen Gewerkschaften haben es doch hingenommen, dass mit ihrem fast ein Jahrzehnt währenden “Lohndumping” das “Europäische Sozialmodell” auf Grund gefahren werden konnte.
    In anderen Ländern haben es die Gewerkschaften bei der Lohnentwicklung doch zu deutlichen Steigerungen gebracht – bei den deutschen Gewerkschaften Fehlanzeige. Zeigt es doch gerade die Schwäche der deutschen Gewerkschaften, dass es einer politischen “Abstützung” durch einen Mindestlohn bedarf, um auf diesem Sockel aufbauend noch ein volkswirtschaftlich sinnvolles Lohnniveau hinzubekommen, das die Gewerkschaften nicht durch Lohnunterbietung in immer ärgere Bedrängnis bringt.
    Die gegenwärtige Schwäche der Gewerkschaften lässt sich nicht mit „Sprüchen“ über mehr „Eigeninitiative“ überwinden. Dazu bedarf es erst einmal die Durchsetzung eines Mindestlohns.

  3. Sozialer Aufstieg gelingt in Deutschland immer seltener
    Auch wenn seit Jahren darüber in politischen Sonntagsreden lamentiert wird: Deutschland wird nicht gerechter. Die Chancen auf einen sozialen Aufstieg haben sich für begabte Kinder aus ärmeren Elternhäusern in den letzten Jahrzehnten verschlechtert. Die oberen Sozialschichten schotten sich ab.
    Quelle: FTD
  4. Null Euro für Streetworker
    Hessens Regierung hat aus Spargründen das Geld für die Sozialarbeit mit Problemjugendlichen gekürzt. Und Streifenbeamte müssen Ablage machen.
    Quelle: taz
  5. Alarmstufe Rot für Eigenheimbesitzer
    Horrorvision für Eigenheimbesitzer: Plötzlich steht ein Finanzinvestor vor der Tür, der den Baukredit von der Hausbank gekauft hat. Für die Betroffenen steht dann nicht selten das Haus auf dem Spiel – und womöglich die gesamte finanzielle Existenz.
    So funktioniert die Masche auch bei ungefährdeten Hypotheken:
    Aber auch die zahlungsfähige Kundschaft werde nicht selten bald nach dem Weiterverkauf Probleme bekommen, warnt Verbraucherschützer Westphal. Denn die Finanzinvestoren nutzten auch die rechtlichen Grauzonen gnadenlos aus. Eine Möglichkeit bietet zum Beispiel die Neubewertung der Sicherheiten oder der Bonität. Da wird dann gerne einmal behauptet, die Immobilie sei im Wert gesunken, oder die Vermögens- und Einkommensnachweise werden angezweifelt. “Dann ist der Kredit plötzlich notleidend und somit kündbar, selbst, wenn er immer brav bedient wurde”.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung Roger Strassburg: Der Gesetzgeber prüft wohl noch, ob es sich um ein „innovatives Finanzprodukt“ handelt.

    Siehe dazu:

    Egon W. Kreutzer: Recht ist, was reich macht
    Quelle: www.egon-w-kreutzer.de

  6. Neue Studie zeigt: Ende der Privatisierungseuphorie
    Justizministerin Zypries zeichnete auf einer Tagung des Deutschen Beamtenbundes (dbb) ein kritisches Bild von Privatisierungen. Mit ihrer Rede traf die Ministerin nicht nur die Stimmung der Beamten. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa, die auf der Tagung präsentiert wurde, ist die Zustimmung der Deutschen zu Privatisierungen gesunken.
    Quelle 1: Berliner Zeitung
    Quelle 2: dbb [PDF – 2.2 MB]

    Anmerkung Orlando Pascheit: Was Politiker so auf einer Tagung erzählen, dessen Motto lautet: “Staat oder privat? – Erfahrungen und Erwartungen.” Erstaunlich bei der Umfrage, daß bei der Energieversorgung 41% eine Privatisierung befürworten. Vielleicht haben einige noch nicht mitbekommen, dass die Energieversorgung bereits privatisiert ist.

  7. Das Milliardenspiel: Was wird aus den geheimen Schätzen der Bahn
    Mit 1,35 Milliarden qm besitzt die Deutsche Bahn AG eine Fläche so groß wie die beiden Bundesländer Berlin und Bremen zusammen. Aber viele Millionen davon sind ungenutzt, nicht mehr für den Bahnbetrieb notwendig. Laut Gesetz müsste in der Regel beim Verkauf dieser Grundstücke der Erlös dem Schienennetz zufließen. Einnahmen gehen aber in die Bahnholding und stehen Bahnchef Mehdorn zur freien Verfügung, die Ausgaben für das Schienennetz aber bezahlt der Steuerzahler.
    Quelle 1: Report München [Audio-Datei]

    Anmerkung: Auf den ersten Blick wirkt der Beitrag durchaus kritisch, ist aber mit Vorsicht zu genießen. Autor ist der berüchtigte, als PR-Journalist verdächtige Günter Ederer, der bereits mehrfach Reportagen (“Märchen vom gerechten Staat”, etc.) im Auftrag bzw. in Zusammenarbeit mit der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft produzierte.

    Über Günter Ederer siehe auch:
    Quelle 2: Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft
    Quelle 3: NachDenkSeiten
    Quelle 4: LobbyControl

  8. Nur wenige Menschen arbeiten bis 65
    In Deutschland arbeiten nur wenige Menschen bis zum 65. Lebensjahr. Ende 2004 sind laut einer IAB-Studie nur fünf Prozent aller 64 Jahre alten Männer sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen.
    Bei Frauen in dieser Altersgruppe liege der Anteil sogar noch niedriger: Im Westen bei drei Prozent, im Osten sogar nur bei einem Prozent. «Ein Ausscheiden vor dem 65. Lebensjahr ist immer noch die Regel. 64Jährige stehen so gut wie nicht mehr im Erwerbsleben», stellte die Autorin der Studie, Franziska Hirschenauer, fest. Bereits vom 55. Lebensjahr an sinken nach Erkenntnissen der Wissenschaftlerin die Beschäftigungsquoten, ab 60 Jahren gingen sie sogar rapide zurück. Zwischen 2000 und 2004 sei der Anteil älterer Beschäftigter über 60 Jahren aber wieder gestiegen.
    Zugleich sei aber auch die verdeckte Arbeitslosigkeit gewachsen. So seien im Jahr 2004 zwölf Prozent der westdeutschen und 21 Prozent der ostdeutschen Männer im Alter von 59 arbeitslos gewesen, ohne in der offiziellen Bundesagentur-Statistik registriert zu sein. Grund dafür sei zum einen die so genannte «58er Regelung», nach der bis 2007 ältere Erwerbslose Arbeitslosengeld beziehen konnten, ohne amtlich als arbeitslos registriert zu sein.
    Quelle: Personal-Magazin
  9. Lawrence Summers – Why America must have a fiscal stimulus
    Given the market’s prediction of Fed policy actions, the debate now is not about whether or not to provide macro-economic stimulus. That question appears to be settled. The question is whether it is better for all the stimulus to come from discretionary monetary policy or for some of the stimulus to come from discretionary fiscal policy.
    Von Lawrence Summers alias Charles W. Eliot, Professor an der Harvard University und früher Finanzminister unter Bill Clinton.
    Quelle: FTD

    Anmerkung: Wie soll die europäische Wachstumsschwäche jemals beendet werden können, ohne diese Diskussion auch in Europa zu führen?

  10. Terrorermittlungen der Generalbundesanwältin: Harms wütet ohne Folgen
    Was für eine beschämende Serie! Binnen einem Jahr wurde Generalbundesanwältin Monika Harms gleich sechsmal vom Bundesgerichtshof (BGH) für ihre Antiterrorermittlungen gerügt. So oft in so kurzer Zeit ist dies wohl noch keinem ihrer Vorgänger widerfahren.
    Immer wieder haben Harms und ihre Ermittler Gesetze missachtet oder sie zu weit ausgelegt, ihre Befugnisse überschritten oder unhaltbare Verdächtigungen in die Welt gesetzt.
    Quelle: TAZ
  11. Auf abschüssiger Bahn – von Schily zu Schäuble
    Während die Regierung Schröder, allen voran ihr Innenminister Otto Schily, ihre rigide Politik der inneren Sicherheit immerhin noch mit zwar unzutreffenden, aber doch verfassungsimmanenten Argumenten zu legitimieren suchte, hat die derzeitige Bundesregierung, allen voran ihr Innenminister Wolfgang Schäuble, diese Zurückhaltung aufgegeben und die Verfassung selbst sowie ihren Hüter, das Bundesverfassungsgericht, ins Visier der Politik genommen. Es ist diese Verbissenheit einer grundrechtsblinden Sicherheitspolitik, die in der jüngeren Vergangenheit zu einer Serie nicht enden wollender Zurechtweisungen durch das höchste deutsche Gericht, das Bundesverfassungsgericht, sprich: zu einem verfassungspolitischen Desaster geführt hat.
    Von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.
    Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik

    Dazu passt:

    Der Staatsrechtler Otto Depenheuer, dem Wolfgang Schäuble zugeneigt ist, propagiert das Feindstrafrecht, für das Feinde “Unpersonen” sind
    Innenminister Wolfgang Schäuble hat ein Buch des Staatsrechtlers Otto Depenheuers empfohlen, der im Kampf gegen Terroristen wahrhaft brachiale Mittel für angebracht und nötig hält. Das Buch mit dem Titel “Selbstbehauptung des Rechtsstaates” hat viele Rezensenten entsetzt. Was keiner von ihnen berichtete: Es geht darin nicht nur um die angemessene Reaktion auf terroristische Anschläge, sondern Depenheuer propagiert ein obrigkeitsstaatliches Verhältnis zwischen Souverän und Staatsbürgern und “Bürgeropfer”.
    Quelle: Telepolis

  12. »Handel mit Ökostrom ist in Deutschland längst überholt«
    Produzenten von Atomenergie können ihre Kunden hintergehen, indem sie sich ein grünes Mäntelchen umhängen: „Aus welchem Grund wurde das System dann überhaupt eingeführt?
    Vermutlich um den Stromversorgern die Möglichkeit zu geben, für geringe Mehrkosten auch Ökostrom anbieten zu können. So können sie über Tochtergesellschaften mit klangvollen Namen wechselwillige Kunden auffangen und sich ein grünes Mäntelchen umhängen. Und für die Verbraucher ergibt sich ein billiger Ablaßhandel zur Beruhigung des Gewissens.“
    Quelle: Junge Welt

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