Hinweise des Tages

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

(KR/AM)

Heute unter anderem zu diesen Themen:

  • Horst-Eberhard Richter beim DGB-Neujahrsempfang
  • Jagd nach wichtigen Rohstoffen
  • Oskar Lafontaine im Bundestag: Bundesregierung versagt bei der Regulierung der Finanzmärkte
  • Full time “Working poor” in Deutschland
  • Neue Dokumente auf sozialpolitik-aktuell.de
  • Eine Bankrotterklärung des Sozialstaats!
  • Lehrermangel: Aktionismus sehr gut – Pädagogik mangelhaft
  • Die Defizite der einen sind die Überschüsse der anderen
  • Die Bahn: Materialüberlastung ist das falsche Wort
  • Hände in Unschuld – der Programmentwurf der Parteiführung der Grünen ist ein durch und durch laues Papier
  • Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

    Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

    1. Horst-Eberhard Richter: Keine finstere Schurkenmacht wird uns helfen

      Aus der Rede beim Neujahrsempfang des DGB:

      Sie haben mich als Psychoanalytiker eingeladen, für den die Realität nicht erst beim Machen, sondern bereits beim Fühlen und Denken anfängt. Heute herrscht die Neigung vor, das Geschehen in der Innenwelt als bloße Privatsache einzustufen und nur ernst zu nehmen, was draußen passiert. Dann redet man immer nur über die Regelung der äußeren Umstände, ohne zunächst zu fragen, was wir damit zu tun haben, dass die Umstände so sind, wie sie sind und welchen Anteil wir an ihrem Zustandekommen haben.

      Quelle: Freitag

    2. Jagd nach wichtigen Rohstoffen.
      Der Vorrat an fossilen Brennstoffen ist endlich. Es drohen Konflikte um die letzten Öl- und Gasreserven. Auch die Nato kann sich dem Thema Energiesicherheit nicht mehr verschließen. …
      Druckversion .

      Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welcher Beitrag über politische und wirtschaftliche Maßnahmen hinaus zur Wahrung der Energieversorgung notwendig ist. Dieser sicherheitspolitische Aspekt der Versorgungssicherheit hat auch die Nato auf den Plan gerufen. Bei seinem Treffen im November 2006 erkannte der Nordatlantikrat zwei mögliche Aufgabenfelder für die Allianz: Risikobewertung und Infrastruktursicherheit. (…)
      Quelle: Das Parlament

      Anmerkung HR: Hierin wird klar, wohin die Reise mit der NATO geht, von dem ehemaligen Verteidigungsbündnis zum Rohstoffversorgungsgaranten. Und wieder sind Einflüsterer mit von der Partie, diesmal das CAP, Centrum für angewandte Politikforschung. Es wird zwar oft zurückgerudert, ganz so militärisch soll’s dann doch nicht sein, der Schwerpunkt sind Verträge und Partnerschaften, Stabilisierungsmaßnahmen. Aber der Boden wird meiner Meinung nach doch schon vorbereitet. Wenn’s nicht anders geht, so muss doch mit Militär nachgeholfen werden.

      Fast amüsant ist die Erkenntnis, dass Investitionen in erneuerbare, alternative Energiequellen konfliktminimierend wirken, da es die Abhängigkeit von Öl und Gas mindert. Wie schön! Hat man nicht eben erst in Hessen eine Energiewende mit aller Macht verhindert?

    3. Oskar Lafontaine im Bundestag: Bundesregierung versagt bei der Regulierung der Finanzmärkte
      Oskar Lafontaine befürchtet, dass die Bundesregierung das Ausmaß der Finanzkrise weiterhin unterschätzt. Er sieht in Altkanzler Helmut Schmidt den einzig ökonomisch versierten Angehörigen des Regierungslagers. Barbara Höll kritisierte, dass die Bundesregierung  zwar davon rede, dass der Finanzmarkt reguliert werden müsse, aber noch keine entsprechende Gesetzesinitiative auf den Weg gebracht habe. DIE LINKE hat Schmidts Vorschläge zur Regulierung der Finanzwelt in der Wochenzeitung Die Zeit in der Debatte zum Jahreswirtschaftsbericht zur Abstimmung gestellt: die Koalitionsfraktionen haben den Entschließungsantrag abgelehnt.
      Quelle 1: Rede Oskar Lafontaine
      Quelle 2: Entschließungsantrag [PDF – 108 KB]

      Kommentar AM: Die Rede von Oskar Lafontaine ist lesenswert. – Zum Entschließungsantrag siehe den Hinweis auf den Artikel von Helmut Schmidt in den Hinweisen von gestern, dort die Nr. 12.

    4. Full time “Working poor” in Deutschland
      Mit der Expansion des Niedriglohnsektors wächst seit Jahren auch in Deutschland die Gefahr, trotz eines regulären Beschäftigungsverhältnisses unter die Armutsgrenze zu fallen. Eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung kommt zu dem Schluss, dass sich sogar im Bereich der Vollzeit-Erwerbstätigen der Anteil der Armutsgefährdeten deutlich erhöht hat.
      Quelle: Telepolis
    5. Neue Dokumente auf sozialpolitik-aktuell.de

      Im Januar 2009 wurden u. a. neu eingestellt:

      • Einkommen, Einkommensverteilung, Armut – Berichte & Dokumente: Gestiegene Vermögensungleichheit in Deutschland (DIW)
      • Arbeitsbedingungen, Arbeitszeit, Arbeitspolitik – Berichte & Dokumente: Arbeitszeiten wieder so lang wie vor 20 Jahren. IAQ/HBS Arbeitszeit-Monitor 2001 bis 2006: Auf Personalabbau folgten Arbeitszeitverlängerungen (IAQ)
      • Finanzierung & ökonomische Grundlagen des Sozialstaates – Berichte & Dokumente: Jahreswirtschaftsbericht 2009: “Konjunkturgerechte Wirtschaftspolitik” (Bundesregierung)
      • Einkommen, Einkommensverteilung, Arbeit – Berichte & Dokumente: „Working poor“ in Deutschland und den USA: Arbeit und Armut im transatlantischen Vergleich (IAB)
      • Kontrovers – das aktuelle Thema – Umsetzung und Auswirkungen von Hartz IV/SGB II: Der Arbeitsmarkt in Deutschland: Alleinerziehende im SGB II (Bundesagentur für Arbeit)
      • Arbeitsmarkt, Arbeitsmarktpolitik, Arbeitslosigkeit – Berichte & Dokumente: Der Arbeits- und Ausbildungsmarkt in Deutschland: Monatsbericht Dezember und das Jahr 2008

      Quelle: Sozialpolitik aktuell: Das Informationsportal zur Sozialpolitik

    6. Eine Bankrotterklärung des Sozialstaats!
      Die Öffentlichkeit hat sich fast in zynischer Weise daran gewöhnt, dass 9 Millionen HartzIV- und Sozialhilfeempfänger, Ein-Euro-Jobber, „Aufstocker” und Niedriglöhner, arme Rentner und Kinder, Wohnungslose, Migranten und verdeckt Arme nicht mehr zur Zielgruppe großkoalitionärer Politik gehören. Beim jüngsten zweiten Konjunkturprogramm zeigt die Bundesregierung ohne Mitgefühl für Bürgerinnen und Bürger ihr asoziales Gesicht: Selbst als potentiell nachfragebereite Konsumenten werden die Menschen, die fast oder ganz unten stehen, wie Müll behandelt.

      Die Große Koalition will ihre Arbeits- und Lebensverhältnisse nicht verbessern. Die SPD hat das Versprechen von Müntefering und Scholz, zumindest die HartzIV-Regelsätze zu überprüfen, mehrfach gebrochen. Aber um eine Verbesserung geht es bei denjenigen unterhalb oder oberhalb der Armutsgrenze schon lange nicht mehr. Es geht um die dynamische Rutsche permanenter Verschlechterung, die man gönnerhaft mit Tafeln und Suppenküchen zu drapieren sucht. In Wahrheit haben HartzIV-Empfänger seit Bildung der Großen Koalition 12-14 Prozent reelle Einkommenseinbußen durch Nichtanhebung der Regelsätze, Mehrwertsteuererhöhung und die besondere Dynamik der Lebensmittel- und Energiepreise hinnehmen müssen.
      Wenn aber 600 000 HartzIV-Empfänger gezwungen sind, oft wichtige Medikamente aus dem HartzIV-Regelsatz, in dem 40,22 Euro für die Gesundheitspflege vorgesehen sind, ganz oder teilweise selbst zu bezahlen, dann ist das existentielle Mark des Sozialstaats getroffen. Von Prof. Dr. Peter Grottian.
      Quelle: linkszeitung

    7. Lehrermangel: Aktionismus sehr gut – Pädagogik mangelhaft
      In Deutschland fehlen 20.000 Lehrer, pro Woche fallen eine Million Stunden aus. Die Bundesländer überbieten sich mit bizarren Rekrutierungsversuchen.

      Die Bundesländer reagieren, als seien sie von der Entwicklung völlig überrascht worden. Statt durchdachter Einstellungspolitik verfallen sie in blinden Aktionismus. Neben Pensionären unterrichten an Gymnasien auch Grundschullehrer und ältere Schüler, Fachfremde wie Juristen oder Steuerberater betreuen die Kinder, dazu werden Klassen vergrößert, Unterrichtszeiten einer Jahrgangsstufe verkürzt und die Unterrichtspflicht der Lehrer verlängert.

      Wie mit zu wenig oder nur unzureichend qualifiziertem Personal gute Lernergebnisse erzielt werden sollen, bleibt das Geheimnis der Kultusminister.
      Quelle: SZ

    8. Die Defizite der einen sind die Überschüsse der anderen
      Ein nachhaltiger Aufschwung in Europa setzt die Bereinigung von Ungleichgewichtslagen zwischen den Mitgliedsstaaten der EWU voraus und damit eingeschlossen die Aufgabe der zuletzt sehr einseitigen Wachstumsmodelle. Darunter auch die des rein exportgetriebenen Wachstums in Deutschland mit seiner deutlichen Lohnzurückhaltung. Entwicklungshemmung durch Verteidigung eines deutschen Leistungsbilanzüberschusses ist daher das Letzte, was Europa jetzt brauchen kann.
      Quelle: FTD Gästeblock

      Anmerkung KR: Wir freuen uns über jeden Ökonomen, der auf die Linie der Vernunft einschwenkt, weisen aber dennoch darauf hin, dass man dies seit Jahren schon anderswo nachlesen kann, z.B. bei Heiner Flassbeck (Hinweis 3) oder Albrecht Müller (Denkfehler 17: »Wir leben vom Export.«).

    9. Materialüberlastung ist das falsche Wort
      In Köln wäre eine Katastrophe wie Eschede möglich gewesen. Über Hergang und Ursachen hüllt sich die Bahn in Stillschweigen oder stiftet Verwirrung. Interview mit Winfried Wolf über die Pannen-Serie bei der Bahn und ihren geplanten Börsengang
      Quelle: Heise
    10. Hände in Unschuld – der Programmentwurf der Parteiführung der Grünen ist ein durch und durch laues Papier
      Ein Europaprogramm der Grünen könnte der Ort sein, wo man das Blaue vom Himmel herunter verspricht, denn verwirklicht kann es ohnehin nicht werden. Es lässt höchstens den Gehalt künftiger Reden im Europaparlament erahnen. Regierungskoalitionen werden dort auch nicht gebildet, wir werden also Worte und Taten nicht miteinander vergleichen können. Ein Freibrief für klare Worte? Nein, darauf sind die Grünen nicht aus. Das 50-seitige Fleißpapier der Parteiführung ist noch harmloser, als man es selbst dieser Partei zugetraut hätte, die nicht gerade im Ruf der Unbesonnenheit steht.
      Quelle: Freitag

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