Kategorie:
Meinungsmache

Schöner manipulieren mit dem Allianz Global Wealth Report

Wussten Sie schon, dass Sie – ja „Sie!“ – einen Zinsverlust von 280 Euro erlitten haben? Und dass daran die EZB schuld ist? Das schreibt zumindest SPIEGEL Online und die müssen es ja wissen. SPIEGEL Online weiß auch, dass die Mittelschicht wächst, die Zahl der Reichen sinkt und damit alle Vorurteile widerlegt seien. Die WELT weiß noch mehr. Sie weiß beispielsweise, dass „deutsche Sparer Europas Krisenstaaten aufpäppeln“ und dass „wir“ – ja auch „Sie“! – die „Nullzins-Verlierer“ sind. Am meisten weiß jedoch die FAZ. Sie weiß, das „die Deutschen“ – also auch „Sie“! – „selbst schuld am Vermögensverlust“ sind, weil sie mit ihrem Geld nicht an der Börse spekulieren. Bei so viel gesammeltem Wissen in unseren Qualitätszeitungen sollten wir von den NachDenkSeiten eigentlich ehrfürchtig schweigen. Tun wir aber nicht. Von Jens Berger.

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Wie der Bund der Steuerzahler die Öffentlichkeit täuscht

Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, hat dem Deutschlandfunk anlässlich der letzten Haushaltsdebatte im Bundestag ein Interview gegeben. Darin ging es um die üblichen steuerpolitischen Themen, etwa die Steuerbelastung der Bevölkerung, die Abschaffung des Solidaritätsbeitrags oder die Beseitigung der kalten Progression. Bemerkenswert an dem Interview ist, dass es einerseits ein sehr gutes Lehrbeispiel für Meinungsmache und Manipulation darstellt, andererseits aber auch einen Steuerzahlerpräsidenten zeigt, der offenbar nur schlecht über die Funktionsweise des deutschen Steuersystems informiert ist. Von Thomas Trares[*].

Die NATO dehnt sich aus und nicht Russland

Über die Ukraine wird zurzeit viel gesprochen und publiziert. Putin bedrohe mittels seiner Einflussnahme in der Ukraine Europa, sei Aggressor, wolle Russland vergrößern etc. pp. Doch was ist dran an der „russischen Aggression“ – und welche Verantwortung trägt auch „der Westen“ wofür? Jens Wernicke sprach hierzu mit dem renommierten Friedensforscher Daniele Ganser.

Manipulations-Mechanismen in den transatlantischen Beziehungen

Nach Irreführung der Öffentlichkeit durch Bundesregierung und Leitmedien seit über einem Jahr in der NSA/BND-Ausspähaffäre droht auch bei den im Geheimen laufenden transatlantischen Verhandlungen über ein Handelsabkommen (TTIP) eine Wiederholung von Desinformation und Verschleierung. Die ZEIT warnt bereits vor einer „Wahnsinnstat“, die Süddeutsche Zeitung vor einem „heimlichen Staatsstreich“.
Die Instrumentarien wiederholen sich. Insofern kann für eine kritische Gegenöffentlichkeit die folgende systematische Aufarbeitung der Kampagnen während der Ausspähaffäre auch bei der nächsten transatlantischen Auseinandersetzung nützlich sein. Die folgende kommentierte Dokumentation enthält viele nützliche Zitate. Sie wurde von Peter Munkelt verfasst. Er war Leiter des Politischen Archivs der SPD. Albrecht Müller.

Zur wichtigen Rolle des früheren CDU-Abgeordneten Wimmer in der Diskussion um den Ost-West-Konflikt, die Rolle der USA und des Neoliberalismus

Am 16. September wiesen wir auf ein Interview von Willy Wimmer mit der „jungen Welt“ hin. Der Hinweis war mit einer Anmerkung von Jens Berger verbunden, die von Nachdenkseitenleserinnen/en sowohl begrüßt und als auch kritisiert wurde, und die er selbst nicht glücklich findet. So etwas kann in der Eile der Zusammenstellung der Hinweise des Tages passieren. Für mich ist dieser kleine Disput eine gute Gelegenheit zu begründen, warum es ausgesprochen gut ist, dass der frühere Parlamentarische Staatssekretär Willy Wimmer sich in wichtige aktuelle Diskussionen einmischt. Ich kann nicht alles unterschreiben, was er sagt, aber das meiste schon, vor allem aber sehe ich, wie wichtig und segensreich seine Einmischung ist. Nach zwölf Anmerkungen dazu folgt ein aktueller Text von Willy Wimmer. Albrecht Müller.

Sozialdemokratische Delegierte sollten die Behauptung der Süddeutschen Zeitung, der DGB habe eine Kehrtwende zum Freihandelsvertrag vollzogen, kritisch hinterfragen

Heute veröffentliche die Süddeutsche Zeitung einen Bericht unter der Überschrift “DGB sagt ‘Ja, aber’ zu Freihandelsvertrag.“ Siehe unseren Hinweis Nr. 4. „Bisher lehnten die Gewerkschaften das transatlantische Abkommen TTIP strikt ab. Nun hat SPD-Chef Gabriel sie umgestimmt”, im Internet heißt es sogar “DGB vollzieht Kehrtwende bei Freihandelsvertrag”. Glücklicherweise sind diese Berichterstattung und insbesondere diese Überschriften irreführend. Sie beziehen sich auf ein bereits vor Monaten zwischen DGB und Wirtschaftsministerium verhandeltes gemeinsames Papier, das wir hier im Gesamtwortlaut veröffentlichen [PDF – 111KB]. Darin werden Anforderungen formuliert, die an die Bedingungen anknüpfen, die der DGB Bundeskongress beschlossen hat und die für den DGB weiterhin maßgeblich sind. Von Kehrtwende kann keine Rede sei. Albrecht Müller.

Schottland stellt die Systemfrage

Heute stimmen die Schotten über ihre Zukunft ab. Dabei geht es um weit mehr als „nur“ die Frage der formellen Unabhängigkeit. Schottland vs. Großbritannien – das ist auch die das Duell der sozialen Marktwirtschaft gegen den Neoliberalismus und schlussendlich auch das Duell zwischen einer gerechteren Gesellschaft und einem Turbokapitalismus, in dem die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Doch selbst wenn die Schotten Großbritannien „farewell“ sagen, ist der Erfolg ihres Kampfes für Selbstbestimmung und Gerechtigkeit keinesfalls garantiert. Denn es gibt zahlreiche wichtige Detailfragen, die nach wie vor ungeklärt sind. Von Jens Berger.

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Freihandelsabkommen und Arbeitszeit: Ein Beispiel für die indirekte Senkung von Standards

Freihandelsabkommen wie TTIP oder CETA sollen Arbeit und Wohlstand bringen, so heißt es. Dazu sollen die Vertragspartner zwar gleichwertige Normen und Standards gegenseitig anerkennen – senken aber wolle man soziale und ökologische Standards nicht. So versprechen es jedenfalls die BefürworterInnen von Freihandelsabkommen. Schlüssig und überzeugend sind solche Beschwichtigungen nicht. Denn gerade die indirekte Senkung von Standards ist eine reale Gefahr. Dies sei nachfolgend an einem kleinen Beispiel aufgezeigt: dem deutschen Arbeitszeitgesetz. Von Patrick Schreiner[*].

Der Parlamentsvorbehalt zu Auslandsmilitäreinsätzen fällt – und kein MdB regt sich auf

Der frühere parlamentarische Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium Willy Wimmer (CDU) hat beim letzten Pleisweiler Gespräch im Juni vorher gesagt, dass demnächst der Vorbehalt einer Zustimmung durch den Bundestag wegfallen wird. Das sei das wahrscheinliche Ergebnis der Beratungen einer Kommission unter dem Vorsitz des ehemaligen Bundesverteidigungsminister Volker Rühe (CDU). – Die Katze kommt jetzt aus dem Sack. Rühe hat am 10. September in einem Interview mit dem Deutschlandfunk genau dieses angekündigt. Mit vielen Windungen und insgesamt eingebettet in ein demagogisches Meisterstück. Die Zeit der rein nationalen Armeen sei vorbei. Es komme auf „die gesicherte Zurverfügungstellung der Fähigkeiten, die ich transnational nenne“ an. Das Bündnis müsse sich auf uns „verlassen“ können – und – so muss man daraus schließen – nicht das deutsche Volk, wie es der Parlamentsvorbehalt vorsieht. Albrecht Müller.

Eine Bitte, ein Appell an unsere friedenspolitisch engagierten Leserinnen und Leser inklusive Steinmeier-Brief

Die Reaktion auf den Artikel „Bemerkenswertes zum neuen Kalten Krieg und warum die NachDenkSeiten einseitig berichten und kommentieren“ vom 8. September war ausgesprochen positiv und produktiv. (Leserbriefe folgen noch). Offensichtlich hilft der Text beim Gespräch und Argumentieren mit anderen. Deshalb rege ich an, den Text weiter zu verbreiten, über ihren E-Mail-Verteiler und auch ausgedruckt. – Wir wissen aus eigener Erfahrung und durch Informationen unserer Leser/innen, dass die penetrante Beeinflussung zum Beispiel von Seiten der Süddeutschen Zeitung, der Zeit, der FAZ, des Ersten und des Zweiten Deutschen Fernsehens, von Welt und Bild-Zeitung Wirkungen zeigt. Selbst Menschen, die aus der Friedensbewegung stammen oder den Grünen und der SPD nahe stehen werden leicht Opfer der andauernden, der wiederholten und nicht von anderen Medien hinterfragten Agitation. Albrecht Müller.

Einspruch unerwünscht – wie sich die Mainstream-Medien von ihren Lesern entfremden

Die FAZ erlaubt unter Online-Artikeln zum Themenkomplex Ukraine/Russland schon seit längerem keine Leserkommentare mehr. SPIEGEL Online geht da selektiver vor und schließt den Kommentarbereich erst dann, wenn die Leser die Artikel zu kritisch bewerten. Am konsequentesten ist jedoch die Süddeutsche, die ihren Kommentarbereich gleich ganz abgeschafft hat und Leserkommentare nun auf die sozialen Netzwerke auslagert. Währenddessen erreichen uns nahezu täglich Mails von Lesern, die uns darauf hinweisen, dass in den Kommentarbereichen nahezu aller großen Portale Leserkommentare mit Links auf die NachDenkSeiten nicht veröffentlicht oder meist kommentarlos gelöscht werden. Leserkritik ist bei den Mainstream-Medien offenbar unerwünscht. Doch das eigentliche Problem ist tiefgreifender. Von Jens Berger.

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Der Schlussverkauf öffentlicher Bildung soll beginnen

Die Behauptung, dass PISA alles besser mache, ist durch die Realität in deutschen Klassenzimmern evident widerlegt. Die Kritik am „Besser durch Messen“ gewann daher auch zunehmend an Fahrt. Eine in der ZEIT unter der Überschrift „Unser Schulsystem ist ineffizient. Die Pisa-Gewinner kommen mit weniger Lehrern und geringerer Bezahlung aus“ vorgestellte Studie der britischen Bildungsberatung Gems Education Solutions heizt die Debatte nun auf neue Art an, werden ob derlei „PISA-Analysen“ doch zunehmend Fragen laut, ob das stete Wiegen, das die sprichwörtliche Sau, so die Kritiker, ohnehin noch nie fetter gemacht habe, nicht womöglich von Beginn an viel mehr auf Kürzungen nationaler Bildungsbudgets denn auf reale Verbesserungen der Lernbedingungen deutscher Schüler ausgerichtet gewesen ist. Jens Wernicke sprach hierzu mit dem renommierten PISA-Kritiker und stellvertretenden Geschäftsführer der Gesellschaft Bildung und Wissen Matthias Burchardt[*].

Ansichten eines Putinverstehers

Das Bekenntnis ein „Putinversteher“ zu sein, scheint eine zweischneidige Sache. Dass „Verstehen“ nicht „Zustimmung“ heißt und ein „Versteher“ nicht dasselbe ist wie ein „Verehrer“ – diese semantische Eindeutigkeit ist möglicherweise nicht so selbstverständlich wie sie sein sollte. Zumal „Putinversteher“ seit der Eskalation der Ukraine-Krise als Denunziationsvokabel für jeden gebraucht wurde, der die Verantwortung für den Bürgerkrieg nicht allein Russland zuschreiben wollte. Wir, der Westen, sind immer die Guten, weil wir „Freiheit“, „Demokratie“ und „Menschenrechte“ auf unsere Fahnen schreiben, wenn wir imperiale Kriege führen. Wir sind auch immer unschuldig, wenn wir dabei Länder besetzen, Staaten zerstören, Zivilisten ermorden, Menschen foltern usw. – das sind „Kollateralschäden“, die wir zwar anrichten aber nie beabsichtigen. Das tun nur die Bösen, Leute wie Putin, die aus reiner Machtgier handeln, wenn sie etwa Zivilflugzeuge vom Himmel holen ohne einen Schuss abzugeben, aber es ist klar, dass sie es waren. Weil sie die Bösen sind. Von Mathias Bröckers.

Bye, bye SPIEGEL!

Bleibt er oder geht er – der “Spiegel”-Chefredakteur? Landauf, landab berichten deutsche Medien darüber. Vergessen wird, was aus dem Nachrichtenmagazin inhaltlich geworden ist. In seinen besten Jahren war der “Spiegel” laut Eigenwerbung ein Sturmgeschütz der Demokratie. Man kann vortrefflich darüber streiten, ob das Magazin je diesem Mythos entsprach, den er seitdem wie eine Monstranz vor sich herträgt. Der heutige “Spiegel” ist – so viel steht fest – von diesem Ideal Lichtjahre entfernt. Mit einer Melange aus zackiger Deutschtümelei, denkfaulem Papageienjournalismus, eitler Geckenhaftigkeit und gnadenlosen Opportunismus hechelt das Blatt einem Zeitgeist hinterher, der stilgebend für die Merkel-Ära ist. Aus dem Sturmgeschütz der Demokratie wurde ein Steigbügelhalter der Marktkonformität. Von Jens Berger

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