Kategorie:
Lobbyismus und politische Korruption

Ein weiterer verzweifelter Versuch, den Mindestlohn schlechtzureden

Forscher rund um das ifo-Institut in Dresden versuchen in einer aktuellen Veröffentlichung, den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn als Misserfolg und Arbeitsplatzbremser schlechtzureden. Sie behaupten, die etwas geringere Beschäftigungszunahme in Ostdeutschland sei darauf zurückzuführen, dass der Mindestlohn dort stärker zum Tragen komme. Doch die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Von Patrick Schreiner [*]

Privatisierung der Autobahnen – ein schwerer Fall von Untreue im Kielwasser der Fußball-EM?

Wenn die deutsche Fußballnationalmannschaft am Donnerstag auf die Polen trifft, wird die Bundesregierung einige Stunden zuvor ein wichtiges Treffen mit den Ministerpräsidenten der Länder absolviert haben. Dabei wird es unter anderem um die Zukunft der deutschen Fernstraßen gehen. Ginge es nach Verkehrsminister Dobrindt und Wirtschaftsminister Gabriel könnten Planung, Bau und Betrieb der Autobahnen schon bald in eine private Gesellschaft ausgegliedert werden. Dabei würde ein solches Unterfangen den Steuerzahler Unsummen kosten … Unsummen, die im Falle einer Privatisierung direkt in die Taschen der Banken und Versicherungskonzerne fließen würden. Doch dafür müsste das Grundgesetz geändert werden und das geht nur mit einer qualifizierten Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat, die ohne aktive Zustimmung der grün mitregierten Länder nicht zu erlangen ist. Der Ball liegt nun also bei den Grünen. Von Jens Berger

Legal, illegal, scheißegal

Peter Menne

Es gibt einen schönen Spruch von Brecht, der eine der zentralen Fragen unserer Zeit thematisiert. Er lautet: „Es gibt viele Arten zu töten. Man kann einem ein Messer in den Bauch stechen, einem das Brot entziehen, einen von einer Krankheit nicht heilen, einen in eine schlechte Wohnung stecken, einen durch Arbeit zu Tode schinden, einen zum Suizid treiben, einen in den Krieg führen usw. Nur weniges davon ist in unserem Staat verboten.“ Nach wie vor ist das Verhältnis zwischen Arm und Reich eines zwischen Macht und Ohnmacht, zwischen Legalität und Kriminalität. Über das global obere, eine Prozent etwa wissen Politik und Wissenschaft so gut wie nichts; über Hartz IV-Bezieher existieren in aller Regel meterhohe Aktenberge. Und eben auch: Während auf der einen Seite die internationalen Eliten und ihre Multis wie Heuschrecken von Land zu Land zu ziehen und dabei Raubbau an Natur, Gesundheit, Arbeitsrecht und Sozialstaatlichkeit betreiben, finden sich auf der anderen Seite immer mehr Arme auch in unserem Land, die vermittels der Maxime von „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“ eines vermeintlichen Sozialdemokraten in auch noch das letzte denkbare Ausbeutungsverhältnis gezwungen werden sollen. Kurzum: Die einen sind kriminell und werden als solche sanktioniert und verfolgt. Die anderen aber… Ja, welche anderen eigentlich? Und welche Kriminalität? Über die ganz legale Kriminalität gewisser Kreise in unserer vorgeblich sozialen Marktwirtschaft sprach Jens Wernicke mit Peter Menne, Mitglied im Vorstand von Business Crime Control.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Das Märchen vom Märchen von der wachsenden Ungleichheit

Wussten Sie schon, dass wir in Deutschland gar keine zunehmende Ungleichheit haben? Das „beweist“ zumindest eine Auftragsstudie des Ifo-Instituts, wie die WELT fröhlich verkündet. Ist also alles halb so wild? Ist die Ungleichheit nicht mehr als ein Wahlkampfthema, wie Ifo und WELT zynisch behaupten? Vergessen Sie das Märchen vom Märchen von der wachsenden Ungleichheit. Es zeigt sich vielmehr, dass die Ifo-Forscher die Bordsteinschwalben der Wirtschaftswissenschaften sind und so ziemlich jede waghalsige Verdrehung mitmachen, solange der Preis stimmt. Von Jens Berger.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Das Schweigen zum Putsch in Brasilien

Was in diesem Monat in Brasilien geschah, wurde dem deutschen Medienpublikum als eine der üblichen politischen Krisen in Südamerika präsentiert. Doch seit den jüngsten Enthüllungen vom Montag dieser Woche kann man die Vorgänge dort, im fünftgrößten Staat der Erde, kaum mehr anders, denn als einen Putsch bezeichnen, ausgeführt von konservativen, zum Teil korrupten Kräften. Doch davon erfuhr man hierzulande nur in kurzen Agenturmeldungen oder aber gar nicht – wie etwa bei Spiegel Online, ARD und ZDF. Von Paul Schreyer [*]

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

„Wer die Korruption beenden will, muss in den USA und im Vereinigten Königreich beginnen. – Dort wird sie in aller Öffentlichkeit geduldet.“

Das ist die Überschrift eines Artikels des bekannten US-amerikanischen Ökonomen Jeffrey Sachs, veröffentlicht am 12. Mai im britischen Guardian. Wir hielten den Text für so wichtig, dass C.W. ihn übersetzt bzw. den Inhalt wiedergegeben hat. Es folgt die Übersetzung und hier als PDF. Der Artikel von Sachs enthält bemerkenswerte Aussagen. Zum Beispiel sei es schwer, daran zu glauben, dass die großen Finanzfirmen nicht Teil eines globalen Netzwerks organisierter Finanzkriminalität sind. Albrecht Müller

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Die Glyphosat-Zulassung könnte zu einer Nagelprobe für die Europäische Union werden

Glyphosat

Wenn sich Mitte nächster Woche der zuständige Fachausschuss der Europäischen Kommission trifft, um über die Wiederzulassung des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat für weitere neun Jahre zu entscheiden, könnte dies ein politisches Erdbeben auslösen. Bereits jetzt kündigt sich – auch dank der SPD – an, dass es im zuständigen Fachausschuss der EU-Kommission keine qualifizierte Mehrheit für die Wiederzulassung geben wird. Die Kommission selbst ist jedoch nicht an das Votum des eigenen Fachausschusses gebunden. So droht aus dem Wiederzulassungsverfahren des laut WHO möglicherweise krebserregenden Glyphosats eine Posse deutscher Lobbyhörigkeit und ein Fanal antidemokratischer Prozesse auf EU-Ebene zu werden. Wenn Sie ein Zeichen setzen wollen, dann sollten Sie noch schnell die Petitionen von Campact und dem BUND mitzeichnen. Von Jens Berger

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Angriff ist die beste Verteidigung, glaubt der frühere Sozialminister und Namensgeber der Riester-Rente

Walter Riester „rechnet mit den Kritikern der Riester-Rente ab“, berichtet der Berliner Tagesspiegel. Diese Tonlage ist schon bewundernswert – für einen Mann, dessen privates Interesse an der Privatvorsorge offen zutage liegt. Unter seiner Regie wurden die Leistungsfähigkeit der Gesetzlichen Rente beschädigt und parallel dazu die Modelle der Finanzwirtschaft mit unserem Steuergeld subventioniert. Frechheit siegt und die Vergesslichkeit hilft dabei. Vielleicht sollte Herr Riester der Öffentlichkeit einmal erläutern, was dieses Foto bedeutet:

Riester-Rente, Carsten Maschmeyer, Riester und Rürup

Lafontaine: Kein Renten-Wahlkampf! Wie man die Wählerinnen und Wähler für dumm verkauft.

Oskar Lafontaine spießt den Rentenwahlkampf der Agenda-2010-Parteien auf. Dass sich seine Vorstellungen mit den seit Jahren und in den letzten Tagen wiederholt veröffentlichten Vorstellungen der NachDenkSeiten decken, hat mit der Sache zu tun. Und mit der Käuflichkeit der Agenda-2010-Parteien. Anders kann man ihren Versuch, der Finanzwirtschaft – den Versicherungskonzernen und den Banken – ihr 2001 neu durchgesetztes Geschäftsfeld zu erhalten, nicht erklären. Es ist die nackte politische Korruption. Und viele Medien decken diese Korruption. Albrecht Müller.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Bei Anne Will: „Die Privatvorsorge ist tot. Es lebe die Privatvorsorge“

Die notwendigen Korrekturen bei der Altersvorsorge wären so einfach. Aber man will die einfache Lösung nicht. Das wurde bei Anne Will sichtbar. Wie letzte Woche sogar bei Monitor. Viele Medien beschäftigen sich wie auch die Politik mit der kritischen Situation bei der Altersvorsorge. Am Sonntag bei Anne Will redete man über allerlei Reformschritte, nur nicht über das Selbstverständliche: die Konzentration aller staatlichen Mittel und politischen Anstrengungen auf die Stärkung der Gesetzlichen Rente und damit die Wiederherstellung ihrer Leistungsfähigkeit. Die offensichtliche Weigerung, diese nahe liegende einfache Lösung anzupeilen, ist leicht zu erklären. Schon die letzte große „Reform“ von 2001, also der Einstieg in die staatlich subventionierte Privatvorsorge und die Absenkung des Leistungsniveaus der Gesetzlichen Rente war von den Interessen der Versicherungswirtschaft und der Banken und nicht von Sachverstand geprägt. Leider muss man beim jetzigen Versuch zur Reparatur der gescheiterten „Reform“ von 2001 wieder feststellen: Politik und Medien sind von Interessen gesteuert. Ein Tor, der das nicht sieht. Albrecht Müller.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Der „Panama-Scoop“

Wolf Wetzel Panama Papers

Seit Veröffentlichung der sogenannten „Panama Papers“ fegt ein regelrechter Sturm durch den medialen Blätterwald. Allerorts ist von Panama und Briefkastenfirmen die Rede. Kaum thematisiert wird hingegen, dass EU und Bundesregierung selbst Banken, Reiche, Mächtige und andere Kriminelle umfassend schützen: „Deutschland belegt auf dem Schattenfinanzindex des Netzwerkes Steuergerechtigkeit Platz 8 – fünf Plätze vor Panama. Mafiosi können bei uns Geld waschen. Beliebt sind etwa Investitionen in Objektgesellschaften für Immobilien, die dann weitgehend steuerfrei wieder verkauft werden“, weiß dazu etwa der linke Europaabgeordnete Fabio de Masi zu berichten. Warum also läuft ein Gros der medialen Debatte am eigentlichen Thema vorbei? Warum spricht niemand einmal wirklich über die oftmals sogar legale Schattenwirtschaft der Mächtigen weltweit? Darüber, dass Deutschland „nicht bloß Opfer der Steueroasen, sondern längst selbst Teil des Problems ist“? Und darüber, dass die Debatte um „Steuerbetrug“ einer gut angelegten falschen Fährte folgt, die vom Eigentlichen ablenken soll? Zu diesem sowie zu den Interessen hinter dem „Investigativ-Journalismus“ mit den „Panama Papers“ sprach Jens Wernicke mit dem Autor und Journalisten Wolf Wetzel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Neoliberalismus ist Mist, die Riester-Rente wird scheitern – das wusste Horst Seehofer auch schon vor zwölf Jahren und wacht erst jetzt auf? Schade.

Der CSU-Vorsitzende und Bayerische Ministerpräsident Seehofer hat am Wochenende hart über den Neoliberalismus geurteilt und eine Korrektur der Rentenpolitik verlangt. (Siehe hier im Hinweis Nr. 6) Die Riester-Rente sei gescheitert. Das Rentenniveau müsse wieder angehoben werden, um die weite Kreise betreffende Altersarmut zu vermeiden. Für mich ist das wie ein Déjà-vu. Der CSU-Abgeordnete Seehofer hat am 30. August 2004 freundlicherweise (zusammen mit Wibke Bruhns) mein Buch „Die Reformlüge. 40 Denkfehler …“ vorgestellt und dabei betont, dass er praktisch mit allem übereinstimme, was in dieser Kritik des Neoliberalismus, der Agenda 2010 und insbesondere der privaten Altersvorsorge (wie Riester-Rente) zu lesen ist. Warum dieses Bekenntnis Horst Seehofers dann in den entscheidenden Jahren von 2004 bis heute keine Folgen für die praktische Politik hatte, ist nicht zu begreifen. Wie glaubwürdig ist seine Kurskorrektur heute? Albrecht Müller.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Demokratie? Welche Demokratie denn bitte?

Wolfgang Koschnick



„Die Demokratie ist die Hure der freien Welt, bereit sich nach Wunsch an- und auszuziehen, bereit, die verschiedensten Geschmäcker zufriedenzustellen“, stellt die indische Schriftstellerin und politische Aktivistin Arundhati Roy klar. Und der Autor und Unternehmensberater Wolfgang Koschnick sekundiert: Die entwickelten Demokratien seien eine gigantische Fehlkonstruktionen, die Krisen und Katastrophen am laufenden Band erzeugten und nicht in der Lage seien, selbst einfachste Probleme pragmatisch und nachhaltig zu lösen. Im Gegenteil richteten sich ihre „Lösungen“ in stets wachsendem Maße gegen die eigene Bevölkerung. Immer deutlicher würde daher, dass sich die Demokratien der Gegenwart in einer Systemkrise befänden und ihnen der Untergang drohe. Anlässlich des Erscheinens von „Eine Demokratie haben wir schon lange nicht mehr. Abschied von einer Illusion“ sprach Jens Wernicke mit ihm.

Die Massenmedien beschützen die westlichen Eliten vor den Panama Papers

Craig Murray

Wer sich heute einmal die Startseiten der großen Nachrichtenportale anschaut, kommt nicht um den Eindruck herum, der russische Präsident Wladimir Putin sei die Schlüsselfigur in den jüngst aufgedeckten Enthüllungen um internationale Steuerstraftaten. Diese „Panama Papers“, die offensichtlich den digitalisierten Datenbestand der einschlägig bekannten Kanzlei Mossack Fonseca umfassen, könnten in der Tat eine Steilvorlage für den investigativen Journalismus sein. Leider „versemmeln“ die großen westlichen Medienkonzerne, die an der Aufarbeitung der Panama Papers beteiligt sind, diese Steilvorlage jedoch erbärmlich. Dazu hatte bereits gestern Abend der ehemalige britische Botschafter Craig Murray einen sehr empfehlenswerten Artikel geschrieben, den ich gerne für unsere Leser ins Deutsche übersetze. Am Ende des Textes finden Sie auch noch eine Ergänzung von mir.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Der Abgasskandal wird zur Staatsaffäre

Gestern hat die Deutsche Umwelthilfe ihre Halbjahresbilanz zur Abgasaffäre gezogen und dabei scharfe Kritik am Bundesverkehrsministerium und der Automobilbranche geäußert. Die Aufarbeitung des Abgasskandals findet zugespitzt formuliert hinter verschlossenen Türen im Schneckentempo statt. Gleichzeitig übt die Automobilindustrie größtmöglichen Druck auf deutsche Hochschulen und Institute aus, auf keinen Fall unabhängige Abgastests vorzunehmen, die den Skandal ausweiten könnten. Kritiker, wie die Deutsche Umwelthilfe, werden derweil mit komplett geschwärzten Dokumenten ruhiggestellt. Man verhöhnt die Öffentlichkeit lieber, als ernsthafte Aufklärung zu betreiben. Von Jens Berger.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.