Denkfehler 16: »Wir sind national nicht mehr handlungsfähig.«
Albrecht Müller, Auszug aus dem Buch „Die Reformlüge“ S. 207 ff.
Albrecht Müller, Auszug aus dem Buch „Die Reformlüge“ S. 207 ff.
Die offensichtlich geplante drastische Absenkung der Unternehmenssteuern soll angeblich einen „international konkurrenzfähigen Steuersatz“ bringen. Tatsächlich würde sich Deutschland beim Steuerwettlauf nach unten weit nach vorne schieben. In Zusammenwirken mit der Mehrwertsteueranhebung wird das deutsche Steueraufkommen noch unsozialer als bisher verteilt sein, ohne dass davon positive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt zu erwarten sind. Anbei eine kritische Auseinandersetzung mit der deutschen Steuerpolitik unter Benutzung internationalen Datenmaterials von Joachim Jahnke.
Wie zwei Zocker saßen sich die Pharmabosse von Merck, Michael Römer, und von Bayer, Werner Wenning, wochenlang gegenüber und pokerten um den im „Jackpott“ liegenden Pharmakonzern Schering. Am Ende gewannen alle, Merck, Bayer, Schering und natürlich die Berater. Die Zeche zahlen die Arbeitnehmer und der Fiskus.
Von Achim Truger
Deutschland liegt bei den Arbeitskosten für die Privatwirtschaft im Mittelfeld der EU15-Staaten – hinter den meisten nord- und westeuropäischen Industrieländern. 2004 mussten deutsche Arbeitgeber pro geleisteter Arbeitsstunde im Verarbeitenden Gewerbe und im privaten Dienstleistungsbereich 26,22 Euro aufwenden. Höher liegen die Arbeitskosten in Dänemark, Schweden, Belgien, Luxemburg, Frankreich, den Niederlanden und Finnland – zwischen 30,70 Euro und 26,80 Euro pro Stunde. Geringfügig niedriger als in der Bundesrepublik sind die Arbeitskosten in Österreich (25,30 Euro) und Großbritannien (24,70 Euro).
Der Sozialpolitiker Professor Richard Hauser macht mich auf eine interessante Zusammenstellung von Dr. Irene Becker aufmerksam.
Die öffentliche Diskussion über eine Reform der Hartz IV Reform, die vor allem mit Kostenargumenten und Mißbrauchsvorwürfen geführt wird, ist allzu ärgerlich. Irene Becker hat eine Zusammenstellung der Empfängerzahlen und der Kosten angefertigt, die bei richtiger Berechnung und unter Berücksichtigung der verdeckten Armut (d.h. jener Personen, die einen Sozialhilfeanspruch hatten, ihn aber nicht geltend machten) zu erwarten gewesen wären. Lediglich die falschen Erwartungen der Regierung wurden widerlegt.
Von Heiner Flassbeck aus FR vom 03.06.2006.
Ein aufmerksamer Nutzer der NachDenkSeiten macht mich auf den jüngsten Monatsbericht aufmerksam. Siehe unten Anhang. Dort werden die im April kräftig gestiegenen Verbraucherpreise notiert und daraufhingewiesen, dass dafür höhere Kraftstoff- und Heizölpreise und die durch den langen Winter verteuerten Nahrungsmittel mitverantwortlich sind, und dass die geplante Mehrwertsteuererhöhung Anlass für Verteuerungen sein wird. Dies – zusammen mit der angeblich fortschreitenden Belebung der Inlandsnachfrage – spreche „für ein hohes Maß an stabilitätspolitischer Wachsamkeit“. Hier werden geldpolitische Gegenmaßnahmen vorbereitet. Das ist der helle Wahnsinn.
Globalisierung wird vielfach wie ein unausweichliches Naturereignis dargestellt. Dabei werden die Bedingungen des Welthandels und der weltweiten Produktion durch internationale Abkommen geregelt. Das gilt auch für die Gewinnung, den Austausch und die weitere Entwicklung von Saatgut und Pflanzensorten. Ein Meilenstein auf dem Weg zur internationalen Kommerzialisierung auf dem Gebiet der Agrarwirtschaft ist das sog. TRIPS-Abkommen unter dem Dach der Welthandelsorganisation (WTO). Christine Wicht und Carsten Lenz beschäftigen sich mit diesem Thema in unserer Rubrik „Andere interessante Beiträge“.
Fast sechs Jahre lang schrieb ich im sozialdemokratischen Vorwärts eine Kolumne mit dem Titel „Gegen den Strom“. Viele Leser lasen dieser Kolumne wegen den Vorwärts. Dann schrieb ich „Die Reformlüge“. Die SPD-Führung fand die darin enthaltene Kritik an ihrer Reformpolitik offensichtlich nicht in Einklang mit meiner Funktion als Kolumnist. Jedenfalls bedeutete man mir Ende 2004, man brauche den Platz der Kolumne für die Programmdiskussion und andere Texte.
Schon wegen dieser Erfahrung war ich gespannt darauf, wie die Besprechung von „Machtwahn“ im Vorwärts ausfallen würde. Weil mit den von mir skizzierten und kritisierten „mittelmäßigen Eliten“ auch weite Teile der SPD-Führung gemeint sind, hätte ich eine kritische Rezension durchaus verstanden, wenn sie irgendwie begründet worden wäre. Was in der neuen Ausgabe des Vorwärts steht, ist eher traurig, auch wenn es von einem Redakteur der „Zeit“ stammt, den wir gelegentlich in den NachDenkSeiten lobend erwähnt haben.
Die neue Debatte um Mehrkosten und Missbräuche wird immer unverständlicher. Entweder die Meinungsführer wissen nicht mehr, was sie tun, oder sie betreiben ein gigantisches Ablenkungsmanöver. Wenn wir jetzt über die Missbräuche, über die Kürzung der Zahlungen nach Hartz IV und andere Revisonen der gerade 1 ½ Jahren geltenden Gesetze diskutieren, dann vergessen wir allzu schnell, was die Hartz-Reformen eigentlich sollten und was sie schon angerichtet haben und wie eine Politik und Wissenschaft zu beurteilen ist, die eine solche Malaise zu verantworten hat.
Ich mache im folgenden in Stichworten den Versuch, diese Debatte etwas einzuordnen.
Das muss man der Kanzlerin einräumen, ihre Rede auf dem DGB-Bundeskongress war ehrlicher in der Beschreibung der Realitäten in diesem Lande und zurückhaltender in der „Reformrhetorik“ als die „ex Cathedra“ -Verkündigungen des Bundespräsidenten. Das war schon ein mutiges Eingeständnis von Angela Merkel, „Menschenwürde“ und „Soziale Marktwirtschaft“ hätten „nur noch in Teilen etwas mit unserer Realität zu tun.“ Aus dieser Einsicht folgte aber nichts als das sture Festhalten an den alten Rezepten.
Die Rede war aber ein Musterbeispiel für die Unfähigkeit der Regierung, ihren eingeschlagenen Kurs selbstkritisch zu hinterfragen.
Die Wirtschaftspolitik Großbritanniens wird häufig als Vorbild für Deutschland vorgehalten. Liberale Kommentatoren loben die flexibleren Arbeitsmärkte, die aktivierende Arbeitsmarktpolitik, die Politik der Deregulierung und Liberalisierung. Kaum bekannt ist, dass in GB makroökonomisch expansive Initiativen unternommen wurden und dass seit 2001 eine expansive öffentliche Investitionspolitik aktiv zur Krisenüberwindung eingesetzt wurde. Die WSI Mitteilungen haben uns dankenswerter Weise gestattet diesen Aufsatz in die NachDenkSeiten einzustellen.
Aufrüstung und Sozialabbau bilden immer schon zwei Seiten einer Medaille. Beide sind Teil eines Konzepts, das Gewalt als legitimes Mittel der Politik versteht. Massenarbeitslosigkeit und steigende (Kinder-)Armut sind in einem so wohlhabenden Land wie der Bundesrepublik “strukturelle Gewalt” (Johan Galtung). Gleichzeitig beteiligt sich die Bundesregierung im EU-Rahmen am Aufbau einer Schnellen Eingreiftruppe, womit sie das Ende der “Zivilmacht Europa” einleitet und militärischer Gewalt nach außen den Vorzug gegenüber anderen Möglichkeiten der Konfliktlösung gibt.
Lesen Sie mehr in unserer Rubrik „Andere interessante Beiträge“, den wir mit Zustimmung des Autors aus einem Referat vor der AG Friedensforschung an der Uni Kassel übernommen haben.
Zur Zeit erleben wir eine heftige Diskussion um die am 19.5. beschlossene Mehrwertsteuererhöhung (Siehe dazu unten die beiden Links I und II). Wenn Sie in den letzten Wochen NachDenkSeiten gelesen haben, dann waren Sie auf diese Debatte vorbereitet (Siehe zum Beispiel III und IV). Die Mehrwertsteuererhöhung ist schlimm, erstens weil sie ungerecht ist, zweitens weil sie dringend gebrauchte Kaufkraft entzieht und drittens weil sie tendenziell die Exportwirtschaft begünstigt und die für den Binnenmarkt arbeitende Wirtschaft (Einzelhandel, Handwerk, Binnenmarkt-Gewerbe) überproportional belastet. (Siehe auch III, kritisches Tagebuch vom 8.5.2005.) Unsere Eliten in Wirtschaft, Politik und Publizistik haben zum großen Teil diese Sachverhalte nicht begriffen, sie haben schon gar nicht begriffen, dass man die richtige Konjunkturpolitik nicht erst machen kann, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Die Weichen hätten spätestens im letzten Jahr bei der Erarbeitung der Koalitionsvereinbarung richtig gestellt werden müssen. Siehe dazu auch den einschlägigen Auszug aus „Machtwahn“ unter V.