Kategorie:
Ökonomie

Verbarrikadierte Demokratie – Politik schafft sich ab

Stabilitätspakt, Dienst- und Niederlassungsfreiheit, Unabhängigkeit der Bundes- und Europäischen Zentralbank, Schuldenbremse, automatische Sanktionsmechanismus bei Verstößen gegen verschärfte Stabilitätsregeln, auch auf vielen anderen Feldern erleben wir, wie sich die Politik hinter unumstößlichen Prinzipien, unbeeinflussbare Verfahren oder zwingend umzusetzende Gesetze verbarrikadiert. Man erhofft sich damit die Begründung für unliebsame Entscheidungen ersparen und sich vor einer politischen Auseinandersetzung schützen zu können.
Das Vorgehen beim Aufbau solcher Barrikaden ist immer das gleiche. Man gibt ein paar allgemeine, oftmals als hehre Ziele verpackte und vor allem populistisch eingängig Parolen vor, schafft damit ein unveränderbar erscheinendes Prinzip und wenn dann konkrete politische Entscheidungen anstehen, argumentiert man, dass man dabei sich den unumstößlichen Zwängen unterordnen müsse.
Die Politik schafft sich damit selber ab. Die Demokratie wird hinter die von der Politik aufgebauten Barrikaden eingesperrt. Wolfgang Lieb

Martin Walser – der lebende Beweis für die Lüge von der „Wissensgesellschaft“

Am 19.10. erschien in der „Zeit“ eine Rezension des neuen Buches von Peer Steinbrück mit der Überschrift „Leidenschaftlich wahr“, unterzeichnet von Martin Walser. Dieser Text ist ein wunderbarer Beweis dafür, dass wir alles andere als eine Wissensgesellschaft sind. Insbesondere das so genannte gebildete Bürgertum weiß offensichtlich sehr vieles nicht und schleppt eine Fülle von Vorurteilen insbesondere im Bereich der Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik mit sich herum. Diese sich im allgemeinen besonders wissend fühlenden Menschen sind anfällig für allerlei Einflüsterungen. So auch Martin Walser. Er bringt das eigene Manko treffend auf den Punkt: Albrecht Müller.

Die schöne neue Welt des DIHK und des Wirtschaftsministers

„In der schönen neuen Welt der Wirtschaftsökonomen braucht man die Massen in der Tat nicht mehr, die Unternehmen machen alles, konsumieren, investieren und exportieren“, schrieb Heiner Flassbeck vor ein paar Tagen in seiner Glosse zum Herbstgutachten der Konjunkturforschungsinstitute. In dieser schönen neuen Welt leben auch die deutschen Unternehmen, wenn man der neuesten DIHK-Konjunkturumfrage [PDF – 679 KB] unter 28.000 Unternehmen Glauben schenkt.
„Der Aufschwung wird selbsttragend“, „angeschoben von den Exporterfolgen zieht die Binnennachfrage in den nächsten Monaten verstärkt an“, „der angesprungene Investitions-, Beschäftigungs- und Konsumzyklus trägt für mehrere Quartale“ usw. usf., so lauten die Erfolgsmeldungen von DIHK-Hauptgeschäftsführer Wansleben.
Schön, dass die Wirtschaft so optimistisch denkt, könnte man meinen. Wolfgang Lieb

Gemeinschaftsdiagnose Herbst 2010 – Ökonomie in einer Phantomwelt

Deutschland ist wirtschaftlich der Klassenprimus nicht nur in Europa sondern auch unter den entwickelten Ländern, weil wir weiterhin über unsere Leistungsbilanzüberschüsse erfolgreich unser Wachstum von anderen Volkswirtschaften abziehen. Wir brauchen keine Konjunkturpolitik, wir haben ja den Export und die Binnennachfrage wird irgendwann schon kommen. Wirtschaftspolitik heißt sparen und Lohnzurückhaltung. Die anderen Länder sollen am deutschen Wesen genesen und, wenn sie es nicht freiwillig tun, dann sollen sie halt bankrott gehen. So könnte man die Empfehlungen [PDF – 4.7 MB] der „fünf führenden Wirtschaftsinstitute“ in die Alltagssprache übersetzen. Wolfgang Lieb

Pleisweiler Gespräch mit Heiner Flassbeck am 20. November

Hier folgt die Einladung mit Thema, Zeit und Ort. Wir erwarten eine interessante und auch spannende Diskussion darüber, was in der Wirtschafts-, Währungs- und Finanzpolitikpolitik notwendig ist. Sie sind herzlich eingeladen. Es wäre schön, Sie würden die Einladung auch an interessierte Freunde und Bekannte weitergeben. Bitte den Hinweis zur Anmeldung beachten. Albrecht Müller.

Wie wir durch Verschweigen von den Medien manipuliert werden: z. B. zu Deutschlands Verantwortung für die Wirtschaftskrise

Am 29.9. 2010 hat die Europäische Kommission ein so genanntes Legislativpaket vorgelegt. Darin ist auch eine „Neue Verordnung zur Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte“ enthalten. Damit ist vor allem Deutschland und seine Verantwortung für die Krise des Euro-Raums gemeint. In den deutschen Medien kommt der Brüsseler Vorstoß nahezu nicht vor. Im einzelnen siehe unten Beispiel A. Ähnlich ergeht es der Stellungnahme des IMK für den Deutschen Bundestag mit der Botschaft „Sparkurs dämpft Konjunktur spürbar“, die gestern veröffentlicht wurde. Nahezu keine Resonanz in den deutschen Medien. Albrecht Müller

Werner Rügemer: Subvention, Korruption, Marktzerstörung

Die staatliche Bankenrettung zeigt: Die Verantwortlichkeit der beherrschenden Eigentümer ist gleich Null. Die korruptiv erlangte Subvention zerstört den Markt. Der Kapitalismus ist an sein marktwirtschaftliches und demokratisches Ende gekommen. Im 21. Jahrhundert wird entschieden, ob freie Bürger in einer neuen Verfassung die Verantwortung übernehmen können.
Ein Referat von Werner Rügemer auf der 6. Gottfried von Haberler-Konferenz (Haberler war der Referent von Friedrich August von Hayek), gehalten am 24. September 2010 in Vaduz/Liechtenstein.

Was ist zu regeln, damit der den Märkten gesetzte Rahmen wieder stimmt? Zu Heiner Flassbeck’s neuem Buch

In den Reihen der Nationalökonomen tummeln sich heute fast nur noch schräge Vögel. Dieses Urteil ist hart, aber die Realität ist genau so hart. Wir haben es mit einer großen Zahl von gleichgerichteten Ökonomen voller Lücken und Vorurteilen zu tun. Nahezu alle aus der gleichen Schule. Das treibt den Nationalökonomen Heiner Flassbeck genauso um wie uns. Darüber schreibt er in seinem neuen Buch „Die Marktwirtschaft des 21. Jahrhunderts“. Vor allem beschreibt er, was zu tun wäre, um die Rahmendaten wieder so zu setzen, dass die so genannte Marktwirtschaft einigermaßen zum Wohle aller und nicht nur einiger weniger funktioniert. Albrecht Müller.

Du bist Deutschland – zu teuer!

Die Pressemeldung des Bundesbildungsministeriums vom 8. September 2010 titelt: „Das Deutschlandstipendium kommt!“. Und das tut es denn auch: Wider alle Argumente und Kritik hat in Zeiten vermeintlich knapper Kassen der Bundesrat am 9. Juli diesen Jahres einem entsprechenden Gesetzentwurf der schwarz-gelben Bundesregierung unter der geänderten Voraussetzung zugestimmt, dass der Bund allein den gesamten öffentlichen Finanzierungsanteil übernimmt. Eine Kritik von Jens Wernicke

Konsequent asozial

Vier von fünf Bundesbürgern halten das „Sparpaket“ für sozial unausgewogen und sie haben Recht. Die Ärmsten der Armen und die Arbeitnehmer werden die Hauptlast der Krise bezahlen. Von einem „fairen Ausgleich“ zwischen Sozialkürzungen und Belastungen „der Wirtschaft“, über den Kanzlerin Merkel gesprochen hat, kann keine Rede sein. Die Gewinner der Finanzspekulationen bleiben ungeschoren, die Verluste tragen die Arbeitslosen und die sozial Schwachen. Wolfgang Lieb

Wie wir leben und was wir sind

Rede zum „Kölner Karls-Preis für engagiert Literatur und Publizistik“, benannt weder nach Karl dem Großen noch nach Karl dem Vierten, sondern nach Karl dem Marx. Die Verleihung fand am 6. August in der Gaststätte „Weißer Holunder“ in Köln statt. Von Wolfgang Bittner

Bleibt Ostdeutschland ein Niedriglohnland?

Ostdeutschland ist auch im 20. Jahr der Vereinigung als generelles Niedriglohngebiet einzuordnen, wie die jüngsten Daten der Bundesstatistik zeigen. Zwar gibt es im Westen auch regionale bzw. branchentypische Niedriglöhne, aber die faktischen und tariflichen Unterschiede sind im Durchschnitt in den neuen Bundesländern (NBL) am stärksten ausgeprägt. Die Rangfolge der ostdeutschen Bundesländer in den effektiven Brutto-Stundenlöhnen offenbart eine dramatische Bilanz nach zwanzig Jahren bundesdeutscher Lohn- und Einkommensentwicklung. Von Karl Mai

Der Reiche als der ausgebeutete Gutmensch und der Arme als Schmarotzer

Unter der Überschrift „7 Wahrheiten über Milliarden-Spender“ singt die Bild-Zeitung das hohe Lied über die Großzügigkeit und will unser Mitgefühl für die Steuerlast der Reichen wecken. Es heißt da:
„REICHE ZAHLEN: Weil die Steuerbelastung in Deutschland mit steigendem Einkommen stark zunimmt, finanzieren die Reichen bei uns den Sozialstaat über Steuern und Abgaben. Das oberste Zehntel der Einkommensbezieher zahlt 55 % des gesamten Steueraufkommens, das letzte Prozent der Superreichen finanziert alleine 22,2 %.“
Das ist mal wieder eine halbe Wahrheit, die eine ganze Lüge ist. Wolfgang Lieb