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Wichtige Debatten

Griechische Zeitung berichtet über deutschen Plan B für Griechenland

Die Athener Zeitung Kathimerini hat in ihrer heutigen Ausgabe einen Artikel veröffentlicht, der Einzelheiten über einen angeblich in Berlin vorbereiteten Plan B für Griechenland enthält. Die Informationen sind ernst zu nehmen, weil die gewöhnlich gut unterrichtete Zeitung auch über gute Quellen in Berlin verfügt. Die Frage ist allerdings, ob es sich bei diesem Plan B, aus dessen Existenz auch der deutsche Finanzminister Schäuble kein Geheimnis macht, um ein in Berlin aktiv angestrebtes Szenario handelt, oder das Papier vielmehr eine Drohkulisse ist, die den Druck auf die griechische Regierung verstärken soll, das drakonische Sparprogramm rasch umzusetzen, das die Troika aus EU-Kommission, EZB und IWF als Vorbedingung für die Auszahlung der nächsten Rate (von 8 Mrd. Euro) aus ihrem Rettungsfonds sieht. Von Niels Kadritzke

Kommentar zum geforderten Griechenland-Ausschluss: Denn sie wissen nicht, was sie tun

Als die Staatschefs sechs europäischer Länder im Jahre 1957 die Römischen Verträge unterzeichneten, legten sie damit den Grundstein für eine Periode der Prosperität und des Zusammenwachsens. Die Zeiten, in denen Politik noch von Visionen geprägt wurde, sind jedoch vorbei. Mittelmäßige Politiker, denen die wöchentlichen Zustimmungswerte in Meinungsumfragen wichtiger sind als der europäische Gedanke, verspielen in wenigen Monaten das Werk mehrerer Generationen. Die Diskussion um einen Ausschluss Griechenlands aus der Gemeinschaft ist dabei nur der bisherige Höhepunkt wiedererstarkender nationaler Egoismen. Von Jens Berger

Albrecht Müllers Wochenrückblick: Es gibt offenbar so etwas wie Lust an Zerstörung.

Die NachDenkSeiten nennen sich im Untertitel „Die kritische Website“. Zur Zeit sind wir beim Umgang mit dem Euro und Europa vermutlich eines der konstruktivsten Medien. Wir beobachteten in der vergangenen Woche mit Staunen und mit Sorge, wie zynisch und leichtfertig Politiker, Wissenschaftler und Medien mit der gemeinsamen Währung und dem erreichten Stand der Vereinigung Europas umgehen. Sie tun so, als könne man eine Währung wechseln wie das Hemd, sie an- und ausknipsen wie ein Licht; sie beachten nicht, welche unglaublichen wirtschaftlichen und politischen Kosten auf jedes ausscheidende Land und auf die verbleibenden Länder zukommen. Sie heizen immer wieder gedankenlos oder aus Absicht die Spekulation an. Sie äußern sich über andere Völker in beschämender Weise. – Wir halten dies für unerträglich, obwohl wir an der Konstruktion Europas und an der Konstruktion der Eurozone mindestens so viel auszusetzen haben wie jene, die jetzt über ihre eigene Konstruktionsfehlleistung herziehen. Wenn eine gesellschaftliche Einrichtung falsch konstruiert ist, dann muss man den Konstruktionsfehler heilen, statt das Ganze zu zerstören. Albrecht Müller.

Bertolt Brechts Dreigroschenroman oder: Kapitalismus als Roman

Der Dreigroschenroman von Brecht ist überaus aktuell. Er zeigt, wie eine Wirtschaftsform, die alle Bereiche der Gesellschaft ihrem Diktum der Profitmaximierung unterwirft, durch ständigen Formwandel überlebt. Während sie die natürlichen und gesellschaftlichen Grundlagen menschlicher Existenz zerstört, produziert sie gleichzeitig immer neue Mythen und Ideologien, die die Ursachen dieses Zerstörungswerkes verbrämen.
Brecht immer wieder zu lesen, kann einem auch die Augen für gegenwärtige Entwicklungen öffnen. Darin besteht sein geradezu überzeitliches Verdienst, das gleichzeitig das Signum großer Literatur ist.
Eine Besprechung von Joke Frerichs aus dem Buch „Lesespuren. Notizen zur Literatur“

Eurokrise in Zahlen (II) – Krisengewinnler Neoliberalismus

Während die Welt unter dem Joch der Spekulation an den Finanzmärkten leidet, konnte Deutschland seine finanzpolitische Situation in den letzten beiden Jahren merklich verbessern. Beleg dafür sind die deutlich gesunkenen Zinsen für Staatsanleihen, von denen nicht nur Deutschland, sondern auch andere Länder profitieren, die in den Turbulenzen der Finanzkrise als sicherer Hafen gelten. Anstatt diesen positiven Effekt dazu zu nutzen, zumindest im eigenen Lande die Krisenfolgen zu mildern, nutzt Deutschland die Gunst der Stunde, um ganz Europa auf den neoliberalen Kurs deutscher Schule zu zwingen. Die Folgen dieser Politik sind verheerend – auch für Deutschland. Von Jens Berger

Merkel: „Marktkonforme Demokratie“

Ein Satz der alles über die gegenwärtige Politik sagt:

Kanzlerin Merkel: “Wir leben ja in einer Demokratie und das ist eine parlamentarische Demokratie und deshalb ist das Budgetrecht ein Kernrecht des Parlaments und insofern werden wir Wege finden, wie die parlamentarische Mitbestimmung so gestaltet wird, dass sie trotzdem auch marktkonform ist.”

Quelle: DLF [Podcast]

Die große Wut der Überzähligen

Notizen und Anmerkungen zu den „Konsumkrawallen“ in England.
Es gibt eine Revolte einer perspektivlosen Jugend fast überall in Europa, nur in Deutschland nicht. Die spontanen Emeuten bedürfen dringend der politisch-moralischen Orientierung und Kontrolle, sonst werden sie nicht nur zu nichts führen, sondern der Reaktion und dem Ausbau der staatlichen Gewaltapparate und der Militarisierung der inneren Sicherheit in die Hände arbeiten. Aber wo sind die Kräfte, die der Revolte eine Richtung und einen politischen Inhalt geben und sie der regulativen Idee der sozialen Emanzipation unterstellen könnten?
Von Götz Eisenberg

Die Eurokrise in Zahlen (I) – Wie Musterschüler zu Problemkindern wurden

Mit steter Regelmäßigkeit behaupten die deutsche Regierung und viele deutsche Medien, dass die Eurokrise eine direkte Folge des finanzpolitischen Schlendrians einiger Eurostaaten sei. Eine unwahre Aussage wird jedoch nicht wahrer, wenn man sie regelmäßig wiederholt. Ein Blick auf die statistischen Daten der OECD reicht aus, um diese Aussage zu widerlegen. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall – am Vorabend der Finanzkrise galten die heutigen Problemkinder noch als finanzpolitische Musterschüler. Von Jens Berger

Medienkritik: Penner-Vertreibung mit gutem Gewissen oder wie der Dr. Dr. Erlinger einem Münchner Fitness-Spießer auf die Sprünge hilft

Im „Süddeutsche Zeitung Magazin“ Nummer 34 vom 26. August 2011 bekennt Meike Winnemuth, dass sie die neueste Hut-Mode der Damen der „gehobenen Gesellschaft“ Englands nicht versteht. Solche Probleme – Hüte, die an Satellitenschüsseln oder Klobrillen erinnern – hat oder hätte man gern. Es folgt eine Tiroler Tourismuswerbung mit einem Foto vom steinernen „Herz[en] der Alpen“ und dann lässt uns, so bestens vorbereitet und eingestimmt, der Dr. Dr. Erlinger an der „Gewissensfrage“ eines „Hendrik A., München“ teilhaben und natürlich auch daran, wie er diesem „Hendrik A.“ auch noch das letzte Fünkchen Gewissen, das er aufbringt, erstickt. Von Hans Otto Rößer

Kritik an der Zinskritik

Die Folgen der Finanzkrise haben auch dazu geführt, dass Fundamentalkritik am Geldsystem immer populärer wird. Auch die NachDenkSeiten bekommen regelmäßig Mails von Lesern, die uns fragen, warum wir der Zinskritik auf unserer Plattform keinen Raum bieten. Die Antwort auf diese Frage ist denkbar einfach: Wir halten die Zinskritik für einen Irrweg, der nur von den eigentlichen Problemen ablenkt. Von Jens Berger

Schock-Strategie für Europa

Was Angela Merkel und Nicolas Sarkozy gestern im Élysée-Palast der Öffentlichkeit präsentierten, ist kaum mehr als alter Wein in neuen Schläuchen. Anstatt die Spekulation gegen einzelne Eurostaaten mit der Einführung von Eurobonds zu beenden, wollen Merkel und Sarkozy die deutsche Schuldenbremse in der gesamten Eurozone verfassungsrechtlich verankern und die gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik mit der vielzitierten Wirtschaftsregierung harmonisieren. Was sich Merkel unter einer Wirtschaftsregierung vorstellt, ist jedoch bereits hinlänglich bekannt – die neoliberale Schock-Strategie für Europa. Von Jens Berger

Hurra, wir sparen uns kaputt

Wie überall in Europa und den westlichen Industriestaaten bricht das Wachstum auch in Deutschland ein. Nur noch um 0,1 Prozentpunkte ist das BIP im Sommer gegenüber dem ersten Quartal 2011 gestiegen. Von wegen „Aufschwung XL“. Da in ganz Europa und in den westlichen Industrienationen nur noch massiv gespart wird, bricht nahezu überall das Wachstum ein. Das bringt logischerweise den deutschen Wachstumsmotor „Export“ ins Stottern. Trotz eines angeblich „robusten Arbeitsmarktes“ bremst eine schwache Binnennachfrage den „Aufschwung“. Da es in einer Art von Gehirnwäsche gelungen ist, die Banken- und Finanzkrise in eine „Staatsschuldenkrise“ umzudeuten, ist in den Regierungen eine Spar-Pandemie ausgebrochen. Während der letzte Wirtschaftseinbruch im Gefolge der Finanzkrise noch mit staatlichen Konjunkturprogrammen abgemildert werden konnte, werden jetzt, wo angeblich alles der „Staatsverschuldung“ geschuldet ist, mit einer knallharten Austeritätspolitik die Fehler der ersten Weltwirtschaftskrise wiederholt. Wenn kein Umdenken erfolgt, landen wir erneut in einer europa- oder gar weltweiten wirtschaftlichen Depression – mit kaum vorhersehbaren schlimmen Folgen. Wolfgang Lieb

Großbritanien erntet jetzt, was Frau Thatcher gesät hat

Es wäre zu einfach, die in Großbritannien sichtbare Gewalt und die Plünderung einfach auf die schlimmen sozialen Verhältnissen zurück zu führen. Da kommt einiges zusammen. Aber die so genannte Eiserne Lady hat mit der Zerstörung des Zusammenhalts, mit dem Predigen von ökonomischem Egoismus und der Kommerzialisierung aller Lebensverhältnisse, mit der systematischen Schwächung der Arbeitnehmerschaft und damit der weiteren Trennung der britischen Gesellschaft in oben und unten den Boden für die Gewaltwelle bereitet. Albrecht Müller.

S 21: Die „Spitzen“ der Kommunalen Spitzenverbände urteilen verantwortungslos voreilig

Sie bleiben ihrer Linie treu: Verantwortungslos voreilig haben sich erneut die drei Kommunalen Spitzenverbände für den Bau von Stuttgart 21 ausgesprochen. „Stuttgart 21 muss jetzt kommen!“ haben sie in einer Pressemitteilung wissen lassen. Und eine Volksabstimmung ist natürlich auch nicht gewünscht: „Die Kommunalen Landesverbände in Baden-Württemberg sind sich einig – Landkreistag, Städtetag und Gemeindetag lehnen den vergangene Woche von der Landesregierung vorgelegten Gesetzentwurf für ein ‚Stuttgart 21-Ausstiegsgesetz’ als inhaltlich falsch, wirtschaftlich untragbar und verfassungsrechtlich äußerst fragwürdig ab.“ Von Hermann Zoller