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Wichtige Debatten

Skurriles, makroökonomisch falsches Denken prägt unsere Sprache und damit auch das Denken der Verantwortlichen. Offensichtlich unheilbar.

Im Hinweis Nr. 7 haben wir heute auf ein Interview des Managermagazins mit Joseph Stiglitz (siehe auch Anlage 1) hingewiesen. In diesem Interview gebraucht „mm“ wie auch der interviewte Stiglitz die Worte „Sparkurs“ bzw. „Sparmaßnahmen“. Das ist ein aus der einzelwirtschaftlichen/betriebswirtschaftlichen Betrachtung entnommener Sprachgebrauch. Bei einem einzelnen Wirtschaftssubjekt genügt in der Regel die Sparabsicht, um erfolgreich zu sparen. Volkswirtschaftlich ist das nicht der Fall, wie man heute in Griechenland, in Spanien und übrigens auch bei uns studieren kann. Was dort abgeht ist kein Sparkurs und was den Griechen von der Troika aufgezwungen wird, sind auch keine Sparmaßnahmen. Dennoch hat sich dieser Sprachgebrauch eingebürgert und prägt auch das wirtschafts- und finanzpolitische Handeln. Deshalb weisen wir darauf hin. Vielleicht würde die richtige Politik mit dem richtigen Sprachgebrauch anfangen. Aber vermutlich ist dieses Unterfangen hoffnungslos. Schließlich versuchen wir, ich in meinen Büchern und wir in den NachDenkSeiten, schon spätestens seit 2004 den richtigen Sprachgebrauch zu vermitteln. Albrecht Müller.

Wenn Theorie und Realität einfach nicht zusammenfinden wollen

Europa ächzt unter dem Joch der Austeritätspolitik. Sowohl Spanien als auch Portugal mussten in den letzten Tagen melden, dass sie „trotz größter Sparanstrengungen“ ihr Defizitziel deutlich verfehlt haben. Hier muss die Frage gestattet sein, ob diese Länder ihr Defizitziel nun „trotz“ oder doch wohl eher „wegen“ der „größten Sparanstrengungen“ verfehlt haben. Der vor allem von deutscher Seite propagierte Ansatz, ein Land durch Budgetkürzungen und neoliberale Reformen fit für die Zukunft zu machen und dabei dann auch gleich die Staatsfinanzen zu sanieren, mag in der marktliberalen Theorie funktionieren. In der Praxis funktioniert dieser Ansatz jedoch nicht, was sich mittlerweile eigentlich herumgesprochen haben sollte. Mit jedem Tag, an dem die Politik an ihren ideologischen Scheuklappen festhält, forciert sie die Krise und verhindert deren Beendigung. Von Jens Berger

Trüber Herbst in Griechenland (3/3)

Niels Kadritzke wirft in seiner dreiteiligen Serie einen sehr ausführlichen Blick auf die momentane Lage in Griechenland. Im dritten und letzten Teil beschäftigt er sich mit den erfolglosen Versuchen der Regierung Samars, die Staatseinnahmen zu erhöhen und deren nach wie vor hohes Korruptionspotential. Der erste Teil der Artikelserie erschien am Montag auf den NachDenkSeiten, der zweite Teil am Dienstag.

Trüber Herbst in Griechenland (2/3)

Niels Kadritzke wirft in seiner dreiteiligen Serie einen sehr ausführlichen Blick auf die momentane Lage in Griechenland. Im zweiten Teil beschäftigt er sich mit der innergriechischen Entwicklungen und der zunehmend fehlenden Akzeptanz der Samaras-Regierung. Der erste Teil der Artikelserie erschien gestern auf den NachDenkSeiten, der dritte und letzte Teil wird morgen erscheinen.

Trüber Herbst in Griechenland (1/3)

Niels Kadritzke wirft in seiner dreiteiligen Serie einen sehr ausführlichen Blick auf die momentane Lage in Griechenland. Im ersten Teil beschäftigt er sich mit mit dem neuen Sparprogramm und dessen Auswirkungen auf die politische Diskussion. Die weiteren Teile der Artikelserie werden morgen und übermorgen folgen.

Es muss nicht immer Budapest sein

Voriges Jahr kam heraus, dass für die erfolgreichsten Versicherungsvertreter der Hamburg-Mannheimer Versicherung eine Reise nach Budapest mit einer Sex-Party in einem historischen Schwimmbad veranstaltet wurde. 2007 war das und die ca. 83.000 Euro wurden über Umwege auch von uns allen durch Versicherungsbeiträge sowie durch Subventionierungen kommerzieller Altersvorsorgeprodukte mittels Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen finanziert. Später gab es auch ähnliche Reisen nach Jamaica und Mallorca.
Aber es muss nicht immer Budapest, Jamaica oder Mallorca sein. Manchmal reicht auch der Garten einer Frankfurter Apfelweinwirtschaft. Von Martin Betzwieser.

Veraltetes und angepasstes Denken in jungen Köpfen – Typisch: die 10 Punkte der niederländischen G500, hier in deutscher Übersetzung

Wir sind schon zweimal – hier und hier – auf die niederländische Bewegung G500 eingegangen. Einige Leser der NDS haben Übersetzungen des 10-Punkte-Plans gefertigt. Danke vielmals. Weil diese für die aktuelle Debatte auch in Deutschland relevant sind, kommen wir darauf zurück. Siehe Anlage. Die jungen Niederländer sind so vergreist, angepasst und unkritisch wie ihre deutschen Altersgenossen aus ähnlichen Kreisen. Glücklicherweise gibt es auch viele aufmüpfige intelligente junge Menschen. Von Albrecht Müller

Übersetzung von “Wat is G500?“ und einige weitere Anmerkungen zur neuen Bewegung in den Niederlanden

Gestern hatten NachDenkSeiten davon berichtet und um Übersetzung gebeten. Das helfende Echo war sehr groß. Herzlichen Dank für diese Mithilfe von Seiten unserer Leserinnen und Leser. In Anlage 1 finden Sie eine der Übersetzungen, hoffentlich ohne gravierende Fehler. Eine unserer Leserinnen hat auch einen für den Charakter der Bewegung nicht untypischen Beitrag über die Finanznot der Pensionsfonds übersetzt. Siehe Anlage 2. In Anlage 3 findet sich der Link auf das 10-Punkte-Programm von G500. Der Ansatz von G500 ist pfiffig, wenn auch nicht neu; die Inhalte sind eher bedrückend. Von Albrecht Müller

Die griechischen „Versäumnisse“ werden von Berlin maßlos übertrieben

Die Diskussionen über die Möglichkeit – oder Wahrscheinlichkeit – eines „Grexit“ geht weiter – auch nach dem Antrittsbesuch des griechischen Regierungschefs Samaras in Berlin und Paris. Innerhalb der deutschen Regierungskoalition reicht offenbar selbst ein Machtwort der Kanzlerin nicht aus, um geschwätzige Populisten im eigenen Lager zum Schweigen zu bringen („CSU macht Merkel lächerlich“). Zu den deutschen und vor allem bayerischen Stimmen, die den Abschied Griechenlands vom Euro als unvermeidlich und die Folgen für die gesamte Eurozone als „beherrschbar“ ansehen, gesellen sich mittlerweile gewichtige Politiker aus den Niederlanden, Finnland (Außenminister Tuomioja), Österreich (Außenminister und Vizekanzler Spindelegger), Estland und der Slowakei. Und selbst Luxemburgs Regierungschef Juncker, den man in Athen als den verlässlichsten Verbündeten im Euroraum sieht, schließt das Worst-Case-Szenario für Griechenland nicht mehr aus. Auf das bereitet man sich in Berlin, trotz der kreidebeladenen Formulierungen Merkels gegenüber ihrem Athener Gast, auch weiterhin vor. Insofern war es wohl ein kalkuliertes Signal, dass die FTD kurz vor dem Treffen Merkel-Samaras die Existenz einer bislang geheimen Arbeitsgruppe enthüllte, die seit einem Jahr die möglichen Konsequenzen eines Austritts Griechenlands aus der Eurozone prüft. Ein weiterer Lagebericht von Niels Kadritzke.

In den Niederlanden haben sich junge Leute zusammen getan, um die innere Willensbildung von Parteien gezielt und massiv zu beeinflussen: G500.

Ein befreundeter niederländischer Journalist machte mich beim Hambacher Disput auf eine neue Bewegung in den Niederlanden aufmerksam. Ein junger Mann, Sywert van Lienden, hat sich die Strategie ausgedacht, mit einer großen Zahl anderer Altersgenossen gezielt auf Parteikongressen aufzutreten und dort die Meinungsbildung zu beeinflussen. Angesichts des Schwunds inhaltlicher Arbeit und Diskussion in den etablierten Parteien bzw. ihrer unreflektierten Orientierung am neoliberalen Glauben wäre auch bei uns eine solche Strategie nicht aussichtslos. Der niederländische Journalist hat mir einen kurzen Bericht geschickt, den ich unten im charmanten Original wiedergebe. Vielleicht findet sich unter den NachDenkSeitenlesern zusätzlich jemand, die/der Niederländisch spricht und den Inhalt von „Wat is G500?“ übersetzen oder wiedergeben könnte. Von Albrecht Müller

Ungehörter Weckruf

Die Eurokrise geht ins dritte Jahr und die immer aussichtslosere Entwicklung hat mittlerweile den Optimismus verdrängt. Man muss leider konstatieren, dass Deutschlands politische und ökonomische Eliten auf ganzer Ebene versagt und aufgrund ihrer ignoranten Borniertheit den europäischen Traum zu Grabe tragen. Sollte die Politik die Verantwortung der Stunde nicht erkennen, steht dem Kontinent eine düstere Periode bevor. Die Geschichte kennt keine Wiedergutmachung, die Weichen für unsere und die europäische Zukunft werden heute gestellt. Es sind jedoch nicht wir, die die Weichen stellen, sondern es sind genau die Eliten, die uns seit Jahrzehnten mit ihren ideologischen Scheuklappen auf diesen Irrweg geführt haben. Anscheinend sind wir dazu verdammt, sehenden Auges ins Verderben zu laufen. Es ist allerhöchste Zeit für einen Weckruf, der aber wahrscheinlich ungehört bleiben wird. Von Jens Berger

Heiner Flassbeck hat die Hoffnung auf die wirtschaftspolitische Vernunft der deutschen Seite verloren und empfiehlt die Scheidung der Euro-Partner

In dem folgenden Beitrag, den zu lesen und weiter zu verbreiten sich empfiehlt, erläutert Flassbeck, warum er die Zeit für gekommen hält: Weil er keine Hoffnung hat, dass das von der deutschen Regierung durchgesetzte und weiter geforderte „irrsinnige wirtschaftspolitische Programm“ korrigiert werden könnte. Außerdem böte die Trennung aus seiner Sicht die einzige Chance, dass die deutschen Provinzpolitiker und verstockten Ökonomen damit aufhören, Kübel voller Häme und Gehässigkeiten über den Völkern des europäischen Südens auszukippen. Die Folgen für Deutschland und Europa insgesamt wären bitter. Ich bin ziemlich sicher, dass die Aggression gegenüber anderen Völkern auch nach der Trennung nicht aufhört. Albrecht Müller.

Auch gravierende Fehler und Fehleinschätzungen werden hierzulande nicht bestraft. Beispielhaft: Steinmeier, Steingart und Sinn.

Heute sind die Medien voll von Meldungen (S.a. hier) über einen wahrscheinlichen Leistungsbilanzüberschuss Deutschlands von rund 163 Milliarden €. Damit hat sich seit dem Jahr 2000 ein Leistungsbilanzüberschuss von weit über 1 Billion angesammelt. Das erinnert an Einschätzungen und politische Forderungen zum Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft, die ca. zehn Jahre zurückliegen. Es sind gravierende Fehleinschätzungen, die mitverantwortlich sind für die Ungleichgewichte in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen und insbesondere für die Krise im Euroraum. Den falschen Propheten und Falschberatern hat dies nicht geschadet. Das liegt vor allem daran, dass die meisten Medien eng mit der Fehleinschätzung verflochten sind und die Wissenschaft von der Ökonomie unter einem schon des Öfteren beschriebenen Mangel an welfareökonomischer Bildung leidet. Albrecht Müller.