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Innen- und Gesellschaftspolitik

Die Verschiebung der Achse nach Rechts ist das Ergebnis eines Zusammenspiels von solchen, die sich Demokraten nennen, mit der Rechten – verbunden über „kommunizierende Röhren.“

Mit bisher drei Beiträgen sind wir bei der Analyse der Gewalttat in Norwegen auf die Rolle der „Brandstifter“ eingegangen – hier, hier und hier. Ich verstehe, dass sich die möglichen Brandstifter gegen diesen Vorwurf wehren. Aber sie täten besser daran, darüber nachzudenken, wie eng ihr Denken und Handeln mit dem Gewalttäter von Norwegen verbunden ist und wie weit dies zurückreicht. Politik, Wissenschaft und Publizistik sind in vielfältiger Weise und seit langem mit der gewaltbereiten Rechten verbunden – viele sicher ohne es zu wollen, aber das macht im Ergebnis keinen Unterschied. Ich bin einigen Belegen für diese Beobachtung nachgegangen und skizziere sie im Folgenden. Das sind Denkanstöße für eine Einordnung des Geschehens und der weiteren Entwicklung. Albrecht Müller.

„Wehre den Anfängen! Zu spät wird die Medizin bereitet, wenn die Übel durch langes Zögern erstarkt sind.“

So lautet das vielzitierte vollständige Zitat des römischen Dichters Ovid. Sind wir in Deutschland nicht über die Anfänge längst hinaus? Hat das Suchen nach einer Medizin überhaupt schon begonnen? Während der norwegische Ministerpräsident als Antwort auf die Terroranschläge
„mehr Demokratie, mehr Offenheit und mehr Humanität“ fordert, trumpfen bei uns die Sicherheitsfanatiker und die abwiegelnden Brandstifter auf. Das Feindbild des „Islamismus“ wird verstärkt und die rechte Gewalt verharmlost – dabei ist die Gefahr des Rechtspopulismus und Rechtsextremismus viel größer. Von Wolfgang Lieb

Der Brandstifter und die Biedermänner

Politik und Medien gaben sich sehr überrascht, als offenbar wurde, dass die Terroranschläge in Norwegen von einem bekennenden „Konservativen“ verübt wurden. Diese Überraschung ist aber schlussendlich nur ein Beleg für Blindheit auf dem „rechten“ Auge. In den letzten Jahren hat sich der rechte Rand merklich radikalisiert. Anstatt diese Radikalisierung zum Thema zu machen und auf die Gefahren hinzuweisen, haben Politik und vor allem die Medien sie stattdessen in unverantwortlicher Weise angeheizt. Wer Wind sät, wird Sturm ernten. Gerade auch Deutschland ist nicht vor einem Terrorismus von rechts gefeit. Von Jens Berger

kino.to – Kriminalisierung und Kriminalität im Internet

Zu den Grundbedürfnissen eines jeden Menschen zählt auch die Teilhabe am kulturellen und sozialen Leben eines Gemeinwesens. Wer jedoch bei dem Begriff „Kultur“ nun an Goethe oder Beethoven, den Theater- oder Konzertbesuch denkt, verkennt womöglich die kulturellen Realitäten in unserer Gesellschaft. Vor allem für jüngere Menschen zählen neben Popmusik und Computerspielen auch aktuelle Kinofilme zur kulturellen Teilhabe. Die Schließung des Internetportals kino.to, das diese Teilhabe ermöglicht und dabei gegen geltende Gesetze verstoßen hat, wirft jedoch einmal mehr die grundsätzliche Frage auf, wie unsere Gesellschaft eine kulturelle Teilhabe ermöglichen will, ohne ganze Bevölkerungsschichten zu kriminalisieren. Von Jens Berger

„25 Jahre Frauenquote sind genug“

Das ist die Botschaft eines Beitrags von Klaus Funken [PDF – 287 KB]. Er beschäftigt sich vornehmlich mit den Regelungen bei der SPD, ist aber von allgemeinem Interesse. Funken fürchtet, die Quotierung werde auf Dauer den demokratischen Willensbildungsprozess beschädigen. Über seine Thesen kann man streiten. Auch deshalb geben wir sie wieder. Wir haben zugleich der Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft der Frauen (ASF) in der SPD angeboten, darauf zu antworten oder antworten zu lassen. – Infos zum Autor finden Sie am Ende seines Beitrags. Albrecht Müller

Milliarden-Subventionen ohne Gegenleistung

Das „Maritime Bündnis“ zwischen der Bundesregierung und den deutschen Reedern wurde an diesem Wochenende von den Reedern einseitig aufgekündigt. Als Gegenleistung für milliardenschwere Subventionen hatten sich die Reeder verpflichtet [PDF – 197 KB], mindestens 600 Schiffe unter deutscher Flagge fahren zu lassen und somit die Ausbildung des inländischen nautischen Personals zu gewährleisten. Da die Reeder sich nicht an ihre Zusagen gehalten haben, lässt Berlin in diesem Kalenderjahr die Lohnkostenzuschüsse für Schiffe unter deutscher Flagge auslaufen. Für die Reeder ist dies jedoch zu verschmerzen, solange nicht eine andere, wesentlich größere, Subvention auf die Liste der Einsparungen gesetzt wird – die unter Rot-Grün eingeführte Tonnagesteuer, die de facto eher eine Steuerbefreiung für die gesamte Branche darstellt. Statt einzulenken, gehen die Reeder jedoch zum Frontalangriff über und kündigten am gestrigen Montag an, nun auch die letzten unter deutscher Flagge fahrenden Schiffe auszuflaggen. Wie lange will sich Berlin noch auf der Nase herumtanzen lassen? Von Jens Berger

Bundeskanzlerin Merkel: „Ich freue mich, dass es gelungen ist, Bin Laden zu töten.“

Dieser Satz der Kanzlerin, der gegen elementare Grundwerte unserer Verfassung verstößt, ist kennzeichnend für den Absturz rechtsstaatlichen und für die Verbreitung alttestamentarischen Rachedenkens anlässlich der Erschießung des zum Mythos des Terrorismus erhobenen Osama Bin Ladens. Die Missachtung der aufklärenden und friedensstiftenden Funktion des Rechts führt zu einer Eskalation der Rache. Legendenbildung und Verschwörungstheorien werden durch die Umstände des Todes des angeblichen „Hauptes“ von al-Qaida neue Nahrung erhalten. Die westliche Begeisterung über die Lynchjustiz bereitet neuer Gewalt den Boden. Wolfgang Lieb

Da findet zusammen, was zusammen gehört: Guttenberg wird BILD-Chef

Interne Dokumente, die den NachDenkSeiten vorliegen, bestätigen, was die Spatzen bereits seit längerem von den Dächern pfiffen: Der ehemalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg wird in den Vorstand der Axel Springer AG wechseln. Er wird dort Nachfolger von Andreas Wiele, der seinerseits in den Vorstand der RTL-Group wechselt. Zum Verantwortungsbereich Guttenbergs wird dabei neben der BILD-Gruppe auch das neugeschaffene Ressort Social-Media-Relations gehören. Der Axel Springer Verlag sieht hier vor allem auf Facebook ein großes PR-Potential, das bislang noch weitestgehend brachliegt.

Ein Netz für Kinder – Kinder ins Netz der Werbung?

Ein „Netz für Kinder“ – eine großartige Idee, für die man eigentlich nur dankbar sein sollte.
Aber: Wenn dieses Netz beherrschbar wird von Wirtschaftsunternehmen und der Zugang kontrolliert wird von einer Personengruppe, die diesen Wirtschaftunternehmen nahe stehen, dann hört bei mir die Dankbarkeit auf. Hier kann der Jugendschutzgedanke, der ursprünglich bei der Förderung von Suchmaschinen für Kinder wirksam gewesen sein mag und zweifellos bei vielen Betreibern von Kinderseiten auch immer noch wirksam ist, instrumentalisiert werden für ganz andere Zwecke. Kinderseiten, die in der Schule und insbesondere im Unterricht genutzt werden sollen, müssen m.E. frei von aufdringlicher und verschleierter Werbung sein bzw. durch Filterung von den Nutzern in der Schule werbefrei aufgerufen werden können. Das Werbeverbot an Schulen muss sinngemäß auf das Internet angewendet werden. Es wird doch hoffentlich nicht so sein, dass die Gesetze zum Thema Internet-Werbung bei Kindern und insbesondere in der Schule den Wünschen und Bedürfnissen interessierter und einflussreicher Wirtschaftsunternehmen angepasst werden, sondern dass das Wohl der Kinder und die Unterstützung fairer Wettbewerbsbedingungen für alle im Vordergrund stehen und sich die Wirtschaftsunternehmen danach richten müssen. Von Professorin Karla Etschenberg

Der Streit um die Frauenquote: Ein Wahlkampfgetöse

Zwischen Ursula von der Leyen und Kristina Schröder scheint es heftigen Zoff zu geben. Die Sozialministerin pocht auf die Einführung einer festen 30-Prozent-Quote für Frauen in Führungspositionen, die Frauenministerin ist für eine “gesetzliche Pflicht zur Selbstverpflichtung“, also für Freiwilligkeit per Gesetz.
Es gehört zu den ältesten Tricks aus der Mottenkiste von Wahlkämpfern, einen Streit zu inszenieren bei dem man das Interesse einer großen Gruppe von Wählern auf die eigene Partei lenkt und bei dem innerhalb dieser Partei die kontroversen Standpunkte vertreten werden. Das soll zeigen dass man in der CDU um dieses Thema ringt. Das lenkt von unangenehmen Themen ab. Das macht die Streitenden bekannter und man kann sicher sein, dass kein Schaden entsteht, weil nämlich nichts daraus folgt. Wolfgang Lieb

Volker Löschs Rede vom 10.1.2011 zu Stuttgart 21 mit der Aufforderung, den Protest fortzuführen.

Der Regisseur Volker Lösch hat am 10. Januar eine interessante Rede zu Stuttgart 21 gehalten. Endlich einer, der den Schlichtungsspruch richtig einordnet – „zynisch, inkonsequent und inhaltlich völlig unbegründet“. Volker Lösch wurde im Untersuchungsausschuss, der die Polizeigewalt bei der Demonstration am 30. September 2010 klären sollte, angehört. Volker Lösch beschreibt, wie dieser Ausschuss tatsächlich der Verwischung dient. Er plädiert eindringlich dafür, mit dem Protest nicht nachzulassen. Sie finden seine Rede hier [PDF – 111 KB]. Außerdem für Eilige im Folgenden noch ein paar Auszüge: Albrecht Müller.

Der Beitrag der öffentlichen Wetterberichterstattung zur gesteuerten Meinungsmache wird kaum erkannt

Angesichts der Diskussion beim Pleisweiler Gespräch (siehe hier und hier) haben Heiner Flassbeck und ich mit Bewunderung festgestellt, wie aufmerksam und wissend Leserinnen und Leser der NachDenkSeiten sind. Heute kam wieder ein Beleg dafür auf den Tisch: eine Mail von W.D. mit Hinweisen auf die dramatisierende Wetterberichterstattung und die vermutlichen Hintergründe für die als katastrophal empfundenen Folgen von normalen Wintern. Wir leiden unter den Folgen der Privatisierung. Das Thema gehört in die Rubrik Manipulation des Monats, eigentlich des Jahres. Es folgen „Gedanken zur multimedial erzeugten Winterkatastrophe“. Albrecht Müller

Stuttgart 21 PLUS – ein raffinierter Zug, die Gegner schachmatt zu setzen

Leider haben wir wieder einmal Recht behalten: Schon zu Anfang der „Schlichtung“ zu Stuttgart 21 haben wir vorausgesagt, dass es Heiner Geißler gelingen wird die Kurve zu schaffen und nicht nur den unterirdischen Bahnhof für richtig zu halten, die Gegner zu spalten und den baden-württembergischen Ministerpräsidenten und seine CDU vor einem Absturz bei der im März nächsten Jahres bevorstehenden Landtagswahl zu retten. So ist es nun gekommen. Wolfgang Lieb

Soziale Kälte unter dem Deckmantel der Integrationsdebatte

Während sich die Schlagzeilen, die Kommentatoren und das Feuilleton darüber auslassen, ob „der Islam zu Deutschland gehört“ (Wulff), beschleunigt die schwarz-gelbe Bundesregierung ihren Kurs der sozialen Kälte. Unter dem Deckmantel der „Integrationsdebatte“ wird zum einen, ohne dass das Gesetz verabschiedet ist, den Hartz IV-Beziehern schon mal vorab das Elterngeld entzogen und zum anderen beschließt die Regierungskoalition über Nacht eine Neuregelung der Hinzuverdienstgrenzen, wonach einige wenige Hartz IV-Aufstocker gerade mal bis zu 20 Euro im Monat hinzuverdienen dürfen. Solche Meldungen verschwinden unter Verschiedenes.
Der Verlust des Elterngeldes für Hartz IV-Beziehern von 300 Euro pro Monat und 3.600 Euro für ein Jahr ist nur noch Nebensache. Ein „Minischritt“ beim Zuverdienst für etwa dreihundert Tausend der 1,4 Millionen Aufstocker, darf als „Anreiz“ zur Aufnahme zur eine sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung schöngeredet werden, ohne dass ein lautes Hohngelächter ausbricht. Wolfgang Lieb