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Parteien und Verbände

SPD: Wer ist Wir?

Der SPD-Kanzlerkandidat will die Umverteilung von unten nach oben umkehren, soziale Gerechtigkeit und ökonomische Vernunft zusammenbringen, die „Fliehkräfte“ bändigen und die Gesellschaft wieder „ins Lot“ bringen: Er will die „dynamische Wir-Gesellschaft“. Die Frage ist nur, wer gehört zum „Wir“?
Über die Armutsgefährdeten und Armen und über die Arbeitslosen und an den Rand Gedrängten hat Peer Steinbrück nicht gesprochen, doch gerade sie hätten „soziale Gerechtigkeit“ und Solidarität am meisten nötig. Gerade ihr Vertrauen müsste er gewinnen, wenn aus dem Kandidaten ein Kanzler werden sollte. Von Wolfgang Lieb.

65. Geburtstag der Grünen-Ikone: Joschka Fischer und das große Schweigen

’Er war Revoluzzer und Vize-Kanzler. Ein Polizist, der bei einer Demo schwere Verbrennungen erlitt, sagt: “Fischer hat mein Leben zerstört”’.
Der Autor dieses Textes im „Stern“, Arno Luik, ist kein Heißsporn. Ihm geht es nicht darum, einen „erfolgreichen“ Politiker der Grünen fertig zu machen. Er will aufklären über Verschwiegenes und Wegmanipuliertes. Großes Schweigen herrscht übrigens auch über die Opfer des Kosovo-Krieges. – Die in diesem Artikel beschriebene Entwicklung von Fischer ist ein Spiegelbild der stattgefundenen Anpassungsleistung von Grün und Rot. Luik beschreibt den auch von Fischer genutzten „Drehtüreffekt“ – die kommerzielle Nutzung des politischen Amtes – und am Rande auch die wichtige Freundschaft und Zusammenarbeit mit der US-Außenministerin a.D. Madeleine Albright. Albrecht Müller.

SPD-Regierungsprogramm: Gefangen im vorausgegangenen Tun

Am 14. April findet in Augsburg ein außerordentlicher Bundesparteitag der SPD in Augsburg statt. Dort soll das „Regierungsprogramm“ [PDF – 850 KB] der SPD und des Kanzlerkandidaten beschlossen werden. Das ist Anlass, dieses Programm, das bisher – wenn überhaupt – von den Medien fast ausschließlich mit Skepsis und Kritik aufgenommen wurde, etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Von Wolfgang Lieb

Wer sind die Nichtwähler?

In einer interessanten Untersuchung geht Armin Schäfer vom Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung angesichts sinkender Wahlbeteiligungen der Frage nach, wer die Nichtwähler sind, von welchen Faktoren die Wahlbeteiligung abhängt und wie sich das auf die Wahlergebnisse der Parteien auswirkt. Von Wolfgang Lieb.

Lagerwahlkampf? Keineswegs, wir haben ein Einparteiensystem mit vier Flügeln, meint Oskar Lafontaine in einer lesenswerten Analyse.

Wenn Sie sich Klarheit über die Komödie des kommenden Bundestagswahlkampf verschaffen und damit eine der großen Manipulationen durchschauen wollen, dann tun sie gut daran, einen Artikel von Oskar Lafontaine zu lesen, der heute in der „jungen Welt“ erschienen ist. Ich jedenfalls habe trotz meiner sonstigen Skepsis noch einiges dazugelernt. Auch Journalistinnen und Journalisten ist die Lektüre dieses Beitrags dringend zu empfehlen, wenn sie im Bundestagswahlkampf den Durchblick behalten wollen. Albrecht Müller.

Kampagnen des Kapitals, die auf Sprachwirkung abzielen

Die Anspielung der “Feldzüge”, so steht in der Ankündigung, verweist sowohl auf bewusst geplante und abgewickelte Kampagnen und zum anderen auf die Ebene der Sprache; schließlich bedeutet der Begriff der Kampagne aus dem Französischen kommend ursprünglich nichts anderes als “Feldzug”. Darum sollte es also gehen, um Feldzüge der Arbeitgeberseite, die auf sprachliche Wirkung abzielen.
Eine Diskussion vom #sbsm-Camp 19.-20.10.2011 in Wien mit Jens Wernicke und Wolfgang Lieb moderiert von Christian Voigt. (Ich habe das Video gerade erst zugeschickt bekommen, es ist aber nach wie vor aktuell und wird von den österreichischen Gewerkschaften vielfach auf Betriebsräteschulungen genutzt.) Wolfgang Lieb

Der DGB hat nicht mehr alle Tassen im Schrank

Als so genannter „Klartext“ erschien am 15. März ein Blatt des DGB zur Agenda 2010 [PDF – 130 KB]. Darin stand einiges Lesenswerte, aber der Gesamttenor ist eigentlich unglaublich. Die Überschrift lautet: „Höhere Löhne: Keine Gefahr für Wettbewerbsfähigkeit“. Auch der Text ist in Bezug auf die verteilungspolitisch und ökonomisch gebotenen Lohnerhöhungen ausgesprochen defensiv. Am Ende des Textes werden Zukunftsinvestitionen zur Stabilisierung der Konjunktur gefordert und angemerkt: „Das ist für die Krisenländer, aber auch für uns gut. Zum anderen gefährdet ein höheres Lohnniveau unsere Wettbewerbsfähigkeit und Exportchancen nicht.“ „Unsere Wettbewerbsfähigkeit“ und „Exportchancen“ – das sind die Sorgen der Gewerkschaften in der jetzigen Situation. Das ist sachlich nicht zu rechfertigen. Die Verantwortlichen des DGB haben offenbar nicht verstanden, dass die auseinanderklaffende Lohnentwicklung und damit auch ihre eigene defensive Lohnpolitik mitverantwortlich sind für die Krise in Europa. Die Agenda 2010 ist einer der Hauptverursacher der Euro-Krise. Das und einiges mehr müssten DGB und Einzelgewerkschaften zu den Zehnjahresfeiern der Agenda 2010 sagen: Von Albrecht Müller

Können Marktradikale und Nationalchauvinisten eine „Alternative für Deutschland“ sein?

Da die marktradikalen Professoren rund um Hans Olaf Henkel mit dem Plan, die Freien Wähler zu übernehmen, offenbar gescheitert sind, haben sie nun ihre eigene Partei gegründet. Die „Alternative für Deutschland“ stellt sich öffentlich als Anti-Euro-Partei mit Bürgernähe dar. Schaut man sich die neue Partei etwas näher an, stößt man jedoch schnell auf einen Bodensatz aus Marktradikalismus und Nationalchauvinismus. Eine Partei wie die „Alternative für Deutschland“ (AfD) ist eine Novität im deutschen Parteienspektrum und hat große Parallelen zur amerikanischen Tea-Party-Bewegung. Für Wähler, denen die CDU zu links und die FDP nicht marktliberal genug ist, mag sie eine Alternative sein. Für alle Anderen ist sie es jedoch ganz sicher nicht. Von Jens Berger

Brüderle: “Wir überlassen unser Land nicht diesen Fuzzis, diesen fehlprogrammierten Typen”

Was der Parteivorsitzende und vor allem der Spitzenkandidat in ihren Reden boten, war nicht einmal kabarett- sondern – im schlechten Sinne – comedy-reif. Dem Zuschauer, der nun nicht gerade der „Ultra-Szene“ der FDP angehört, müssen die Ansammlung von Kalauern den Angstschweiß über das Niveau der politischen Auseinandersetzung im bevorstehenden Wahlkampf auf die Stirn getrieben haben. Die Reden ähnelten eher Aufputschritualen einer verängstigten Horde von Fußballfans, deren Verein im Abstiegskampf steht und die sich mit Hassgesängen auf den politischen Gegner Mut einzubläuen versuchte.
Das ganze Armutszeugnis der FDP zeigt sich darin, dass Rösler, der auf diesem Parteitag eigentlich abgesägt werden sollte, mangels Alternative, wieder zum Hoffnungsträger hochgejubelt und dass der Meuchelmörder Brüderle, ein wegen seiner Zoten wochenlang untergetauchter Eigentorschütze, zur „Sturmspitze“ umetikettiert wurde. Von Wolfgang Lieb.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Angela Merkel – „Mutter Blamage“ – Eine Rezension

Endlich durchbricht ein Journalist, der nicht unter der Berliner Käseglocke arbeitet und nicht in das dortige selbstbezügliche Zuruf-Netzwerk seiner Berufskollegen eingebunden ist, den schönen Schein, den die Kanzlerin ausstrahlt. Stephan Hebel, (noch) politischer Autor der Frankfurter Rundschau beschreibt die Wirklichkeit im Lande und die tatsächlichen Auswirkungen von Merkels Politik auf die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung.
„In mehr als zwei Jahrzehnten Politikbeobachtung habe ich niemals einen derart eklatanten Widerspruch erlebt zwischen dem Image einer politischen Persönlichkeit und ihrer tatsächlichen Politik. Nie ist es einem Politiker in Deutschland gelungen, derart konsequent auf Kosten der Mehrheit zu handeln und zugleich die Sympathie dieser Mehrheit zu gewinnen“, schreibt Hebel im Vorwort zu seinem gerade im Westend Verlag erschienenen Buch „Mutter Blamage“. Merkel sei geradezu das Gegenstück zur „Mutter Courage“ in Bertolt Brechts gleichnamigem Theaterstück. Während Brechts Titelfigur Anna Fierling mit dem Satz „Komm, geh mit angeln, sagt der Fischer zum Wurm“ vor falschen Versprechungen warne, gelinge es Merkel gerade umgekehrt mit uns angeln zu gehen und uns vor aller Welt zu blamieren. Von Wolfgang Lieb

Italien – keine Mehrheit für die Koalition der Marktkonformen

Wenn es gestern bei den italienischen Parlamentswahlen einen großen Verlierer gab, dann war dies die Austeritätspolitik. Angela Merkels Lieblingskandidat Mario Monti konnte nur jede zehnte Stimme für sich gewinnen – eine schallende Ohrfeige für Berlin und Brüssel. Auch das breit aufgestellte Mitte-Links-Bündnis rund um Pierluigi Bersani, das sich in den letzten 15 Monaten als treuer Partner Montis präsentiert hat, schnitt vergleichsweise schlecht ab. Die satte Mehrheit in der ersten Kammer, dem Abgeordnetenhaus, ergibt sich nur dadurch, dass das italienische Wahlrecht der stärksten Partei automatisch 54 Prozent der Sitze zuspricht – an den Urnen bekam Bersani jedoch lediglich ein bzw. drei Prozentpunkte mehr als seine Konkurrenten Berlusconi und Grillo. Eine Koalition der Marktkonformen verfügt im Senat somit über keine Mehrheit. Neuwahlen sind angesichts des Umstands, dass es drei ungefähr gleichstarke Lager gibt, die allesamt nicht miteinander kompatibel sind, auch keine echte Option. Von Jens Berger.

Interview “5. Frage” mit Jens Berger von den NachDenkSeiten

Heute sprechen wir mit Jens Berger, der Redakteur bei den NachDenkSeiten (NDS) ist. Die NDS sehen sich als Gegenpol zu den Mainstream-Medien und berichten auch über solche Themen, die Massenmedien nur ungern anfassen. Auf die Kompetenz und Weitsicht greifen diese dann aber trotzdem gern zurück, wie uns Jens verrät.
Neben einem neuen Design, dem Video-Podcast und einem Audio-Podcast, das ausgebaut werden soll, gibt es auf den NDS vor allem eines: Informationen, Informationen, Informationen!
Abgehoben sind die Köpfe der NDS aber nicht, ganz im Gegenteil, Jens Berger beweist, dass auch anspruchsvolle Themen in gemütlicher Kaffeelaune besprochen werden können.

Die Sendung ist auf den Seiten von “5. Frage” nachzuhören.

Schavan: „Die angesehenste Bildungspolitikerin des Landes“ – Ein Meisterstück politischer Propaganda

Wenn es ums Selbstlob geht, ist Angela Merkel keine Übertreibung zu peinlich. Nachdem sie sich als Kanzlerin der „erfolgreichsten Regierung seit der Wiedervereinigung“ gepriesen hat, hat sie nun mit Annette Schavan rührselig als „die angesehenste Bildungspolitikerin des Landes“ aus dem Kabinett entlassen. Und ohne auch nur eine Sekunde über Schavans Bildungspolitik nachzusinnen, stimmen alle, von Gabriel, über Trittin bis zu Rösler, die CDU-Politiker sowieso in Merkels Lobeshymne ein. Die Medien überschlagen sich mit würdigenden Nachrufen.
Der unvermeidbare Rücktritt der Bildungsministerin wurde als politische Erfolgspropaganda inszeniert. Welche Erfolge hat Schavan der Bildung, der Wissenschaft oder der Forschung tatsächlich hinterlassen?