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Länderberichte

Wie die griechische Linke die Krise überwinden will – Ein Interview mit dem Linksparteichef Alexis Tsipras

Die Athener Zeitung „Kyriakatiki Elevtherotypia“ hat am 8. September ein langes Interview mit dem Vorsitzenden der griechischen Linkspartei Syriza, Alexis Tsipras, veröffentlicht. Die beiden KE-Redakteure Spyros Karalis und Kostas Kalloniatis legten dem Oppositionsführer präzise und kritische Fragen vor, die sich auch die meisten griechischen Bürgerinnen und Bürger stellen müssten, würde man sie in nächster Zeit zu einer Wahlentscheidung aufrufen. Aus den ausführlichen Antworten von Tsipras lässt sich deutlicher als je zuvor erkennen, wie der Vorsitzende der Syriza – den die internationale Presse bereits als Symbolfigur und als „das Gesicht“ der europäischen Linken darstellt – die politische Zukunft seiner Partei, seines Landes und der Europäischen Union beurteilt und vor allem selbst gestalten will. Das Interview ist auch deshalb für unsere Leserinnen und Leser interessant, weil es auf viele Fragen eingeht, die Niels Kadritzke in seinem Beitrag „Geht die alte Kumpanei geht weiter oder gibt es eine Chance für eine politische Alternative?“ gegenüber der „neugeborenen“ griechischen Linkspartei Syriza aufgeworfen hat.

Niels Kadritzke hat für uns das Interview übersetzt und einige Anmerkung zur derzeitigen politischen Situation vorweggestellt.

NachDenkGespräche – Was passiert eigentlich in Syrien?

Links zu Artikeln, die im Gespräch erwähnt werden:

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Jens Berger und Jens Wernicke von den NachDenkSeiten haben sich mit dem Friedens- und Konfliktforscher Werner Ruf über die Hintergründe des Bürgerkriegs in Syrien, die geostrategischen Motive der Akteure hinter den Kulissen, die völkerrechtlichen Fragen rund um einen möglichen Militärschlag gegen das Assad-Regime und das augenscheinliche Versagen der deutschen Medien in diesem Konflikt unterhalten. Die NachDenkSeiten haben bereits am Montag den lesenswerten Beitrag „Menschenrechte versus Völkerrecht?“ von Werner Ruf und Jens Wernicke publiziert, der wichtige Zusatzinformationen zum Gespräch enthält.

Links zu Artikeln, die im Gespräch erwähnt werden:

Jürgen Todenhöfer: Der nächste Lügenkrieg?

Der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete und Kenner des Nahen Ostens und anderer Brennpunkte hat den NachDenkSeiten einen Text zu einem möglichen Syrien-Krieg geschrieben. Jürgen Todenhöfer skizziert darin die Lügen, mit denen fast alle US-Kriege der letzten Jahrzehnte begonnen haben. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text weiter zu verbreiten. Das ist angesichts der in deutschen Medien inzwischen weit verbreiteten Kriegstreiberei sinnvoll und notwendig. Trotz kritischer Distanz zu vielen unserer Hauptmedien hätte ich das jetzt erkennbare, fast schon lustvolle Spiel mit der Möglichkeit von Militärschlägen nicht für möglich gehalten. Aber der Grad der Verkommenheit kennt wohl keine Grenzen. Albrecht Müller.

Giftgaseinsatz in Syrien – gibt es wirklich keine Zweifel?

Während die UN-Inspektoren noch bis Montag Zeit haben, den vermeintlichen Giftgaseinsatz vom 21. August in den Vororten der syrischen Hauptstadt Damaskus zu untersuchen, ist für die USA und die NATO bereits jetzt alles klar. Für US-Vizepräsident Biden gibt es „keine Zweifel“ daran, dass es sich um einen Giftgaseinsatz handelte und das dieser völkerrechtswidrige Angriff vom syrischen Regime ausgeführt wurde. Auch Großbritannien und Frankreich sind sich ihrer Sache sicher und warten nur noch auf den Startschuss zum lange geplanten Militäreinsatz in Syrien. Zweifel an der US-Version werden auch in den deutschen Massenmedien nicht geäußert. Gibt es denn wirklich keine Zweifel? Doch, wenn man sich abseits der Massenmedien informiert, stößt man unweigerlich auf eine ganze Schar von Indizien, die gegen die „offizielle“ US-Version sprechen. Man fühlt sich dabei unweigerlich an die Propaganda im Vorfeld des Kosovo- und des Irakkrieges erinnert. Von Jens Berger.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Arabischer Winter – Wenn „Demokratie“ zum Kampfbegriff wird

Demokratie ist für die westliche Politik nur dann erstrebenswert, wenn bei Wahlen die „Richtigen“ gewinnen. Der Muslimbruder Mohammed Mursi gehörte nicht dazu. Daher haben die Regierungen der westlichen Welt offenbar auch kein großes Problem damit, dass der demokratisch gewählte Präsident Ägyptens durch eine Junta aus dem Amt geputscht wurde. Erst als die neuen Machthaber in zahlreichen Massakern tausende Demonstranten abschlachteten, machte sich in Berlin, London und Washington leises Unbehagen breit. Ägypten steuert mit voller Fahrt zurück zur Militärdiktatur. Aus dem arabischen Frühling ist ein arabischer Winter geworden – währenddessen lügt man sich im Westen in die eigene Tasche und phantasiert immer noch von einem „Transformationsprozess“. Der Westen wünscht sich keine Demokratie, sondern Stabilität. Und wenn man dafür die Demokraten niederschießen muss, dann sei dem so. Von Jens Berger

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Griechenland: Geht die alte Kumpanei geht weiter oder gibt es eine Chance für eine politische Alternative?

Dass die politische Klasse – in ihrer Inkarnation durch eine Koalition der alten Systemparteien ND und Pasok – weder zu einer Selbsterneuerung noch zu einer Erneuerung des politischen Systems in Griechenland fähig ist, führt sie der Bevölkerung tagtäglich vor Augen. Die Beispiele dafür könnte man im Dutzend anführen. Welche Wahl bleibt aber den Griechen, die im Lande bleiben und das politische System erneuern und wirklich reformieren wollen? Welche politische Alternativen gibt es für Griechenland im fünften Jahr seiner ökonomischen Rezession? Von Niels Kadritzke.

Über den Syrienkonflikt werden vornehmlich Unwahrheiten und einseitige Geschichten verbreitet.

Auch in den Hinweisen der NachDenkSeiten vom 22.7.2013 ist ein einseitiger Beitrag erschienen. Es war keine böse Absicht unsererseits, den Aufruf „Helft Syrien jetzt“ zu übernehmen. Er hat mit Recht den Widerspruch von NDS-Nutzern ausgelöst. Der Konflikt ist anders zu sehen, als in jenem Aufruf. Einer, der sich besser auskennt und differenziert analysiert, ist Jürgen Todenhöfer. Deshalb verweisen wir Leser/innen, die sich differenziert unterrichten wollen, auf einen der neueren Beiträge von Todenhöfer. Hier im „Tagesspiegel“ vom 1.7.2013 Woran Syrien wirklich zerbricht. Die USA schlachten das falsche Schwein.“ Albrecht Müller.

Schäuble was here – Holzfäller am Werk

Der Ausnahmezustand, der am Donnerstag letzter Woche im Zentrum von Athen herrschte, hat einen Namen: Wolfgang Schäuble. Wie schon beim Besuch von Angela Merkel im Oktober letzten Jahres wird das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit suspendiert, sobald jemand aus der EU-Chefetage in Berlin die griechische Hauptstadt aufsucht. Es herrschte nicht nur absolutes Demonstrationsverbot, die Polizei legt auch vier U-Bahn-Stationen im Stadtzentrum still. Kein Normalbürger sollte auch nur in die Nähe von Schäuble gelangen können. Dass der deutsche Finanzminister ein demonstratives „Geschenk“ mitbrachte – 100 Millionen Euro als Hilfskredit zur Gründung einer griechischen Förderbank nach dem Vorbild der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) – hat die griechische Bevölkerung kaum zur Kenntnis genommen. Kredite sind ja ohnehin nichts anderes als neue Schulden. Aufmerksam registriert wurde hingegen, neben dem Ausnahmezustand, der Zeitpunkt des Besuchs: nur wenige Stunden nachdem die griechische Regierung im Parlament jenes „Holzfäller“-Gesetz für den Öffentlichen Dienst durchgepeitscht hat, das die Troika – und somit auch Schäuble – zur Vorbedingung für die Auszahlung ihrer nächsten Kreditrate erklärt hatte. Von Niels Kadritzke.

Der Verkauf von öffentlichen Werten inmitten einer ökonomischen Depression und einer abgrundtiefen Krise der öffentlichen Finanzen ist eine volkswirtschaftliche Untat

Aus vielen Experimenten in fast allen europäischen Ländern konnte man lernen, dass die Privatisierung eine der großen Lebenslügen der Markt-Fundamentalisten ist. In Griechenland lief jedoch der klientilistische Missbrauch öffentlicher Güter auf eine „Privatisierung“ der ganz besonderen Art hinaus. So hat es eine „heimliche“ private Aneignung des staatlichen Grundbesitzes in großem Stil gegeben. Der öffentliche Sektor wurde von den Politikern der Altparteien vielfach „wie ein privater Klub“ behandelt, dem sie nach Belieben neue Mitglieder zuführen konnten. Der Klientelstaat wurde so geradezu zum Feind des Sozialstaats. Die skeptische Einstellung der Mehrheit der Griechen zum öffentlichen Sektor bedeutet allerdings keineswegs eine pauschale Zustimmung der Bevölkerung zu jeder Art Privatisierung. So gibt es zum Beispiel eine klare Mehrheit gegen die Privatisierung der Wasserwerke.

Unter den nach wie vor herrschenden Bedingungen des Klientelismus ist die Wahrscheinlichkeit, dass „öffentliches Gut“ verschleudert oder unter der Hand privatisiert wird groß. Der Verkauf von öffentlichen Werten inmitten einer ökonomischen Depression und einer abgrundtiefen Krise der öffentlichen Finanzen ist eine volkswirtschaftliche Untat. Das belegen etwa auch die Privatisierung des Glücksspiel-Unternehmens OPAP oder der gescheiterte Verkauf der Staatsanteile an dem Erdgas-Unternehmen DEPA. Von Niels Kadritzke.

Die „neue“ Regierung Samaras: Pfeifen im Walde, aber aus dem letzten Loch

Die „neue“ Regierung Samaras verbreitet Aufbruchsstimmung. Die Gefahr eines „Grexit“, also eines Ausschlusses aus der Eurozone, sei endgültig gebannt; jetzt sei bereits die „Greekovery“ in vollem Gange. Als endgültigen Beweis für seine These von der griechischen „success story“ wertet er die Entscheidung über das TAP-Projekt, die Ende Juni gefallen ist. Von Niels Kadritzke.

Wie geht es eigentlich den russischen Oligarchen in Zypern?

Wir erinnern uns, wie speziell die deutsche Regierung mit dem Oligarchen-Argument Stimmung gemacht hat. Sie ließ sogar den BND – eigentlich nicht als Sitz von ökonomischem Sachverstand bekannt – eine „Analyse“ anfertigen, die aus Zeitungsberichten herausfilterte, was über die Russengelder bekannt war. Denen sollte hinfort der Spaß an ihren Anlagen im zypriotischen OFS verdorben werden – angeblich, um den gesunden Kern des Bankensystems eines Euro-Mitgliedsstaats zu retten.
Der deutsche Steuerzahler soll nicht für Flucht- und Schwarzgelder russischer Oligarchen einstehen, lautete das Argument vor der Rosskur der Eurozonen-Finanzminister vom 18. März 2013. Nach der Kur haben wir das Bild, das Harald Schumann zeichnet: gesunde Mittelstandsunternehmen unverschuldet am Rande der Pleite, die (westlichen) Anleger längst über alle Berge, und die (östlichen) Oligarchen als künftige Herrscher über die größte Bank der Inselrepublik. Wie konnte das geschehen?
Einige Überlegungen im Anschluss an den höchst aufschlussreichen Bericht von Harald Schumann. Die Pointe schlechthin hat er sich für den Schluss aufgehoben. Wie geht es eigentlich „den Russen“ in Zypern, die uns im Vorfeld der EU-als tiefste Wurzel des Übels namens „Offshore Financial Sector“ (OFS) dargestellt wurde? Von Niels Kadritzke

Griechenland: Regierungskoalition bricht über die ERT-Krise zusammen

Nach der dritten Verhandlungsrunde über die ERT-Krise zwischen den Spitzen der drei Koalitionsparteien, die gestern Abend in Athen zu Ende ging, steht Griechenland vor einer „halben“ Regierungskrise. Der kleinste Koalitionspartner, die linkssozialdemokratische Dimar, zieht die von ihr nominierten Minister und Vize-Minister (insgesamt vier Personen) zurück und scheidet damit aus der Regierung Samaras aus. Weil die Pasok nach Aussage ihres Vorsitzenden Venizelos diesen Schritt nicht mit vollzieht, schrumpft die Dreier- zu einer Zweiter-Koalition aus Nea Dimokratia und Pasok entgegen. Von Niels Kadritzke.

Die Hängepartie um den griechischen Rundfunk ERT – die Regierungskrise schmort weiter (Teil 2)

Mit seinem Medienputsch hat es Regierungschef Samaras geschafft, nicht nur die Mehrheit der Bevölkerung gegen sich aufzubringen.

Ganz Griechenland wartete am Montagabend auf zwei Nachrichten, die für die Fortsetzung des ERT-Konflikts und für das Schicksal der Regierung Samaras entscheidend sein sollten. Was am Ende des Tages herauskam, war nur ein weiterer Aufschub bzw. eine Verlängerung der politischen Krise, die ND-Chef Samaras letzte Woche mit seiner „Notverordnung“ zur Liquidierung der staatlichen Rundfunk- und Fernsehanstalt ausgelöst hat. Die erste Nachricht kam aus dem Staatsrat (Symvoulio tis Epikratias), dem Obersten Verwaltungsgericht. Die zweite Nachricht kam aus dem Amtssitz des Ministerpräsidenten Samaras. Dort tagte der Dreiergipfel der Parteivorsitzenden von ND, Pasok und Dimar mit dem Ziel, die entstandene Koalitionskrise beizulegen. Auch in Anbetracht der Staatsrats-Entscheidung gingen Samaras, Venizelos und Kouvelis dann aber ohne Ergebnis auseinander und verabredeten einen neuen Gipfel am heutigen Mittwoch. Von Niels Kadritzke.

Griechenland exekutiert den staatlichen Rundfunk – Teil 1

Mit der Auflösung der staatlichen Rundfunk- und Fernsehsehanstalt Griechenlands (ERT oder Elleniki Radiofonia kai Tileorasi) hat Regierungschef Antonis Samaras nicht nur eine Solidaritätswelle für die ERT-Belegschaft ausgelöst, sondern auch eine Regierungskrise, die am Ende sogar zu vorzeitigen Neuwahlen führen könnte. Wobei in den griechischen Medien bereits darüber spekuliert wird, ob nicht genau dies der eigentliche Sinn der aberwitzig erscheinenden Konfrontations-Strategie von Samaras ist. Ob die Existenz der seit Sommer 2012 bestehenden Koalitionsregierung auf dem Spiel steht, wird sich nächsten Montag zeigen, wenn Ministerpräsident Samaras sich mit den Vorsitzenden seinen kleineren Koalitionspartner, dem Pasok-Chef Evangelos Venizelos und dem Dimar-Chef Fotis Kouvelis zu einer Krisensitzung treffen. Von Niels Kadritzke.