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  1. Julian Nida-Rümelin: „Dieser westliche Triumphalismus ist ein großer Selbstbetrug“
  2. Heikle Gespräche
  3. Was müssen die Muslime Robert Habeck beweisen?
  4. «Kinderfänger Putin»: ein Lehrstück über Fakten-Chirurgie
  5. Keine Selbstverteidigung: Krieg gegen Gaza
  6. Angriff auf Pressefreiheit: Israelische Soldaten bedrohen ARD-Team mit Waffen
  7. Ernährung und Armut: Der versteckte Hunger
  8. Füßchen in der Tür: Baerbock im Kaukasus
  9. In Schieflage: Warum Pflegeheime ums Überleben kämpfen
  10. Pontevedra: So funktioniert die Stadt ohne Autos
  11. Der Intelligenzkiller im Kinderzimmer
  12. Umkämpfte Rohstoffe der Zukunft: Widerstand gegen den Abbau Seltener Erden in Madagaskar
  13. Zurück in die 90er
  14. »Militär wird kein einziges Problem lösen«
  15. Offener Brief an Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Julian Nida-Rümelin: „Dieser westliche Triumphalismus ist ein großer Selbstbetrug“
    Der Philosoph und einstige Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin spricht in der Berliner Zeitung über den Zustand der Demokratie und die Naivität des Westens. Ein Interview.
    Julian Nida-Rümelin ist seit 2022 Rektor der Humanistischen Hochschule Berlin, deshalb hat er jetzt eine Zweitwohnung in der Hauptstadt. Wir sprachen mit ihm am Telefon darüber, warum sich die Erwartungen, die der Westen nach dem Zerfall des Ostblocks hatte, nicht erfüllten, und wie sich die Welt stattdessen entwickelt hat.
    Herr Nida-Rümelin, die Umbrüche im Ostblock Ende der 80er- und Anfang der 90er-Jahre, die in Deutschland im Fall der Mauer kulminierten, schienen das Ende der Geschichte zu markieren. Jetzt ist die Geschichte mit Macht zurückgekehrt. Haben Sie eine Erklärung dafür?
    Ich war von Anfang an Kritiker dieser These vom Ende der Geschichte. Das war eine übrigens von Hegel inspirierte Erwartung, dass die Geschichte auf irgendein Endziel zusteuert und dieses Endziel in liberaler Demokratie und weltweitem Kapitalismus zu seiner Erfüllung findet. Ich habe immer die These vertreten, dass die Geschichte menschengemacht ist. Es gibt keinen Determinismus, der sie irgendwo hintreibt. Da irren Marx und Hegel und alle, die ihnen nacheifern. Aber damals gab es diese Erwartung, dass der American Way Of Life, die westliche Lebens- und Wirtschaftsform sich weltweit durchsetzen würden. Doch tatsächlich begehrte das, was verschwinden sollte, umso heftiger auf. Zum Beispiel der Fundamentalismus in den muslimischen Regionen, der Nationalismus mitten in Europa. Jetzt heißt es, wir seien zum ersten Mal mit einem Krieg am Rande Europas konfrontiert, aber es gab bereits in den 1990er-Jahren die Balkankriege. Das war noch näher am Zentrum Europas. Und wir haben einen sich gegenwärtig bedrohlich zuspitzenden Konflikt der zwei Supermächte der Zukunft: USA und China. Dieser Konflikt könnte alle übrigen in den Schatten stellen. Das heißt, die Geschichte war nie weg, und sie ist jetzt mit Macht zurück, in einer sehr bedrohlichen Art.
    Quelle: Berliner Zeitung
  2. Heikle Gespräche
    Der Präsident der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, stellt sich gegen maßgebliche Fraktionen seiner westlichen Finanziers und lehnt Verhandlungen mit Russland über einen Waffenstillstand ab. Am Wochenende bestätigte Selenskyj, er werde Gespräche mit der Regierung in Moskau nur zulassen, wenn diese alle Truppen aus den seit 2014 von Russland besetzten Gebieten abziehe. Da es der Ukraine nicht gelungen ist, seit dem Beginn ihrer Offensive Anfang Juni militärisch relevante Erfolge zu erzielen, ist die Forderung bedeutungslos. Dabei haben in den vergangenen Wochen Vertreter sowohl der USA als auch europäischer Staaten Kiew gedrängt, spätestens zum Jahreswechsel Verhandlungen mit Russland zu starten. Hintergrund ist, dass die Ukraine militärisch nicht von der Stelle kommt, kaum noch genug Soldaten rekrutieren kann und in den USA wie auch in der EU die Bereitschaft schwindet, hohe Milliardensummen für Kiew zu zahlen, die auf den Schlachtfeldern in der Ost- und der Südukraine verpulvert werden. Dass die Ukraine den Krieg nicht gewinnen kann, hat kürzlich Generalstabschef Walerij Saluschnyj bekräftigt – und sich damit gegen Selenskyj gestellt.
    Quelle: German Foreign Policy
  3. Was müssen die Muslime Robert Habeck beweisen?
    Der Vizekanzler hat eine Rede an hier lebende Muslime gerichtet. Alle sind begeistert. Aber was genau hat er gesagt?
    An den Anfang der Kolumne stelle ich heute einmal einen längeren Rechtssatz, den ich zum besseren Verständnis, ohne etwas wegzulassen oder hinzuzufügen, in sechs Leitsätze aufgeteilt habe:
    »(1) Die hier lebenden Muslime haben Anspruch auf Schutz vor rechtsextremer Gewalt,
    (2) zu Recht.
    (3) Wenn sie angegriffen werden, muss dieser Anspruch eingelöst werden.
    (4) Und das Gleiche müssen sie jetzt einlösen, wenn Jüdinnen und Juden angegriffen werden.
    (5) Sie müssen sich klipp und klar vom Antisemitismus distanzieren,
    (6) um nicht ihren eigenen Anspruch auf Toleranz zu unterlaufen.«
    Im Vergleich füge ich einmal einen selbst ausgedachten, ähnlich klingenden Rechtssatz hinzu:
    »Die hier lebenden Christen haben Anspruch auf Schutz vor rechtsextremer Gewalt. Wenn sie angegriffen werden, muss dieser Anspruch eingelöst werden. Das Gleiche müssen sie einlösen, wenn Muslime angegriffen werden. Sonst unterlaufen sie ihren eigenen Anspruch auf Toleranz.«
    Das erste Zitat stammt von dem bekanntesten Philosophen unter den derzeitigen Bundesministern, Wirtschaftsminister Robert Habeck, und wird seit einigen Tagen medial schwer umjubelt. Es sei, so tönt es von fern und nah, eine große Rede gewesen, in welcher der Satz als Quintessenz aufscheint.
    Quelle: Thomas Fischer in DER SPIEGEL
  4. «Kinderfänger Putin»: ein Lehrstück über Fakten-Chirurgie
    Ein Artikel der «NZZ am Sonntag» verfälscht durch raffiniertes Framing die Aussagen des UN-Sicherheitsrates.
    Es ist seit vielen Monaten ein Dauerbrenner in westlichen Medien: Russland entführt gewaltsam Kinder aus der Ukraine, unterzieht sie einer Gehirnwäsche in Lagern, die zum Teil in Sibirien liegen, und so weiter. Am Anfang waren es Tausende, dann Zehntausende, jetzt sind es Hunderttausende.
    Mykola Kuleba, einer der Repräsentanten aus Kiew, die die Verbreitung dieser Meldungen betreiben, sagte auf einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates Ende August: «Mehr als eine Million Kinder sind in den besetzten Gebieten der Krim und des Donbass gestrandet („ended up“) und wurden nach Moskau deportiert. Sie wurden gestohlen und zu Waffen gemacht. Tausende von ihnen kämpfen nun gegen ihr Heimatland.»
    Kuleba betreibt die Kinderrrechtsorganisation «Save Ukraine», die der Regierung Selenskyj nahesteht. In der Sitzung des Sicherheitsrates kam auch die Juristin Kateryna Rashevska zu Wort, auch sie Sprecherin eines Zentrums für Menschenrechte in Kiew mit eindeutiger politischer Stossrichtung.
    Die «NZZ am Sonntag» berichtete über besagte UN-Sitzung am 29. Oktober unter dem Titel «Kinderfänger Putin». Das Wording dockt assoziativ an die Sage vom Rattenfänger von Hameln an. Dieser soll im Mittelalter die Stadt von einer Rattenplage befreit haben, und dann, weil man ihm seine Bezahlung vorenthielt, die Kinder der Stadt entführt haben. Sie tauchten dem Märchen zufolge nie mehr auf.
    Quelle: Globalbridge
  5. Keine Selbstverteidigung: Krieg gegen Gaza
    Nach vier Wochen israelischer Luftangriffe auf den Gazastreifen wurde am Montag die Marke von 10.000 Toten überschritten. Darunter mehr als 4.100 Kinder und 2.640 Frauen. Es handelt sich um aktuelle Angaben des Gesundheitsministeriums der dortigen palästinensischen Verwaltung, deren Größenordnung aber von mehreren Unterorganisationen der Vereinten Nationen, darunter dem Kinderhilfswerk UNICEF, bestätigt wird. Dieser Krieg wird voraussichtlich noch mehrere Monate dauern. So hat es die Regierung in Jerusalem angekündigt, die aufgrund des Vetorechts der USA mit Sicherheit keinen Einspruch des UN-Sicherheitsrats befürchten muss. Die Ausstattung der israelischen Streitkräfte mit Winterkleidung hat begonnen. Was die nasskalte Jahreszeit für Hunderttausende obdachlos gebombte Bewohnerinnen und Bewohner des Gebiets, von denen die Hälfte Kinder und Jugendliche sind, bedeuten wird, ist voraussehbar. In keiner früheren Militärkampagne in den seit 1967 besetzten Gebieten haben Israels Streitkräfte auch nur annähernd so viele Menschen getötet und verletzt wie in den zurückliegenden vier Wochen. Während der bisher heftigsten und langwierigsten Auseinandersetzungen, der zweiten Intifada, die von September 2000 bis Januar 2005 dauerte, gab es auf palästinensischer Seite zwischen 2.700 und 3.350 Tote. Westliche Politiker rechtfertigen das großflächige Töten, das hauptsächlich aus der Luft besorgt wird, im absolut erscheinenden Einklang mit der israelischen Regierung als »Selbstverteidigung«. Aber dass es das nicht sein würde, war vom ersten Tag dieses Krieges an offensichtlich, als Premierminister Benjamin Netanjahu verkündete, Israels »Rache« für die am 7. Oktober von palästinensischen »Terroristen« begangenen Verbrechen werde »für Generationen nachklingen«. Verteidigungsminister Joaw Gallant assistierte: An die israelische »Vergeltung« werde die Welt sich »in den nächsten 50 Jahren erinnern«. Israels »Reaktionen« sind schon immer weit über die Grenzen einer legitimen Selbstverteidigung hinausgegangen. Dass die israelischen »Gegenschläge« krass unverhältnismäßig ausfallen, ist geradezu das dahinterstehende Grundprinzip.
    Quelle: junge Welt
  6. Angriff auf Pressefreiheit: Israelische Soldaten bedrohen ARD-Team mit Waffen
    Nach einem Interview wurden Mitarbeiter der ARD von Mitgliedern der israelischen Armee aufgehalten. Die Soldaten sollen sich „überaus aggressiv“ verhalten haben.
    Soldaten des israelischen Militärs haben im Westjordanland ein Team der ARD festgehalten und bedroht. Korrespondent Jan-Christoph Kitzler sei mit einem palästinensischen Mitarbeiter sowie einer deutschen Mitarbeiterin bereits auf dem Rückweg von einem Interview gewesen, als sie von israelischen Soldaten südlich der palästinensischen Stadt Hebron gestoppt wurden, berichtete das ARD-Studio Tel Aviv, das vom Bayerischen Rundfunk (BR) betrieben wird.
    Die Soldaten verhielten sich laut Kitzler „überaus aggressiv“ gegenüber dem ARD-Team, das belegten auch Handyvideos des Teams. Mehrfach seien Waffen in das Fahrzeug der Journalisten gehalten worden, immer wieder hätten die Soldaten das ARD-Team aus nächster Nähe gefilmt.
    Quelle: Berliner Zeitung
  7. Ernährung und Armut: Der versteckte Hunger
    Gesunde Ernährung und Armut schließen sich einander aus. Wer keine sechs Euro am Tag hat, dem nutzt es auch nichts, zu wissen, wie man für sechs Euro gesund kochen kann. Eine Tagung der Gesellschaft für Ernährung offenbart das ganze Problem
    Die „Bonner Ernährungstage“ sind eine Fachtagung der Gesellschaft für Ernährung, die Ende August zusammen mit dem Bundeszentrum für Ernährung (BzfE) stattfand. Mein Dank geht an Eva Zovko, der Leiterin des BzfE, der das Thema ein so wichtiges Anliegen ist, dass die Fachtagung ein kostenloses Onlinestreaming für alle Interessierten angeboten hat. Somit konnten auch Armutsbetroffene, insofern sie die technische Ausrüstung dazu hatten, am Bildschirm teilnehmen. Das Motto lautete: „Ernährungsarmut in Deutschland – sehen, verstehen, begegnen“
    Das Programm bestand aus Fachvorträgen, der Vorstellung verschiedener sozialer Projekte und einer Diskussionsrunde. Ebenfalls diskutiert wurde, ob es wichtiger sei, die Ernährungskompetenz der Betroffenen zu fördern, weil dort ein Defizit vorläge oder ob eine Regelsatzerhöhung das Problem lösen könnte.
    Wussten Sie, dass in Deutschland der sogenannte versteckte Hunger ein großes Problem ist?
    Unter diesem Begriff versteht man einen Mangel an Mikronährstoffen, die der Körper dringend benötigt, der aber durch die Ernährung nicht gedeckt wird. Neben Senioren sind vor allem Arme betroffen. Es fehlt an ausreichender Versorgung mit Eisen, Jod, Folsäure, Kalzium, Kalium und den Vitaminen E und D.
    Quelle: der Freitag
  8. Füßchen in der Tür: Baerbock im Kaukasus
    Um die Peinlichkeit dieses Besuches gleich vorweg abzuhandeln: Die neun Millionen Euro, die Annalena Baerbock Armenien als Soforthilfe für die dort hängengebliebenen Karabach-Flüchtlinge dagelassen hat, sind ein Hohn. Neun Millionen, verteilt auf 100.000 Geflohene, sind 90 Euro pro Person. Nach den Hungerleidersätzen des deutschen Asylbewerberleistungsgesetzes reicht das für ungefähr eine Woche, bei den mutmaßlich niedrigeren Lebenshaltungskosten in Armenien vielleicht für zwei. Da viele der geflohenen Armenier inzwischen aus der armen »Heimat« weitermigriert sind, langt es für die Gebliebenen möglicherweise für einen Monat. Danke, Deutschland!
    Der offenkundige Geiz der Bundesregierung gegenüber diesem Flüchtlingsproblem im winterlichen Hochgebirge hat seinen Grund. Die Wahrscheinlichkeit, dass geflohene Karabach-Armenier irgendwann an der deutschen Grenze auftauchen, ist sehr gering. Die Grenze Armeniens zur Türkei ist zu, aus Georgien müssten sie über die Ukraine reisen, über Russland kommen sie auch nicht durch. Und im »sicheren Herkunftsland« Armenien werden sie ja ebenfalls nicht politisch verfolgt. Da tat es tatsächlich ein Teddybärchen, das Baerbock einem Flüchtlingsmädchen für die Kameras in die Hand drückte.
    Quelle: junge Welt
  9. In Schieflage: Warum Pflegeheime ums Überleben kämpfen
    Hohe Energiepreise, Fachkräftemangel und harte Sparvorgaben machen Pflegeheimen zu schaffen. Dabei schien das Geschäft mit der Pflege einst lukrativ. Nun häufen sich Insolvenzen, während auch die Zahl der Pflegebedürftigen steigt.
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur
  10. Pontevedra: So funktioniert die Stadt ohne Autos
    Seit über 20 Jahren lebt es sich in der nordspanischen Stadt Pontevedra fast vollständig ohne Autoverkehr. Und das ist nicht nur gut fürs Klima.
    Pontevedra ist eine unspektakuläre Stadt im Nordwesten Spaniens, südlich von Santiago de Compostela am Meer gelegen. Es gibt eine hübsche Altstadt, prachtvolle Kirchen und Klöster, gut besuchte Bars – und seit 1999 eine Weltsensation: In Pontevedra dürfen keine Autos mehr fahren.
    Wer Fotos der Altstadt im Internet sucht, findet einige Vorher-nachher-Fotos, auf denen Straßenzüge voll mit Autos zu sehen sind, und daneben die gleiche Straße mit riesigen Palmen in der Mitte, kein einziges Auto ist mehr zu sehen. Wie es dazu kam?
    In den 90er-Jahren, als der Wohlstand in viele spanische Städte einzog, stieg die Zahl der Autos unaufhörlich. In Pontevedra mit seinen rund 80.000 Einwohnern kam fast die gleiche Zahl an Autos hinzu. Und die relativ engen Straßen der Altstadt waren Tag für Tag verstopft mit Pkw und Lkw.
    Quelle: Berliner Zeitung
  11. Der Intelligenzkiller im Kinderzimmer
    Babys ausgiebig mit Handys spielen zu lassen kann desaströse Auswirkungen auf spätere kognitive Leistungen haben. Wissenschaft, Medizin und Beratungsinstitutionen stemmen sich zu wenig dagegen.
    Seit einigen Jahren gibt es immer mehr 5. Klässler, die den 10-er Übergang nicht beherrschen, also nicht in einem Atemzug sagen können, wie viel 9+5 ergibt. Oder 6.-Klässler, die beim Einmaleins abzählen. Meistens handelt sich dabei um Kinder aus bildungsfernen Haushalten. Für mich als Primarlehrerin ist eindeutig klar, was dahintersteckt: Das Smartphone. Beziehungsweise all die Primärerfahrungen, die es behindert, also Bälle rollen, Steinchen schmeissen, Flaschen aufschrauben. Die Wissenschaft spricht von Vorläuferkompetenzen, die vorhanden sein müssen, damit sich mathematisches Können überhaupt einstellen kann. Das fängt beim Aufschichten von Bauklötzchen oder Legosteinen an und geht bis zu den Gesellschaftsspielen. Aber auch Springen, Laufen, Drehen sind Raum- und damit mathematische Erfahrungen. All dies fehlt, wenn Spiele und Bewegung im Smartphone zusammenschmelzen.
    Quelle: Zeitpunkt

    dazu auch: Schweden streicht Bildschirmzwang für Kleinkinder
    Die Risiken früher Digitalmediennutzung sind immer besser belegt. Kinderärztinnen geben deshalb strengere Empfehlungen ab. Obligatorische Tabletnutzung für Einjährige in den öffentlichen Kitas. Dies sah die Digitalstrategie der schwedischen Schulbehörde Skolverket teilweise noch dieses Jahr vor (Infosperber berichtete). Vor einem Monat nun kam die Kehrtwende: Die Kitas sollen stattdessen frei von Bildschirmnutzung werden. «Wir hören auf die Wissenschaft und die Lehrpersonen», sagte Regierungsvertreter Johan Pehrson, der auch Präsident der Partei «Die Liberalen» ist.
    Quelle: Infosperber

  12. Umkämpfte Rohstoffe der Zukunft: Widerstand gegen den Abbau Seltener Erden in Madagaskar
    Auf der Halbinsel Ampasindava in Madagaskar lagern Seltene Erden. Die Bevölkerung wehrt sich gegen ein Bergbauprojekt, um negative Folgen für Landwirtschaft und Ökosysteme zu verhindern. Weltweit nehmen derartige Konflikte zu. Regierungen und Industrien des Globalen Nordens möchten sich den Zugriff auf „kritische“ Rohstoffe sichern. Sie treiben so den Ausbau von Minen voran. Stattdessen braucht es jedoch eine Wirtschaft, die ein gutes Leben mit geringerem Rohstoffverbrauch und guten Arbeitsbedingungen sowie fortschrittliche Umweltpolitik unter anderem bei Bergbauprojekten gewährleistet.
    Seltene Erden begegnen uns alltäglich: im E-Auto, im Windrad, in der Festplatte des Laptops. Von der Elektronikindustrie über Medizin, Verkehr und Energie bis hin zu Militärtechnik – zahlreiche Branchen verlangen nach diesen 17 Elementen: Bis 2050 soll sich die Nachfrage laut EU-Kommission verzehnfachen. Größere Bekanntheit erlangten Seltene Erden in den Diskussionen über Auswege aus der Klimakrise: Sie machen starke Dauermagneten und damit effiziente E-Autos und Windkraftanlagen möglich. Damit sind Seltene Erden zentrale Inhaltsstoffe, um Alternativen zu Öl, Kohle und Gas aufzubauen. So wichtig dieser Umstieg auf erneuerbare Energien und alternative Antriebsformen ist – nicht vergessen werden darf dabei, dass jede „grüne“ Technologie auch Rohstoffe benötigt: Rohstoffe, die aus der Erde geholt, aufbereitet und über große Distanzen transportiert werden müssen. Das unterstreicht: Ein „Weiter-wie-bisher“, nur mit ausgetauschter Technik, wird die Klimakrise nicht lösen.
    Quelle: A&W blog
  13. Zurück in die 90er
    Die Linke: Bundestagsfraktion steht vor Auflösung. Wissler: Antrag der Wagenknecht-Gruppe auf Verbleib wird abgelehnt. Austritte von Mandatsträgern in Göttingen.
    Am Dienstag nachmittag trifft sich die Bundestagsfraktion der Partei Die Linke, um über das weitere Vorgehen zu beraten, nachdem vor zwei Wochen zehn Abgeordnete um die ehemalige Fraktionschefin Sahra Wagenknecht aus der Partei ausgetreten sind. Nach allen vorliegenden Information haben sich Partei- und Fraktionsspitze vorab darauf verständigt, das Angebot der Wagenknecht-Gruppe auszuschlagen, noch bis zur Gründung der neuen Partei in der Fraktion zu verbleiben und deren Existenz damit zumindest bis zum Januar zu sichern. Mit den verbleibenden 28 Abgeordneten kann die Linkspartei im Bundestag keinen Fraktionsstatus mehr beanspruchen; Ressourcen, parlamentarische Rechte und zahlreiche Mitarbeiterstellen gehen im Zuge der Abwicklung der Fraktion verloren. Sowohl die zehn Ausgetretenen als auch die 28 Linke-Abgeordneten können dann jeweils eine parlamentarische Gruppe bilden. Das muss beantragt und vom Bundestag bewilligt werden. (…) Fraktionschef Dietmar Bartsch erklärte die Fraktion bereits am Sonntag für »politisch tot«. Es werde in »naher Zukunft« keine Bundestagsfraktion mehr geben. Ob die zehn Abgeordneten schon am Dienstag aus der Fraktion ausgeschlossen werden und die Fraktion damit aufgelöst wird, war im Vorfeld noch offen. Die zehn wurden dem Vernehmen nach gebeten, nicht an der Fraktionssitzung teilzunehmen. Koparteichefin Janine Wissler sagte am Montag in Berlin, sie werde dem Antrag der Ausgetretenen auf vorläufigen Verbleib in der Fraktion nicht zustimmen. Sie habe zudem nicht den Eindruck, dass es eine Mehrheit für diesen Antrag gebe. Es sei »vollkommen klar«, dass es »natürlich kein haltbarer Zustand« sei, »dass wir da in einer Fraktion gemeinsam sind«. Über den genauen Zeitplan müsse man nun beraten; für sie gelte: »So sorgfältig wie nötig, aber auch so schnell wie möglich muss das jetzt über die Bühne gehen.« Dazu bestehe »große Einigkeit« bei den Abgeordneten, die sich weiter zur Partei Die Linke bekennen. Die Verantwortung für das Ende der Fraktion trügen diejenigen, die die Mandate »jetzt zweckentfremden für ein anderes Projekt«. Unterdessen ringt die Parteiführung darum, ein paar inhaltliche Akzente zu setzen. Am Sonntag trafen sich Partei- und Fraktionsspitze, die Landesvorsitzenden und die drei direkt gewählten Bundestagsabgeordneten in Berlin. Resultat war – neben demonstrativen Gesten der Geschlossenheit – ein einstimmig beschlossenes Papier zum sozial gerechten ökologischen Umbau der Wirtschaft. Gefordert wird darin unter anderem ein monatliches »Klimageld« von 200 Euro für alle, die weniger als 4.000 Euro brutto im Monat verdienen. Eine vom Bund finanzierte »Industriestiftung« soll »gezielt Anteile an Unternehmen erwerben, die eine Schlüsselrolle im Wandel einnehmen«, und damit »den klimaneutralen Umbau steuern«. Gefordert werden außerdem Hilfen für energieintensive Unternehmen sowie eine Qualifizierungsinitiative für Beschäftigte vor dem Hintergrund des Strukturwandels.
    Quelle: junge Welt
  14. »Militär wird kein einziges Problem lösen«
    Aufruf zu Antikriegsdemo in Berlin. Initiative gibt Sonderausgabe von »Zeitung gegen den Krieg« heraus. Ein Gespräch mit Willi van Ooyen.
    Willi van Ooyen ist Friedensaktivist und Mitglied des Presseteams der Initiative »Nie wieder Krieg – Die Waffen nieder«.
    Ihre Initiative »Nie wieder Krieg – Die Waffen nieder« ruft für Sonnabend, den 25. November, zur bundesweiten Demonstration in Berlin auf. Kurz darauf soll im Parlament der neue Bundeshaushalt beschlossen werden. Was wollen Sie erreichen?
    Wir wollen die weitere Militarisierung der Bundesrepublik zum Thema machen: die erschreckende Summe von 100 Milliarden für die Bundeswehr sowie die NATO-Verpflichtung, jedes Jahr zwei Prozent vom Bruttoinlandsprodukt für Verteidigung auszugeben. Das wollen wir in Frage stellen. Und das ist dringend erforderlich, da jeder Tag ohne Waffenstillstand in der Ukraine unsinniges Blutvergießen in einem für das Land nicht gewinnbaren Krieg fordert. Mit dem Krieg zwischen Israel und der Hamas in Gaza droht ein Flächenbrand nicht nur im Nahen Osten. Wir brauchen deshalb eine andere Politik, die für soziale Gerechtigkeit und Ausgleich sorgt. Wir müssen gemeinsam gegen kriegerische Aufrüstung und Sozialabbau protestieren. (…)
    Autoren der Sonderausgabe sind unter anderem Gregor Gysi, Die Linke, und Sarah Wagenknecht, ehemals Die Linke. Wollte das Team ausgewogen zwischen der Partei und dem neu gegründeten Bündnis Sarah Wagenknecht, BSW sein?
    Nein, wir durchforsten nicht unterschiedliche Programme, sondern stellen unsere eigenen politischen Vorstellungen in den Vordergrund. Davon erwarten wir uns, trotz möglicher unterschiedlicher parteipolitischer Organisierung, die konsequenteste Friedenspolitik formulieren zu können. Unabhängig von unterschiedlichen Formationen bieten wir Persönlichkeiten, die gegen den Krieg, weitere Militarisierung und Aufrüstungspolitik sind, an, den Kampf dagegen gemeinsam zu gestalten. Das ist unser politisches Signal.
    Quelle: junge Welt
  15. Offener Brief an Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius
    Sehr geehrter Herr Verteidigungsminister Pistorius,
    am 29. Oktober 2023 haben Sie in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ u. a. erklärt:
    „Wir brauchen einen Mentalitätswechsel … Wir brauchen ihn aber auch in der gesamten Gesellschaft … Wir müssen kriegstüchtig werden, wir müssen wehrhaft sein und die Bundeswehr und die Gesellschaft dafür aufstellen.“ (1)
    Als erfahrener, bedachter und seine Worte wohl wählender Politiker haben Sie von „kriegstüchtig“ und nicht von „verteidigungstüchtig“ gesprochen.
    Das hat bei uns Entsetzen, Fassungslosigkeit und Empörung ausgelöst. So spricht ein ehemaliger Oberbürgermeister der Friedensstadt Osnabrück, die in diesem Jahr des Friedensschlusses vor 375 Jahren und eines Krieges, der 30 Jahre lang die Menschen in Elend, Not und Tod gestürzt hat, gedenkt!?
    Die Stadt Osnabrück schreibt zu diesem Gedenkjahr: „Damals entstand die Idee, Europa als Friedensbund zu sehen. Auch wenn diese Idee fast 400 Jahre alt ist, ist sie so aktuell wie eh und je.“
    In den damaligen Verhandlungen haben sich ehemalige Kriegsgegner die Hand gereicht und einander vertraut. (2)
    Als Bundesverteidigungsminister sind Sie nicht der Kriegslogik verpflichtet, sondern dem Friedensgebot des Grundgesetzes.
    Erich Maria Remarque hat in seinem Weltbestseller „Im Westen nichts Neues“ beschrieben, wie in einer Atmosphäre der Kriegsbegeisterung junge Menschen bedrängt wurden, freiwillig in den 1. Weltkrieg zu ziehen. Spätestens nach dieser Lektüre sollten Sie wissen, wohin Kriegstüchtigkeit und Kriegsbegeisterung führen – damals aber auch heute. Remarque hat zehn Jahre nach dem 1. Weltkrieg das Grauen geschildert und für Friedenstüchtigkeit plädiert.
    In Ihrer Zeit als Oberbürgermeister von Osnabrück haben Sie Jahr für Jahr beim traditionellen Steckenpferdreiten am Friedenstag im Oktober den Osnabrücker Viertklässlern eine Brezel auf der Rathaustreppe überreicht. Mit dem Steckenpferdreiten wird „einmal im Jahr spielerisch ein Zeichen für Toleranz und ein friedliches Zusammenleben gesetzt.“ (3)
    In der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) vom 26.10.2009 werden Sie zitiert: „Was gibt es Schöneres, als Brezeln an Kinder zu verteilen, die vom Friedensgedanken beseelt sind?“ (4)
    Massive Aufrüstung und Kriegsbereitschaft wie wir sie in Deutschland und anderen Ländern zur Zeit erleben sowie Aussagen wie „Wir müssen kriegstüchtig werden.“ sind hingegen wieder eine neue Bedrohung für den Frieden.
    Sehr geehrter Herr Pistorius, Ihre Äußerungen in der Sendung „Berlin direkt“ vom 29.10.2023 können Sie nicht so unkorrigiert stehen lassen – es sei denn, Sie stellen alles in Frage, was Sie in den Jahren als Oberbürgermeister der Friedensstadt Osnabrück verkörpert haben.
    In der Präambel unseres Grundgesetzes heißt es: „ … von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben“. In Ihrem Amtseid haben Sie gelobt, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes „zu wahren und zu verteidigen“. Das geschieht nicht dadurch, dass Sie Kriegstüchtigkeit fordern und ausrufen.
    Quelle: Osnabrücker Friedensinitiative

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