Dreigroschenoper in Dresden: Warnender Epilog oder einfach doch nur ein politischer Offenbarungseid?

Dreigroschenoper in Dresden: Warnender Epilog oder einfach doch nur ein politischer Offenbarungseid?

Dreigroschenoper in Dresden: Warnender Epilog oder einfach doch nur ein politischer Offenbarungseid?

Ein Artikel von Torsten Küllig

Es hätte ein schöner Abend werden können, meine Frau und ich bekamen die letzten beiden Karten an der Abendkasse zu Bertolt Brechts Dreigroschenoper. Und ja, wir wussten, worauf wir uns einließen: Dresdner Schauspielhaus und Völker Lösch als Regisseur, da weiß man vorher, wohin die Reise geht. Insofern sei ihm das AfD-Bashing verziehen, ach halt, es war ja nicht die AfD, sondern die PfD, die Perspektive für Deutschland, in blau versteht sich. Von Torsten Küllig.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Und in Anbetracht der durchaus gelungenen Inszenierung, die vor allem von den großartigen Schauspielern mit ihren einprägsamen Stimmen lebt – der Countertenor Georg Bochow sei hier besonders hervorgehoben –, ist man auch weiterhin milde gestimmt, wenn es subkutan gegen Impfgegner, vermeintliche Reichsbürger, Friedensaktivisten und all die sonstigen renegaten Sachsen geht – also diejenigen, die nicht so wählen, wie es sich der Regisseur wünscht …

Wer im Kulturschaffenden-Mainstream-Teich fischt, hat halt immer die gleichen Köder. Es ist schon eher langweilig, weil vorhersehbar, und logischerweise ist dann auch die zentrale Erzählung die bevorstehende Landtagswahl in Sachsen. Vermutlich ist es für Akteure des Kulturbetriebs auch das Schlimmste, was sie sich vorstellen können, sollte die AfD – um die geht es und jeder weiß es – in Sachsen regierungsfähig werden. Eine tiefgreifendere, gar differenzierte Erklärung, wieso es in Sachsen zu dieser Stimmung gekommen ist, wer die Hauptverantwortung für die Politik(er)verdrossenheit trägt – Fehlanzeige!

Vielmehr versucht man sich in politischer Indoktrination, getarnt unter dem Deckmantel der Kunstfreiheit. Offensichtlich scheint dies Bedingung für eine Inszenierung im Staatsbetrieb Sächsische Staatstheater zu sein, zumindest ist das mein Empfinden, wenn ich als Dresdner Bürger mir hin und wieder die eine oder andere Inszenierung anschaue.

Ja, Sie haben richtig gelesen: „Staatsbetrieb“. Das Dresdner Schauspielhaus ist nach § 12 Absatz 2 Sächsisches Verwaltungsorganisationsgesetz eine Behörde, die insbesondere künstlerische Produktionen und Aufführungen von dramatischen und musikdramatischen Werken, Balletten und Konzerten sowie die Förderung der zeitgenössischen Theaterkunst in allen ihren Ausprägungen wahrnimmt. Selbstverständlich gelten für einen Kulturbetrieb andere Grenzen der Neutralitätspflicht als bei „normalen“ Behörden, aber mehr Ausgewogenheit – so, wie es beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk eigentlich auch sein sollte – wäre schon wünschenswert, aber bei ARD und ZDF klappt das mit der Ausgewogenheit ja auch nicht. Kunst sollte verbinden, nicht spalten.

Rechtlich ist die Inszenierung zwar grenzwertig, aber zulässig, und das ist auch nicht mein Punkt.

Empört hat mich nach dem Fallen des Vorhangs ein unnötiger und übergriffiger Frontal-Agitationsepilog eines Zwickauer Fridays-for-Future- und Grüne-Jugend-Aktivisten. Dieser darf, nachdem er seine Worte selbst mit „Die Vorstellung ist jetzt vorbei …“ einleitet, minutenlang glottisschlagend radebrechen und auf anekdotische Evidenz zurückführende persönliche Erlebnisse in seiner Heimatstadt Zwickau schildern. Fast ist man geneigt zu fragen: Hat hier etwa Correctiv mitinszeniert?

Schlimmer noch, der junge Mann darf auf der Bühne in einer Demokratie legitime Meinungsbildungsprozesse öffentlich delegitimieren, indem er beispielweise kritisiert, dass im Landtag von Thüringen die CDU und die AfD gemeinsam gegen Gendersprache gestimmt haben. Ein politischer Aktivist nötigt nach dem Fallen des Vorhangs – wir befinden uns also außerhalb der grundrechtlich geschützten Kunstfreiheit – dem Publikum seine linksaktivistische Agenda auf. Geht‘s noch? Was würden wohl Bertolt Brecht und Kurt Weill dazu sagen?

Politische Bildung umfasst in einer freiheitlichen Gesellschaft ein breites Spektrum, zumindest war das früher so, als die Landeszentrale für politische Bildung im Freistaat Sachsen noch nicht im Zuständigkeitsbereich der „Demokratie-Ministerin“ Meier von der grünen Partei lag.

Politische Bildung scheint offensichtlich bei den Verantwortlichen des Staatsbetriebes Sächsische Staatstheater und insbesondere für den Regisseur Volker Lösch notwendiger denn je zu sein, zumindest sollten die Verantwortlichen eines Staatstheaters zukünftig besser wissen, was der Kernbestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bedeutet. Es ist u.a. das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, vor allem aber das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, insbesondere aber auch die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung.

Vielleicht bietet das zuständige Sächsische Staatsministerium für Kultur und Tourismus zukünftig entsprechende Kurse für die verantwortlichen Akteure an, damit in der Außenwirkung besser wahrgenommen wird, dass die nötige Sensibilität und Kenntnis der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bei der künstlerischen Arbeit zukünftig besser wahrnehmbar sind.

Denn eins müsste selbst dem Regisseur bewusst sein: Wenn man zu solchen Agitprop-Methoden greifen muss, dient das nicht der politischen Auseinandersetzung in einer freiheitlichen Gesellschaft, es ist vielmehr ein kulturpolitscher Offenbarungseid!

Titelbild: Sebastian Hoppe, Pressefoto Staatsschauspiel Dresden, Quelle: staatsschauspiel-dresden.de

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