Olaf Scholz in China: Zumindest die Chinesen scheinen ihn zu schätzen

Olaf Scholz in China: Zumindest die Chinesen scheinen ihn zu schätzen

Olaf Scholz in China: Zumindest die Chinesen scheinen ihn zu schätzen

Christian Wagner
Ein Artikel von Christian Wagner

Inmitten einer Ära proklamierter „feministischer Außenpolitik“ und ideologisch motivierter Kriegsbegehrlichkeit seitens der Bundesregierung gelingt es Bundeskanzler Olaf Scholz während seines Besuchs in der Volksrepublik China, das angeschlagene Image Deutschlands leicht zu verbessern. Sein pragmatisches Auftreten wurde von der chinesischen Politik und Medien positiv zur Kenntnis genommen und trägt zu einer Verbesserung der Beziehungen zwischen China und Deutschland bei. Von Christian Wagner.

Vom 14. bis zum 16. April 2024 besuchte Bundeskanzler Olaf Scholz die Volksrepublik China. Am 14. April besichtigte er eine Produktionsstätte der Firma Bosch für nachhaltige Wasserstoffantriebe in der 32 Millionen Einwohner zählenden Stadt Chongqing.

Einen Tag später am 15. April besuchte er dann Shanghai, die Partnerstadt Hamburgs. Dort führte er Gespräche mit Studenten an der Tongji Universität, die 1907 vom deutschen Arzt Dr. Erich Paulun gegründet wurde. Des Weiteren fanden zahlreiche Gespräche mit Vertretern der deutschen Wirtschaft statt, darunter Unternehmen wie Mercedes und Siemens. China fungiert nicht nur als Absatzmarkt für die deutsche Industrie, auf dem Güter für 1,4 Milliarden Menschen verkauft werden. Vielmehr ist China als weltweit größter Inhaber von Patenten und als Innovationszentrum für neue Technologien in der Industrie bekannt. Allein die Stadt Shanghai gibt jährlich mehr Geld für KI aus als die gesamte Bundesrepublik Deutschland.

Am 16. April traf der deutsche Bundeskanzler den chinesischen Präsidenten Xi Jinping. Xi Jinping betonte, dass sowohl China als auch Deutschland bedeutende Beiträge zum Fortschritt der menschlichen Zivilisation geleistet haben. Es bestehe kein grundlegender Interessenkonflikt zwischen China und Deutschland, und beide Seiten würden keine Sicherheitsbedrohung füreinander darstellen. Die chinesisch-deutsche Zusammenarbeit sei sowohl für beide Seiten als auch für die Welt von Vorteil. Je turbulenter die Welt, desto mehr sollten beide Seiten die Widerstandsfähigkeit und Vitalität der Beziehungen stärken.

Olaf Scholz sprach weniger über Kooperation, sondern insbesondere über die Ukraine-Krise. Der Krieg in der Ukraine sowie die Aufrüstung Russlands haben laut ihm ganz erhebliche negative Auswirkungen auf die Sicherheit in Europa und dessen Kerninteressen unmittelbar beeinträchtigen, mittelbar die gesamte internationale Ordnung, da sie laut Scholz den Grundsatz der Charta der UN verletzen, nämlich die Unverletzlichkeit der Staatsgrenzen.

Xi Jinping stellte Grundsätze zur Friedenskonsultation vor: Erstens solle man der Gesamtsituation des Friedens und der Stabilität Priorität einräumen, anstatt die eigenen egoistischen Interessen zu verfolgen. Zweitens solle man sich bemühen, die Situation zu entspannen, statt Öl ins Feuer zu gießen. Drittens sei es notwendig, Bedingungen für die Wiederherstellung des Friedens zu schaffen, anstatt die Widersprüche weiter zu verschärfen. Viertens solle man sich dafür einsetzen, die negativen Auswirkungen der Krise auf die Weltwirtschaft zu verringern, sodass die Stabilität der globalen Industrie- und Lieferketten nicht untergraben werde.

Olaf Scholz und seine Vergesslichkeit helfen der deutschen Wirtschaft

„Glücklicherweise“ ist er auch ein vergesslicher Kanzler, wie die Korruptionsskandale der jüngsten Vergangenheit rund um die Hamburger Warburg Bank und Cum-Ex zeigen. So besteht die Möglichkeit, dass er vergessen hat, dass seine eigene Regierung bisher Kriegsspiele und Protektionismus über Diplomatie und Kooperation stellt. Diesmal setzte er auf Vernunft und Zusammenarbeit – trotz der sonst vertretenen anti-chinesischen Haltung und Politik der meisten Vertreter der Ampel-Regierung. Die sonst üblichen Diskussionen und Forderungen über Entkopplung oder Risikominderung entfielen diesmal soweit ersichtlich. Die deutsche Wirtschaft investierte alleine im laufenden Jahr 2024 bis zu 11 Milliarden Euro, 4,3 Prozent mehr als im Vorjahr (Quelle: CGTN). Das sichert in Deutschland Arbeitsplätze und auch Zugriffsrechte auf Patente für neue Technologien. Ebenso geht es auch um die Verfestigung und Verbesserung von Lieferketten für hochwertiger Hightech-Teile aus Deutschland nach China und vice versa.

Unterschiede in der Berichterstattung in Deutschland und China

Auch hier zeigt der Besuch von Olaf Scholz die wesentliche Problematik unserer Zeit auf: den Verlust der Fokussierung auf das Wesentliche. Ob in den Mainstreammedien oder den sozialen Medien, der Schwerpunkt in der Berichterstattung liegt auf Details wie der vermeintlich mangelhaften Begrüßung von Olaf Scholz bei seiner Ankunft in Chongqing oder seinem Gespräch über Cannabis auf dem Universitätsgelände in Shanghai. Es ist üblich, dass unsere Medien jedes Handeln als Machtdemonstration oder symbolische Geste interpretieren. Doch muss man sich selbst fragen: Spielt all dies überhaupt eine wesentliche Rolle?

Die chinesische Seite spricht über keines dieser Details. Vielmehr liegt ihr Hauptaugenmerk darauf, wie Deutschland und China gemeinsam die Zukunft gestalten können, indem sie sich auf wirtschaftliche Kooperation und die Schaffung einer gemeinsamen Zukunft der Menschheit konzentrieren. Der „Cannabis-Vorfall“ wird nicht erwähnt. Stattdessen kursieren in den chinesischen sozialen Medien massenhaft Videos, die den Besuch von Olaf Scholz und die damit einhergehenden neue Kooperationen und Arbeitsplatzsicherungen ausgiebig feiern.

Das Ansehen Deutschlands in China bleibt ungebrochen hoch, trotz der diplomatischen Unprofessionalität der Vergangenheit. Es sei an den Besuch von Annalena Baerbock im Jahr 2023 erinnert, bei dem sie im belehrenden Ton den Schwerpunkt auf Menschenrechte und Taiwan legte und nicht auf Kooperation – ein Treffen, bei dem gleichzeitig der brasilianische Präsident Luna in China weilte und sämtliche chinesische Medien fast ausschließlich über die Bedeutung von Brasilien statt über Deutschland sprachen.

Woran mangelt es momentan am meisten in der deutsch-chinesischen Kooperation?

Die Bundesregierung möchte nach eigener Darstellung China-Kompetenz aufbauen. Doch ist es sehr kritisch zu betrachten, wie diese Chinakompetenz aussieht. Die Fraktion CDU/CSU erhielt nach einer kleinen Anfrage im Bundestag am 5. Januar 2024 eine Antwort (Drucksache 20/9815) der Bundesregierung zu Fragen zur Chinakompetenz. Eine der Fragen (Frage 26) lautete zum Beispiel:

„Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, wie viele Hochschulen und Universitäten in Deutschland eine moderne China-Forschung (seit der Reform- und Öffnungsperiode) anbieten und wie viele Professuren sich mit modernen China- und Taiwan-Studien auseinandersetzen, wenn ja, in welchem Verhältnis steht die Anzahl der Professuren moderne China-Forschung zur Anzahl der Professuren mit vormodernem Schwerpunkt?“

Was antwortete die Bundesregierung darauf?

„Der Bundesregierung liegen hierzu keine belastbaren Informationen vor. Teilinformationen können der Datenbank zu den Kleinen Fächern an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz sowie dem Hochschulkompass der Hochschulrektorenkonferenz entnommen werden.“

Das moderne China umfasst auch den Aspekt des sozialistischen Chinas, des technologisch hochentwickelten Chinas und des Chinas, das momentan durch neue Initiativen wie die Seidenstraße die geopolitische Wirtschafts- und Handelspolitik formt. Es gibt keine belastbaren Informationen darüber, dass die Bundesregierung Fachexpertise in diesen zentralen Bereichen fördert. Wenn es um Beratung zu China geht, verlässt sich die Bundesregierung weiterhin auf Thinktanks wie MERICS, die hauptsächlich anti-chinesische Positionen vertreten und wenig seriöse Fach- und Länderexpertise aufweisen. Es wäre Zeit, das zu ändern.

Titelbild: Bundesregierung / Kugler

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