Henri-Nannen-Preis für BILD? Weiß die Jury, was für ein übles Kampagnen-Journal sie damit ehren würde?

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

Antje Vollmer hat dankenswerterweise darauf hingewiesen, dass die Bild-Zeitung im Rennen um den Henri-Nannen-Preis ist. Siehe hier . Man muss diese Absicht so deuten, dass inzwischen die Mehrheit der Medien Kampagnenjournalismus betreibt wie die Bild-Zeitung auch. Und dass deshalb die Verleihung eines Preises, der mit dem Namen eines ehrenwerten Publizisten verknüpft ist, allen hilft, der Bild-Zeitung zur Aufbesserung ihres Renommees und den ähnlich agierenden Medien, weil dann ihr Abrutschen in gezielte und gekaufte Agitation nicht mehr mit dem Geruch des Negativen versehen ist. Die Mitglieder der Jury sollten sich vielleicht noch einmal einen kleinen Ausschnitt aus Kampagnen anschauen, die bei BILD in den letzten Jahren gelaufen sind. Albrecht Müller.

Vorweg: vielleicht kennen Sie eine oder einen der Jury-Mitglieder. Hier ist die Übersicht.

Nun zu den Kampagnen von BILD. Es ist wirklich eine äußerst kleine Auswahl. Die gestern beschriebene Kampagne zu Wulff gehört auch dazu.
Nahezu täglich erscheinen in der Bild-Zeitung Artikel, die mit einer demokratischen Willensbildung nichts mehr gemein haben und stattdessen die miesesten Instinkte nutzen, Aggressionen gegenüber anderen Völkern schüren, böse mit einzelnen Menschen umgehen, sich hemmungslos in Kampagnen von Unternehmen und Verbänden einspannen lassen.

Ich kommentiere kurz, meist spricht die Abbildung für sich:

  1. Eine bösartige Kampagne gegen die Griechen

    Als Student war ich in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts zusammen mit Freunden einige Male in Griechenland. Trotz geringer Ausstattung mit Devisen und trotz der bösen Erfahrungen der meisten Griechen mit Nazideutschland wurden wir ausgesprochen freundlich aufgenommen. Deshalb schäme ich mich für unser Land, wenn ich die folgende Kampagne der Bild-Zeitung sehe. Die Bild-Zeitung konnte sich übrigens immer wieder von der offiziellen Politik ermuntert fühlen. Frau Merkel und Herr Schäuble
    sprachen ungefähr im Tonfall der folgenden Bild-Artikel:

  2. Die Kampagne gegen jede politische Formation, die eine Alternative zur herrschenden, neoliberal gefärbten politischen Richtung sein könnte.

    Im Jahr 2008 wurde gegen die damalige hessische Landesvorsitzende der SPD, Andrea Ypsilanti, mobil gemacht, weil diese für eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei offen war. Die persönliche Diffamierung, im konkreten Fall die Vertretung des Namens, ist gängige Münze. Auch ein letzter Rest von Anstand ist bei der Bild-Zeitung verloren gegangen:

    Mit der Kampagne gegen Andrea Ypsilanti wurde dann noch eine Kampagne gegen den damaligen SPD-Vorsitzenden Kurt Beck in Gang gesetzt.. Siehe hier.

    Umfrage-Schock Frau Lügilanti stürzt die SPD ins Chaos

    Von N. BLOME, R. KLEINE und V. KÖTTKER

    Berlin – Das ist die Quittung für den Wortbruch von Andrea Lügilanti: schlechtester SPD-Umfragewert seit 2005 – 24 Prozent (minus 4). Nur noch zehn Prozentpunkte vor der Linkspartei (Stern/Forsa). Und: Nur noch 14 Prozent, so wenige wie nie zuvor, würden Beck zum Kanzler wählen.
    Doch der SPD-Chef schweigt weiter, will frühestens am Sonntagabend nach Berlin kommen. Beim Grippe-kranken Beck reichte es gestern nur für einen Anruf bei SPD-Generalsekretär Hubertus Heil (wird am Donnerstag aus dem Krankenhaus entlassen): gegenseitige Genesungswünsche.
    Andere in der SPD-Führung telefonierten um so heftiger – u. a. mit Ex-Parteichef Franz Müntefering in Bonn. Einziges Thema: Wie weiter mit Kurt Beck und der SPD?

    Wir haben damals in den NachDenkSeiten von diesen Vorgängen berichtet. Siehe hier: „Handlanger der Konservativen“.

  3. Kampagne gegen die Gesetzliche Rente und für die Privatvorsorge

    Die folgenden Abbildungen sind nur ein kleiner Ausschnitt aus der Kampagne der Bild-Zeitung zu Gunsten der Versicherungswirtschaft und der Banken und zulasten der Rentner und Beitragszahler.
    Diese redaktionellen Teile der Kampagne waren übrigens mit der Allianz AG abgesprochen. Für deren Riester-Renten Typ, die „Volks-Rente“, warb die Bild-Zeitung im redaktionellen Teil.
    Die Allianz AG hat diese Zusammenarbeit in einer Information für ihre Vertreter „dummerweise“ offenbart. Der Text aus dieser Vertreterinformation ist als weitere Abbildung ebenfalls angehängt.
    Die nächste Abbildung in dieser Serie zeigt einen Ausschnitt jener Personen, die an der Privatisierung der Altersvorsorge verdienen und damit indirekt die Profiteure des Kampagnenjournalismus der Bild-Zeitung sind: Genscher, Schröder, Riester, Rürup, Maschmeyer. Nicht abgebildet sind die der CDU nahestehenden Politiker und Finanzdienstleister um die CDU-Förderer der Familie Pohl und ihrer DVAG. Dort ist der ehemalige Kanzleramtsminister Friedrich Bohl untergekommen.

    Ich füge dann noch einige Abbildungen aus dem Spiegel zum gleichen Thema, zu Demographie und Altersvorsorge, an. Diese Abbildungen zeigen, dass so genannte seriöse Blätter des so genannten Qualitätsjournalismus sich beim Grad der Agitation kaum von der Bild-Zeitung unterscheiden. Diese Tatsache kann jedoch kein Grund sein dafür, der Bild-Zeitung den Henri-Nannen-Preis zu verleihen.

    Kaum ein Unterschied zwischen Bild-Zeitung und Spiegel beim Grad der Manipulation zu gleichen Thema:

    Wie gesagt: das ist nur eine kleine Auswahl von Belegen einer ungeheuerlichen Agitation.

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