Hinweise des Tages

Jens Berger
Ein Artikel von:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Geringverdiener schuften über 50 Stunden pro Woche
  2. Nato-Gipfel: Die unsichtbare Faust des Marktes
  3. Wolfgang Neskovic – Herr des Hinterzimmers
  4. Sarrazin reloaded
  5. Eurokrise
  6. Deutsche Bank
  7. Griechenland
  8. EU will stärkere Besteuerung von Vermögen
  9. Paul Krugman – Die Wall Street muss dringend reguliert werden
  10. Staatsanwaltschaft wittert Kursmanipulation “im ganz großen Stil”
  11. Verpatzter Börsenstart – Facebook-Aktie bricht ein
  12. Tarifabschluss der IG Metall: Magerkost für die Malocher
  13. Botschaften der Konzerne – Ökonomie im Schulunterricht
  14. Eine mörderische Bilanz
  15. Empörung über Demonstrationsverbote
  16. Röttgens heiße, gefährliche Geschichte

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Geringverdiener schuften über 50 Stunden pro Woche
    Sie arbeiten so viel wie Top-Banker oder Spitzenärzte, verdienen aber nur einen Bruchteil. Eine neue Studie zeigt, dass hunderttausende Geringverdiener über 50-Stunden-Wochen haben. Das könnte sie krank machen. […]
    Viele Beschäftige mit Niedriglöhnen schuften extrem lange, um ihre Existenz zu sichern. Jeder vierte Geringverdiener mit Vollzeitjob arbeite in der Regel wöchentlich 50 Stunden und mehr, berichtet die „Berliner Zeitung“ unter Berufung auf eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).
    Dies sei nicht nur ein sozialpolitisches Problem, sondern die Beschäftigten riskierten auch gesundheitliche Beeinträchtigungen. „So lange Arbeitszeiten wie bei den Niedriglöhnern gibt es ansonsten nur am oberen Ende der Einkommensskala, also bei Gutverdienern in Vollzeit“, zitiert das Blatt den Studienautor Karl Brenke.
    Insgesamt arbeiten der Untersuchung zufolge fast 900 000 Geringverdiener mindestens 50 Wochenstunden. Als Beispiele werden Kraftfahrer, Lagerarbeiter und Beschäftigte im Gastgewerbe genannt. Im Durchschnitt sind Geringverdiener mit Vollzeitjob laut DIW 45 Wochenstunden im Einsatz – und damit zwei Stunden mehr als alle anderen Vollzeitkräfte.
    Quelle: Handelsblatt
  2. Nato-Gipfel: Die unsichtbare Faust des Marktes
    Das Bündnis erhebt den Anspruch, weltweit für Frieden und Sicherheit zu sorgen. In Chicago muss man danach lange suchen […]
    Wenn ein solcher Gipfel in einer Stadt wie Chicago stattfindet, wird nicht nur deutlich, mit welcher Brutalität diese Ungleichheiten auf globalem Level aufrechterhalten werden, sondern ermöglicht auch, einen Blick darauf zu werfen, wie die Ungleichheit auf globaler Ebene sich auf lokaler wiederholt. Chicago zeigt, dass Armut und Mangel überall zuhause sind, nicht zuletzt im Herzen der entwickelten Welt. Die Sterblichkeitsrate Chicagos entspricht bei Kindern von Afroamerikanern derjenigen der West Bank; die Lebenserwartung von Schwarzen liegt in ganz Illinois knapp unter der in Ägypten und knapp über derjenigen in Usbekistan. Über ein Viertel aller Einwohner Chicagos haben keine Krankenversicherung, unter den schwarzen Männern der Stadt hat jeder fünfte keine Arbeit und jeder dritte lebt in Armut. Latinos geht es nicht viel besser. Chicago ist vielleicht ein extremes Beispiel, aber keineswegs ein Einzelfall. Mag die ethnische Zusammensetzung der Armut von Land zu Land variieren, dürfte ihre Dynamik wohl allen Teilnehmern von G8- und Nato-Gipfel geläufig sein.
    Rund um den Globus werden Gated Communitys errichtet, um die Reichen vor dem Chaos zu schützen, das durch unsere Wirtschafts- und Interventionspolitik anrichtet. Exemplarisch wurde dies verdeutlicht, als im vergangenen Jahr 72 afrikanische Flüchtlinge in einem Kahn vor dem von der Nato angeführten Krieg in Libyen zu fliehen versuchten.
    Quelle: Der Freitag

    dazu: “Wir delegieren politische Entscheidungen nicht an Generäle”
    Abgeordnete reagieren irritiert auf die Forderung der Nato, die Rechte des Bundestags bei Auslandseinsätzen der Armee einzuschränken. Selbst Nato-freundliche Politiker sind sich einig: Bei der Frage nach Krieg oder Frieden muss das Parlament das letzte Wort haben.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

  3. Wolfgang Neskovic – Herr des Hinterzimmers
    Die Linke steht am Scheideweg. Nimmt sie das Angebot von Oskar Lafontaine an, erneut den Parteivorsitz zu übernehmen oder setzt sie auf Dietmar Bartsch. Damit steht sie vor der Frage, ob sie die Person will, die den politischen Erfolg oder die, die den politischen Misserfolg verkörpert.
    Lafontaine repräsentiert die Wahlerfolge in den Jahren 2005 und 2009, Bartsch hingegen den Misserfolg aus dem Jahr 2002. Bei der Wahl 2002 hat Bartsch als einer von vier Spitzenkandidaten daran mitgewirkt, die PDS ins parlamentarische Aus zu befördern. Lafontaine hingegen hat die LINKE 2005 mit einem hervorragenden Wahlergebnis wieder in den Bundestag geführt. Er hat die Fraktion zusammengehalten und zu einer schlagkräftigen Einheit geformt. Dies war eine wesentliche Voraussetzung für den grandiosen Wahlerfolg 2009.
    Der Niedergang der LINKEN begann mit dem krankheitsbedingten Rückzug Lafontaines. Die neue Parteispitze hatte danach nie eine echte Chance. Bartsch und Ramelow, die sich als natürliche Nachfolger sahen, haben es nicht verkraftet, dass sie bei der Nachfolgeentscheidung übergangen worden sind. Ständig haben sie und ihre Getreuen rücksichtlos an der Demontage der neuen Parteispitze gearbeitet. […]
    Mit Bartsch wird die LINKE zu einer ostdeutschen Regionalpartei mit absehbaren Verfallsdatum. Ihm scheint das gleichgültig zu sein. Er hat immer noch nicht begriffen, dass er mit seinem Festhalten an der Kandidatur, die politische Idee der LINKEN absehbar ihrer parteipolitischen Heimat beraubt.
    Quelle: Junge Welt
  4. Sarrazin reloaded
    1. Thomas Straubhaar – Sarrazins Buch ist Zeitverschwendung
      Thilo Sarrazin hat Recht und liegt doch völlig falsch. Denn wie viele Euro-Gegner macht er einen entscheidenden Fehler: Er glaubt an eine Alternative. Doch die gibt es nicht.
      Quelle: Stern
    2. Jauch und Sarrazin: Der gemeinsame Nenner heißt Bertelsmann
      Jauch ist auch RTL-Mann, RTL eine hundertprozentige Bertelsmann-Tochter; Sarrazins Ergüsse erscheinen bei Random House, ebenfalls eine hundertprozentige Bertelsmann-Tochter; der “Stern” berichtet “angewidert” über den Jauch-Talk; das Nachrichtenmagazin erscheint bei Gruner + Jahr, ebenfalls eine hundertprozentige Bertelsmann-Tochter – Ergebnis: ein Meinungsmache- und Zitierkartell, an dem still und heimlich der Gütersloher Medien- und Dienstleistungsmulti gut verdient! Und noch etwas: Sarrazins Thesen eignen sich für die SozialforscherInnen der Bertelsmann Stiftung alsTestballon, um künftige nationalistische Trends in Deutschland zu ermitteln. Die Leitfrage dabei: “Wie weit darf man gehen, ohne sich die Finger schmutzig zu machen?” Der Mediengigant Bertelsmann liefert dann die entsprechenden Produkte für die Stammtische mundfertig. Hat es solches in Deutschland nicht schon gegeben?
      Sarrazin versteht was vom Bücher-Geschäft. In der Eurozone knirscht und kracht es. In dieser Gemengelage kommt am Dienstag Sarrazins Buch „Europa braucht den Euro nicht“ auf den Markt. Und wie bei seinem Bestseller „Deutschland schafft sich ab“ gibt es in ausgewählten Magazinen Vorabdrucke. Der Auftritt bei Jauch ist ebenfalls perfektes Marketing. Sarrazin setzt wiederum auf kalkulierte Provokation. Sein Buch „Deutschland schafft sich ab“, das Versäumnisse bei der Integration aufzeigt, wurde rasch auf seine kruden biologistischen Passagen reduziert. Dafür hatte Sarrazin vor der Veröffentlichung selbst gesorgt, indem er von der Existenz eines Juden-Gens sprach.
      Quelle: Wissen schafft Gesellschaft – Weblog von Steffen Roski
  5. Eurokrise
    1. Ein Wettrennen zur Müllkippe
      Deutschland – eine intellektuelle Insel? Was hierzulande niemand wahrhaben will oder erkennt, wird jenseits der deutschen Grenzen intensiv diskutiert: die deutsche Mit-Verantwortung für die ursächlichen Probleme der Euro-Zone.
      Im Wesentlichen hört man hier immer das Gleiche. Die Euro-Krise – daran sind ein paar Defizitländer Schuld, Südeuropa genannt. Deren Staatsschulden ufern aus, die Zinsen explodieren. Ein klares Weltbild, klare Verantwortliche; ein klares Rezept: Wer zu viel ausgibt, muss halt sparen. Die gute deutsche Hausfrauenmentalität. Doch bei näherer Betrachtung stellt man fest, dass die unterstellte Gleichung hohe Schulden gleich hohe Zinsen nicht aufgeht.
      Quelle 1: Regjo
      Quelle 2: als PDF-Version (mit Grafiken) [PDF – 762 KB]
    2. Ungleichgewichte versperren Weg aus der Eurokrise
      Deutschland ist für den rasanten Anstieg der Auslandsverschuldung von Griechenland, Portugal, Spanien und Italien mit verantwortlich. Ohne eine stärkere Koordination der Wirtschaftspolitik bleibt die Stabilität des Euroraums bedroht…
      Die hohe Verschuldung der Staaten ist dabei aber nur ein Krisensymptom. Wesentliche Ursache der Krise ist die unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklung in den Mitgliedsländern seit Einführung der Gemeinschaftswährung, zeigt eine Untersuchung von Heike Joebges und Camille Logeay…
      Seit der Euro-Einführung bis zum Beginn der Finanzkrise entfiel rund die Hälfte des deutschen Wachstums auf den Außenbeitrag. Das war ein deutlich höherer Anteil als in anderen großen europäischen Ländern…Zwar stiegen Deutschlands Exporte in den Rest der Welt – besonders nach Osteuropa und Asien – noch stärker als diejenigen in andere Euroländer. Doch gleichzeitig nahmen auch die Importe aus Ländern außerhalb des Euroraums stärker zu. Im Außenhandel mit China ergibt sich für Deutschland deshalb sogar ein Leistungsbilanzdefizit.
      Viele Euroländer gerieten hingegen gegenüber der Bundesrepublik immer tiefer ins Minus…
      Deutschland hat bis 2007 seine Gläubigerposition gegenüber dem Rest der Welt ausgebaut: von 4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf 29 Prozent…
      Angesichts der gemeinsamen Währung sind für die preisliche Wettbewerbsfähigkeit die Relationen der nominalen Lohnstückkosten der Mitgliedsländer maßgeblich: In Staaten wie Griechenland und Spanien stiegen die Lohnstückkosten bis zur Finanzkrise um 17 bis 28 Prozent, in Deutschland stagnierten sie. Damit verloren die Handelspartner der Bundesrepublik zunehmend an Wettbewerbsfähigkeit. Die Stagnation der Lohnstückkosten lasse sich nicht auf einen übermäßigen Anstieg der Arbeitsproduktivität zurückführen, so die Forscherinnen, sondern vor allem auf die geringen Zuwächse bei den Effektivlöhnen.


      Quelle: Böckler Impuls Ausgabe 08/2012 aus Welt der Arbeit
    3. Vom Stellenwert der Demokratie
      Vor der Neuwahl in Griechenland debattieren die deutschen Eliten unterschiedliche Gewaltszenarien zur Sicherung der Kontrolle über Athen. Diskutiert werden neben der Errichtung eines Protektorats auch ein Putsch sowie die Entsendung von “Schutztruppen” in den südeuropäischen Staat. Das deutsche Spardiktat, das Griechenland in die Verelendung treibt, entfacht einen immer stärkeren Widerstand in der Bevölkerung, der sich auf demokratischem Wege nicht länger niederhalten zu lassen scheint. Die Bemühungen Berlins, die Unterordnung Athens mit der Drohung zu erzwingen, Griechenland den Euro zu nehmen, scheitern ebenso wie die Forderung der Bundesregierung, die griechische Parlamentswahl mit einem Referendum über den Verbleib des Landes in der Eurozone zu verbinden. Die Option, das Spardiktat zurückzunehmen und statt seiner neue Wachstumsprogramme aufzulegen, wie es führende Ökonomen weltweit fordern, weist Berlin kategorisch zurück – obwohl der Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone die gesamte Währung in den Abgrund zu reißen droht.
      Quelle: German Foreign Policy
  6. Deutsche Bank
    1. Harald Schumann: Das dunkle Erbe des Josef Ackermann
      Zehn Jahre führte er das mächtigste Geldhaus der Republik – nun geht er. Unter Ackermann stieg die Deutsche Bank in die Weltliga auf. Doch ihr Ruf ist ruiniert, und viele Kunden klagen wegen Betrugs auf Milliarden von Dollar…
      Nicht nur hat sich der Börsenwert der Bank seit 2006 fast halbiert. Wenn Ackermann Ende Mai seinen Posten abgibt, hinterlässt er auch ein juristisches Schlachtfeld: In Dutzenden von Prozessen sind die Bank und ihre Manager in den USA und Europa schwersten Vorwürfen ausgesetzt, sie müssen Entschädigungs- oder Vergleichszahlungen in Milliardenhöhe fürchten. Vier volle Seiten füllt die Aufzählung der Prozessrisiken im jüngsten Geschäftsbericht.
      So rächt sich jetzt, dass Ackermann in den zehn Jahren an der Bankspitze radikal auf den Ausbau des Investmentbankings nach angelsächsischem Vorbild setzte und dabei moralische Kriterien für das Geschäft auf der Strecke blieben. Sein engster Partner war der indischstämmige Investmentbanker Anshu Jain, der nun die Nachfolge antritt.
      Quelle: Tagesspiegel
    2. Gefälschte Dokumente, verzweifelte Schuldner
      Eine Tochterfirma der Deutschen Bank in den USA verwaltet treuhänderisch zahllose Hypothekenpakete aus der Boomzeit. Nun werden in deren Namen Millionen von Häusern zwangsversteigert. Doch Grundlage sind oft dubiose Papiere.
      Quelle: Tagesspiegel

      dazu: Unfaire Wetten mit der Deutschen Bank Zinsgeschäfte brachten Städten Millionenverluste
      Das Urteil hätte kaum härter ausfallen können. Die Deutsche Bank habe „die Risikostruktur des Geschäfts bewusst zu Lasten des Kunden und zu ihrem Vorteil gestaltet“, stellte der Richter fest. Dabei habe die Bank ihre Beratungspflicht verletzt und dem Kunden ein Produkt verkauft, „das bis zum finanziellen Ruin“ hätte führen können. Der Kläger habe darum Anspruch auf Ersatz des Schadens von mehr als einer halben Million Euro, der ihm durch den Kauf des Produkts bei der Deutschen Bank entstanden sei.
      So urteilte der Bundesgerichtshof im März 2011 in letzter Instanz über ein Geschäft mit Wetten auf Zinsdifferenzen, das der Hygieneartikel-Hersteller Ille bei der Deutschen Bank gezeichnet hatte.
      Das war nicht nur ein weiterer Schlag für den von Josef Ackermann beschworenen „guten Ruf“ der Deutschen Bank, sondern auch politisch brisant. Denn ähnliche Deals hatte der Geldkonzern auch mit rund 200 deutschen Kommunen oder deren Betrieben geschlossen. Die dabei erlittenen Verluste belaufen sich nach Schätzung des in zahlreichen Verfahren engagierten Münchner Anwalts Jochen Weck auf bis zu eine Milliarde Euro…
      Quelle: Tagesspiegel

    3. Verzockt – und verklagt. Die guten Geschäfte der Deutschen Bank
      Deutschlands Vorzeigebank steht vor Prozessrisiken in Milliardenhöhe. Der Film hinterfragt die Geschäftspraktiken des größten deutschen Geldinstituts im In- und Ausland und beleuchtet die Rolle der Deutschen Bank bei der Finanzkrise.
      Die Dokumentation berichtet über drei Gruppen von Anlegern, die sich von der Deutschen Bank hintergangen fühlen. Da sind zunächst viele Kleinanleger, denen Anlageprodukte vermittelt wurden, die sich als Flop entpuppten. Beispiel: ein Fonds, der in Riesenräder in Berlin und Singapur investieren wollte. Die Riesenräder wurden nie gebaut, Anleger verloren viel Geld. Die Deutsche Bank aber kassierte gute Provisionen und muss sich nun vorwerfen lassen, die Anleger weder darüber noch über die hohen Risiken ausreichend informiert zu haben.
      Quelle: Das Erste

      Anmerkung JK: Man kann nur Rudolf Hickel zitieren: Zerschlagt die Banken!

  7. Griechenland
    1. Robert Misik – Warum die “Linksradikalen” die beste Wahl für Griechenland sind
      Die konservativen und liberalen Spießer überbieten sich in ihrer Panik vor der griechischen Syriza-Partei, die sich selbst die “radikale Linke” nennt. Wie können die Griechen nur so unvernünftig sein? Die “Krone” erklärt gar, Demokratie und Wahlen seien gar nichts für Anarcho-Völker wie die Griechen.
      Aber was wäre denn vernünftiger in Griechenland? Die alte Nea Demokracia mit ihrem verantwortungslosen Trickser Antonis Samaras? Geh bitte! Dagegen ist Alexis Tsipras ein Ausbund an Seriösität, zudem ein unverbrauchter junger Mann, der in den Augen der Griechen ein neues Blatt aufschlägt. Und in seinen ökonomischen Ansichten unterscheidet er sich kaum von den Ansichten von Wirtschaftsnobelpreisträgern wie Paul Krugman und Joseph Stiglitz. Also, was soll so schlimm an ihm sein?
      Nicht, dass er nicht möglicherweise auch populistische Klischees verbreitet und ein bisserl Blödsinn sagt. Aber so viel Blödsinn wie Merkel, Schäuble, Fekter & Co. ganz gewiss nicht.
      Quelle: Der Standard
    2. Euro-Austritt Griechenlands würde Austerität ohne Ende bedeuten
      Der international akkreditierte Ökonom James Kenneth Galbraith lastet speziell Deutschland das sture Beharren auf einer primitiven volkswirtschaftlichen Sparpolitik an. […]
      Für James Kenneth Galbraith sind die Dinge völlig klar: eben so dumm wie das Beharren auf der Austerität ist auch das Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro. In einem exklusiven Gespräch mit der “Imerisia” bringt der berühmte amerikanische Wirtschaftswissenschaftler seine Abscheu über die Haltung Deutschlands zum Ausdruck: “Es ist unglaublich, dass in Europa die primitive Idee vorherrscht, die strenge volkswirtschaftliche Disziplin und die Sparpolitik würden Griechenland in einen Aufschwung führen und das Vertrauen der Märkte in das Land und den Euro wiederherstellen.“
      Quelle: Griechenland-Blog
  8. EU will stärkere Besteuerung von Vermögen
    Die EU hat im laufenden Jahr im Durchschnitt einen Anstieg bei Einkommens-, Körperschafts- und Mehrwertsteuern verzeichnet. Dies geht aus einem von Eurostat und der EU-Kommission vorgelegten Bericht hervor. Der durchschnittliche Mehrwertsteuersatz stieg in der EU seit 2008 stark an. Er lag 2012 in der EU bei 21 Prozent (2000: 19,2 Prozent), in Österreich unverändert bei 20 Prozent.
    Quelle: Der Standard
  9. Paul Krugman – Die Wall Street muss dringend reguliert werden
    Der Verlust von einigen Milliarden Dollar der JPMorgan Chase ist der beste Beweis, dass die Wall Street dringend reguliert werden muss. […]
    Was kann getan werden? In den 1930er Jahren, nach der wohl bekanntesten Bankenkrise, haben wir mit Garantien und Aufsicht eine tragfähige Lösung gefunden. Auf der einen Seite wurde der mögliche Umfang einer Krise durch die staatliche Garantie der Einlagen begrenzt. Auf der anderen Seite wurden die Banken durch entsprechende Regeln davon abgehalten, ihren privilegierten Status zu missbrauchen, der sich aus der Einlagensicherung ergeben hat, die ja im Endeffekt eine staatliche Garantie der Schulden der Bank ist. Besonders beachtenswert: Banken mit staatlich gesicherten Einlagen durften keine riskanten Spekulationsgeschäfte machen, die so charakteristisch für Investmentbanken wie Lehman Brothers waren.
    Quelle: Frankfurter Rundschau
  10. Staatsanwaltschaft wittert Kursmanipulation “im ganz großen Stil”
    Sie platzierten angeblich Jubelmeldungen in den Medien und trieben den Kurs einer Gold-Aktie damit um bis zu 1000 Prozent nach oben: In Stuttgart sind vier Männer angeklagt worden, die mit Marktmanipulationen Millionen gescheffelt haben sollen.
    Quelle: FTD

    Anmerkung: Bessere Hintergrundinformationen zum Fall bietet ein FTD-Artikel aus dem Jahre 2006.

    Anmerkung JB: Der Fall „De Beira Goldfields“ ist ein bemerkenswertes Drama, bei dem es vor allem um Gier geht und bei dem es viele Schurken aber nur wenige Opfer gibt. Wer sich einmal einen Überblick über die Gier der Spekulanten machen will, dem sei eine stichprobenartige Lektüre in diesem Börsen-Forum empfohlen, die sich auf über 100.000(!) Beiträge zum Thema De Beira streckt. Es ist offenkundig, dass damals bezahlte PR-Schreiber in diesem Forum die Gier der Nutzer anstachelten und damit sei auch die Frage in den Raum gestellt, warum die Betreiber solcher Foren nicht zur Rechenschaft gezogen werden, unterliegen sie doch einer Sorgfaltspflicht.

  11. Verpatzter Börsenstart – Facebook-Aktie bricht ein
    Der Börsen-Hype ist schon wieder vorbei: An ihrem zweiten Handelstag ist die Facebook-Aktie deutlich unter den Ausgabepreis gefallen. In den USA rutschte sie zeitweise auf rund 33 Dollar ab – ein Minus von 13 Prozent.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung JB: Oh je, oh je! Man hat sich ja bereits daran gewöhnt, dass SPIEGEL Online keine nennenswerten Kompetenzen bei volkswirtschaftlichen Themen hat und stattdessen der Interpretation irgendwelcher „Analysten“ das Wort redet. Da wundert es eigentlich nicht, dass man dieses „Erfolgsrezept“ nun auch auf die Börsenberichterstattung ausweitet. Für das Unternehmen „Facebook“ war der Börsengang sehr erfolgreich, da es offenbar genug Anleger gab, die Facebook die Aktien zu den verlangten Mondpreisen abkauften. Dass diese Anleger nun ein langes Gesicht machen, ist klar. Dass auch die Banken, die für Facebook den Börsengang organisierten, nicht sonderlich glücklich sind, ist ebenfalls klar. Es ist auch klar, dass sich einige Brokerhäuser und Investmentbanken kräftig die Finger verbrannt haben. Aber ist das so tragisch? Wer auf ein derart offensichtlich gehyptes und überbewertetes Papier setzt, muss damit rechnen, Geld zu verlieren. Das Geld ist ja auch noch da, es gehört nun bloß jemand anderem – dem Unternehmen Facebook, das mit dem Börsengang 16 Milliarden Dollar eingenommen hat.

  12. Tarifabschluss der IG Metall: Magerkost für die Malocher
    Drei Ziele hatte die IG Metall vor der diesjährigen Tarifrunde: Die Beschäftigten sollte endlich deutlich mehr Geld in der Tasche haben, das Unwesen der grassierenden Leiharbeit sollte beendet werden, und die willkürliche Befristung von Arbeitsverhältnissen sollte gestoppt werden. Alle drei Ziele waren lohn- und gesellschaftspolitisch vernünftig – aber erreicht hat sie die stärkste deutsche Gewerkschaft leider nicht, trotz voller Auftragsbücher der Unternehmer. Sie scheute – vielleicht wegen des Schocks möglicher Werksschließungen bei Opel – einen größeren Tarifkonflikt und begnügte sich damit, allererste Schritte zur Erreichung ihrer Ziele gemacht zu haben.
    Quelle: taz

    Anmerkung Orlando Pascheit: Konfliktscheu wegen möglicher Werksschließungen bei Opel? Was haben Managementfehler bei GM mit den Forderungen der IG Metall zu tun? Und so toll wie jetzt allgemein dargestellt ist die Lohnerhöhung auch nicht, zumal für 13 Monate. Traurig und irgendwie bezeichnend ist, dass die mächtigste Gewerkschaft der Welt die Schröderschen “Reformen” in Bezug auf die Leiharbeit realiter nicht anging. Die Gewerkschaft besitzt doch inzwischen genügend Zahlenmaterial um beurteilen zu können, inwiefern Leiharbeit die Antwort auf Auslastungsschwankungen gibt. Aber darum geht es eigentlich gar nicht. Wie meinte unlängst Norbert Blüm: “Wenn Leiharbeit, dann gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Es kann ja nicht sein, dass der Fließbandarbeiter, der den rechten Reifen montiert, mehr verdient als derjenige, der für das linke Rad zuständig ist. Das widerspricht ja jedem Leistungsgedanken.” Wie tönte die IG-Metall-Verhandlungsführerin Helga Schwitzer vor den Verhandlungen: „Nur wenn es gelingt, eine Annäherung der Entgelte der Leihbeschäftigten an die der Stammbelegschaft zu erzielen, ist ein wesentlicher Schritt in Richtung fairer Gestaltung der Leiharbeit getan … Das bisherige, vor allem auf Lohndumping basierende Geschäftsmodell, funktioniert nicht mehr.“ Da hat die IG Metall ein Stück Glaubwürdigkeit verloren.

  13. Botschaften der Konzerne – Ökonomie im Schulunterricht
    In Deutschland gibt es Schätzungen zufolge über 200 Projekte zur ökonomischen Bildung. Die Schulen werden zugeschüttet mit Angeboten der Konzerne und ihrer Organisationen. So bietet die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) mit ihrem Lehrerportal „Wirtschaft und Schule“ zahlreiche Unterrichtsentwürfe und Publikationen für Haupt- und Realschulen, Gymnasien und Berufsschulen an. Die Initiative „Handelsblatt macht Schule“ wird unter anderem von der Deutschen Telekom Stiftung, der Deutschen Vermögensberatung (DVAG), dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und der Unternehmensberatung Ernst & Young gesponsert. Auch das privatrechtlich organisierte Institut für Ökonomische Bildung Oldenburg GmbH bietet Unterrichtsmaterialien und Lehrerfortbildung. Träger sind unter anderem
    die Bertelsmann Stiftung, die Stiftung der Deutschen Wirtschaft, die Länder Niedersachsen und Baden-Württemberg. Nach Angaben des Instituts steht jährlich ein Etat von bis zu anderthalb Millionen Euro zur Verfügung. Ein Drittel davon finanziert das Land Niedersachsen.
    Quelle: Welt der Arbeit
  14. Eine mörderische Bilanz
    Auf bis zu einer Million Menschen wird die Zahl der Todesopfer des skrupellosen Diktators Saddam Hussein geschätzt. 35 Jahre benötigte der Gewaltherrscher für sein mörderisches Werk, mit dem er 1968 nach dem erfolgreichen Putsch seiner Baath-Partei begann, und das 2003 mit seiner Entmachtung durch die Invasionsarmee der Koalition der Willigen endete. Doch beendet wurde damals nur die Herrschaft Saddams nicht aber die Gewalt in Mesopotamien. Was mindestens ebenso erschreckt wie der menschenvernichtende Eifer des Baath-Regimes ist der Leichenteppich, der seit dessen Ende über dem geschundenen Zweistromland ausgebreitet wurde.
    Ein Jahrzehnt nach Beginn des amerikanischen Kriegs gegen den Terror hat die Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW) jetzt Bilanz gezogen und kommt auf erschreckende 1,7 Millionen Todesopfer in diesem längst weltweit geführten Krieg. Allein im Irak sind nach vorsichtiger Schätzung mindestens anderthalb Millionen kriegsbedingter Opfer seit 2003, dem Beginn der amerikanisch geführten Invasion, zu beklagen.
    Quelle: debattiersalon
  15. Empörung über Demonstrationsverbote
    Ehemalige Bundesjustizministerin Däubler-Gmelin stellt Grundrechtereport in Karlsruhe vor Acht Bürger- und Menschenrechtsgruppen haben am Montag in Karlsruhe den Grundrechtereport 2012 vorgestellt. Der jährlich erscheinende Bericht wurde in diesem Jahr von Herta Däubler-Gmelin, präsentiert. Die frühere Bundesjustizministerin und SPD-Politikerin forderte einen besseren Schutz der wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Grundrechte in Deutschland. Ohne Einhaltung der im UN-Sozialpakt festgelegten Regeln könnten sich die Freiheitsrechte »nicht entfalten«, sagte Däubler-Gmelin vor Journalisten.
    Däubler-Gmelin verwies darauf, daß die Bundesrepublik von den Vereinten Nationen 2011 zur Einhaltung des UN-Sozialpakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ermahnt wurde. So könne etwa die Pflicht von Hartz-IV-Empfängern, jegliche Arbeit anzunehmen, als menschenrechtswidrige »Zwangsarbeit« gewertet werden, sagte Däubler-Gmelin. Sie verwies zudem auf Verstöße gegen das Recht auf Gesundheit und Bildung: Illegale Einwanderer würden bei Krankheit nicht behandelt und ihre Kinder bekämen keinen freien Zugang zur Schulbildung.
    Quelle: Junge Welt
  16. Röttgens heiße, gefährliche Geschichte
    Röttgens Leute verbreiten, Merkel habe ihm weit vor der Wahl versichert, dass sie auf seine Dienste als Umweltminister nicht verzichte wolle. Er solle zwar den Menschen in NRW sagen, er wolle auf jeden Fall in Düsseldorf bleiben, um damit seine Wahlchancen zu verbessern. Ginge aber die Wahl verloren, werde sie ihn derart unmissverständlich zurück nach Berlin zitieren, dass er gar nicht anders könne, als ihrem Ruf zu folgen. Er, Röttgen, habe das Angebot aber abgelehnt, habe lieber bei der Wahrheit bleiben wollen: Entschieden werde nach der Wahl.
    Es ist ein ziemlich unschönes Bild, das Röttgen da von Merkel zeichnen lässt. Es zeigt eine versessene Machtpolitikerin, die das Wahlvolk in einer wichtigen Frage bewusst in die Irre führen würde. Stimmt die Geschichte, dann war Merkel bereit, sich die Hände schmutzig zu machen, um die drohende Niederlage in NRW etwas abzufedern.
    Quelle: SZ

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