Das Gesundheitsministerium erklärt nun, die Daten aus seiner SafeVac-App seien doch nicht aussagekräftig. Drei Fachleute schätzen die Qualität der Überwachung der Sicherheit der Corona-Impfstoffe durch das Paul-Ehrlich-Institut ein. Von Bastian Barucker.
Wir erleben den nächsten Paukenschlag im Skandal um die SafeVac-App des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI): Nach der enormen Verzögerung der Veröffentlichung der zugehörigen Studie sowie der Rohdaten betont das Gesundheitsministerium nun mit einem Mal, dass sich aus den per App aktiv gesammelten Daten zu Impfnebenwirkungen angeblich doch keine validen Aussagen über die Sicherheit von Impfstoffen ableiten lassen. Außerdem wird nun klar, dass das PEI seit Jahren nicht seiner Pflicht nachkommt, Verdachtsfälle von Nebenwirkungen an die zuständige EU-Datenbank zu übermitteln. Beworben und bezahlt wurde die App jedoch genau dafür.
Die Corona-mRNA-Impfstoffe wurden von Anfang an – trotz des Fehlens hochwertiger Evidenz – als sicher und wirksam propagiert. Die randomisiert-kontrollierten Zulassungsstudien (RCTs) wurden jedoch frühzeitig – unter fadenscheinigen Gründen – entblindet, sodass potenzielle Alarmsignale in der Gruppe der Geimpften nicht erkannt werden konnten. RCTs stellen die qualitativ hochwertigste Herangehensweise dar, um die Wirksamkeit und Sicherheit eines Medikaments zu prüfen, da die beteiligten Personen nicht wissen, ob sie das Medikament oder ein Placebo erhalten haben. So werden Verzerrungen und Voreingenommenheit vermindert.
Die auf diese Weise zustandegekommenen Zulassungsstudien zeigten tatsächlich keinen Vorteil bezüglich der Gesamtsterblichkeit der geimpften Gruppe. Dem offiziellen Bewertungsbericht der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) für den Impfstoff Comirnaty von BioNTech/Pfizer vom 21. Dezember 2020 ist bezüglich dessen Wirksamkeit zu entnehmen:
„Es ist wahrscheinlich, dass der Impfstoff auch vor schweren Corona-Erkrankungen schützt, obwohl diese Ereignisse in der Studie selten auftraten und eine statistisch sichere Schlussfolgerung nicht gezogen werden kann. Es ist derzeit nicht bekannt, ob der Impfstoff vor asymptomatischen Infektionen schützt oder welche Auswirkungen er auf die Virusübertragung hat. Die Dauer des Schutzes ist nicht bekannt.“
Peter Doshi, Pharmazieprofessor und Mitherausgeber des bekannten British Medical Journal, bewertete die Wirksamkeitsversprechen von Pharmaindustrie und Politik so: „Diejenigen, die behaupten, die Studien hätten gezeigt, dass die Impfungen sehr wirksam sind und Leben retten, liegen schlicht falsch. Das haben die Studien nämlich nicht gezeigt.“ Die Auswertung der ursprünglich geheimgehaltenen Zulassungsdaten durch eine Gruppe von Wissenschaftlern rund um Peter Doshi zeigte vielmehr „eine zusätzliche schwere Nebenwirkung pro 800 Geimpften“. Dazu führte Doshi im Oktober 2022 gegenüber dem Mitteldeutschen Rundfunk aus: „Das ist sehr viel häufiger als bei anderen Impfungen, bei denen die Rate bei einer Nebenwirkung pro einer Million Geimpften liegt. In den genannten Studien [zu Comirnaty] ist es eine Nebenwirkung pro 800 Geimpften. Bei einer derartigen Quote wurden Impfstoffe in den letzten Jahren üblicherweise vom Markt genommen.“
Aus den geleakten Corona-Protokollen des Krisenstabs im Robert Koch-Institut (RKI) geht ebenfalls hervor, wie wenig tatsächlich über die Sicherheit und Wirksamkeit der Impfstoffe bei deren Zulassung und massenhaften Verabreichung bekannt war. Bereits im April 2020 war dem RKI bewusst, dass wichtige Daten über den Impfstoff erst nach der Marktzulassung und der massenhaften Verabreichung erhoben würden. In den Protokollen hieß es damals: „Es werden mehrere Impfstoffe kommen, die im Schnelldurchgang entwickelt und geprüft wurden. Relevante Daten werden erst nach der Markteinführung erhoben.“ Diente dazu die SafeVac-App2.0?
Anfang Januar 2021, also zu Beginn der Corona-Impfkampagne, kamen die RKI-Experten zu dem Ergebnis: „Die Impfstoffwirkung ist noch nicht bekannt, die Dauer des Schutzes ist ebenfalls unbekannt und es gibt aktuell nicht genügend Evidenz bezüglich Reinfektion und Ausscheidung (für Genesene und Geimpfte).“
Auch noch im März 2021, drei Monate nach Beginn der Impfkampagne, war offenbar vieles unklar. In den RKI-Protokollen findet sich folgende Notiz: „Noch ist nicht zu sehen, dass aufgrund des Impfeffekts weniger Alte sterben. Ist es zu früh? Sterben Geimpfte? [!]“
Nachdem die neuartigen, im Schnelldurchlauf entwickelten Impfstoffe eine bedingte Marktzulassung erhielten und ab Ende 2020 massenhaft verabreicht wurden, sollte die für rund 1,6 Millionen Euro im Namen des Paul-Ehrlich-Instituts entwickelte Smartphone-App „SafeVac2.0“ unter anderem die aktive Überwachung der Sicherheit der Impfstoffe ermöglichen. Neben dem bereits bestehenden passiven Spontanmeldesystem, welches allerdings laut PEI unerwünschte Arzneimittelwirkungen massiv untererfasst, sollte die stichprobenartige aktive Befragung per App die Überwachung der Sicherheit und Wirksamkeit unterstützen.
Auf der Internetseite des PEI heißt es zur Effektivität des Spontanmeldesystems: „Bei der regulären Erfassung von Verdachtsfällen von Impfnebenwirkungen im Rahmen der Spontanerfassung werden zwar Verdachtsfälle erfasst, nicht bekannt ist aber, wie viele Reaktionen aus unterschiedlichen Gründen nicht gemeldet werden.“ In dem vom PEI im März 2017 veröffentlichten Bulletin zur Arzneimittelsicherheit heißt es bezüglich der Erfassung unerwünschter Arzneimittelwirkungen (UAW): „Den Möglichkeiten von Analysen in der UAW-Datenbank stehen bekannte Limitierungen des Spontanberichtssystems gegenüber. Nur etwa sechs Prozent aller UAW und fünf bis zehn Prozent der schweren UAW werden Schätzungen zufolge gemeldet (Underreporting).“
In der nationalen Impfstrategie gegen das Coronavirus (SARS-CoV-2) von Ende 2020 wurde die App bereits erwähnt und ihr Nutzen so umschrieben: „Kurzfristig soll zudem in einer Kohortenstudie mittels Smartphone-App prospektiv über ein Jahr die Häufigkeit und Schwere unerwünschter Ereignisse sowie SARS-CoV-2-Infektionen bei geimpften Erwachsenen nachverfolgt werden.“
2018 hatte das PEI die erste SafeVac-App1.0 auf den Markt gebracht, um damit die „Symptome nach betriebsärztlicher Influenza-Impfung zu erfassen“. Damals wurde ebenfalls auf die Limitationen des Spontanmeldesystems in der Erfassung von Nebenwirkungsmeldungen hingewiesen:
„Die Meldung von Verdachtsfällen von Nebenwirkungen erfolgt hauptsächlich nicht direkt durch den Verbraucher, sondern durch den Arzt. Da eine Arztkonsultation meist erst in schwerwiegenden Fällen erfolgt und mit einer Latenzzeit einhergeht, ist eine Kausalbewertung zwischen auftretender Reaktion und Impfung erschwert. Dies hat als Konsequenz, dass vorwiegend schwerwiegende und bekannte Nebenwirkungen gemeldet werden (Reporting-Bias). Zudem ist durch die fehlende Anzahl tatsächlich geimpfter Personen die Aussagekraft der Meldungen über das Spontanmeldesystem eingeschränkt.“
Der Abschlussbericht von SafeVac1.0 kam zu folgendem Ergebnis:
„Eine aktive Überwachung ist umsetzbar und kann die passive Methodik ergänzen, um einen Beitrag für die Arzneimittelsicherheit zu leisten. Besonders bei neuen Impfstoffen können die Erkenntnisse und die gewonnene Expertise dieser Studie eingesetzt werden, um von Anfang an eine aktive und aktuelle Prüfung der Sicherheit nach Zulassung (neuer) Impfstoffe einzusetzen. Wir haben die Grundlage geschaffen, um die Arzneimittelsicherheit unter Einbezug der direkt Betroffenen, also der Impflinge, zu überprüfen und zeitnah auf Besonderheiten reagieren zu können.“
Laut Bundesgesundheitsministerium war das Ziel der mit der App entstehenden SafeVac2.0-Studie „die Verbesserung der Überwachung der Impfstoffsicherheit durch den Einsatz einer elektronischen Datenerfassung mittels einer Smartphone-App“.
Das Paul-Ehrlich-Institut bewarb den Einsatz der App im Dezember 2020 folgendermaßen:
„Die geplante Befragung zur Verträglichkeit der Corona-Impfstoffe über die Smartphone-App SafeVac 2.0 ist Teil einer aktiven Überwachung der Impfstoffsicherheit. Sie dient dazu, möglichst zeitnah quantitative Erkenntnisse zum Sicherheitsprofil der Corona-Impfstoffe zu erhalten, wobei in Abhängigkeit von der Teilnehmerzahl auch (sehr) seltene und/oder verzögert auftretende unerwünschte Ereignisse detektiert werden können.“
Der Präsident des PEI, Klaus Cichutek, versprach zu Beginn der Impfkampagne im Dezember 2020:
„Das Paul-Ehrlich-Institut wird auf seiner Website regelmäßig und zeitnah über alle gemeldeten Verdachtsfälle von Impfnebenwirkungen berichten – unabhängig vom Meldeweg. Mithilfe der SafeVac-2.0-App und weiteren aktiven Pharmakovigilanz-Studien wird das Paul-Ehrlich-Institut möglichst schnell umfangreiche Daten sammeln, um auch sehr seltene Nebenwirkungen – sofern es sie geben sollte – früh zu erkennen und gegebenenfalls Maßnahmen zu ergreifen.“
Zur Einführung der App bewarb das PEI die Nutzung damals so: „Deshalb ist es wichtig, die Verträglichkeit der Impfstoffe zeitnah und auf breiter Datenbasis zu erfassen. Das Paul-Ehrlich-Institut hat dazu die Smartphone-App SafeVac 2.0 entwickelt, mit der Geimpfte digital Auskunft darüber geben können, wie sie die Impfung vertragen haben.“
Dr. med. Brigitte Keller-Stanislawski, die von 2003 bis 2023 die Abteilung Sicherheit von Arzneimitteln und Medizinprodukten am PEI leitete, skizzierte Anfang 2021 in einer Präsentation die Zielparameter der App: „Echtzeit-Überwachung von unerwünschten Ereignissen (UE), Häufigkeit, Schweregrad, Dauer und Ausgang von UEs, Wirksamkeit des Impfstoffs“.
All diese Ankündigungen erweckten damals den Anschein, dass die neuartigen Corona-mRNA-Impfstoffe besonders sorgfältig überwacht würden und eine zeitnahe Auswertung der App-Daten erfolgen würde, die so einen relevanten Beitrag zur Überwachung der Impfstoffe leisten könnten. Der Wahrheitsgehalt dieser vertrauenserweckenden Versprechen war seinerzeit schwer überprüfbar. Doch immerhin konnte man davon ausgehen, dass das PEI wie vom Arzneimittelgesetz §62 Absatz 3 gesetzlich vorgeschrieben Verdachtsfälle zeitnah an die dafür vorgesehene europäische Eudravigilance-Datenbank melden würde. Das PEI muss als zuständige Behörde Verdachtsfälle auf schwerwiegende Nebenwirkungen innerhalb von 15 Tagen und Verdachtsfälle auf nicht schwerwiegende Nebenwirkungen innerhalb von 90 Tagen melden.
Fast fünf Jahre später teilte das PEI jedoch am 5. September 2025 auf Anfrage mit: „Somit sind noch nicht sämtliche Verdachtsfälle von Nebenwirkungen an die EudraVigilance-Datenbank gemeldet worden.“ Da die Studie im September 2023, also vor zwei Jahren, beendet wurde und das PEI eigenen Aussagen zufolge noch nicht alle Verdachtsfälle gemeldet hat, besteht somit der Verdacht eines Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz.
Darüber hinaus besteht der Verdacht, dass die Nichtveröffentlichung der Studie einen Verstoß gegen die „Verordnung über die Anwendung der Guten Klinischen Praxis bei der Durchführung von klinischen Prüfungen mit Arzneimitteln zur Anwendung am Menschen“ darstellt. Auf der Webseite des PEI findet sich diese Verordnung zum Download. Ihr Paragraph 13 Absatz 9 besagt: „Der Sponsor übermittelt der zuständigen Bundesoberbehörde und der zuständigen Ethik-Kommission innerhalb eines Jahres nach Beendigung der klinischen Prüfung eine Zusammenfassung des Berichts über die klinische Prüfung, der alle wesentlichen Ergebnisse der klinischen Prüfung abdeckt.“
Auf Anfrage teilt der in Brüssel ansässige Arzneimittelentwickler Dr. Christian Wolf mit:
„Da ich davon ausgehe, daß das PEI als Sponsor einer klinischen Prüfung die Regularien der EU Clinical Trials Regulation einhalten muß, ist der Bericht seit dem 1. Oktober 2024 überfällig, egal wie technisch herausfordernd die Datenverarbeitung auch sein mag. Wir steuern ja inzwischen auf eine einjährige Verzögerung zu. Das ist, gerade bei der Dringlichkeit, die mit Fragen der Arzneimittelsicherheit verbunden ist, nicht hinnehmbar. Auch erschüttern die Verzögerungen das Vertrauen in staatliche Institutionen und begünstigen eine ohnehin schon grassierende Impfmüdigkeit.“
Es wurde bereits vielfach darüber berichtet, dass das Paul-Ehrlich-Institut die Auswertung und Veröffentlichung der SafeVac-Daten stark verzögert. Mehr als 20 Monate nach Beendigung der Studie mit knapp 740.000 Teilnehmern teilt das PEI im September dieses Jahres mit: „Die Auswertung der SafeVac 2.0-Daten läuft kontinuierlich. Zunächst erfolgte die Sichtung, Konsistenzprüfung und Validierung der im Rahmen der SafeVac 2.0-App übermittelten Daten. Diese Analysen gemäß Studienprotokoll sind inzwischen abgeschlossen. Noch nicht abgeschlossen sind hingegen die Auswertungen dieser Analyseergebnisse aus der SafeVac 2.0-Studie.“
Auch ein gerichtliches Hauptsacheverfahren, das die Herausgabe der Rohdaten der App anstrebt, wird offenbar absichtlich verzögert. Ein Eilantrag aufgrund des besonderen öffentlichen Interesses liegt nun bei Gericht. Aus einer Antwort auf eine Kleine Anfrage mehrerer Bundestagsabgeordneter wird klar, wie viele Kräfte das PEI für das Unternehmen Safe-Vac-App bereitgestellt hat und bereitstellt:
„In der zuständigen Einheit des PEI waren für die Entwicklung, Umsetzung und Auswertung der Daten drei Personen zuständig. Für die Registrierung, Bearbeitung und Dokumentation der berichteten Informationen waren bis zu fünf Personen beschäftigt. Derzeit ist noch eine Person mit der Registrierung, Bearbeitung und Dokumentation der berichteten Informationen beschäftigt. Eine weitere Person ist aktuell mit der Vorbereitung der geplanten Auswertung betraut.“
Carlos Gebauer ist Fachanwalt für Medizinrecht. Er bewertet die Verzögerung der Herausgabe der Daten auf meine Anfrage so: „Hat eine Behörde in ihrem Verantwortungskreis daran mitgewirkt, bedeutsame grundrechtliche Positionen von Bürgern in geradezu leichtfertig-unsorgfältiger Weise auf der Grundlage bloßer Prognoseannahmen einzuschränken, und verzögert sie daraufhin gleichwohl über einen nicht unwesentlichen Zeitraum die klarstellende Mitteilung ihrer fortbestehenden eigenen Unsicherheit in der Sache, so handelt sie außerhalb der ihr eingeräumten Kompetenzen und folglich rechtswidrig.“
Die erhobenen Daten sind plötzlich angeblich doch nicht aussagekräftig
All diese bereits hochbrisanten Fakten rund um die Corona-Impfkampagne sind zumindest von regierungskritischen Medien thematisiert worden. Doch nun stellt die Antwort auf eine aktuelle Anfrage an das Bundesgesundheitsministerium die Verzögerung der Veröffentlichung der Daten in den Schatten. Laut der ministeriellen Pressestelle sind nämlich die erhobenen und so lange geheimgehaltenen Daten der aktiven Befragung per App angeblich gar nicht aussagekräftig. In fetter Schrift teilt das Ministerium mir per E-Mail mit, dass sich „valide Aussagen über die Sicherheit von Impfstoffen nur vom Spontanmeldesystem ableiten lassen“.
Dazu der Arzneimittelentwickler Dr. Wolf: „Das Statement ist absurd. Arzneimittelsicherheit ist immer in der Gesamtschau von Daten aus randomisiert-kontrollierten Studien (RCTs) sowie aus passiven und aktiven Instrumenten zu sehen. Für die Corona-Impfstoffe waren angesichts abgebrochener RCTs [sowie] spezifischer Schwächen der Spontanmeldesysteme im Falle der Corona-Impfstoffe – über die altbekannten Schwächen hinaus – dringend Instrumente der aktiven Überwachung erforderlich.“
Die Mitteilung des PEI zur fehlenden Aussagekraft der Daten aus seiner SaveVac-App bedeutet also, dass die für 1,6 Millionen Euro Steuergelder entwickelte App die ganze Zeit über gar keine aussagekräftigen Daten gesammelt hat! Nur das Spontanmeldesystem, welches allerdings laut PEI an einer massiven Untererfassung krankt, soll demnach valide Aussagen ermöglichen.
Carlos Gebauer bewertet diese Aussage aus medizinrechtlicher Sicht: „Das Rechtsstaatsprinzip erfordert, dass staatliches Handeln dem Bürger gegenüber widerspruchsfrei und kohärent ist. Wird eine Behörde auf Widersprüche in ihrem Tun hingewiesen, hat sie diesem Einwand nachzugehen und ihn auszuräumen. Gelingt es ihr nicht, den scheinbaren Widerspruch zu entkräften oder den tatsächlichen Widerspruch auszuräumen, entfallen die rechtsstaatlich erforderlichen Grundlagen für verfassungsgemäß grundrechtsverkürzende Eingriffe.“
Ich habe auch Dr. Alexander Konietzky, Arzt und ärztlicher Geschäftsführer des eingetragenen Vereins Ärztinnen und Ärzte für eine individuelle Impfentscheidung (ÄFI) um seine Einschätzung des Vorgangs gebeten. Er sagt:
„Das Spontanmeldesystem wird vom PEI selbst mit einer Untererfassung bei Nebenwirkungen von 90 bis 95 Prozent angegeben, da hat das Bundesgesundheitsministerium wohl nicht richtig nachgelesen auf der Webseite des PEI. Damit können keine validen Aussagen erzeugt werden. Allen Forschenden in der Impfthematik ist klar, dass ein aktives Meldewesen für Nebenwirkungen von Arzneien oder Impfstoffen die einzig verlässliche Datengrundlage schaffen kann, um sichere Aussagen zum Vorhandensein von unerwünschten Wirkungen von Medikamenten und Impfungen und ihrer klinischen Relevanz im Verhältnis zum dann auch noch klarer werdenden Nutzen machen zu können. Die zeitlich starke Verzögerung der Veröffentlichung der ‹SaveVac-Ergebnisse› durch das PEI und der fachlich am Sachstand vorbeilaufende Kommentar des BMG machen deutlich, wie schlecht es um die Arzneimittelsicherheit in Deutschland bestellt ist, da trifft Unwissenheit auf Unvermögen.“
Es steht somit die Frage im Raum, wozu dann eigentlich die App entwickelt, beworben und genutzt wurde. Könnte der plötzliche Sinneswandel beim PEI vielleicht damit zu tun haben, dass die mit viel Aufwand gesammelten Daten nicht geeignet sind, die viel beschworene Sicherheit der Corona-Impfstoffe zu belegen? Angesichts der Tatsache, dass 0,5 Prozent der SafeVac-2.0-Teilnehmer einen Verdacht auf schwerwiegende Nebenwirkungen angegeben haben, drängt sich dieser Verdacht förmlich auf.
Es könnte auch sein, dass das Paul-Ehrlich-Institut mit dieser Aussage nun eine Exit-Strategie aus dem SafeVac-Skandal verfolgt. Denn sollten die Daten, deren Veröffentlichung sich nicht für immer verhindern lässt, der sogenannten Corona-Impfung keine gute Wirksamkeit oder Sicherheit bescheinigen können, wäre es geschickt, die Ergebnisse bereits vor der drohenden Publizierung als nicht aussagekräftig zu diffamieren.
Dr. Wolf dazu: „Persönlich glaube ich nicht an die vielfach in Social media erhobenen Vorwürfe einer Verschleierungstaktik. Ich neige zu der Auffassung, dass es sich wahrscheinlich um Selbstüberschätzung handelt sowohl bei Studienplanung als auch Studiendurchführung. Mit einer ziemlichen Wahrscheinlichkeit sitzt das PEI auf einem Hochgebirge des Datenschrotts und weiß keinen Ausweg mehr.“
Es hätte aussagekräftige Daten geben können
Es stellt sich außerdem die Frage, wie das Paul-Ehrlich-Institut, das ja eigentlich über das nötige Fachwissen zur Erhebung aussagekräftiger Daten verfügt, die lückenlose, zeitnahe und sorgfältige Überwachung der Sicherheit der Corona- Impfstoffe hätte angehen müssen.
Dr. Christian Wolf: „Angesichts der abgekürzten Entwicklung der Impfstoffe und angesichts der schnellen Massenexposition wäre es eigentlich nötig gewesen, neue Wege zu beschreiten, die die bekannten Schwächen der Spontanmeldesysteme adressieren – sprich Instrumente der aktiven Pharmakovigilanz – also Überwachung der Impfstoffsicherheit – einzusetzen.“
Auf meine Nachfrage, inwiefern etwa Deutschlands größte Langzeitstudie zur Erforschung von Volkskrankheiten mit über 200.000 Teilnehmenden, die bestehende Nationale Kohorte, dafür geeignet gewesen wäre, antwortete Wolf: „In der Tat hätte diese Kohorte eine bessere Option bieten können, da ja schon systematische Informationen zum Gesundheitszustand von damals wohl 200.000 Leuten vorlagen (Erst- und Zweituntersuchung). Hätte man diese Kohorte dann noch vom Impfdruck freigestellt, wären sicher aussagekräftigere Informationen zustandegekommen als in der Self-selection-Studie SafeVac: Geschätzte 20 bis 30 Prozent hätten sich gegebenenfalls nicht impfen lassen und hätten so eine natürliche Kontrollgruppe gebildet.“
Auch Dr. Konietzky von den Ärztinnen und Ärzten für eine freie Impfentscheidung erinnert in diesem Zusammenhang an das in Deutschland seit einiger Zeit bestehende Instrument der Nationalen Kohorte:
„Für eine aktive, zeitnahe und aussagekräftige Überwachung der Sicherheit der Impfstoffe hätte das PEI die Nationale Kohorte einsetzen können und müssen, die es bereits aus Vor-Corona-Zeiten gab. Ein Anteil von circa 50.000 aus der über 200.000 Menschen großen bereits randomisierten Gruppe hätte zum Impfstart aktiv mit Fragebögen zu Nebenwirkungen am Impftag, am ersten bis siebten Tag nach der Impfung und dann turnusmäßig monatlich über mindestens 2 bis 5 Jahre nachverfolgt werden müssen. Eine vom PEI organisierte Studienzentrale wäre bei fehlendem Rücklauf der Fragebögen dem aktiv nachgegangen, um eine sichere Datenerhebung standardisiert zu gewährleisten, um die Daten dann einer zeitnahen Auswertung zuzuführen. Jeweils hälftig wären die Menschen der Impfaufforderung gefolgt oder wären ihr ferngeblieben. Die nicht geimpfte Kontrollgruppe hätte Fragebögen zu den durchgemachten Coronainfektionen ausfüllen können. Auch hier hätte auf anhaltende Komplikationen der Coronaerkrankung als solche eingegangen werden müssen, um Post-Covid und Long-Covid sauber vom Post-Vac-Syndrom abgrenzen zu können. Die Gruppen der Geimpften und der Ungeimpften gibt es ja noch heute und sie stehen sich immer noch misstrauisch gegenüber.
Mit den solcherart erhobenen Daten hätten wir in Deutschland weltweit die beste Datengrundlage für eine ergebnisoffene Bewertung der Impfwirkung, der Impfsicherheit und der unerwünschten Wirkungen erzeugt. Alle würden heute neidisch nach Deutschland schauen. Doch diese Chance wurde sträflich versäumt.“
Aus dieser Perspektive hat das Paul-Ehrlich-Institut bei der Überwachung der Sicherheit von Impfstoffen nicht nur mit ungeeigneten Methoden größtenteils versagt. Es hat zudem nie die notwendigen Forschungsanstrengungen betrieben, um valide Aussagen über die Sicherheit und Wirksamkeit eines neuartigen Genimpfstoffs treffen zu können, der unter starkem Druck, teilweise bis hin zur Pflicht, millionenfach verabreicht wurde.
Dieser Artikel ist zuerst bei Bastian Barucker erschienen.
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