Gesundheitsreform: Große Koalition und SPD gefangen in der eigenen Reformlogik

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Elke Ferner, SPD-Mitglied in der Verhandlungskommission zur Gesundheitsreform, fasst die Eckpunkte zusammen, die wir nachfolgend dokumentieren wollen. Einer unserer Leser hat uns dazu einen trefflichen Kommentar geschrieben.

In dem Papier von Elke Ferner heißt es beispielsweise: “In den Jahren 2000 bis 2005 ist die Zahl der versicherungspflichtig Beschäftigten um 6 % Prozent gesunken, was einem Beitragsvolumen für die GKV von 6,5 Mrd. Euro entspricht.”
Wenn man eine solche Bilanz der eigenen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik vorlegt, wäre die SPD m. E. gut beraten, einmal die grundlegende Konzeption ihrer eigenen Politik unter rot-grün, aber auch unter schwarz-rot zu hinterfragen. Denn der Geist dieser unseligen Politik lebt ja in der Großen Koalition fort. Stattdessen werden wieder einmal die Arbeitnehmer mit höheren Beiträgen belastet (0,5 % Krankenkasse, 0,4 % Rente, spekuliert wird über die Erhöhung der Pflegebeiträge). Hinzu kommen 3 % Mehrwertsteuer-Erhöhung – im gleichen Zug soll die Unternehmenssteuerreform ein Entlastungsvolumen von 5 Mrd. Euro bringen. Ein Hohn.

Betont wird auch, dass die GKV Mehrausgaben in Höhe von 0,9 Mrd Euro aufgrund der höheren Mehrwertsteuer zu schultern hat. Folgen der Politik von Union und SPD.

Weiter wird in dem “Info” ausgeführt, dass der derzeit der GKV gewährte Bundeszuschuss in Höhe von 4,2 Mrd. Euro in zwei Stufen auf 0 reduziert werden soll. Verschwiegen wird: Dabei handelt es sich um die Mittel aus der Tabaksteuer, die bislang in die GKV fließen. Die Reduzierung dieses Zuschusses auf 0 ist Konsequenz der schwarz-roten Haushaltspolitik. Eine Seite weiter wird gleichzeitig der Einstieg in die ergänzende Steuerfinanzierung der GKV gefeiert. In zwei Stufen sollen je 1,5 Mrd. Euro aus allgemeinen Steuern zur Stärkung der GKV beitragen. Wenn ich richtig rechne: 4,2 Mrd. Euro Steuermittel werden zunächst rausgezogen, 3 Mrd. später wieder reingegeben. Dann heißt das doch, dass die GKV aufgrund politischer Entscheidungen der Großen Koalition ab 2008 ein struktureller Verlust von 1,2 Mrd. Euro beschert wird. So schwächt man die GKV!

Der ergänzende Zusatzbeitrag für die Versicherten wird als Vermeidung von sozialen Härten angepriesen. Das ist nun völliger Quatsch. Zum einen wird dieser Zusatzbeitrag alleine auf die Versicherten abgewälzt. Die Arbeitgeber somit aus der Verantwortung für steigende Kosten entlassen. Die Kassen werden zudem diesen Zusatzbeitrag der Einfachheit halber pauschalieren. Das ist der Einstieg in die noch im Wahlkampf als Teufelszeug angeprangerte Kopfpauschale. Zur Erinnerung: Alleine der Auseinandersetzung mit dem “Professor aus Heidelberg” hat die SPD den für sie glimpflichen Wahlausgang zu verdanken!

Noch ein letzter Hinweis: Die Politik will sich offenbar aus der Verantwortung für künftige Beitragssatzanhebungen verabschieden. Wie sonst ist die propagierte Einführung eines “Anpassungsmechanismus bei Kostensteigerungen” durch einen “gesetzlich festgelegten Anpassungsprozess” zu verstehen?

Quelle: Elke Ferner, Zusammenfassung der Eckpunkte zur Gesundheitsreform 2006 [PDF – 99 KB]