Wenn Deutschlands Buchhandel weiterhin seinen sogenannten „Friedenspreis“ an Kriegstreiber verleiht, dann sollten wir ihm den Rücken kehren

Wenn Deutschlands Buchhandel weiterhin seinen sogenannten „Friedenspreis“ an Kriegstreiber verleiht, dann sollten wir ihm den Rücken kehren

Wenn Deutschlands Buchhandel weiterhin seinen sogenannten „Friedenspreis“ an Kriegstreiber verleiht, dann sollten wir ihm den Rücken kehren

Albrecht Müller
Ein Artikel von: Albrecht Müller

Zur Begründung dieser Empfehlung zitiere ich einen Leserbrief von Heinz Klippert an die Frankfurter Rundschau. Freunden der NachDenkSeiten ist Heinz Klippert bekannt. Er war am 24. Oktober 2024 unser Gast beim 38. Pleisweiler Gespräch. Heinz Klipperts Leserbrief galt einem Interview der FR mit Karl Schlögel, das unter dem Titel „Es gibt keine Garantie, dass alles gut ausgeht“ am 14. Oktober veröffentlicht worden war. Albrecht Müller.

Hier folgt der Leserbrief:

Es ist seltsam, dass nun schon zum zweiten Mal hintereinander eine ausgeprägt russlandkritische Person den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhält. Wie Anne Applebaum im Jahr 2024, so ist auch Karl Schlögel einem dezidierten Schwarz-Weiß- oder Gut-Böse-Denken verhaftet, das uns der Friedenssicherung in Europa keinen Schritt näher bringen wird. Im Gegenteil.

Denn wer ohne seriöse Plausibilitätsprüfung konstatiert, dass Russland „Europa das Rückgrat brechen“ wolle, handelt nicht nur unwissenschaftlich, sondern schwört auch jedem Versuch ab, mit Russland über dessen Sicherheitsbedenken, Bedrohungsängste und Sicherheitsgarantien zu verhandeln. Trump hat in Anchorage einen bemerkenswerten Entspannungsversuch gestartet, der aber leider von der EU-Ukraine-Allianz nicht aufgegriffen und zu einer neuen Friedensinitiative ausgeformt wurde.

Schlögels Verweis auf die Propaganda, Hassbilder und Kriegshetze im russischen Staatsfernsehen ist insofern einäugig und heuchlerisch, als es derartige propagandistische Auswüchse natürlich auch in westlichen Medien, Talkshows und Parlamenten gibt (Baerbock: „Russland muss ruiniert werden“, von der Leyen u.a.: „Russland muss besiegt werden“, Feuring: „Wir brauchen Waffen, die weit in die Tiefe des russischen Raumes reichen“, Biden: „Putin muss weg“). Auch der leichtfertige Putin-Hitler-Vergleich Schlögels ist alles andere als seriös.

Ausgeblendet wird, dass Russland dem Westen nicht nur ökonomisch (BIP wie Italien), sondern auch militärisch weit unterlegen ist – selbst wenn man nur die europäischen Nato-Staaten betrachtet (Greenpeace-Studie von Anfang 2025). So gesehen ist die Verteidigungsfähigkeit Westeuropas längst gegeben. Zudem ist Russland hochgradig auf den Goodwill Chinas und der Brics-Staaten angewiesen, der aber sofort aufhören dürfte, wenn sich Russland mit der EU anlegen würde

Daher ist es dringend an der Zeit, den Friedenspreis des deutschen Buchhandels endlich mal wieder einer Person zu verleihen, die ohne ideologische und geopolitische Scheuklappen Wege zum Frieden erforscht und der längst überfälligen Ausgestaltung einer europäischen Sicherheitsordnung nachgeht. Die anhaltenden Eskapaden und selbstherrlichen Provokationen Trumps zeigen, wie nötig das wäre.

Willy Brandt und Egon Bahr haben vorgemacht, wie Deeskalation gehen kann. Es wäre schön, wenn einer derartigen Friedens- und Entspannungspolitik im Ost-West-Verhältnis neues Leben eingehaucht würde. Denn stabilen Frieden in Europa wird es nicht gegen und auch nicht ohne, sondern nur mit Russland geben! Schlögels Russland-Dämonisierung leisten dieser Friedensoption einen Bärendienst. Von Dr. Heinz Klippert (Landau)

Nachbemerkung Albrecht Müller: Die meisten Buchhandlungen sind für die Auswahl der „Friedenspreisträger“ durch ihre Verbandsspitze nicht verantwortlich. Aber sie tragen die hier kritisierten Fehlentscheidungen de facto mit, solange sie sich nicht ausdrücklich davon distanzieren.

Das wäre zu wünschen und zu empfehlen – beispielsweise mit einem Blatt an der Tür zur Buchhandlung, auf dem zu lesen steht: „Diese Buchhandlung trägt die einseitige Auswahl der Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels nicht mit.“

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