Leserbriefe zu „Quo vadis, BSW?“

Ein Artikel von:


Maike Gosch befasst sich in diesem Artikel mit dem BSW. Gefragt wird, wie es mit der Partei nach dem 3. Bundesparteitag in Magdeburg weitergehe und was die dort entschiedenen Personalveränderungen und -rochaden für die Zukunft der Partei bedeuten. Insgesamt würden die Veränderungen wie eine „Verstärkung“ des Teams durch mehr Personal und ein Verschieben einiger Personen auf für sie passendere Positionen als vorher wirken. Inhaltlich würden die Personalveränderungen absehbar keine Neuausrichtungen oder Veränderungen bedeuten. Das Spitzenpersonal des BSW verfüge über ein Ausmaß an politischer Sachkompetenz, sozialem Bewusstsein und moralischer Integrität bei Themen wie Rente, Gaza oder Ukraine, „die wir bei der aktuellen Bundestag-Besetzung schmerzlich vermissen“. Wir danken unseren Leserinnen und Lesern für die interessanten Zuschriften dazu. Hier folgt nun eine Leserbrief-Auswahl. Für Sie zusammengestellt von Christian Reimann.


1. Leserbrief

Liebe NDS-Redaktion,

Eine recht gute Analyse seitens Maike Gosch, mir fehlt aber der Hinweis, dass das BSW in Sachen Corona Aufarbeitung eine totale Fehlanzeige bleibt, Das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte einfach zu ignorieren wird die Partei unter 5% halten. Schade, da eine wirklich linke Alternative in Deutschland so dringend notwendig wäre. Wenn man sich mit den restlichen Einheitsparteien gemein macht, bleibt das BSW für viele Wähler keine Option mehr. Man arbeitet so für die AfD, oder für den wachsenden Block der Nichtwähler.

Gute Nacht BSW, gute Nacht Deutschland

Viele Grüße
Peter Fenske


2. Leserbrief

Liebes NDS-Team,

der Artikel von Maike Gosch ist viel zu unkritisch.

Die Wahl von Michael Lüders in den Vorstand ist sicher ein Fortschritt. Er hat mehr zur Aufklärung der Deutschen beigetragen als die meisten anderen BSW-Politiker.

Aber warum wurde die klardenkende Sevim Dagdelen abserviert, warum werden Persönlichkeiten wie Andrej Hunko oder Patrick Baab für den Vorstand „ausgespart“?

Es entsteht der Eindruck, dass BSW geht den Weg der LINKEN.

Wir müssen verstehen: die Stärkung der AfD ist nicht hauptsächlich auf die Brandmauer zurückzuführen – der Hauptgrund ist eine fehlende politische Alternative.

Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Schuberth


3. Leserbrief

Sehr geehrte Frau Gosch, sehr geehrtes Nachdenkseitenteam

Leider kann ich Ihrem Artikel nur sehr bedingt zustimmen, weil ich einige grundlegende Annahmen und Perspektiven nicht mit Ihnen teile.
Für mich wurde das BSW bisher wesentlich durch Sahra Wagenknecht repräsentiert und sie ist für mich mit dem, wofür sie politisch steht, wie sie es kommuniziert und wie sie sich als Mensch präsentiert, absolut einzigartig und vorbildlich in der deutschen Politik und darüber hinaus. Angesichts der Alternativen war das BSW seit seiner Gründung bisher für mich die einzig sinnvolle Wahl.

Der Rückzug von Sahra Wagenknecht aus der Parteispitze ist für mich absolut nachvollziehbar, weil sie sich in der Funktion verheizt hätte, vielleicht sogar schon ansatzweise hat. Als Vorsitzende der Grundwertekommission der Partei ist Sie natürlich die beste mögliche Besetzung. Da stimme ich mit Ihnen völlig überein.

Leider spielen Grundwertekommissionen und Parteiprogramme, wie die Vergangenheit gezeigt hat, idR. in der täglichen Politik keine große Rolle.

Sie behaupten, dass innerhalb des BSW in der Vergangenheit viele Fehler begangen worden wären. Offensichtlich gab es Probleme, aber ob das immer Fehler waren oder notwendige schwer vermeidbare Kinderkrankheiten, wäre noch im Einzelfall zu analysieren. Das kann ich hier nicht analysieren. Das würde zu weit führen.

Die Probleme in Thüringen hätten z.B. leider nicht durch bessere interne Kommunikation gelöst werden können, höchstens durch Auswahl der richtigen Führungspersonen im Vorfeld. Aber es ist klar, dass die Partei bedingt durch ihre heterogenen Mitgliederinteressen und -vorstellungen ihren eigenen Weg gehen wird, was auch bedeuten kann, dass sie sich immer mehr von der ursprünglich von der von Sarah Wagenknecht vorgegebenen Richtung entfernen kann, was speziell für viele Anhänger von Sarah Wagenknecht zu zunehmender Distanz zu der Partei führen könnte.

Der Vorwurf, dass die Thüringer “als einer der Gründe für die sinkenden Zustimmungswerte für das BSW kurz vor der Bundestagswahl verantwortlich gemacht” wurden, macht für mich nur Sinn, weil sie damit von der Parteilinie abgewichen sind. Und das sind sie offenbar und das ist das eigentlich Kritikwürdige an ihrem Verhalten. Hätten sie durch ihre Abweichung dem BSW bei der Bundestagswahl Stimmenzuwächse beschert, wäre das für mich genauso kritikwürdig gewesen. Nicht der Wahlerfolg entscheidet über politische Qualität, sondern die politische Absicht und die Umsetzung dieser Absicht. 

Ein anderes zentrales Problemfeld ist der Vorwurf des autoritären Führungsstils.
Der innerparteiliche Vorwurf des autoritären Führungsstils ist berechtigt, aber wenn man die ursprünglichen Ziele und Haltungen, derentwegen die Partei gegründet wurde, nicht aufs Spiel setzen will, dann gibt es dazu keine Alternative. Als Fan von Sarah Wagenknecht und auch von basisdemokratischen Prinzipien, zwei Positionen, die sich hier widersprechen, beziehe ich ganz klar Position für Sarah Wagenknecht, weil ihre Ziele sonst verwässert oder gar gänzlich verschwinden könnten in der Partei. In dem Fall wäre die Parteigründung umsonst und sinnlos gewesen und es würde wieder keine Partei geben, die ich wählen könnte.

Für mich sind nicht nur die politischen Inhalte einer Partei, sondern auch ihr Politikstil wichtig. In diesem zeigen sich u.a. Rechtschaffenheit und Glaubwürdigkeit. Und dabei missfallen mir vor allem Handlungen, Haltungen und Äußerungen, die eine vermeintliche Professionalität ausstrahlen sollen, indem sie sich an den im Politikbetrieb üblichen Verhaltensweisen und Floskeln orientieren, wie z.B. der Zielorientierung Wahlen gewinnen zu wollen und dazu strategische Kommunikation einzusetzen (oder dafür zu kämpfen), anstatt aus Überzeugung klar und ehrlich und begründet für politische Inhalte einzutreten. In diesem Sinn macht es auch keinen Sinn von Kampf oder Wahlkampf zu reden. Vor dem Hintergrund der Rechtschaffenheit kann es doch nur darum gehen, ohne psychologische Spielchen, die eigenen politischen Ziele und die dazu zu verwendenden Mittel wahrhaftig zu kommunizieren und es dann dem Wähler zu überlassen, wie er sich dazu positioniert.

Was jetzt nur noch fehlen würde, dass man aus Gründen der vermeintlichen Professionalität, für die nächsten Wahlkämpfe, wie die meisten anderen Parteien auch, Werbe- und Medienexperten anheuert, die den Wahlkampf so gestalten, dass am Wahltag möglichst viele Stimmen für die Partei zusammenkommen, koste es was es wolle. Das wäre doch hoch professionell im laufenden Politikbetrieb.

Aus meiner Perspektive ist zu befürchten, dass das BSW mit dieser neuen Organisation und dieser neuen Führung und mit zunehmender Basisdemokratie ihr Gesicht verlieren könnte und damit dann als ehrliche menschliche vernünftige Partei, die nicht in erster Linie nach Wählerstimmen giert, Kompromissfähigkeit beweisen, Brücken in den Mainstream bauen sowie emotional und kämpferisch sein kann, sondern die eine klare vernünftige Position vertritt, wie dies bisher Sarah Wagenknecht vorbildlich getan hat, untergehen könnte. Der Eindruck hat sich mir aufgedrängt, nachdem ich einige Statements vom letzten Parteitag gehört habe. Der Politikstil erinnerte mich allzusehr an das gängige Mainstream-Gefasel. Aber gut, dass die Thüringer-Abweichler auf Bundesebene keinen Fuß auf den Boden bekommen haben!

Fritz Gerhard


4. Leserbrief

Was ich jetzt schreibe, schreibe ich nicht aus Böswilligkeit. Ich selber hatte sooo lange auf Sahras Partei gehofft! Aber es gibt eine grausam einfache Mathematik:

Erstens: Viele wählten 2024 BSW, weil sie auf einen ECHTEN Wechsel hofften. Zweitens: So ein Wechsel ist (leider) derzeit NUR mit der AfD möglich.

Für die Wähler da draußen ist nicht interessant, wie schön die Parteitagsreden des BSW klangen – für sie ist wichtig: hat das BSW einen praktischen Nutzen? Kann es zu einem ECHTEN Wechsel BALD mithelfen?

Also MUSS (leider) ein Agreement mit der AFD her! Mein Vorschlag:

  1. das BSW wird AFD-Ministerpräsidenten/Bundeskanzler mitwählen
  2. aber dann NICHT in eine Koalition/Tolerierung mit der AFD gehen
  3. sondern nur einzelnen Gesetzen zustimmen, die für das BSW okay sind
  4. das gilt nur für die ZUKUNFT (so klammern wir Thüringen/Brandenburg erstmal aus)

Wichtig: Es soll dabei KEINEN MILLIMETER politische Annäherung an die AFD geben! Wir stimmen nur Gesetzen zu, die das BSW gut findet! Aber halt auch dann, wenn die von der AFD kommen. Fun fact: Wenn die Altparteien plötzlich eine echt gute Politik für das Volk machen wollen, könnten auch sie (wie bei 3.) unsere Stimmen haben.

Ob wir mit diesem 4-Punkte-Plan die vielen Wähler, die das BSW wollten, weil sie einen Wechsel wollten, ohne dafür AFD wählen zu müssen, zurückholen könnten? Vielleicht nicht mal dann, weil wir jetzt schon den Ruf „das BSW redet nur“ haben. Und es müsste schnell gehen! Sagen wir das erst im Wahlkampf (und die nächste Bundestagswahl ist vielleicht auch schon bald), dann klänge es unglaubwürdig.

Und ist der Plan so schlecht? Das Volk wird das BSW wieder mehr achten, wenn es nicht als reiner AFD-Verhinderer auftritt (siehe Punkt 1), und wir können trotzdem unsere politische Handschrift zeigen (siehe Punkt 3)! Vielleicht ist das sogar die einzige politische Chance, die das BSW hatte: das „soziale und friedens-politische Gewissen“ der AFD zu sein = also mit der AFD endlich einen Neuanfang möglich zu machen, aber die AFD dabei zu „zähmen“!

Doch bald ist diese Chance vertan, denn das Zeitfenster schließt sich: Bald wird die Brandmauer bröckeln (einfach, weil die AFD zu stark wird) = und dann werden die Zeiten schwarz+blau sein, der Erzkapitalismus wird seinen Durchmarsch haben und niemand wird sich mehr dafür interessieren, wie das BSW den Neuanfang mitgestaltet hätte …

Die Stimmung auf dem Parteitag war schön – ich habe mir den ganzen Stream reingezogen – aber leider blieb DIE EINE FRAGE, diese eine Weichenstellung, die über die Zukunft der ganzen Partei entscheidet (meiner Meinung nach) im Dunkeln:

  1. wird das BSW über seinen Schatten springen und so eine KLARE ZUSAGE ZUR AFD (wie meine 4 Punkte oben) machen? Dann können wir (vielleicht) viele Wähler wieder erreichen, die das BSW für einen NEUANFANG JETZT gewählt hatten (die aber keine pure AfD wollten)
  2. oder eben nicht, dann wird das BSW nur noch die Wählergruppe erreichen, die das BSW liebt, einfach weil sie das BSW liebt, auch wenn es keinen PRAKTISCHEN NUTZEFFEKT hat…. = das sind dann die 5%, die wir jetzt haben, und als 5% Nischenpartei wird das BSW auch enden 

Und wenn es schwammig rumeiert, weil die Kräfte für a) und b) in der Partei ein Tauziehen machen – dann wird die Außenwirkung eher wie bei b) sein …

Das sind meine 2 Cents zur Eingangsfrage „Quo vadis?“

Leider sehe ich nur diese beiden Zukünfte a) und b), denn „ein Köder muss ja nicht dem Angler schmecken, sondern dem Fisch“ – und wichtig ist allein, ob die Wähler (die Fische) das BSW nützlich finden oder nicht.

Martin


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