Hinweise des Tages

Jens Berger
Ein Artikel von:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. SPD-Spitze erteilt Koalition mit Linkspartei Absage
  2. Ex-Innenminister: Schily nennt Furcht vor Überwachungsstaat paranoid
  3. Orwell 2.0
  4. Eine beinahe perverse Konstruktion
  5. EBA: Wo die bestbezahlten Banker zuhause sind
  6. Geringes Interesse an der Blue Card
  7. Vertretungslehrer: Sommerferien auf Hartz IV
  8. Leiter der Minijobzentrale: Viele Minijobber bekommen ihre Rechte nicht
  9. Nur als Sklaven erwünscht
  10. Sylt kämpft gegen die Vertreibung der Einheimischen
  11. Chinesische NGO: Bericht enthüllt schwere Missstände bei Apples Zulieferern
  12. Der Tod ist ein Meister aus Deutschland
  13. Kampf um Ressourcen

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. SPD-Spitze erteilt Koalition mit Linkspartei Absage
    Angesichts rechnerischer Chancen für Rot-Rot-Grün versucht die SPD-Spitze jede Debatte über ein Bündnis mit der Linkspartei zu unterbinden.
    “Die Linke ist außen-, europa- und bündnispolitisch nicht verlässlich. Ihre Wirtschafts- und Finanzpolitik folgt dem Motto “Wünsch Dir was”, sagte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück der “Welt am Sonntag”. Er wies Äußerungen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) über die Möglichkeit einer Regierung von SPD, Grünen und Linken zurück. “Frau Merkel versucht, Gespenster vorzuführen.”
    Auch der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel erteilte einem Bündnis mit der Linkspartei nach der Bundestagswahl eine Absage. “Rot-Rot-Grün ist nur eine rechnerische und keine politische Mehrheit”, sagte er dem “Tagesspiegel am Sonntag”. Er halte nichts davon, “die Stabilität Deutschlands aufs Spiel zu setzen, nur um mit einer absolut unkalkulierbaren Partei ins Kanzleramt zu kommen. Wer jedes Risiko eingeht, um ins Kanzleramt zu kommen, wird nicht lange dort bleiben.” Die Linke sei im Übrigen “nicht eine Partei, sondern zwei, bestehend aus pragmatischen Linken im Osten und sämtlichen Sektierern und SPD-Hassern im Westen”, so Gabriel.
    Quelle: Abendzeitung München

    Anmerkung WL: Meine Prophezeiung, dass der Vorstoß der SPD-Linken Hilde Mattheis, wonach eine „Offenheit“ gegenüber der Linkspartei der SPD gut täte, der SPD-Führung nur als Vorlage diente, eine Absage an Rot-Rot-Grün zu bekräftigen, hat sich leider als richtig erwiesen.
    Dabei kann die SPD-Spitze noch so oft dementieren, die CDU wird nicht davon ablassen, mit der Drohung von Rot-Rot-Grün in den Wahlkampf zu ziehen. So sagte Schäuble im Interview mit der Bild am Sonntag: „Sollten Union und FDP nicht wieder eine Mehrheit bekommen, wird es nach meiner festen Überzeugung eine SPD-geführte Regierung unter Beteiligung der Linkspartei geben“.
    Wenn man dieses Thema so aufgeregt und ängstlich angeht wie Steinbrück und Gabriel, braucht man sich nicht zu wundern, dass einen der politische Gegner damit jagt.

    Anmerkung J.K.: …wie kommt Gabriel darauf, dass die Linke eine Gefahr für die politische Stabilität Deutschlands sei? Eine reale Gefahr für die demokratische Verfasstheit Deutschlands geht gegenwärtig von Merkel aus, die in ihrem Agieren in der NSA-Affäre mehr als deutlich gezeigt hat, dass ihr die Bürgerrechte und die staatliche Souveränität Deutschlands keinen Pfifferling wert sind. Die anderer europäischer Staaten sowieso nicht, wie das deutsche Austeritätsdiktat täglich belegt.
    Anstatt diese Steilvorlage zu nutzen prügeln Steinbrück und Gabriel lieber auf die Linke ein. Damit ist klar, das Wahlziel der SPD ist die Große Koalition. Steinbrück und Gabriel sollten wenigstens so couragiert sein und dies den Wählern offen sagen. Allerdings erweist die SPD der Demokratie damit ebenfalls einen Bärendienst, da es nun letztendlich egal ist was man wählt. Die neoliberale Politik wird so oder so fortgesetzt.

  2. Ex-Innenminister: Schily nennt Furcht vor Überwachungsstaat paranoid
    Prism und Tempora, Datenspeicherung und Überwachung durch den US-Geheimdienst NSA – alles kein großes Problem für Otto Schily. Im Gespräch mit dem SPIEGEL sagte Schily, man solle nicht so tun, als ob die größte Gefahr für die Menschen in Deutschland von der National Security Agency ausgehe: “Die größte Gefahr geht vom Terrorismus und von der Organisierten Kriminalität aus. Ich finde manches Getöse, was da im Moment zu hören ist, nicht angemessen.”
    Die SPD sollte die Ausspähaffäre deshalb auch nicht als Wahlkampfthema nutzen: “Die großen Parteien haben nach meiner Einschätzung bei diesem Thema kaum etwas zu gewinnen”, sagte Schily, der vor 24 Jahren von den Grünen zur SPD übertrat. Für sozialdemokratische Wähler sei die innere Sicherheit immer ein wichtiges Thema gewesen. Die SPD dürfe ihre Reputation in diesem Bereich nicht aufs Spiel setzen. “Law and Order sind sozialdemokratische Werte.”
    Schily sagte, die Furcht vor dem Staat trage “teilweise wahnhafte Züge, auch bei manchen Politikern von FDP und Grünen.”
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung unseres Lesers F.S.: Der Ex-Innenminister der SPD, Otto Schily, weiß genau was er sagt. Er reiht sich jetzt medienwirksam in die eiligst gerufene Phalanx der Befürworter der NSA-Total-Überwachung aller Bürger ein. “Law and order” ist schließlich sein Leben. Von ihm stammte schließlich der “Otto”-Katalog. Das ist nicht vergessen.
    Lesen Sie dazu auch hier: Schily Geheimplan: “Der Bundesinnenminister rüttelt mit seinem zweiten Anti-Terror-Paket an den Grundfesten des Rechtsstaats und stellt alle Bürger unter Generalverdacht.”, Schily Geheimplan: “Der Bundesinnenminister rüttelt mit seinem zweiten Anti-Terror-Paket an den Grundfesten des Rechtsstaats und stellt alle Bürger unter Generalverdacht.

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Ich glaube, niemand hat etwas dagegen, dass in (vielleicht auch tausenden) Einzelfällen – bei schwerer Kriminalität oder tatsächlich zur Verfolgung von Terroristen – die Kommunikation im Internet überwacht wird. Wenn aber Snowdens Angaben stimmen, dann geht es um das Absaugen sämtlicher Kommunikationsdaten aller Bürger, rund um die Uhr, und das ist in Deutschland eindeutig verfassungswidrig. Die massenhafte Kommunikationsüberwachung war zumindest früher Organisationen wie der Stasi und der Gestapo vorbehalten, die dafür von unserer so vorbildlich rechtsstaatlichen Bundesregierung harsch kritisiert wurden und werden. Da fallen dann Begriffe wie “Unrechtsstaat”…
    Bedenkt man, dass Schily als Innenminister auch Verfassungsminister war und hier aber so gar nichts gegen die massenhafte Verletzung des Grundgesetzes einzuwenden hat, ist dieses Interview ein starkes Stück. Und ein Hinweis darauf, warum die SPD kein Interesse an einer weiteren Verfolgung dieses Skandals hat – offenbar war sie in ihrer eigenen Regierungszeit tief in ihn verstrickt.

    Ergänzende Anmerkung C.R.: Die SPD-Spitze sollte sich schnell und unmissverständlich von Schilys Aussagen distanzieren: Zum Beispiel sind „law and order“ keine sozialdemokratischen Werte. Im Gegenteil: Ein Blick in die Geschichte beweist, dass viele Sozialdemokraten unter staatlicher Repression litten.
    Herr Schily scheint die Realität nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen. Es sind staatliche Organe (und ganz offensichtlich nicht lediglich die der USA), die offenbar – wenn den Erkenntnissen des Historikers Foschepoth gefolgt wird – sogar ganz legal die grundgesetzlich garantierten Rechte, z.B. das Postgeheimnis, einschränken. Die offensichtliche Nicht-Souveränität Deutschlands möchte scheinbar keine im Bundestag vertretene Partei thematisieren.

  3. Orwell 2.0
    1. Redezeit: Überwachungsstaat?
      Welche Rechte Geheimdienste in Deutschland haben
      Josef Foschepoth ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Freiburg. Seine StudentInnen können bei ihm das Seminar “Überwachtes Deutschland: Post- und Fernmeldeüberwachung in der alten Bundesrepublik” besuchen. Er hat zur Macht der Westalliierten bis zum Fall der Mauer auch ein Buch geschrieben.
      Seit der NSA-Whistleblower Edward Snowden aufklärte, in welchem Umfang die Deutschen noch heute überwacht werden, sind die Recherchen des Historikers noch gefragter als zu ihrer Veröffentlichung im Jahr 2012. Josef Foschepoth erinnert daran, welche Vereinbarungen und Abkommen deutsche Politiker in den Nachkriegsjahrzehnten unterzeichneten und sagt: “Die NSA darf in Deutschland alles machen. Nicht nur aufgrund der Rechtslage, sondern vor allem aufgrund der intensiven Zusammenarbeit der Dienste, die schließlich immer gewollt war und in welchen Ausmaßen auch immer politisch hingenommen wurde”.
      Quelle: WDR 5
      Und als Podcast: WDR 5 Redezeit: Überwachungsstaat? (Sendung vom 26.07.13) [Audio – mp3]
    2. Wachsam gegen Bespitzelung
      Die öffentliche Empörung über die massenhafte Überwachung der Bevölkerung durch in- und ausländische Geheimdienste reißt nicht ab. Insgesamt mehrere tausend Menschen gingen am vergangenen Sonnabend trotz sommerlicher Höchsttemperaturen in rund drei Dutzend Städten gegen die Datenausspähung durch den US-amerikanischen Geheimdienst NSA und den Bundesnachrichtendienst auf die Straße. Aufgerufen zu den Protesten hatten verschiedene Bürgerrechtsgruppen, Gliederungen von Linkspartei, Piraten und Bündnis 90/Die Grünen sowie Aktivisten der »Occupy«-Bewegung. (…)
      Der ehemalige Bundesinnenminister und SPD-Spitzenpolitiker Otto Schily attackierte hingegen die Überwachungsgegner und unterstellte diesen »teilweise wahnhafte Züge«. »Die größte Gefahr geht vom Terrorismus und von der Organisierten Kriminalität aus«, fabulierte Schily gegenüber dem Spiegel und hob die angebliche Zuständigkeit der SPD im Bereich der Inneren Sicherheit hervor. »Law and Order sind sozialdemokratische Werte«, so der SPD-Rechtsaußen weiter.
      Quelle: junge Welt
    3. Snowdens Vater fordert Straffreiheit von Obama
      Der Vater von Edward Snowden hat US-Präsident Barack Obama in einem Brief dazu aufgefordert, die strafrechtlichen Vorwürfe gegen den flüchtigen Whitsleblower fallen zu lassen. “Wir fordern Sie und den Justizminister auf, die ausstehende Strafanzeige gegen Edward fallen zu lassen”, schrieb Lon Snowdens Anwalt in dem vom Fernsehsender MSNBC veröffentlichten Brief. Er forderte Obama und Justizminister Eric Holder dazu auf, der von Snowden aufgedeckten missbräuchlichen Spionage durch den Geheimdienst NSA mit entsprechenden Gesetzen ein Ende zu bereiten.
      Lon Snowden, der die Enthüllungen seines Sohnes vor drei Wochen als tapfer und ehrenwert bezeichnet hatte, kritisierte die Regierung und den US-Kongress für ihr Vorgehen. Der Eifer der US-Regierung, den Computerspezialisten zu bestrafen, sei skrupellos und unvertretbar. Ziviler Ungehorsam sei nicht die erste, sondern die letzte Option für seinen Sohn gewesen. Die Geschichte der Freiheit sei zudem eine Geschichte des zivilen Ungehorsams.
      Justizminister Eric Holder hatte der russischen Regierung in einem Brief zugesichert, dass die USA für Snowden nicht die Todesstrafe anstrebten und ihn auch nicht foltern würden – falls Russland den 30-Jährigen ausliefere.
      Diesen Brief kritisiert der Anwalt von Snowdens Vater, Bruce Fein, nun scharf: “Heute hat der Justizminister – offenbar in dem Glauben, er sei versöhnlich – gesagt, dass Edward Snowden im Falle einer Übergabe an die USA nicht getötet oder gefoltert werde. Um das als Zugeständnis zu verstehen, muss man schon eine sehr verzerrte Wahrnehmung haben”, sagte Fein.
      Quelle 1: Snowden sen. Brief an Obama [PDF – 74 KB]
      Quelle 2: Brief des US-Justizministers [PDF – 1.1 MB]

      Anmerkung C.R.: Implizit gibt der US-Justizminister damit zu, dass in den USA gefoltert wird. Das ist skandalös.
      Was der Minister hier offenbar zusagte, keine Folter und keine Forderung der Todesstrafe für Edward Snowden, ist in einem modernen, demokratischen Rechtsstaat das selbstverständlichste. Aber gelten diese Zusagen eigentlich über die Amtszeit der Obama-Regierung und dieses Ministers hinaus?

      dazu: Is it Legal Malpractice to Fail to Get Holder to Promise not to Torture your Client?
      One of the things I never expected to read was a promise by any United States official that a potential defendant in a criminal prosecution by our federal courts “will not be tortured.”
      The idea that the Attorney General of the United States of America would send such a letter to the representative of a foreign government, particularly Russia under the leadership of a former KGB official, was so preposterous that I thought the first news report I read about Attorney General Holder’s letter concerning Edward Snowden was satire. The joke, however, was on me. The Obama and Bush administrations have so disgraced the reputation of the United States’ criminal justice system that we are forced to promise KGB alums that we will not torture our own citizens if Russia extradites them for prosecution.
      The standard joke that came to mind when I read Holder’s letter was the bartender who brings out glasses to three customers and asks “which of you ordered his whiskey in a clean glass?” We take it for granted that no restaurant or bar will knowingly serve us our drinks in a dirty glass. I always took it for granted that no U.S. attorney general would knowingly allow a criminal suspect in U.S. custody to be the victim of torture, raped, branded, or a host of other forms of brutality.
      Quelle: New Economic Perspectives

    4. Stephan Hebel – Doppeltes Staatsversagen
      Angela Merkel verhindert nicht nur die notwendige politische Kontrolle von Geheimdiensten und Armee. Sie lässt auch zu, dass beide eng mit Wirtschaftsinteressen verflochten sind. […]
      Der Soziologe Ulrich Beck hat dieser Tage einen anderen Begriff aus derselben Ecke geholt. In einem „taz“-Interview sagte Beck: „Wir haben eine laufende Revolution der IT-Branche und der Kommunikationsmedien in Kooperation mit dem militärisch-industriellen Komplex, die permanent die Grund- und Freiheitsrechte relativiert, aushöhlt oder aufhebt.“
      „Militärisch-industrieller Komplex“? In der alten Bundesrepublik war es allemal die Linke gewesen, die die Wortschöpfung des ehemaligen US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower aufgegriffen hatte. Es ging um Kritik an der engen Verflechtung zwischen der Rüstungsindustrie und dem Militär beziehungsweise den Politikern, die die militärische Ziele definierten. Es ging um die These, dass staatliches Handeln mehr am Profitinteresse der Wirtschaft orientiert sei als am Wohl der ganzen Gesellschaft. Und das, so die von Marx inspirierte Kritik, nicht nur im militärischen Bereich.
      Quelle: Frankfurter Rundschau
  4. Eine beinahe perverse Konstruktion
    Steuerpolitisch waren es vier verlorene Jahre: Die Koalition betreibt kraftvolles Nichtstun – und nimmt noch immer die falschen Steuern ein. Mit fiesen Kniffen belastet das deutsche System ausgerechnet die viel hofierte Mittelschicht am stärksten. Wer arbeitet, muss hohe Steuern zahlen, wer erbt oder beschenkt wird, kommt dagegen günstig davon. Das ist wahrhaft zynisch.
    Quelle: Süddeutsche.de

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Analyse und Empfehlungen von Claus Hulverscheidt von der eigentlich neoliberalen SZ liegen zwischen den Wahlprogrammen von Grünen und der LINKEn. Interessant.

  5. EBA: Wo die bestbezahlten Banker zuhause sind
    Als die Finanzkrise ihren Höhepunkt erreichte, beherrschten Bilder von arbeitslosen britischen Investmentbankern weltweit die Titelseiten. Die Tristesse scheint nun überstanden: Drei Viertel aller hochbezahlten Topbanker in der EU sitzen in den britischen Finanzzentren City of London und Canary Wharf. Das geht aus Statistiken der europäischen Bankenaufsicht EBA hervor, die am Montag in London veröffentlicht wurden. Demnach kamen im Vereinigten Königreich im Jahr 2011 insgesamt 2436 Banker auf einen Jahresverdienst von einer Million Euro oder mehr – gemessen an den 3175 Spitzenverdienern unter Europas Bankern ist das ein Anteil von fast 77 Prozent. Deren Durchschnittsverdienst lag – feste und variable Vergütungen inbegriffen – im Durchschnitt bei 1,44 Millionen Euro. Insgesamt kamen die britischen Banker auf einen Gesamtverdienst von 3,5 Milliarden Euro. Auf Platz zwei, aber weit abgeschlagen hinter den Briten, liegen deutsche Banker, von denen 170 mehr als eine Million Euro verdienten, im Durchschnitt mit 1,84 Millionen Euro indes mehr als ihre britischen Kollegen. Selbst in Krisenländern konnten einige Banker erstaunlich viel verdienen: Besonders in Spanien sind immerhin noch 125 Spitzenbanker Millionäre und verdienten im Durchschnitt je 2,4 Millionen Euro. Für das Jahresende kündigte die EBA einen detaillierten Bericht über die Vergütungspraxis der Banken in der EU an.
    Quelle: Handelsblatt
  6. Geringes Interesse an der Blue Card
    Deutschland sucht händeringend nach Fachkräften. Die Bundesregierung hat zu diesem Zweck die Blue Card eingeführt, die die Zuwanderung erleichtern soll. Doch das Interesse ist gering.
    Deutschland tut sich einem Zeitungsbericht zufolge schwer mit der Anwerbung hoch qualifizierter Zuwanderer. Die vor einem Jahr eingeführte Blue Card, die mehr ausländische Fachkräfte ins Land locken soll, treffe kaum auf Resonanz, berichtete die Zeitung „Die Welt“ (Samstagausgabe). Bis Ende Juni habe das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 8.879 Blue-Card-Inhaber gezählt. Davon seien allerdings nur 2.536 Personen (28,56 Prozent) wegen der Blauen Karte eingereist. Die restlichen Inhaber der Karte haben sich demnach bereits in Deutschland aufgehalten. „Bei den restlichen Inhabern liegt ein Statuswechsel aus einem anderen Aufenthaltsstatus heraus vor“, wird das Bundesamt zitiert.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Wenn man die anzuwerbenden Fachkräfte so vorzüglich behandelt wie die schon vorhandenen – mit ständig sinkenden Löhnen und immer schlechteren Arbeitsbedingungen -, und angesichts der Tatsache, dass es keinen wirklichen Fachkräftemangel gibt und die Wirtschaft stagniert, kein Wunder.

  7. Vertretungslehrer: Sommerferien auf Hartz IV
    Noch nie gab es so viele Vertretungslehrer wie heute. Als Saisonkräfte arbeiten sie ein knappes Jahr, im Sommer beziehen viele Hartz IV. Die Bundesländer halten die Junglehrer hin – und sparen Geld auf Kosten der Sozialkassen. (…)
    Qualifizierte Arbeitskräfte werden so zu Lückenbüßern ohne klare Perspektive, kritisiert auch die Bildungsgewerkschaft GEW. Sie prangert an, dass es einen stabilen Trend zu immer mehr Aushilfslehrern mit Fristverträgen gibt. Zählte die Gewerkschaft in den neunziger Jahren gerade mal rund 10.000 Vertretungslehrer bundesweit, habe sich deren Zahl mittlerweile verfünffacht.
    “Die Länder versuchen heute, nicht mehr die beste Lösung zu finden, sondern die kostengünstigste”, sagt Ilse Schaad, GEW-Expertin für Angestellten- und Beamtenpolitik. Der Vertretungsbedarf in dem großen System Schule sei vorhersehbar. “Wir wissen, dass täglich mehr als tausend Lehrer vertreten werden müssen. Dafür könnte man ohne Weiteres auch unbefristet Lehrer anstellen”, sagt Gewerkschafterin Schaad. (…)
    Viele der zu den Ferien entlassenen Lehrer werden nach den Ferien zwar wieder eingestellt – in der Zwischenzeit ist jedoch die Arbeitsagentur für sie zuständig. Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben die jungen Lehrer meist nicht. Genau wie Annika Weber bleibt ihnen für die Sommerwochen nur Hartz IV und die Hoffnung auf den nächsten Fristvertrag. Und vielleicht, so hofft die examinierte Lehrerin, einmal eine echte Stelle.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung C.R.: Es ist ja schon blamabel, dass Deutschland das einzige Land in Europa mit einem dreigliedrigen Schulsystem ist. Skandalös ist es, wenn die Lehrkräfte um die sozio-ökonomische Existenz fürchten müssen, weil die zuständigen Länder lediglich nach Kassenlage Personal-Entscheidungen treffen.
    Dennoch heißt es, der wichtigste Rohstoff in Deutschland sei das Wissen, da Rohstoffe in der deutschen Erde fehlen. Wie sollen denn jungen Menschen gut lernen und Lehrkräfte gut lehren, wenn die berufliche Perspektive durch die neoliberale Ideologie infrage gestellt wird?

  8. Leiter der Minijobzentrale: Viele Minijobber bekommen ihre Rechte nicht
    Bezahlter Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall: Das sind Arbeitnehmerrechte, die auch Minijobbern zustehen. Eigentlich. Denn oft werden sie ihnen nicht zugestanden, kritisiert der Leiter der Minijob-Zentrale Erik Thomsen.
    Der Leiter der Minijobzentrale, Erik Thomsen, hat Arbeitgeber kritisiert, die Mini-Jobbern ihre Arbeitnehmerrechte vorenthalten. Es sei ein Problem, „dass fast die Hälfte der Mini-Jobber nicht die Rechte bekommen, die ihnen zustehen: bezahlten Urlaub und Lohnfortzahlung bei Krankheit. Da muss sich etwas ändern“, forderte Thomsen im Interview mit dem Berliner “Tagesspiegel”.
    Quelle: Der Tagesspiegel
  9. Nur als Sklaven erwünscht
    Das niedersächsische Steinfeld ist mit der Versorgung obdachloser Rumänen und Bulgaren überfordert. Als Lohnsklaven der Fleischindustrie sind sie beliebt.
    Alarm schlägt die Bürgermeisterin der niedersächsischen Gemeinde Steinfeld, nahe Vechta: Zehn bis 15 Menschen leben dort im Wald, in selbst gebastelten Behausungen oder schlafen unter der Dorflinde. Die Kommune sei davon überfordert, sagt Bürgermeisterin Manuela Honkomp und wandte sich an den Landkreis, an Bundes- und Europaabgeordnete. Das Problem: Die Obdachlosen im Wald sind hauptsächlich Rumänen und Bulgaren und haben keinen Anspruch auf Sozialleistungen…
    Doch Rumänen und Bulgaren sind EU-Bürger, die Freizügigkeit genießen. Erst, wenn die Ausländerbehörde ihnen diese individuell aberkennt, dürfen sie sich nicht mehr in Deutschland aufhalten. Dass sie keine Flüchtlinge sind, sondern EU-Ausländer, ist gerade das Problem: Sie haben keinen Anspruch auf soziale Sicherung
    Quelle: taz

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Natürlich ist es richtig, diesen Menschen auch mit Sozialleistungen helfen zu wollen. Was aber überhaupt nicht angehen kann, dass sie für ein Taschengeld angestellt werden, der Arbeitgeber die Profite einsteckt und die Kommune – also die öffentliche Hand – die Existenz sichern soll. Mir ist nicht klar, wie so ein Wirtschaftssystem heißt oder funktionieren soll – Kapitalismus ist es nicht, denn da gibt es einen echten Arbeitsmarkt und Löhne vom Arbeitgeber. Dass solche Zustände überhaupt geduldet werden und es immer noch keinen Existenz sichernden Mindestlohn gibt, ist für mich nicht begreifbar.
    Und ebenfalls unfassbar: die taz gibt brav die Firmenverlautbarung weiter, dass Steinemann “Schwierigkeiten” habe, “in der Region genügend Arbeitskräfte zu finden”. Hmm… wenn sie einen echten Arbeitslohn zahlen würde – sagen wir, 12 Euro pro Stunde, gäbe es das Problem nicht.
    Menschen für 3 Euro pro Stunde in diese schlimme Arbeit zu locken, mag “schwierig” sein.

    Passend dazu: Die miesen Geschäfte der deutschen Schlachthöfe
    Mit billigen Arbeitskräften aus Osteuropa sparen viele deutsche Schlachthöfe offenbar Personalkosten – und ziehen so an der Konkurrenz aus Frankreich, Belgien und Österreich vorbei, wie die “Welt” berichtet. Aber die Kritik an der umstrittenen Geschäftspraxis wird immer lauter – auch in Deutschland. Die Gewerkschaft prangert die Personalpolitik der Unternehmen als “organisierte Lohndrückerei” an. Der Chef des österreichischen Verbandes der landwirtschaftlichen Veredelungsproduzenten, Hans Schlederer, nennt im Gespräch mit der Zeitung die Arbeitsbedingungen in der Bundesrepublik sogar “moderne Sklaverei”.
    Quelle: T-Online

  10. Sylt kämpft gegen die Vertreibung der Einheimischen
    Gerade die einheimischen Inselbewohner können immer häufiger der Versuchung nicht widerstehen die eigene Immobilie zu Höchstpreisen zu verkaufen. Die Millionäre wünschen allerdings in den meisten Fällen die perfekt ausgestattete Immobilie, in die man nur noch einziehen muss. Für ein “normales” Reihenhaus in List oder Hörnum geben die “Urlauber” ihre Millionen allerdings nicht aus. Die angebotenen Summen sind jedoch trotzdem eine extreme Verlockung der echten Sylter, sich vom Eigenheim zu trennen. In der Folge sind die Einheimischen im Sommer die Exoten auf der
    eigenen Insel und im Winter die Wenigen, in deren Häusern und Wohnungen ein Licht brennt. Die Schulen mangels Kindern geschlossen werden und den Vereinen laufen die Mitglieder davon.
    Die Gemeinden der Insel proben nun den Aufstand. Durch das geänderte Baurecht ist nun für jeden, der auf Sylt bauen will, eine Dauerwohnpflicht vorgeschrieben. Die “Einwanderer” müssen sich auf der Insel mit ihrem Erstwohnsitz anmelden und das ganze Jahr dort wohnen. Wer trotzdem nur einen Zweitwohnsitz anmeldet, muss sein Eigentum zur Ferienvermietung anbieten. Ob dies den Millionären gefällt, oder ob sie dies auch umsetzen bleibt zu bezweifeln. Die Makler beklagen das sinken der Immobilienpreise auf Sylt durch die Verpflichtung dauerhaft auf der Insel zu wohnen, jedoch bleibt auch hier anzuzweifeln ob dieser Umstand die auf Sylt ansässigen Makler in die Armut treiben wird..
    Quelle: Infoportal Nordfriesland
  11. Chinesische NGO: Bericht enthüllt schwere Missstände bei Apples Zulieferern
    Apple hatte die Kritik an den Arbeitsbedingungen bei seinem größten Zulieferer Foxconn ernst genommen, sich vor Ort umgesehen und teilweise Auftrage an neue Firmen vergeben. Jetzt stellt sich aber heraus, es hat sich kaum etwas geändert.
    Im Gegenteil: Die Arbeitsbedingungen in den chinesischen Fabriken, die Apple-Produkte wie iPad und iPhone herstellen, sind schlimmer als bislang bekannt. Das behauptet ein umfangreicher Report der Nichtregierungsorganisation China Labor Watch (CLW), der diese Woche veröffentlicht werden soll. Der SPIEGEL hat zudem vor Ort in Shanghai recherchiert und Autoren des Reports getroffen.
    Die Vertragsfabriken von Apple verstoßen laut CLW systematisch gegen chinesisches Arbeitsrecht. Mehr als 10.000 Schüler und Studenten müssen in den Fabriken unter teils gefährlichen Umständen arbeiten, so der Report. Vermittelt werden sie von ihren Lehrern und Schulen, die angeblich einen Teil des Lohns für sich einbehalten.
    Quelle: SPIEGEL Online
  12. Der Tod ist ein Meister aus Deutschland
    »Wir haben im Schädel nur ein Wort: Export! Export!« schrieb Theobald Tiger, alias Kurt Tucholsky, 1931 in der Weltbühne. Gut achtzig Jahre später ist die deutsche Rüstungsindustrie vollauf bemüht, dieses kritische Aperçu zu verifizieren, indem sie mittlerweile im weltweiten Vergleich auf Platz drei im globalen Geschäft mit dem Tod vorgerückt ist. Jürgen Grässlin, Sprecher der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) und anderer rüstungskritischer Organisationen, Gründungs- und Vorstandsmitglied des RüstungsInformationsBüro e. V. in Freiburg und seit den 1990er Jahren profiliertester deutscher Rüstungsgegner, hat diesen Skandal zum Anlass genommen, sein »Schwarzbuch Waffenhandel« vorzulegen.
    …niemand, der sich fundiert und seriös mit dem »trüben Geschäft«, als das der eingangs genannte Kurt Tucholsky den »wüsten Waffenhandel« apostrophiert, auseinandersetzen will, (kommt) an Jürgen Grässlins Schwarzbuch vorbei.
    Quelle: Ossietzky
  13. Kampf um Ressourcen
    „In Syrien habe ich mit Oppositionellen gesprochen, die sagen, dass sich nach ihrer Einschätzung Syrien immer mehr in eine Art Somalia verwandelt. Das heißt, es gibt Gebiete, die unter Kontrolle von bewaffneten Gruppen sind. Von Warlords, also kleinen Kriegsfürsten, die ein bestimmtes Gebiet für sich beanspruchen. Sie geben sich mit der Besetzung und Kontrolle von zB. einer Ölquelle oder dem Zugang zu Wasser zufrieden, weil sie damit Geld machen können. Für das Geld bekommen sie von irgendwoher Waffen, womit sie diese Ressourcen verteidigen können. Dies hat eigentlich nichts mehr mit den Gründen zu tun, aus denen möglicherweise Leute am Anfang des Krieges gesagt haben: wir benötigen Waffen, um das Regime zu bekämpfen. Sondern es findet eine Fragmentierung des Landes und von Gebieten statt, in denen bewaffnete Gruppen, also Kriegsfürsten, die Kontrolle übernehmen.“
    Quelle: Weltnetz.tv

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