Hinweise des Tages

Jens Berger
Ein Artikel von:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Bundestagswahl
  2. Syrien
  3. Orwell 2.0
  4. umFAIRteilen
  5. Europa weiter in der selbstverschuldeten Austeritäts-Rezession – und kein Ende in
  6. Fünf Jahre Lehman-Pleite
  7. Bankenunion
  8. Merkelnomics
  9. Volkswagen spart an den Speckreserven
  10. Central bankers have given up on fixing global finance
  11. Gewerkschaftskampagne gegen Ausbeutung
  12. Attac kritisiert Übernahme von Rhön-Krankenhäusern durch Fresenius
  13. Reform der polnischen Rente
  14. Aktham Suliman: Ausstieg bei Al-Jazeera
  15. TV-Tipp: Strippenzieher aus der Wüste
  16. Gedenken an Lothar Bisky: “Als wäre diese Welt gar nicht die deine”
  17. zu guter Letzt: Karlsruhe is ned Bayern

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Bundestagswahl
    1. Christoph Butterwegge: Warum Arme nicht mehr zur Wahl gehen
      Wahlabstinenz ist häufig die Konsequenz einer prekären Existenz. Arme werden nicht bloß sozial ausgegrenzt, sondern auch politisch ins Abseits gedrängt. Bei der offenbar seit geraumer Zeit zunehmenden „Politikverdrossenheit“ sozial Benachteiligter handelt es sich eher um die Folge einer sich als Repräsentationskrise manifestierenden Ungerechtigkeit im Hinblick auf die Verteilung von materiellen Ressourcen, Finanzmitteln und begehrten Gütern. Wenn eine Steuerpolitik zugunsten Wohlhabender und Reicher gemacht und der Sozialstaat zerstört wird, geht bei den Armen das Vertrauen in die Institutionen des parlamentarisch-demokratischen Repräsentativsystems zurück. Die daraus resultierende Neigung, sich nicht mehr (regelmäßig) an Wahlen und Abstimmungen zu beteiligen, stärkt wiederum jene politischen Kräfte, die um eine Sicherung der Privilegien mächtiger Interessengruppen bemüht sind. So entsteht ein Teufelskreis sich wechselseitig verstärkender Wahlabstinenz sozial Benachteiligter und einer deren Interessen vernachlässigenden Regierungspraxis.
      Quelle: Focus
    2. “Schlandkette” statt Umfairteilen-Kampagne
      Warum zwei Wochen vor den Wahlen das Thema soziale Gerechtigkeit die Parteien nicht unter Druck setzt
      “Tausende Menschen gehen für eine sozialere und gerechtere Steuerpolitik auf die Straße”, kommentierte die globalisierungskritische Organisation Attac den heutigen Aktionstag Umfairverteilen.
      Eine beachtliche Zahl von Organisationen, die zusammengerechnet eine Mitgliederzahl in Millionenhöhe besitzen dürften, rufen dazu auf, dass Reichtum stärker besteuert wird. Ihre grundsätzlichen Überlegungen kann wohl niemand ernsthaft bestreiten und werden auch immer wieder durch Gutachten und mehr noch durch die Realität bestätigt.
      “Die Finanz-, Wirtschafts- und Eurokrisen der letzten Jahre haben die Schuldenberge der öffentlichen Hand weiter in die Höhe schnellen lassen. Dies untergräbt den politischen Gestaltungsspielraum unserer Demokratie und unseres Sozialstaates! Bund, Ländern und Kommunen fehlt das Geld, notwendige öffentliche und soziale Leistungen zu erbringen, ausreichend in Infrastruktur, Bildung und ökologischen Umbau zu investieren und mehr Mittel für den internationalen Ausgleich zwischen Arm und Reich bereit zu stellen.”
      Quelle: Telepolis
  2. Syrien
    1. Vorauseilender Gehorsam“
      Sabine Schiffer über die Berichterstattung im Syrienkrieg
      Mutmaßlich“, „Bilder aus nicht gesicherten Quellen“ – viele Medien nutzen emotionale Bilder, deren Herkunft und Inhalt nicht gesichert sind und vermitteln dennoch den Eindruck, objektiv zu berichten. Weltnetz.tv sprach mit Dr. Sabine Schiffer (Institut für Medienverantwortung) über Parteinahme der Medien, den Einfluß von Lobbyorganisationen und den Konkurrenzdruck der Redaktionen.
      Quelle: Weltnetz.tv
    2. Konstantin Weckers Brief an Obama
      Ist es sinnvoll, offene Briefe an Politiker zu schreiben, die diese wahrscheinlich nie zu sehen bekommen? Die Frage ist falsch gestellt. Da die NSA buchstäblich alles überwacht und liest, warum sollte ihr ausgerechnet dieser Brief Konstantins entgehen? Die Frage, die er stellt, können sich die Observierenden gern zu Gemüte führen: Besitzen die USA die moralische Glaubwürdigkeit, um Kriege aus “ethischen Gründen” zu führen?

      Sehr geehrter Herr Obama,
      die USA sind eine extrem polarisierte Gesellschaft. Das Beste und das Schlechteste im Menschen scheint hier voll entwickelt, und eine Geschichte des Landes Amerika, die ich liebe, gibt es selbstverständlich auch. Es ist die Geschichte von Janis Joplin und Joan Baez, die Geschichte von Rosa Parks und Martin Luther King, Sacco und Vanzetti und Noam Chomsky und viele, viele andere mehr. Die Amerikanische Verfassung war mit ihrem radikalen Gleichheitsversprechen der Welt ein demokratisches Vorbild. Und ich hätte gehofft, Sie, Barack Obama, seien ein Teil dieser fortschrittlichen US-Geschichte und würden ihr einen neues, stolzes Kapitel hinzufügen. Ich habe mich leider getäuscht.
      Nun schreibe ich diese Zeilen als Deutscher. Und ich glaube sicher nicht, dass dieses Land und seine Machthaber irgendwie besser wäre als das ihre. Keine Nation der Erde hat mehr Grund als wir, sich auf alle Zeiten aus allen Kriegen auf der Welt herauszuhalten. Aber auch die US-Amerikaner hätten Gründe genug.
      Völlig zu Recht sind Sie, Barack Obama, der Meinung, dass in Syrien mit der Ermordung vieler Zivilisten durch Giftgas eine rote Linie überschritten wurde. Auch wenn ich persönlich glaube, das passt nahtlos in die endlose Reihe manipulierter Kriegsgründe – beweisen kann ich das natürlich nicht. Unabhängig davon allerdings wäre diese Erkenntnis doch ein guter Anlass, die jüngere Geschichte Ihres Landes daraufhin zu untersuchen: Wann wurde die rote Linie in den Kriegseinsätzen der USA überschritten?

      Quelle: Hinter den Schlagzeilen

    3. Wessen rote Linie?
      US-Präsident Barack Obama warnte vor einem Jahr Syrien vor einem Giftgaseinsatz. Gegenüber Iran ist er vorsichtiger, obwohl Israel drängt
      Für seine Kriegsdrohungen gegen Syrien beruft US-Präsident Barack Obama sich auf eine »rote Linie«, die er selbst am 20. August 2012 – fast genau ein Jahr vor dem Giftgaseinsatz in der Umgebung von Damaskus – definiert hatte. Damals antwortete er während einer Pressekonferenz auf eine gezielte Frage nach Militärschlägen gegen Syrien: »Wir haben es dem Assad-Regime, aber auch anderen Akteuren in der Region, sehr klar gemacht, daß eine rote Linie für uns überschritten wäre, wenn wir sehen, daß größere Mengen von chemischen Waffen herumtransportiert oder eingesetzt werden. Das würde meine Einschätzung der Lage und mein Herangehen ändern.«

      Quelle: junge Welt

      Anmerkung C.R.: Noch ist nicht klar, wer das Giftgas in Syrien eingesetzt hatte (die UN-Inspekteure hatten keinen entsprechenden Auftrag erhalten), da wird nun deutlich, dass der Iran weiterhin unter Beobachtung steht.

  3. Orwell 2.0
    1. Zusammenarbeit mit der NSA: Verfassungsschutz hat im letzten Jahr 864 Datensätze übermittelt, Pofalla sagte zwei
      Im letzten Jahr hat das Bundesamt für Verfassungsschutz der amerikanischen NSA ganze 864 Datensätze übermittelt. Das berichten NDR und Süddeutsche unter Berufung auf ein als geheim eingestuftes Papier. Das steht im Widerspruch zu Aussagen von Kanzleramt-Chef Pofalla, der bisher nur zwei Datensätze zugegeben hat.
      NDR und Süddeutsche haben neue Informationen zur Zusammenarbeit von Verfassungsschutz und NSA.
      Quelle: Netzpolitik.org
    2. Überwachung: NSA späht internationalen Zahlungsverkehr aus
      Der US-Geheimdienst NSA interessiert sich für den weltweiten Zahlungsverkehr, unter anderem von Visa. Nach SPIEGEL-Informationen wurde eine eigene Finanzdatenbank aufgebaut, um den Datenfluss kümmert sich auch eine Abteilung für “maßgeschneiderte Operationen”.
      Der Militärgeheimdienst NSA überwacht weite Teile des internationalen Zahlungsverkehrs sowie Banken und Kreditkartentransaktionen. Das geht aus Unterlagen aus dem Archiv von Edward Snowden hervor, die der SPIEGEL einsehen konnte. Danach ist ein NSA-Zweig namens “Follow the Money” für das Ausspähen von Finanzdaten zuständig. Die dort gewonnenen Informationen fließen in eine NSA-eigene Finanzdatenbank namens “Tracfin”. 2011 enthielt sie 180 Millionen Datensätze. Beim Gros der Daten, 84 Prozent, handelte es sich um Kreditkartendaten. Wie aus weiteren NSA-Dokumenten aus dem Jahr 2010 hervorgeht, nimmt der Geheimdienst dafür auch die Zahlungsabwicklung großer Kreditkartenfirmen wie Visa ins Visier. So beschrieben NSA-Analysten auf einer internen Konferenz im Jahr 2010 ausführlich und detailliert, wie sie im komplexen Netz, über das der US-Konzern seine Transaktionen abwickelt, nach möglichen Anzapfpunkten forschten – angeblich erfolgreich.
      Quelle: Spiegel Online
    3. NDR-Journalist von der CIA ausgespäht
      Der Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, hat dem NDR Reporter Stefan Buchen in einem langen Telefonat versichert, dass das Bundesamt keine Informationen über ihn an die CIA weitergegeben habe. Eine entsprechende Anfrage der CIA habe man unbeantwortet gelassen, da es sich verbiete, Daten über einen Journalisten weiterzugeben. Auch seien in den elektronischen Systemen des Bundesamtes keine Informationen zu Stefan Buchen gespeichert. Unbestritten ist allerdings, dass sich, wie vom Nachrichtenmagazin “Der Spiegel” gemeldet, in den Akten des Bundesamtes zwei Schreiben der CIA finden. Sie dokumentieren, dass der amerikanische Geheimdienst den Journalisten, der unter anderem für Panorama und ZAPP tätig ist, ausgeforscht hat.Im zweiten Schreiben etwa loben die Amerikaner die gute Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz und bitten erneut um Informationen zu mehreren Personen, unter anderem den “Journalisten Stefan Buchen”, um zu klären, welcher dieser “Kandidaten” sich am meisten für eine weitere Ausforschung lohne. Ob es dabei um die Anwerbung von Mitarbeitern oder ein anderes Ziel ging, ist nicht erwähnt. Interessant für die CIA könnte Buchen sein, weil er als investigativer Journalist regelmäßig in Länder wie Afghanistan und den Jemen reist, die Landessprachen beherrscht und von dort auch über Islamisten berichtet.
      Quelle: NDR.de
    4. New NSA Leak Shows MITM Attacks Against Major Internet Services
      The Brazilian television show “Fantastico” exposed an NSA training presentation that discusses how the agency runs man-in-the-middle attacks on the Internet. The point of the story was that the NSA engages in economic espionage against Petrobras, the Brazilian giant oil company, but I’m more interested in the tactical details.
      The video on the webpage is long, and includes what I assume is a dramatization of an NSA classroom, but a few screen shots are important. The pages from the training presentation describe how the NSA’s MITM attack works:
      However, in some cases GCHQ and the NSA appear to have taken a more aggressive and controversial route — on at least one occasion bypassing the need to approach Google directly by performing a man-in-the-middle attack to impersonate Google security certificates. One document published by Fantastico, apparently taken from an NSA presentation that also contains some GCHQ slides, describes “how the attack was done” to apparently snoop on SSL traffic. The document illustrates with a diagram how one of the agencies appears to have hacked into a target’s Internet router and covertly redirected targeted Google traffic using a fake security certificate so it could intercept the information in unencrypted format.
      Documents from GCHQ’s “network exploitation” unit show that it operates a program called “FLYING PIG” that was started up in response to an increasing use of SSL encryption by email providers like Yahoo, Google, and Hotmail. The FLYING PIG system appears to allow it to identify information related to use of the anonymity browser Tor (it has the option to query “Tor events”) and also allows spies to collect information about specific SSL encryption certificates.
      It’s that first link — also here — that shows the MITM attack against Google and its users.
      Another screenshot implies is that the 2011 DigiNotar hack was either the work of the NSA, or exploited by the NSA.
      Here’s another story on this.
      Quelle: Bruce Schneier
    5. Wahrheit gesagt und weggesperrt
      Barrett Brown hat geheime Informationen über private US-Sicherheitsfirmen veröffentlicht. Deshalb könnte er den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen.
      Genau ein Jahr ist es her, als am 12. September 2012 FBI-Beamte die Wohnung Barrett Browns stürmten, ihm Handschellen anlegten und ihn in das Gefängnis von Dallas, Texas, brachten. Dort sitzt der 32-Jährige heute noch.
      Dem Autor, der für den Guardian und die Vanity Fair schrieb, droht ein Strafmaß von mehr als 100 Jahren Haft für seine politisch brisanten Recherchen im Zusammenhang mit geheimen Informationen privater US-Sicherheitsfirmen. Kritiker sehen darin einen weiteren Beweis für die Härte, mit der die Obama-Regierung gegen Enthüllungsaktivitäten vorgeht.
      Brown gilt als Experte für das Hackerkollektiv Anonymous. Wegen seiner politischen Nähe wurde er gelegentlich auch als deren Sprecher zitiert. Die Vergehen, derentwegen er angeklagt wird, umfassen 17 Punkte. Neben der Bedrohung eines FBI-Ermittlers in einem Youtube-Video geht es vor allem um eine bereits öffentlich zugängliche URL-Adresse mit gehackten Informationen der US-Sicherheitsfirma Stratfor, die Brown in einem Chatforum postete. Weil das Dokument auch gestohlene Kreditkartendaten enthält, wird ihm auch vorgeworfen, Kreditkartenbetrug begangen zu haben.
      Vor seiner Verhaftung untersuchte Brown Millionen interne E-Mails von Stratfor, die ihm zugespielt und später von Wikileaks veröffentlicht wurden. Bereits 2011 wertete er tausende E-Mails aus, die Anonymous zuvor von der privaten Sicherheitsfirma HBGary Federal gehackt hatte.
      Quelle: taz.de
    6. Passend dazu: Barrett Brown: womöglich 105 Jahre Gefängnis für das Teilen eines Links
      Der amerikanische Journalist und Aktivist Barrett Brown sitzt seit über einem Jahr im Gefängnis. Er sieht sich mit Anklagen konfrontiert, welche ihn in Addition der einzelnen Strafmaße für 105 Jahre ins Gefängnis bringen würden. Sein Verbrechen: er veröffentlichte einen Link zu einer Reihe geheimer Daten, welche enge Beziehungen zwischen der amerikanischen Regierung und privaten Sicherheitsfirmen aufzeigten.
      Die New York Times beschreibt Barrett Brown als einen Journalisten der die “Konflikte und Widersprüche des Journalismus in der digitalen Ära” aufzeigt. Brown schrieb unter anderem für Vanity Fair, die Huffington Post und den Guardian. Mindestens so sehr wie als Journalist sei Brown jedoch auch als Aktivist aktiv gewesen. Unter anderem war er in der Vergangenheit Sprecher von Anonymous. Seine Interesse war jedoch immer dasselbe, egal ob als Journalist oder Aktivist: die Verwicklungen amerikanischer Sicherheitsbehörden mit Unternehmen aus der Privatwirtschaft aufzeigen und anprangern.
      Quelle: Netzpolitik.org
  4. umFAIRteilen
    1. Macht es wie Helmut!
      Am Wochenende wollen Tausende Menschen für höhere Steuerbelastungen demonstrieren. Es gab schon mal gerechtere Zeiten – da war Helmut Kohl an der Macht
      Die Steuerbelastung ist unfair. Das finden zumindest die 130.000 Menschen, die den Aufruf des Bündnisses “umFAIRteilen” unterzeichnet haben. Sie verlangen, die Vermögensteuer wieder einzuführen und härter gegen Steuerbetrug vorzugehen. An diesem Samstag ruft das Bündnis in Bochum und Berlin auch zu Protesten auf. Die Organisatoren rechnen mit mehr als 10.000 Demonstranten. Mit dabei sind etwa das globalisierungkritische Netzwerk Attac, der Paritätische Gesamtverband und der Bundesverband der Migrantinnen. Aber wie ist die Steuerbelastung heute genau? Wer will was wie ändern? Und wie war das eigentlich in den Zeiten als Helmut Kohl regierte, also von 1982 bis 1998? Der Überblick:
      Quelle: taz.de

      Anmerkung Volker Bahl: Angesichts der Demonstrationen in Berlin und Bochum von dem Bündnis “UmFairTeilen” hat die TAZ – sehr verdienstvoll gegenüber allem unqualifizierten Dahergerede – einmal die wichtigen Steuersätze bei der Einkommenssteuer, der Körperschaftssteuer, der Kapitalertragssteuer sowie der Vermögenssteuer im Zeitvergleich vorgestellt. Das wichtigste Ergebnis : Fast keine politische Gruppierung wagt es heute, Steuersätze (wieder)einzuführen, wie sie unter dem Bundeskanzler Helmut Kohl galten (= Daher die Überschrift : “Macht es wie Helmut !” ) – auch nicht das Bündnis “UmFairTeilen” ! Und an sehr entscheidenden Stellen der Steuersenkung stand Peer Steinbrück als Finanzminister der Großen Koalition (Körperschaftssteuer und Kapitalertragssteuer!) Am radikalsten ist noch die Gewerkschaft Verdi die einen Spitzensteuersatz bei der Einkommenssteuer von 53 Prozent – wie unter Kohl – wieder fordert.

    2. Ursula Engelen-Kefer: “Wer ist systemrelevant, Banken oder Menschen?”
      Eine Woche vor den nächsten Bundestagwahlen fanden am 14. September Demonstrationen des Bündnisses Umfairteilen in Bochum, Berlin, Regensburg und Saarbrücken statt. Insgesamt nahmen daran etwa 15.000 Menschen teil, davon 3.000 in Berlin. Beteiligt an diesem Bündnis sind Attac, Gewerkschaften, Sozialverbände und weitere NGOs. Zielrichtung ist die Bekämpfung der Ungerechtigkeiten in der Verteilung von Einkommen und Vermögen durch eine einmalige Vermögensabgabe und die dauerhafte Besteuerung von Vermögen. Damit sollen die Defizite bei öffentlichen Gütern, Dienstleistungen und Investitionen geschlossen werden, aber auch der seit Jahren anhaltende Sozialabbau bei Arbeitsbedingungen, Arbeits- und Sozialrecht, Sozialer Sicherheit sowie sonstigen Sozialleistungen gestoppt und umgekehrt werden. Auftaktredner für die Demonstration in Berlin waren: Andrea Kocsic, Stellvertretende Vorsitzende von Verdi, Friedhelm Hengsbach, Jesuitenpater, Ursula Engelen-Kefer, Sozialverband Deutschland…Wir dokumentieren unten die Rede Ursula Engelen-Kefers: Die Bundestagswahl wird entscheiden: Wer ist systemrelevant, Banken oder Menschen? Was der Neoliberalismus – in verschärfter Form nach dem Fall der Mauer zwischen West und Ost – beim Sozialabbau nicht geschafft hat, erledigt jetzt eine entgrenzte Finanzindustrie für ganz Europa…
      Quelle: Wirtschaft und Gesellschaft
  5. Europa weiter in der selbstverschuldeten Austeritäts-Rezession – und kein Ende in
    Die Daten, die gestern über Europa herauskamen, zeigen das ganze Elend der europäischen Politik. Die europäische Industrieproduktion ist erneut deutlich gesunken, insbesondere die Produktion von Investitionsgütern ist eingebrochen. Das Niveau der Produktion liegt heute nur so hoch wie vor zehn Jahren. Das ist dramatisch, belegt es doch kurz vor der Wahl in Deutschland, wie die von Deutschland inspirierte Austeritätspolitik den Kontinent ins Elend geführt hat.

    Das ist also erfolgreiche Politik à la Merkel und Schäuble. Zwei Jahre abwärts ohne Hoffnung auf eine Besserung. Das ist sicher Weltrekord…
    Bitter bei all dem ist, dass weder in den anderen Ländern noch bei den größten Oppositionsparteien in Deutschland diese vernichtende Bilanz zum Anlass genommen wird, die deutsche Vorherrschaft und das von Deutschland verordnete Vorgehen fundamental in Frage zu stellen.
    Quelle: Flassbeck Economics

  6. Fünf Jahre Lehman-Pleite
    1. “Viele Banken sollten schließen”
      Fünf Jahre nach der Lehman-Pleite spielen Staat und Banken immer noch mit viel zu hohem Risiko, warnt Finanzmarktexperte Martin Hellwig.
      Interview mit Ulrike Herrmann
      „Viele Banken sitzen noch auf Papieren, die weniger wert sind, als in den Büchern steht. Dazu gehören Immobilienkredite, Staatsanleihen – und Schiffskredite, die eine besondere deutsche Spezialität sind… Wenn die Verluste aufgedeckt werden, wird der Staat wieder einspringen oder die Banken schließen müssen…
      Insgesamt schätze ich die bisherigen Kosten auf etwas weniger als 70 Milliarden Euro. Bei der Commerzbank sind es 3 bis 6 Milliarden, 9 Milliarden waren es bei der IKB. Die Hypo Real Estate hat bisher mindestens 12 Milliarden gekostet, und bei der WestLB sind 18 Milliarden aufgelaufen, wie NRW-Finanzminister Walter-Borjans angibt…
      Wenn eine neue Krise kommt, sind die Banken schnell wieder konkursreif und müssen vom Staat gerettet werden, weil der Verlustpuffer nicht ausreicht. Die Deutsche Bank hat momentan eigenes Kapital von etwa 3 Prozent – die restlichen 97 Prozent der Bilanzsumme werden durch Schulden finanziert, wie bei Lehman Brothers. Erst bei einem Eigenkapital von 20 bis 30 Prozent wären die Banken und das Finanzsystem einigermaßen sicher…
      Aber viele Banken sind nicht profitabel und sollten geschlossen werden. Wir haben zu viele Banken, die nur mit Zocken über die Runden kommen…“
      Quelle: taz

      Anmerkung WL: Zum Argument Hellwigs, dass die „staatlich kontrollierten“ Banken die größten Verluste eingefahren hätten, siehe z.B. warum die IKB keine öffentliche Bank war und hier [PDF – 192 KB] oder hier „Die Landesbanken sind die schlimmsten“ oder hier „Die für NRW schwerwiegendste Fehlentscheidung des Herrn Rüttgers

    2. «Banken immer noch too big to fail»
      Thomas Jordan, Präsident der Schweizerischen Nationalbank, erläutert im Interview mit der «Finanz und Wirtschaft», dass er insolvente Banken im Notfall in den Konkurs schicken will.
      Quelle: Finanz und Wirtschaft
    3. Boom – Blase – Crash
      Fünf Jahre ist es jetzt her, dass die Banken krachten: Am 15. September 2008 brach an der Wall Street die Investmentbank Lehman Brothers zusammen. Ihr Bankrott sandte Schockwellen durch das internationale Finanzsystem. Binnen Tagen und Wochen standen weltweit Dutzende weiterer internationaler Großbanken vor dem Aus. Alles schrie nach dem Staat und die Staaten spielten Feuerwehr. Dabei hatte das große Bankenretten schon im Jahr zuvor begonnen. Doch nun ging es erst richtig los, im ganz großen Stil. Was zunächst wie eine Serie von lokalen Insolvenzen britischer und amerikanischer Banken und Finanzinvestoren ausgesehen hatte, verwandelte sich nach dem Lehman-Crash binnen Wochen in eine Weltfinanzkrise, eine globale Börsen-, Banken- und Kreditkrise, die die gesamte Weltwirtschaft in den Abgrund zu reißen drohte.
      Im November 2008, bei der Eröffnung eines neuen Gebäudes der London School of Economics, seufzte Ihre Majestät, die Königin: „Why did nobody see it coming?“ Gute Frage. Warum hat keiner der hochgelehrten Ökonomen, keiner der Hohepriester der neoliberalen Weltordnung, etwas geahnt von dem großen Krach? Warum hat niemand das Platzen der Spekulations- blasen und die Implosion der Weltfinanz kommen sehen und rechtzeitig davor gewarnt?
      Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik
    4. Hedgefonds sind die Gewinner der Lehman-Pleite
      Bei der legendären Pleite von Lehman Brothers haben sich Investoren, Angestellte und viele andere die Finger an den einst hochbewerteten Wertpapieren der Investmentbank verbrannt. Doch fünf Jahre später zeigt sich, dass es einigen Hedgefonds gelungen ist, aus dem Zusammenbruch der Bank noch Profit zu schlagen. […]
      Der Hedgefonds Elliott, der als Lehman-Kunde schon Gläubiger war, als die Bank Insolvenz anmeldete, kaufte 2011 binnen zwei Monaten ausstehende Forderungen mit einem Nennwert von 587 Millionen Dollar auf, wie aus offiziellen Dokumenten hervorgeht. Die Firma, die rund 21 Milliarden Dollar verwaltet, besitze Schuldpapiere der Pleitebank mit ganz unterschiedlichem Rang, sagen Insider. Die Angestellten, die das Geschäft mit den Lehman-Forderungen betreuen, wachten wie Schießhunde darüber, sagt einer von ihnen. Paulson, der schon lange mit unbesicherten Anleihen bei Lehman investiert war, habe in den vergangenen zwei Jahren mehr als 4 Milliarden Dollar in Lehman-Forderungen investiert, sagen mit der Sache vertraute Personen. Die Firma war maßgeblich an den Verhandlungen beteiligt, die schließlich zum Abschluss eines allgemein akzeptierten großen Abwicklungs- und Verteilungsplans für die gescheiterte Investmentbank führte. Weitere Investmentfirmen wie Halcyon Asset Management und King Street Capital Management hätten ebenso mit Lehman-Forderungen Geld verdient.
      Quelle: Wall Street Journal
  7. Bankenunion
    1. Auf dem Weg zur Europäischen Bankenunion?
      Mit dem Zusammenbruch der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers vor fünf Jahren nahm die Immobilien- und Hypothekenkrise eine neue Qualität an: Die Pleite der US-Bank wurde zum Auslöser und zugleich Verstärker einer internationalen Finanz- und Bankenkrise.
      Die Insolvenz des Instituts war jedoch nicht der Dominostein, der die Krise in Gang setzte. Vorauslaufende Warnsignale gab es selbst im Bankensektor reichlich: Da ist die Fast-Insolvenz der IKB Deutsche Industriebank, die Ende Juli 2007 vom Staat gerettet werden musste. Die US-Investmentbank Bear Stearns löste zwei Hedge-Funds auf, die in Hypothekenpapiere überinvestiert hatten. Die französische Großbank BNP Paribas setzte Rückzahlungen auf drei Investmentfonds aus. Anfang 2008 wurde die britische Northern Rock von der Regierung übernommen. Vor der Lehman-Pleite wurden die beiden US-Hypoinstitute Freddie Mac und Fannie Mae unter staatliche Kontrolle gestellt.
      Durch staatliche Interventionen in mehreren Ländern wurde ein Systemcrash abgewendet. Die Zahlen aus dem Subventionsbericht der EU-Kommission verdeutlichen das Ausmaß der deutschen Bankenrettung, die im internationalen Vergleich sehr hoch ausfiel. Die von Brüssel genehmigten Rettungsmaßnahmen erreichten von 2008 bis September 2012 rund 646 Mrd. Euro. Nur Großbritannien musste mit 873 Mrd. Euro mehr Rettungsgelder bewilligen lassen. Zum Vergleich: Die Vereinigten Staaten stellten 700 Mrd. US-Dollar bereit, von denen die Banken 428 Mrd. US-Dollar benötigten. In Euro umgerechnet, war der Hilfsrahmen für deutsche Banken um ein Fünftel größer, obwohl die amerikanische Volkswirtschaft fast fünf Mal so groß ist.
      Quelle: Sozialismus aktuell
    2. Europas mühsamer Weg zur Bankenunion
      Fünf Jahre nach der Lehman-Pleite (…)
      Am 15. September 2008 meldete die Investmentbank Lehman Brothers Insolvenz an. In der Bugwelle dieser Pleite kam zunächst die Banken- und Finanzkrise, später dann die Schuldenkrise. Es drohte der Absturz der Weltwirtschaft.
      Diese Pleite sollte die Welt erschüttern. Am 15. September 2008 musste die US-Investmentbank Lehman Brothers Insolvenz beantragen. Nachdem sich die US-Regierung geweigert hatte, rettend zur Seite zu springen. Die Lehman-Pleite war zwar nicht der Auslöser der globalen Banken, Finanz- und späteren Schuldenkrise. Dennoch wirkte sie wie ein Brandbeschleuniger – weshalb sich die Situation in den nachfolgenden Wochen und Monaten dramatisch verschärfen sollte.
      “Es handelte sich ja um eine amerikanische Bank. Und im Prinzip war das Problem der Schockwelle: Oje, jetzt kann eine große Bank auch plötzlich sterben. Die alle Banken in der Welt nervös gemacht hat. Bei der Finanzmarktkrise ist eigentlich das Kernelement die Frage gewesen: Trauen sich die Banken wieder, leihen sich die über die Nacht Geld? Und bei Lehman Brothers, am 15. September 2008, haben die Banken mit einem Schlag aufgehört, sich gegenseitig Geld zu leihen. Und das hat eigentlich die Krise verursacht”.
      Beschreibt der CSU-Abgeordnete im Europäischen Parlament, Markus Ferber die damalige Situation. Was folgte, war eine beispiellose Rettungsaktion rund um den Globus. Banken sowie Versicherungen wurden verstaatlicht, eilig schnürte die Politik Rettungspaket auf Rettungspaket, um die drohende Kernschmelze auf den Finanzmärkten und damit den Absturz der Weltwirtschaft zu verhindern.
      Quelle: Deutschlandfunk
  8. Merkelnomics
    Zwischen schwäbischer Hausfrau, Ludwig Erhard und Milton Friedman: Die Kanzlerin als Ökonomin […]
    Angela Merkel, die Anti-Ideologin, die um die Vor- und Nachteile der Handlungsoptionen weiß. Alles wird da bewertet und begründet, das Hochhalten genauso wie das Brechen der Prinzipien. Europa hätte auch einen anderen Pfad gehen können, wie ihn deutsche Ökonomen gefordert haben. Früh schon hätte man Griechenland, das in seinem Zustand einfach nicht in den Euro gehört, aus der gemeinsamen Währung entlassen und dem Land bei der fälligen Anpassung helfen können – begleitet von einem glaubwürdigen Stabilitätsplan für den Rest der Euro-Zone. Vielleicht hätten die Griechen dann weniger Armut erlebt, und die Euro-Krise hätte sich früher gelegt, sodass deutsche Sparer nicht weiterhin mit minimalen Zinsen leben müssten, die ihre Altersvorsorge dezimieren. Doch das ist
    einer Kanzlerin, die sich Optionen offen lässt, die tastet und lernt, wohl zu radikal gewesen.
    Quelle: ZEIT

    Anmerkung RS: Eine schöne Aneinanderreihung gängiger Denkfehler, die entstehen, wenn man einzelwirtschaftliches Denken auf die Gesamtwirtschaft anwendet. Lobhudelei für die schwäbische Hausfrau und pure Wahlwerbung für Merkel, das märkische Milchmädchen.

  9. Volkswagen spart an den Speckreserven
    Weniger Auslagern, mehr Synergien: Die Absatzflaute auf dem Automarkt bereitet auch Volkswagen Kopfzerbrechen. VW-Chef Winterkorn kündigt nun Sparmaßnahmen an. An die Substanz sollen die aber erst einmal nicht gehen. […]
    Der europäische Automarkt schrumpft seit langem. 2013 droht sogar das schlechteste Autojahr seit 1990 zu werden, nachdem 2012 mit zwölf Millionen verkauften Fahrzeugen schon das schlechteste Jahr seit 1995 war. Und auch VW bekommt die Zurückhaltung der Verbraucher beim Kauf eines Neuwagens zu spüren. So verbuchte der Wolfsburger Konzern in den ersten acht Monaten 2013 in Westeuropa einen Rückgang der Auslieferungen um 2,7 Prozent, auf dem Heimatmarkt in Deutschland sogar um 4,4 Prozent.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: “Speckreserven” bei einem durchoptimierten Industrieunternehmen? Das soll doch wohl bedeuten, daß es nach den “Speckreserven” wieder um Kurzarbeit geht, um die Tariflöhne und – so wird es kommen – “liebgewonnene Besitzstände” usw. M. a. W. bereitet Winterkorn schon auf den Absturz und harte Verhandlungen mit Gewerkschaften und Politik vor, der wohl in einem halben Jahr oder so zu erwarten ist, und wieder werden Arbeitsplätze abgebaut werden. Wahrlich ein phantastisches Wirtschaftswunder in Deutschland. Und wie erklärt Winterkorn überhaupt die Absatzprobleme in Europa, besonders die im “boomenden” Deutschland?

  10. Central bankers have given up on fixing global finance
    The world is doomed to an endless cycle of bubble, financial crisis and currency collapse. Get used to it. At least, that is what the world’s central bankers – who gathered in all their wonky majesty last week for the Federal Reserve Bank of Kansas City’s annual conference in Jackson Hole, Wyoming – seem to expect. All their discussion of the international financial system was marked by a fatalist acceptance of the status quo. Despite the success of unconventional monetary policy and recent big upgrades to financial regulation, we still have no way to tackle imbalances in the global economy, and that means new crises in the future.
    Quelle: FT

    Anmerkung Orlando Pascheit: Über Jackson Hole wurde dieses Mal kaum berichtet, was daran liegen mag, dass im Gefolge der Absage des Fed-Vorsitzenden Ben Bernanke etliche Notenbankchefs nur ihre Stellvertreter schickten. Allerdings nahmen auch etliche Wissenschaftler am Treffen teil. Und so gesehen gibt die einleitende Zusammenfassung der Tagung von Robin Harding (FT) wenig Hoffnung hinsichtlich der drängenden Probleme der Weltwirtschaft, ja es ist eine absolut trostlose Botschaft (noch mal auf deutsch):
    “Die Welt wird zu einem endlosen Kreislauf von Blase, Finanzkrise und Währungszusammenbruch verdammt. Gewöhnen Sie sich daran. Zumindest ist es das, was die Notenbanker dieser Welt – die sich in ihrer wackeligen Majestät letzte Woche in die Federal Reserve Bank of Kansas City zur Jahreskonferenz in Jackson Hole, Wyoming, versammelten, – zu erwarten scheinen. All ihre Diskussion über das internationale Finanzsystem wurde von einer fatalistischen Hinnahme des Status quo geprägt. Trotz des Erfolges der unkonventionellen Geldpolitik und der letzten großen Upgrades zur Regulierung der Finanzmärkte haben wir noch keinen Weg, um die Ungleichgewichte in der Weltwirtschaft zu begegnen, und das bedeutet, neue Krisen in der Zukunft.”
    Deutlich wird diese Hoffnungslosigkeit in einem Papier, das Hélène Rey von der London Business School referierte. Schon der Titel “Dilemma not Trilemma: The Global Financial Cycle and Monetary Policy Independence” [PDF – 1.4 MB] vermittelt den Eindruck eine gewisse Ausweglosigkeit.
    Gute Analysen, auch gute Vorschläge, aber letztlich keine realistische Lösungsstrategie. Auf der einen Seite stellt Rey z.B. fest, dass der globale Finanzzyklus von der Geldpolitik der Vereinigten Staaten abhängt. Andererseits bestätigt sie, dass eine globale geldpolitische Koordinierung fast unmöglich ist, da die US-Notenbank nationale Interessen bediene, die nicht notwendigerweise mit globalen Interessen übereinstimmten – siehe derzeit die Schwellenländer. Eine kurze Zusammenfassung des Papers bietet das Wirtschaftsblog Fazit der FAZ.

  11. Gewerkschaftskampagne gegen Ausbeutung
    Die Gewerkschaft ver.di hat am Freitag in Hamburg eine Kampagne gegen Ausbeutung und repressive Arbeitsbedingungen vorgestellt. Ganz besonders in der Kritik stehen der Paketservice DHL und mehrere Servicetöchter der Asklepios Kliniken Hamburg, wie NDR 90,3 berichtete. (…)
    “Fair statt prekär” lautet das Motto der ver.di-Aktion. Hamburg sei inzwischen ein Zentrum für Lohndumping, sagte ver.di-Landeschef Wolfgang Abel. Die Zahl der normalen Arbeitsverhältnisse nehme ständig ab. Dafür gebe es Fristverträge, Leiharbeit, Scheinselbstständigkeit, Dumpinglöhne und unbezahlte Pratika. Diese Entwicklung will man nun bei zwei Betrieben durchbrechen: Bei den Asklepios-Servicetöchtern und DHL Express.
    Quelle: NDR.de
  12. Attac kritisiert Übernahme von Rhön-Krankenhäusern durch Fresenius
    Privatisierung und Kommerzialisierung schaden der Gesundheit
    Attac bewertet den Kauf von 43 Krankenhäusern der Rhön-Klinikum AG durch den Medizinkonzern Fresenius, der einen großen Teil seiner Produkte an Krankenhäuser verkauft, sehr kritisch. Die Übernahme wirft ein Schlaglicht auf die Entwicklung der Privatisierung in der Krankenhausversorgung. Diese droht durch wenige Privatkonzerne beherrscht zu werden, zum Nachteil der Versicherten und der sozialen Ausrichtung der Gesundheitsversorgung.
    Schon jetzt vereinen die vier größten Konzerne in Deutschland fast 80 Prozent des Umsatzes der privaten Krankenhausträger auf sich. Fresenius wird durch den Teilaufkauf von Rhön seinen Anteil auf etwa 40 Prozent anheben. Seit Ende der 90er Jahre haben die privaten Krankenhausträger ihre Marktanteile am Krankenhausumsatz bereits verdreifacht. Durch die aktuelle Krankenhausfinanzierung wird sich dieser Trend weiter fortsetzen.
    “Etwa 80 Prozent der von Politik und Krankenkassen zu Recht kritisierten Fallzahlsteigerung der letzten Jahre geht auf das Konto der privaten Krankenhauskonzerne. Dabei ist deren Ziel nicht die optimale Krankenhausversorgung der Patienten, sondern Umsatz- und Renditesteigerung”, sagt Manfred Fiedler von der Attac-Arbeitsgruppe “Soziale Sicherungssysteme”.
    Quelle: attac
  13. Reform der polnischen Rente
    Gestern verkündete Premierminister Donald Tusk (Bürgerplattform, PO) auf einer Pressekonferenz einschneidende Änderungen im polnischen Rentensystem. Demnach sollen die Beiträge aus der kapitalgedeckten obligatorischen Säule des Systems (Offene Pensionsfonds, OFE) gänzlich vom Staat zurückgekauft werden und als Rentenanwartschaften im staatlichen System (Sozialversicherungsanstalt, ZUS) verzeichnet werden. Darüber hinaus wird der Beitragszahler ab 2014 wählen können, ob er einen bestimmten Teil des Beitragssatzes in die zweite Säule investieren will, oder ob dieser gänzlich im staatlichen System verbleiben soll. Aktuell beträgt der Beitragssatz im Rentensystem 19,52 Prozent auf den Lohn; davon gehen 16,72 Prozent in das staatliche System und 2,8 Prozent in die Offenen Pensionsfonds. Ab 2014 wird der Versicherte eine dreimonatige Bedenkzeit haben, in der er wählen kann, ob 2,92 Prozent des Beitragssatzes in die OFE gehen sollen. Der Regierungschef begründet die Reform mit dem niedrigem Erfolg des privaten Systems. Berechnungen hätten gezeigt, dass die gleichen Beiträge anstatt im privaten im staatlichen System angelegt in den letzten 13 Jahren seit Einführung des neuen Systems zu höheren Renten geführt hätten. Auch werde dadurch der Staatshaushalt massiv entlastet, denn durch die Abführung eines Teils der Beiträge in das private System fehlten im staatlichen Umlagesystem (die Beiträge kommen rein und werden nahezu sofort an Rentner ausbezahlt) Mittel. – Gegner der Reformen, überwiegend Lobbyisten der Finanzwirtschaft und neoliberale Wirtschaftswissenschaftler, sprechen von einer „Marginalisierung der OFE“. Dieser Trend werde zu unsicheren Renten führen; ferner wird auf angenommene negative Auswirkungen auf die Finanzmärkte hingewiesen. Darüber hinaus agiere der Staat nicht aus Sorge um die Rente der Bürger, sondern aus Eigeninteresse, also in Sorge um den Staatshauhalt.
    Quelle: Polen Heute

    Anmerkung Orlando Pascheit: Hinzuzufügen wäre, dass in der zweiten Säule der OFE (Otwarte fundusze emerytalne, ) zukünftig keine Staatsanleihen mehr halten darf. – Sicherlich spielt bei den Überlegungen Tusks auch die Staatsverschuldung eine Rolle, sind doch die vom OFE gehaltenen Staatsanleihen der polnischen Staatsschuld zuzurechnen. Mit deren Rückführung in die ZUS wird die Gesamtverschuldung um rund 8% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gesenkt. Da Polen so töricht war, dem Modetrend folgend eine Schuldenbremse in der Verfassung zu verankern, wäre Tusk bei der aktuellen Staatsverschuldung von 53 % des BIP (2012) bald gezwungen (ab 55 Prozent) eine restriktive Politik zu betreiben. Natürlich schreibt die wirtschaftsliberale, Finanzdienstleistern nahe NZZ, dass Tusk die liberale Errungenschaft der zweiten Säule “auf dem Altar eines kurzsichtigen, wahltaktisch begründeten Populismus zu opfern” bereit sei. Vielleicht verständlich, dass aus der Schweiz, ebenfalls mit einer kapitalgedeckten zweiten Säule ausgestattet, diese verteidigt wird. Allerdings räumt die NZZ ein: “Tatsächlich war deren Performance im Umfeld der globalen Krise nicht immer berauschend”.
    Tatsächlich ließ der Börsencrash (2002) wie auch die aktuelle Finanzkrise die Anlagevermögen schrumpfen. In der Schweiz kam es 2008 zu Wertkorrekturen von 8 bis 13 Prozent, bei den niederländischen Pensionskassen von 16,9 Prozent und in Großbritannien (mit einem sehr großen Anteil kapitalgedeckter, betrieblicher Altersvorsorge) von 17 bis 26 Prozent. Und die Finanzkrise/Wirtschaftskrise ist nicht vorbei. Unter Umständen müssen wir uns auf ein Lehman-Momentum in China und damit in Südostasien einstellen.
    Generell muss bei einer kapitalgedeckten Altersvorsorge über 30 bis 50 Jahre mindestens eine Rendite in Höhe der Inflation erwirtschaftet werden. Bereits um dieses Ziel zu erreichen, sind die die Versicherer und Banken zur Jagd auf immer neue Anlagemöglichkeiten gezwungen – zur Spekulation. Die Pensionsfonds sind im Crash Täter und Opfer zugleich. Bisher ungelöst ist auch die Frage, was passiert, wenn geburtenstarke Jahrgänge fast gleichzeitig ihre kapitalgedeckte Rente in Anspruch nehmen wollen. Usw. Haben dies die “staatstragenden” Parteien, schwarz/gelb/grün/rosa begriffen? – Siehe auch den informativen Artikel von Thomas Hammer: “Die Rückkehr der gesetzlichen Rente: Die kapitalgedeckte Altersvorsorge gleicht einem Glücksspiel. Die Krise hat gezeigt: Der Generationenvertrag muss wiederbelebt werden.”

  14. Aktham Suliman: Ausstieg bei Al-Jazeera
    Aktham Suliman, ehemaliger Korrespondent des Senders Al-Jazeera, im Gespräch mit weltnetz.tv
    Weltnetz.tv-Korrespondentin Karin Leukefeld spricht mit dem ehemaligen Al-Jazeera-Journalisten Aktham Suliman über die Gründe für seinen Ausstieg bei dem arabischen Sender.
    Quelle: weltnetz.tv
  15. TV-Tipp: Strippenzieher aus der Wüste
    Die Islamisten und der arabische Frühling (…)
    Für die Ölmonarchen war der arabische Frühling keine Aufbruchsbewegung, sondern schlicht eine Bedrohung. Was, wenn der Funke der Freiheit aus Tunesien, Ägypten, Libyen oder Syrien an den Golf überspringt?
    Quelle: ARTE+7
  16. Gedenken an Lothar Bisky: “Als wäre diese Welt gar nicht die deine”
    Die Linke hat in Berlin ihres verstorbenen Ex-Vorsitzenden Lothar Bisky gedacht. Es war eine berührende Feier; ein seltenes Innehalten in der Hochphase des Wahlkampfs, bei dem es viel zu lernen gab. Es ist leicht, sich an Lothar Bisky zu erinnern. Denn er hat es einem immer leicht gemacht, ihm nahezukommen, weil er zu der seltenen Spezies Politiker gehörte, die zuhören konnte – mit ehrlichem Interesse an der Meinung, dem Argument des Gegenübers. Es ist aber schwer, Lothar Biskys zu gedenken in der Hochphase des Wahlkampfs. Macht man nichts, wird es als unwürdig beschimpft, macht man was Großes, ist der Vorwurf sicher, man instrumentalisiere den Tod für politisches Werben. Der Linken ist es am Samstag gelungen, einen würdigen Mittelweg zu finden. In der Berliner Volksbühne lud sie zum Erinnern, Zuhören, Nachdenken – und Lachen über den Politiker und noch viel mehr den Menschen Lothar Bisky, der bereits am 13. August gestorben war.
    Quelle: Spiegel Online
  17. zu guter Letzt: Karlsruhe is ned Bayern
    Protokoll darüber, was Seehofern seinen Spezln gegen 18:34 Uhr noch gesagt haben könnte.
    Quelle: ad sinistram

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