Hinweise des Tages

Jens Berger
Ein Artikel von:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Griechenland
  2. Vorratsdatenspeicherung
  3. Tausende demonstrieren gegen Flüchtlingspolitik
  4. Freihandel
  5. Rendite frisst gute Arbeit
  6. Beschäftigungsanstieg trotz stagnierendem Arbeitsvolumen
  7. Manuela Schwesig: “Als Frau kann man es niemandem recht machen”
  8. Über Reiche wissen wir nichts, über Arbeitslose fast alles
  9. Weiter Hick-Hack um Gönner-Mails
  10. Russland/Ukraine
  11. Orwell 2.0
  12. Konsequenz aus Pariser Terroranschlag: Spezialeinheiten der deutschen Polizei rüsten auf
  13. Ursula von der Leyen stellt Parlamentsvorbehalt bei Auslandseinsätzen in Frage
  14. Bundestag unterliegt vor Gericht
  15. Menschenmesserideologie
  16. Die Gegenwart des sogenannten “Qualitätsjournalismus”
  17. Sunday-Times-Korrespondent im CNN-Interview: „Wir veröffentlichen einfach die aktuelle Meinung der britischen Regierung“
  18. Zu guter Letzt: Das Leben ist unvorhersehbar, komisch und absurd…

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Griechenland
    1. Die Schlafwandler
      Am 25. Januar 2015, also vor fast genau fünf Monaten, machte die Bevölkerung in Griechenland in einer freien Wahl von ihrem Recht Gebrauch, selbst zu bestimmen, wer die Geschicke des Landes in die Hand nehmen und in welche Richtung die neue Regierung gehen sollte. Seit diesem Tag aber versuchen unter Führung Deutschlands einige Regierungen in Europa, genau das zu verhindern. Heute beginnt, wie immer es ausgeht, der letzte Akt dieser europäischen Tragödie…
      In diesem Geiste sagte die deutsche Bundeskanzlerin vergangenen Freitag im Deutschen Bundestag einen bemerkenswerten Satz: “Seit Beginn der europäischen Staatsschuldenkrise verfolgt Deutschland ein klares Ziel: Europa soll stärker aus der Krise hervorgehen, als es in sie hineingekommen ist. Auf diesem Weg sind wir weit vorangekommen”.
      Europa ist weit vorangekommen? Europa befindet sich im sechsten Jahr von Rezession und Stagnation, es hat hunderte von Milliarden an möglichem Wohlstandes eingebüßt, weil es unfähig ist, sich aus der Krise zu lösen. Europa hat ein Niveau der Arbeitslosigkeit, das höher ist als jemals zuvor. In einigen Ländern ist das Niveau der Arbeitslosigkeit unerträglich hoch. Europa befindet sich hart am Rande einer Deflation und die Zentralbank kämpft mit den letzten möglichen Mitteln um Stabilität und gegen weitere Einbußen. Europa muss auf eine Abwertung seiner Währung hoffen, um überhaupt positive Impulse für seine Wirtschaft erzielen zu können. Europa hat es auch im Ansatz nicht geschafft, die Ursachen seiner Misere zu analysieren und Lösungen, die für alle verträglich sind, aufzuzeigen. Europa ist politisch dem Zerfall ganz nahe. Nicht nur in Griechenland und in Großbritannien, sondern auch in vielen anderen Ländern fragen sich die Bürger, warum sie für ein Europa eintreten sollen, das politisch und wirtschaftlich tief zerstritten ist und von Deutschland aus der Krise „geführt“ werden muss. Europas Versagen ist heute die Formel, die fast monatlich in irgendeinem Land neue nationalistische Bewegungen entstehen lässt…
      Quelle: flassbeck-econmics
    2. Yanis Varoufakis: The choice is hers
      Greek Finance Minister Yanis Varoufakis appeals to German Chancellor Merkel: Trust us!…
      Last Thursday, in the Eurogroup meeting, I presented a comprehensive proposal that would end the crisis and enable Greece to repay its debts. It comprised deep reforms, an automated deficit brake that guarantees no more primary deficits, and an idea for an intra-troika debt swap that involves not a single euro of new funding for our state. It would, we believe, break the vicious cycle that began in 2010.
      Alas, the Eurogroup refused to discuss our proposal, the result being that it now all hinges on Monday’s extraordinary EU Summit meeting. Our side will arrive in Brussels with the determination to compromise further as long as we are not asked to do what previous governments did: to accept new loan tranches under conditions that offer little hope that Greece can repay its debts.
      And so it is that, on Monday, the German Chancellor will face a stark choice: Enter into an honourable agreement with a government that opposed the ‘bailouts’ and which seeks a negotiated solution that ends the Greek crisis once and for all. Or to heed the sirens from within the Federal Government encouraging her to jettison the only Greek government that is principled and which can carry the Greek people along the path of genuine reform. The choice, I am very much afraid, is hers.
      Quelle: FAZ
    3. Zur griechischen Schuldendebatte: Lösen „Strukturreformen“ die wirtschaftlichen Probleme Europas?
      Die griechische Regierung verhandelt seit Monaten mit den GläubigervertreterInnen der Eurozone und des Internationalen Währungsfonds (IWF) über die Bedingungen für weitere Finanzierungsunterstützung. Währenddessen machen TechnokratInnen von EU-Institutionen, PolitikerInnen unterschiedlicher europäischer Länder und konservative MedienvertreterInnen medial gegen Griechenland Stimmung. Die griechische Regierung müsse endlich „ihre Reformhausaufgaben erledigen“, tönt es unablässig. Ausgeblendet wird, dass Griechenland viele der auferlegten „Strukturreformen“ umgesetzt hat – und dass gerade diese Maßnahmen zur Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage geführt haben, anstatt die wirtschaftliche Depression zu beenden.
      Was ist mit „Strukturreformen“ gemeint?
      Ambitionierte und umfassende „Strukturreformen“ würden den Krisenländern Europas eine Rückkehr zu kräftigem Wirtschaftswachstum und eine wirksame Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ermöglichen. Denn niedriges Wachstum und anhaltend hohe Arbeitslosigkeit seien im Kern auf „strukturelle Rigiditäten“ zurückzuführen. Das ist die offizielle Diagnose- und Argumentationslinie, die in den letzten Monaten unaufhaltsam in den Medien verbreitet wird.
      Die wirtschaftlichen Probleme Europas seien im Kern auf der Angebots-, nicht auf der Nachfrageseite zu verorten, und die Lösung laute: Reduziere die Mindestlöhne und die Arbeitslosenunterstützung und mache es einfacher für die Unternehmen, ArbeitnehmerInnen anzustellen und zu entlassen – und schon wird sich das Arbeitslosigkeitsproblem von alleine lösen. Aus dieser dominierenden Perspektive erscheint es als konsequent, Griechenland Maßnahmen aufzunötigen, die primär auf eine weitere Deregulierung der Arbeits- und Produktmärkte, Kürzungen im Sozial- und Pensionsbereich sowie auf eine Zurückdrängung der Gewerkschaften abzielen.
      Dass unter „Strukturreformen“ im Sprachgebrauch der herrschenden wirtschaftspolitischen Empfehlungsindustrie einfach die Umstrukturierung des öffentlichen Sektors unter der Maßgabe eines effizienten Einsatzes von Steuergeldern zu verstehen sei, ist ein weit verbreitetes Missverständnis. Es geht weniger um die Modernisierung und Weiterentwicklung des Staates, sondern um die Umsetzung eines „Reformmix“ – zusammengesetzt aus Maßnahmen zur Deregulierung der Arbeits- und Produktmärkte und zur „Verschlankung des Sozialstaates“. „Strukturreform“ ist ein scheinbar sachlicher, ideologiefreier Begriff. Tatsächlich hat er aber natürlich eine eindeutige ideologische Schlagseite zugunsten der Kürzung von Sozialleistungen und ArbeitnehmerInnenrechten.
      Quelle: blog.arbeit-wirtschaft.at
    4. Prüfausschuss erklärt Griechenlands Schulden für illegal
      Ein Ausschuss des griechischen Parlaments findet, dass Athen Schulden in Höhe von 320 Milliarden Euro nicht zurückzahlen muss. Das Land sei Opfer eines IWF-Angriffsplans.
      Ein griechischer Parlamentsausschuss hat den Schuldenberg des Landes kurz vor Ablauf der entscheidenden Fristen für illegal erklärt. Die Schulden von rund 320 Milliarden Euro sollten aus diesem Grund nicht bezahlt werden, hieß es in einem vorläufigen Prüfergebnis, das im Parlament in Athen vorgestellt wurde.
      Einberufen wurde der Ausschuss von der griechischen Parlamentspräsidentin Zoe Konstantopoulou, die der linken Regierungspartei Syriza angehört. Die EU und der Internationale Währungsfonds (IWF) hätten die Vorstellung verbreitet, dass es sich um Staatsschulden handele “und nicht um private Schulden”, sagte der Belgier Eric Toussaint, der dem Ausschuss als internationaler Experte angehört. “Das war ein ausgezeichnetes Mittel, um eine Sparpolitik in Griechenland einzuführen”, sagte Toussaint.
      Der Prüfausschuss erklärte in seinem Bericht Griechenlands ausländische Gläubiger hätten “das europäische und internationale Recht mit Füßen getreten ebenso wie die Menschenrechte”. Ihr Vorgehen sei schändlich gewesen, “denn die Gläubiger und die Europäische Union haben ihre möglichen Folgen gekannt”, hätten allerdings “die Augen vor den Verletzungen der Menschenrechte verschlossen”. Die eindeutige Schlussfolgerung der Experten lautet: “Griechenland muss diese Schulden nicht bezahlen.”
      Quelle: Zeit Online

      Dazu: Truth Committee on Public Debt
      In June 2015 Greece stands at a crossroads of choosing between furthering the failed macroeconomic adjustment programmemes imposed by the creditors or making a real change to break the chains of debt. Five years since the economic adjustment programmemes began, the country remains deeply cemented in an economic, social, democratic and ecological crisis. The black box of debt has remained closed, and until a few months ago no authority, Greek or international, had sought to bring to light the truth about how and why Greece was subjected to the Troika regime. The debt, in the name of which nothing has been spared, remains the rule through which neoliberal adjustment is imposed, and the deepest and longest recession experienced in Europe during peacetime.
      There is an immediate democratic need and social responsibility to address a range of legal, social and economic issues that demand proper consideration. In response, the President of the Hellenic Parliament established the Truth Committee on Public Debt (Debt Truth Committee) in April 2015, mandating the investigation into the creation and the increase of public debt, the way and reasons for which debt was contracted, and the impact that the conditionalities attached to the loans have had on the economy and the population. The Truth Committee has a mandate to raise awareness of issues pertaining to the Greek debt, both domestically and internationally, and to
      formulate arguments and options concerning the cancellation of the debt.
      Quelle: attac [PDF – 1.1 MB]

    5. Greece Has Made Tough Choices. Now It’s the IMF’s Turn.
      The International Monetary Fund’s chief economist, Olivier Blanchard, recently asked a simple and important question: “How much of an adjustment has to be made by Greece, how much has to be made by its official creditors?” But that raises two more questions: How much of an adjustment has Greece already made? And have its creditors given anything at all? […]
      Greece would agree to fair conditions for the ESM loan. It does not ask for one cent of additional official funding for the Greek state. It is promising to live within its means forever, and rely on internal savings and external investment for growth — far short of what any large country, controlling its own currency, would do when facing a comparable disaster.
      Blanchard insists that now is the time for “tough choices, and tough commitments to be made on both sides.” Indeed it is. But the Greeks have already made tough choices. Now it is the IMF’s turn, beginning with the decision to admit that the policies it has imposed for five long years created a disaster. For the other creditors, the toughest choice is to admit — as the IMF knows — that their Greek debts must be restructured. New loans for failed policies — the current joint creditor proposal — is, for them, no adjustment at all.
      Quelle: James K. Galbraith auf INET
  2. Vorratsdatenspeicherung
    1. SPD-Parteikonvent stimmt für Vorratsdatenspeicherung
      Es gab leider keine Überraschung: Die Parteifunktionäre der SPD haben auf dem kleinen Parteitag für die Vorratsdatenspeicherung gestimmt. Es soll 124 Stimmen dafür und 88 Ablehnungen bei 7 Enthaltungen gegeben haben. Das spiegelt in etwa die Mehrheitsverhältnisse vom Parteitag 2011 wieder, wo damals mit 60:40% für die Vorratsdatenspeicherung gestimmt wurde.
      Und das obwohl eine Mehrheit der SPD-Landesverbände aktuelle Beschlüsse gegen die Vorratsdatenspeicherung haben und es kaum rationale Argumente für die anlasslose Vollprotokollierung unseres Kommunikationsverhaltens gibt. Im Vorfeld hatte Parteichef Sigmar Gabriel die Machtfrage gestellt und die Zustimmung zur Vorratsdatenspeicherung mit seiner SPD-Führung verknüpft.
      Schade SPD, das wäre die Chance gewesen, sich in der Großen Koalition mit Netzpolitik-Kompetenz zu profilieren. Die Chance wurde ganz groß versenkt und damit auch viel Reputation von und Vertrauen in Heiko Maas, das er sich in der ersten Zeit als Justizminister aufgebaut hatte.
      Quelle: Netzpolitik.org

      Anmerkung C.R.: Und hier ist der Beschluss des SPD-Parteikonvents: Einführung einer Speicherpflicht und Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten im Einklang mit Datenschutz und Grundrechten.

    2. Linkenpolitiker: Gabriel spaltet die SPD
      Korte: Mit Ja zu Vorratsdatenspeicherung wird sozialdemokratisches Erbe weit unter Wert verkauft / Jusos: Akzeptieren Votum des Parteikonvents, bleiben aber Gegner
      Der Linkenpolitiker Jan Korte sieht nach dem Ja des SPD-Konvents zur umstrittenen Vorratsdatenspeicherung den sozialdemokratischen Parteichef auf dem Weg zur »Vizekanzlerkandidatur 2017«. Die SPD-Führung sei dabei, »die Partei endgültig zu entkernen. Wie Sigmar Gabriel 2017 überhaupt noch als Widerpart zu Union und Kanzlerin wahrgenommen werden soll, weiß er wohl selbst nicht mehr«, so Korte. Ob die knappe Mehrheit, die Gabriel auf dem Konvent für »sein Anliegen bekommen hat, als Erlaubnis ausreicht, das sozialdemokratische Erbe weit unter Wert zu verkaufen, muss die SPD-Basis mit ihrer Führung ausmachen«.
      Der Linken-Abgeordnete und Fraktionsvize kritisierte, dass die SPD die Abstimmung über die Vorratsdatenspeicherung »im Vorfeld öffentlich mit der Regierungsfähigkeit und dem Schicksal der Parteiführung in Verbindung gebracht« habe. Dennoch habe es für Gabriel »nicht einmal zu einer überzeugenden Mehrheit gereicht. Die Verantwortung für diese tiefe Spaltung der SPD trägt deren Führung«.
      Quelle: ND
    3. Die Basta-Gefahr
      Das ergibt nur 56 Prozent Zustimmung, nicht 60. Und das ist dann kein sonderlich berauschendes Ergebnis. Vor allem, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass die SPD-Spitze diese Woche die denkbar größte Drohung an die Delegierten formuliert hatte: Sie hätten hier nicht nur die Verantwortung für eine “ausgewogene Balance zwischen Freiheit und polizeilicher Sicherheit” – so das Argument der Parteiführung – , sondern auch die für die Zukunft des Parteivorsitzenden und die eigene Regierungsfähigkeit…
      Im Parteikonvent saßen nur 227 Vertreter der SPD. Niemand kann seriös sagen, wie viele Vorratsdatenspeicherungsgegner und –Befürworter es in der Partei wirklich gibt…
      SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft beklagte in dem überhitzten Parteikonvent – Journalisten waren nicht zugelassen – noch einmal, dass Gabriel die Neuregelung vorangetrieben habe, obwohl es dazu doch gar keinen Anlass gab. Der Europäische Gerichtshof hatte eine EU-Richtlinie dazu verworfen, nur sie hätte Deutschland zum Handeln verpflichtet. Dennoch forderte der Parteichef seinen Justizminister, einen bis dato erklärten Gegner der Vorratsdatenspeicherung, im März per Radiointerview zur Ausarbeitung eines Gesetzentwurfes aus. Und er unterstrich die Bedeutung des Datensammelinstruments zudem noch mit nachweislich falschen Argumenten. Ganz schlechter Stil, war danach auch von denen zu hören, denen die Vorratsdatenspeicherung nicht ganz so wichtig ist.
      In den vergangenen Monaten hat der Vorsitzende häufiger eine solche Basta-Mentalität an den Tag gelegt. Seiner Generalsekretärin (und dem Rest der Partei) befahl er einen Dialog mit den Rechtspopulisten von Pegida, er kündigte zum Entsetzen einiger Genossen den Griechen via Bild-Zeitung die europäische Solidarität und er wies darauf hin, dass das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP wohl auch von der SPD nicht aufzuhalten sei. Gabriel sagt, er will der Mitte der Bevölkerung imponieren, der arbeitenden Mittelschicht Sicherheiten verschaffen. Doch seiner Partei erklärt er sich immer weniger….
      Quelle: Lisa Caspari auf Zeit Online

      Dazu auch: Feigheit geht vor Freiheit
      Justizminister Heiko Maas war einmal ein entschiedener Gegner der Vorratsdatenspeicherung. Jetzt hat er seine SPD dazu gebracht, für das Gesetz zu stimmen. Seine Argumentation ist entlarvend.
      Bei Twitter sind von Maas zum Beispiel folgende Daten gespeichert, in einem Tweet vom Dezember 2014, Thema Vorratsdatenspeicherung: “#VDS lehne ich entschieden ab – verstößt gg Recht auf Privatheit u Datenschutz.” Eine klare Aussage.
      Beim SPD-Parteikonvent hat sich Maas jetzt, genau wie ihm das von seinem Parteichef aufgetragen worden war, wieder entschieden geäußert. Diesmal aber für die VDS.
      “Die Entscheidung über dieses Gesetz ist keine Grundsatzentscheidung über die digitale Freiheit in Deutschland”, sagte er – und ergänzte, dass er früher zwar ein bisschen anders über das Thema gedacht habe, sich aber damals schon gefragt habe, ob er seine skeptische Position hätte halten können, wenn es einen Terroranschlag in Deutschland gegeben hätte. (…)
      Diese Bemerkung spiegelt die argumentative Kläglichkeit und die Feigheit vieler wider, die seit Jahren für die Vorratsdatenspeicherung kämpfen. Denn was bedeutet dieser Gedankengang im Umkehrschluss? Wenn jetzt ein Terroranschlag passiert in Deutschland, trotz VDS – was dann? Kann man dann als Justizminister sagen: “Wir haben doch getan, was wir konnten?” Nämlich das Kommunikationsverhalten aller Deutschen und die Bewegungen aller Handynutzer permanent aufzeichnen lassen, vorsichtshalber?
      Fakt ist, dass mithilfe von auf Vorrat gespeicherten Daten noch kein Terroranschlag verhindert werden konnte. Nicht in Frankreich, wo eine Vorratsdatenspeicherung längst installiert ist, und nicht in den USA, wo die NSA Telekommunikationsdaten sogar noch viel länger speichert, als es der hiesige Gesetzentwurf nun vorsieht.
      Quelle: Spiegel Online

      Anmerkung unseres Lesers G.H.: Im Januar war die Marschrichtung von SPON noch eine ganz andere. Unter dem Eindruck des Pariser Attentats durfte der Demagoge Fleischhauer die sofortige Einführung der VDS fordern, ganz entgegen dem Geist der Opfer von Charlie Hebdo. Aber so kommt’s halt jetzt, mit Hilfe der SPD.

      Und: Rebellion à la SPD
      Die SPD-Spitze bot alles auf, um die Basisrevolte tot zu treten, die sich in über 100 Änderungsanträgen kritischer Bezirksverbände ankündigte. Die Spitzengenossen argumentierten, schmeichelten und drohten.
      Das Präsidium ergänzte den Initiativantrag zur Vorratsdatenspeicherung mit dem Wunsch nach einer strengen Kontrolle von Unternehmen auf EU-Ebene. Eine Beruhigungspille, mehr nicht, schließlich wird ein Stück Papier aus dem SPD-Vorstand internationale Konzerne wie Facebook nicht wirklich beeindrucken. Auch intern wurde Druck gemacht. Prominente SPDler nordeten Kritiker in Einzelgesprächen ein. Chefs von Landesverbänden, die als unsicher galten, wurden in internen Runden nach dem Stimmverhalten gefragt: „Kannst du für deine Delegierten garantieren?“
      Und dann wäre da ja noch Heiko Maas, die tragische Figur im SPD-Drama um die Vorratsdatenspeicherung. Er war der Wegbereiter für den Sieg Gabriels. Vor wenigen Monaten noch zog er als erklärter Gegner des Projekts durch die Lande, bis ihn sein Parteichef öffentlich zurechtwies und damit düpierte. Maas handelte einen Kompromiss mit der Union aus. Von der Demütigung und den inneren Zweifeln lässt er sich nichts anmerken, als er ans Mikrophon tritt.
      Quelle: Ulrich Schulte in der taz

      Anmerkung WL: Vorratsdatenspeicherung, Griechenland, Flüchtlingspolitik, Maut, Betreuungsgeld, Privatisierung, NSA – BND, Drohnen, Russland, Ukraine, Streikrecht, TTIP usw. usf.

      Gibt es überhaupt noch ein Thema, bei dem sich die SPD von der CDU unterscheidet und wo Gabriel nicht Merkel hinterherläuft. Da kann man gleich das Original wählen, statt eine billige Kopie. Gabriel macht die SPD nicht nur zur Splitterpartei, sondern schon jetzt zum billigen Jakob eine Großen Koalition 2017.
      Kein Wunder verliert die SPD auch immer mehr Mitglieder und liegt mit 451.543 Mitgliedern hinter der CDU.

    4. Gabriel nutzt Edathy-Untersuchungsauschuss zur Werbung für Vorratsdatenspeicherung
      SPD-Fraktionschef Oppermann immer stärker unter Druck
      Gestern war der Hashtag #EdathyUA zeitweise an dritter Stelle der deutschen Trends bei Twitter (nach #Raabschied und #Maut). Das lag daran, dass vor dem Untersuchungsausschuss, der klären soll, auf welchem Wege der Kindernacktbildkäufer vor den Durchsuchungen bei ihm von den Ermittlungen gegen ihn informiert wurde, gleich vier bekannte Politiker aussagten: Hans-Peter Friedrich, Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und Thomas Oppermann. (…)
      Mehr Licht in die Trübnis hätte Gabriels Aussage nach eine Vorratsdatenspeicherung gebracht, zu der die SPD-Basis am Samstag auf einem Konvent in Berlin ihre Zustimmung geben soll. Tut sie das nicht, soll der gelernte Lehrer Mediengerüchten zufolge mit Rücktritt gedroht haben.
      Quelle: Telepolis

      Anmerkung C.R.: Herr Gabriel scheint eine blühende Fantasie zu besitzen, was den Anwendungsbereich und den Nutzen einer Vorratsdatenspeicherung angeht.
      Wenn er sich allerdings für die Transparenz auch der telefonischen Verbindungen der Volksvertreterschaft einsetzen möchte, wäre das zu begrüßen.

  3. Tausende demonstrieren gegen Flüchtlingspolitik
    Anlässlich des Weltflüchtlingstags sind am Samstag in Berlin-Kreuzberg mehrere tausend Menschen zusammen gekommen, um gegen die Flüchtlingspolitik zu demonstrieren. Die Teilnehmer hielten dabei Schilder hoch mit Aufschriften wie “Humboldt-Forum zur Erstaufnahmeeinrichtung”. Auch von der Kirche gab es kritische Worte.
    Zum Weltflüchtlingstag haben in Berlin mehrere tausend Menschen für Solidarität mit Flüchtlingen und gegen die europäische Griechenlandpolitik demonstriert. Im Bezirk Kreuzberg versammelten sie sich am Samstagnachmittag zu einer Kundgebung. Reden hielten der Publizist Jakob Augstein und Griechenlands stellvertretende Ministerin für gesellschaftliche Solidarität, Theano Fotiou.
    Quelle: rbb

    Siehe auch: Europa. Anders. Machen.
    10.000 demonstrieren in Berlin für ein anderes Europa / Nein zu Abschottung vor Flüchtlingen und zu Kürzungsprogrammen für Griechenland.
    Quelle: Europa anders machen

    Dazu: Jakob Augstein – “Europa anders machen”
    Für interessierte Freitags-Leser/innen hier seine Rede anlässlich des “Weltflüchtingstags” in Berlin-Kreuzberg gestern gehalten.
    Quelle: der Freitag

  4. Freihandel
    1. Freihandelsabkommen: Gabriel zweifelt an TTIP
      Schiedsgerichte oder Chlorhühnchen: An TTIP gibt es viel Kritik. Nun zweifelt Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel selbst am Zustandekommen des geplanten Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA.
      Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel zweifelt am umstrittenen Freihandelsabkommens TTIP zwischen der Europäischen Union und den USA: “Es kann sein, dass das am Ende scheitert”, sagte Gabriel nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters. “Ich bin weit davon entfernt, sicher zu sein, dass es am Ende zu einem Abkommen kommt.”
      Es gebe viele Gründe, weshalb es am Ende nicht klappen könnte. Dennoch solle weiter versucht werden, die Vereinbarung zwischen den beiden größten Wirtschaftsräumen der Erde zu schließen. Nur so könnten eigene Standards gesetzt werden. Andernfalls müsse man sich anderen anpassen, sagte Gabriel. (…)
      Seit mehr als einem Jahr verhandeln die EU und die USA über das Abkommen. Die Befürworter erwarten davon zusätzlich Impulse für Wachstum und Beschäftigung beiderseits des Atlantiks. Die Gegner fürchten unter anderem die Absenkung von sozialen und ökologischen Schutzrechten – unter anderem bei Lebensmitteln.
      In Deutschland hatte sich zuletzt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) der ohnehin schon großen Zahl von Gegnern des Vorhabens angeschlossen.
      Quelle: Spiegel Online

      Anmerkung J.K.: Ach nee, es darf gelacht werden. Gabriel zweifelt am TTIP. Vor ein paar Wochen klang das noch anders. Mal sehen welche Meinung Gabriel nach den folgenden vier Wochen dazu hat?

      Ergänzende Anmerkung C.R.: Ein weiterer Beleg für die Flexibilität des derzeitigen SPD-Bundesvorsitzenden. Er sieht wohl insbesondere wegen der klaren Position des DGB seine Felle davon schwimmen.

      Ergänzende Anmerkung JB: Gabriels „Zweifel“ könnten auch damit zu tun haben, dass TTIP durch den US-Kongress auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt wurde und ein Politprofi wie Garbriel erkannt hat, dass es sich noch nicht lohnt, klar Position zu beziehen. TTIP wird wohl erst einmal eine Pause einlegen. Im Herbst 2016 werden in den USA der Präsident und Teile des Senats und des Kongresses neu gewählt und 2017 stehen dann die Bundestagswahlen an. Bis dahin haben die Arbeitsgruppen viel Zeit, TTIP im Hintergrund vorzubereiten. Und dass nach den Bundestagswahlen das Abkommen zumindest von deutscher Seite unterschrieben wird, kann kaum bezweifelt werden. Die größten „Gefahren“ lauern eher in den USA.

    2. Wie sich der Berliner Politikbetrieb zu TTIP positioniert
      Je mehr die Deutschen von dem europäisch-amerikanischen Freihandelsabkommen TTIP erfahren, um so skeptischer werden sie. Während die Bürger zunehmend murren, will die Große Koalition in Berlin die Verhandlungen zum TTIP-Abkommen mit den USA unbedingt noch in diesem Jahr abschließen. Bundeskanzlerin Merkel schaut ungeduldig auf die Uhr und mahnt zur Eile bei TTIP – warum?
      Sind die Ängste der Bürger hysterisch? Werden sie geschürt von den Mythen einer “Erregungsindustrie”, wie der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Joachim Pfeiffer behauptet? Oder haben die Bürger gute Gründe, wie Bärbel Höhn von den Grünen meint. Gern nimmt die Opposition den sozialdemokratischen Wirtschaftsminister Gabriel beim Wort und entmystifiziert die nordamerikanischen Abkommen, in dem sie den CETA-Text analysiert, der für dieses Abkommen mit Kanada bereits vorliegt.
      Quelle: Deutschlandfunk

      Anmerkung C.R.: Und hier ist Das Manuskript zum Feature [PDF – 217 KB].

  5. Rendite frisst gute Arbeit
    Es ist die härteste Auseinandersetzung beim gelben Riesen seit über 20 Jahren. Sollte das Management sein Lohndumping erfolgreich durchsetzen, könnte das Schule machen
    Seit Tagen klingelt der Zusteller nicht mehr. In den Sortierzentren stapeln sich die Postsendungen bis unter die Decke. Geburtstagsgeschenke, Online-Bestellungen und Behördenbescheide bleiben liegen. Jeder vierte Brief und jedes fünfte Paket kommt zu spät.
    Über 20.000 Postler streiken. In diesem Tarifkonflikt geht es nur vordergründig um mehr Lohn und weniger Arbeitszeit. Die Postbeschäftigten verweigern die Arbeit, um die Entwertung ihrer Arbeit zu verhindern. Sie wehren sich gegen die organisierte Tarif- und Mitbestimmungsflucht ihres Arbeitgebers. Der Vorstand des gelben Riesen unterläuft durch die Neugründung einer hausinternen Firma den eigenen Tarifvertrag. Ein Lohndumping-Trick mit dem bereits Schlecker und Karstadt auf den Bauch gefallen sind.
    Im Januar gründete die Deutsche Post AG 49 neue Regionalgesellschaften, die DHL Delivery GmbHs. In den neuen Billiggesellschaften bekommen aktuell 6500 Paketzusteller weniger Lohn für gleiche Arbeit. Sie werden künftig nicht mehr nach dem Haustarifvertrag der Post AG, sondern nach den Tarifverträgen des Speditions- und Logistikgewerbes bezahlt. Die Zusteller müssen auf bis zu 20 Prozent ihres bisherigen Jahresgehalts verzichten. Die meisten Betroffenen waren zuvor bei der Deutschen Post AG befristet beschäftigt. In den letzten Jahren schuf der Post-Vorstand 26.000 befristete Stellen. Diese prekäre Arbeitskraftreserve hat das Unternehmen genutzt, um ihre Billigfirmen mit Personal auszustatten. Dabei setzte das Management den befristet Beschäftigten die Pistole auf die Brust: Gehaltskürzung oder Kündigung.
    Quelle: der Freitag
  6. Beschäftigungsanstieg trotz stagnierendem Arbeitsvolumen
    Im letzten Jahrzehnt kam es, vom krisenbedingten Einbruch im Jahr 2009 abgesehen, in jedem Jahr zu einem Anstieg der Beschäftigung. Das betrifft sowohl die unselbständigen wie auch die selbständig Beschäftigten. Gute Neuigkeiten also, oder? Nicht wirklich, denn obwohl es mehr Beschäftigte gibt, wird – in Arbeitsstunden gemessen – (fast) nicht mehr gearbeitet als vor 10 Jahren.
    Mehr Beschäftigte teilen sich das gleiche Stundenvolumen
    Ein Blick auf die Daten von Statistik Austria zeigt, dass die Zahl der Erwerbstätigen seit 2004 um 11,9 % gestiegen ist, die geleisteten Arbeitsstunden aber nur um 0,6 %. Das heißt, dass sich erheblich mehr Menschen heute dieselbe „Arbeitsmenge“ teilen wie im Jahr 2004. Anders ausgedrückt ist die Menge der durchschnittlich geleisteten Arbeitsstunden pro beschäftigter Person seit 2004 um 10 % oder 186 Stunden pro Jahr zurückgegangen.
    Quelle: blog.arbeit-wirtschaft.at

    Anmerkung C.R.: Bitte lesen Sie zur Situation in Deutschland erneut unseren Hinweis Arbeitsvolumen wieder leicht gestiegen und insbesondere die Anmerkung von Wolfgang Lieb.

  7. Manuela Schwesig: “Als Frau kann man es niemandem recht machen”
    Kinderlos = egoistisch. Mit Kindern zu Hause = nur Hausfrau. Kinder und Arbeit = Rabenmutter. Familienministerin Schwesig rechnet mit Klischees ab. Der Wirtschaft gibt sie eine Mitschuld an der niedrigen Geburtenrate. (…)
    Der deutschen Wirtschaft gibt Schwesig eine Mitschuld an der niedrigen Geburtenrate hierzulande. “Ganz viele haben zwar einen Kinderwunsch, realisieren ihn aber nicht, weil sie in der Arbeitswelt an Hürden stoßen. Befristete Arbeitsverträge wirken stärker auf die Geburtenrate als die Pille. Wer sich von Jahresvertrag zu Jahresvertrag hangelt, traut sich oft nicht, sich für ein Kind zu entscheiden.” Die Zahl grundlos befristeter Jobs sei seit 2001 auf 1,3 Millionen gestiegen.
    Die drei Wünsche der Ministerin
    Die Ministerin forderte die Wirtschaft auf, Arbeitnehmer nur noch dann befristet einzustellen, wenn es einen Sachgrund gebe, also zum Beispiel eine Schwangerschaftsvertretung. Den derzeitigen Umgang mit unbefristeten Arbeitsverhältnissen bezeichnete die Ministerin als familienfeindlich: “Leider ist es heutzutage auch möglich, ohne Grund zu befristen. Die Unternehmer müssen mehr Rücksicht nehmen auf die Belange von Familien. Vollzeit arbeiten, am besten über Handy und E-Mails rund um die Uhr zur Verfügung stehen, sich gleichzeitig um Kinder und pflegebedürftige Eltern kümmern – das bringt Familien an die Grenze ihrer Belastung. Es wäre ein Riesenfortschritt, wenn in der Arbeitswelt auf Familienzeiten geachtet würde.”
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Die Diagnose von Manuela Schwesig – befristete Arbeitsverträge und krasse Arbeitszeiten behindern oder verhindern Familiengründungen – finde ich sehr plausibel. Jetzt müßte man Schwesig vielleicht noch erzählen, wer die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen eingeführt hat und heute noch stolz darauf ist (die SPD), daß man schlimme Zustände durch Gesetze ändern kann und daß manche Politiker – z. B. die in einer Bundesregierung – beim Ändern von Gesetzen besonders große Einflußmöglichkeiten haben. Vielleicht, vielleicht unternimmt sie dann etwas gegen diese unhaltbaren Zustände – oder will sie nur weiterjammern?

    Anmerkung JB: Frau Schwesig kommt sich wahrscheinlich fürchterlich progressiv vor, wenn sie die Frage nach dem Kinderwunsch auf die prekären Arbeitsverhältnisse der Frauen reduziert. In der Realität wird der Kinderwunsch aber immer noch von Frau und Mann getroffen und Männer sind ebenfalls Opfer der fehlgeleiteten Politik, die Schwesig anspricht und die ihre Partei nach wie vor vertritt. Aber wenn man in der heutigen politischen Gemengelage dieses Thema nur auf den Tisch bekommt, wenn über das „Frauen-Ticket“ argumentiert, dann sei dem halt so.

    Passend dazu: Junge Union will Sonderabgabe für Kinderlose
    Die Junge Union will Familien besserstellen: Eltern sollen 1.000 Euro Startgeld für ein Baby erhalten und Steuerentlastungen an die Zahl der Kinder gekoppelt sein.
    Die Junge Union (JU) fordert von der CDU einen Kurswechsel in der Renten- und Familienpolitik. Die Jugendorganisation der CDU will unter anderem eine Sonderabgabe für Kinderlose, ein 1.000-Euro-Starterpaket für jedes neugeborene Kind und eine automatische Erhöhung des Renteneintrittsalters, wie die Süddeutsche Zeitung am Samstag berichtete. “Wir empfehlen Griechenland und allen anderen EU-Staaten, das Renteneintrittsalter zu erhöhen, aber in Deutschland haben wir es gesenkt”, sagte JU-Chef Paul Ziemiak der Zeitung. Die Jugendorganisation wolle mehr tun, als nur über den demografischen Wandel zu sprechen.
    Der JU-Chef forderte eine grundlegende Änderung des Rentensystems: “Es muss eine Verknüpfung zwischen Renteneintrittsalter und Lebenserwartung geben.” Wenn die Lebenserwartung steige, verlängere sich auch die Bezugsdauer der Rente, ohne dass die Versicherten dafür höhere Beiträge eingezahlt hätten. Dies müsse die CDU ändern.
    Quelle: Zeit Online

    Anmerkung C.R.: Die Junge Union hat offenbar zu oft „Prof. Unsinn“ aus München gelesen bzw. zugehört.
    Die NachDenkSeiten haben auf Ifo-Chef Sinn: Zwangssparen für Kinderlose mit einer Anmerkung hingewiesen.

  8. Über Reiche wissen wir nichts, über Arbeitslose fast alles
    Dr. Karl-Siegbert Rehberg ist seit 1992 Professor für Soziologie an der TU Dresden. Als Leiter der Forschungsgruppe “Farbe als gesellschaftliches Kommunikationssystem und Ausdruck sozialer Statuslagen im 20. und 21. Jahrhundert” wirkt Rehberg am Verbundprojekt Farbe als Akteur und Speicher – kurz FARBRAKS – mit . Auf der Tagung der FARBAKS im Millitärhistorischen Museum in Dresden hat er sich nach seinem Vortrag Zeit für ein Gespräch genommen. Im Interview mit Deborah Manavi für MDR SACHSEN sprach Rehberg über das Grau der DDR, das Magenta der FDP und die Täuschung durch Pegida.
    Welche Rolle spielen denn Tarnung und Täuschung tatsächlich in der Politik? Bestimmen sie das politische Tagesgeschäft?
    Ich würde gar nicht nur sagen in der Politik. Wir sind paradoxerweise in einer Gesellschaft, in der die Sichtbarkeit von allem und jedem, bis hin zu den Selbstenthüllungen auf Facebook und in den sozialen Medien, dominant ist auf der einen Seite und auf der anderen Seite, die Grundstrukturen der Gesellschaft häufig verdeckt sind, zum Beispiel die Klassenstrukturen oder die Vermögensverteilungen.
    Auch statistisch gibt es fast keinen Zugang dazu. Also das wäre das Grundmuster zu sagen: Wir leben in einer Gesellschaft, in der wir scheinbar meinen, weil wir noch den letzten Autobus-Unfall in den Anden abends berichtet bekommen, dass wir in einer Welt der Transparenz leben. Aber in vielen Grundstrukturen, auch der Machtverteilung und so weiter, wird das verdeckt und ist gar nicht transparent. Das ist so ein Grundsatz, der auch für unsere Gesellschaft gilt. Sicher: In den Diktaturen ist das natürlich viel planmäßiger, wir haben ja pluralistische Möglichkeiten der Öffentlichkeit, der Kritik und so weiter und dadurch lässt sich das nicht so stark monopolisieren, das Verbergen. Aber es gilt auch für viele der Grundstrukturen: Wir haben im Fernsehen ständig die Börsenkurse, aber über die Börsenvermögen wissen wir sehr wenig. Über die Reichen wissen wir eigentlich nichts, über die Arbeitslosen wissen wir fast alles. Insofern ist das auch in unserer Gesellschaft eine brisante Sache: Was ist verborgen und was ist sichtbar? Wir haben den Eindruck in unseren Lebenswelten, alles ist sichtbar, aber das stimmt vielleicht nur bedingt.
    Quelle: MDR Sachsen
  9. Weiter Hick-Hack um Gönner-Mails
    Der Untersuchungsausschuss Schlossgarten II besteht darauf, die E-Mail der ehemaligen Umwelt- und Verkehrsministerin Tanja Gönner im Zusammenhang mit dem sogenannten Schwarzen Donnerstag zu sichten.
    Das Hick-Hack um die E-Mails der ehemaligen Umwelt- und Verkehrsministerin Tanja Gönner (CDU) geht weiter. Der Untersuchungsausschuss Schlossgarten II besteht darauf, die Daten im Zusammenhang mit dem ausgeuferten Polizeieinsatz gegen S-21-Gegner zu sichten. Das Gremium halte an den entsprechenden Beweisbeschlüssen fest, teilte der Vorsitzende Jürgen Filius am Donnerstag nach einer nicht-öffentlichen Sitzung des Ausschusses in Stuttgart mit. Das gelte auch für die Mails von Gönners damaligem Amtschef Bernhard Bauer und für Mails ehemaliger Mitarbeiter des Staatsministeriums.
    Filius zufolge ist das Umweltministerium bereit, die Daten dem Untersuchungsausschuss bereitzustellen, nachdem das Verwaltungsgericht Sigmaringen die Klage der Ex-Ministerin auf Löschung und Nicht-Herausgabe abgewiesen hat. Auch Gönners Berufung gegen dieses Urteil habe keine aufschiebende Wirkung. Diese könne nur ein mögliches einstweiliges Rechtsschutzverfahren beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim entfalten.
    Quelle: Stuttgarter-Zeitung.de
  10. Russland/Ukraine
    1. Russland-Krise könnte für Deutschland teuer werden
      Die EU hat stets bestritten, dass sich Europa mit den Russland-Sanktionen ins eigene Fleisch schneiden könnte. Doch Ökonomen haben nun unbequeme Zahlen vorgelegt – vor allem Deutschland muss bangen.
      Die Wirtschaftskrise in Russland hat weitaus schlimmere Konsequenzen für die Länder der Europäischen Union (EU) und die Schweiz als bislang erwartet. Nach einer Berechnung des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo), sind europaweit weit mehr als zwei Millionen Arbeitsplätze und rund 100 Milliarden Euro an Wertschöpfung in Gefahr.
      Die Wissenschaftler gehen in ihrer Studie, die sie exklusiv für die Allianz führender europäischer Tageszeitungen (LENA) erstellt haben, von einem “Worst-Case-Szenario” aus. “Die Exportausfälle, die wir im Herbst vergangenen Jahres schlimmstenfalls angenommen hatten, sind inzwischen Realität”, sagt Oliver Fritz, einer von drei Autoren der Studie. Dabei spielten die Sanktionen gegen Russland und die russische Reaktion darauf eine entscheidende Rolle. “Verändert sich die Lage nicht grundsätzlich, wird voraussichtlich unser besonders pessimistisches Szenario eintreten.”
      Quelle: N24

      Dazu: Sanktionen gegen Russen wirkungslos?
      Die EU-Sanktionen gegen russische Privatpersonen haben offenbar nicht die erhoffte Wirkung. Einem Bericht zufolge wurden in mehreren Staaten gar keine Vermögen beschlagnahmt, in anderen Ländern sind die Summen minimal.
      Das Einfrieren von Vermögen russischer Privatpersonen als Teil der EU-Sanktionen gegen das Land ist laut einem Zeitungsbericht fast wirkungslos. In mindestens neun der 28 EU-Mitgliedstaaten seien keinerlei Vermögenswerte von Individuen, Unternehmen und Organisationen auf der EU-Sanktionsliste eingefroren oder beschlagnahmt worden. Das ergaben Recherchen der europäischen Zeitungsallianz Lena, zu der auch “Die Welt” gehört.
      Demnach teilten Spanien, Malta, Finnland, Kroatien, Slowenien, Slowakei, Ungarn, Irland und Litauen auf Anfrage mit, dass es keinerlei Meldungen über beschlagnahmte Vermögen gebe. Außerdem seien in den meisten anderen Ländern mit Ausnahme Italiens die Beträge sehr gering.
      So betrage die Summe gesperrter Ressourcen in Schweden gerade einmal 200 Euro. In Zypern, ein bei Russen besonders beliebtes EU-Land, seien es unter 120.000 Euro. In Deutschland wurden nach Informationen des Recherchenetzwerks 124.346 Euro eingefroren.
      Quelle: tagesschau.de

      Anmerkung C.R.: Die NachDenkSeiten haben frühzeitig auf die Gefahren durch die Sanktionen gegen Russland verwiesen, sie für kontraproduktiv gehalten und auf entsprechende Informationen hingewiesen – z. B. hier: “Ich halte das für hochgefährlich

    2. Nato probt Krieg gegen Russland
      Mit ohrenbetäubendem Lärm dröhnen drei Blackhawk-Helikopter über die Besuchertribüne. Über dem Übungsplatz von Sagan (In Polen, nahe Cottbus) seilen sich Spezialeinheiten des polnischen Kommandos 4101 ab.
      Sie sind Teil der schnellen Eingreiftruppe der Nato, die hier übt, wie schnell sie auf die neue Bedrohungslage im Osten reagieren kann. 2000 Soldaten aus neun Nationen proben die Einsatzbereitschaft für den Krisenfall.
      „Noble Jump“ heißt das Manöver, „edler Sprung“. Es soll beweisen, dass die schnelle Eingreiftruppe anders als bisher nicht mehr einen Monat braucht, um mobilisiert werden zu können, sondern nur wenige Tage. Hintergrund ist die Ukraine-Krise; die Angst, dass Russland den Konflikt doch noch ins Nato-Gebiet ausweitet. Im Klartext: Die Nato probt den Kampf gegen Putin…!
      Das würde kein Nato-Offizieller natürlich hier so sagen.
      Denn in Polen geht es darum, Stärke zu zeigen, nicht darum, die Lage noch weiter zu eskalieren. Die USA wollen schwere Waffen in Osteuropa stationieren. Präsident Putin hat angedroht, sein Atomwaffen-Arsenal aufzustocken. Das reicht an Provokation.
      Und deshalb hat sich das Bündnis auch für seine Gefechtsübung in Polen einen Feind ausgedacht, der nicht etwa „Wladimir“ heißt, sondern den filmreifen Namen „Birdman“ trägt.
      Quelle: Bild
    3. Putin als starker Mann? „Ein PR-Produkt“
      Einer der renommiertesten Russland-Experten Deutschlands hat bei einem Vortrag in Düsseldorf dem Publikum die Machtstrukturen im Kreml erklärt – und dass Putin eher Moderator als Macho ist.
      Professor Hans-Henning Schröder steht vor seiner Präsentation mit dem Titel “Wer hat die Macht im Kreml?” und sagt: “Der Vortrag könnte eigentlich sehr kurz werden, wenn ich ganz ehrlich auf die Frage antworten würde.” Dann beendet Schröder seinen Satz aber nicht mit “Putin”, sondern mit: “Ich weiß es nicht.”
      Schröder ist einer der renommiertesten Russland-Experten Deutschlands. Bis 2012 leitete er die Forschungsgruppe Russland beim Deutschen Institut für internationale Politik und Sicherheit, lehrt an der Freien Universität Berlin und ist Herausgeber der elektronischen Zeitschrift “Russland-Analysen”. Er steht in einem Raum des Düsseldorfer Deutsch-Russischen Wirtschaftsclubs e.V., im Publikum sitzen Unternehmer, Ökonomen und Interessierte. Der 66-Jährige kennt sich aus, er erwähnt einflussreiche Personen, die in deutschen Medien kaum vertreten sind – Fridman, Miller, Schuwalow, Schojgu – erzählt davon, wer mit wem Konflikte austrägt und wie sich in den letzten 15 Jahren die Macht weg von Parlament und Rechtstaatlichkeit hin zu den Wirtschaftseliten verschoben hat.
      Quelle: MotzMeyer
    4. Gibt es Licht am Ende des Tunnels?
      Wir haben Krieg in Europa, einen Stellvertreterkrieg zwischen Ost und West. Wir haben einen Bürgerkrieg in der Ukraine. Die USA und die EU führen einen Handelskrieg gegen Russland und umgekehrt; beide Seiten belegen sich gegenseitig mit Sanktionen. Die Politik greift zu Mitteln der Ausgrenzung und Gesprächsverweigerung – auf beiden Seiten.
      Die Gesellschaft wird eingedröhnt durch den Schlachtenlärm eines verwirrenden Propagandakrieges, der jede Nachdenklichkeit zu ersticken droht. Die Beziehungen zwischen der westlichen Staatengemeinschaft und Russland sind weitgehend erschüttert. Dieser Krieg birgt große Gefahren für die politische und wirtschaftliche Entwicklung Europas und für den Zusammenhalt im Nordatlantischen Bündnis.
      Blicken wir auf die optimistische, ja euphorische Grundstimmung der 90er Jahre war diese Entwicklung nicht vorherzusehen. Francis Fukuyama schrieb 1992 in seinem Buch „Das Ende der Geschichte“, dass die Welt nunmehr in eine „liberale, konfliktfreie Entwicklung“ eintreten würde. Bei aller Skepsis gegenüber einer solchen These schien es so, dass wir — um mit Bertold Brecht zu sprechen — die „Mühen der Berge hinter uns hatten, nun aber die Mühen der Ebenen vor uns lagen”.
      Quelle: Sputniknews
  11. Orwell 2.0
    1. Bericht: Keine Chance für NSA-“Vertrauensperson”
      Die USA lehnen einen Sonderermittler zur Einsicht in die NSA-Selektorenlisten laut einem Zeitungsbericht ab. Das Kanzleramt wäre damit mit seiner Goodwill-Aktion gescheitert. Das Problem könnten nun andere bekommen.
      Der Streit um die Geheimliste mit den US-Spionagezielen in Europa droht zu eskalieren. Nach Informationen der “Bild am Sonntag” weisen die Amerikaner auch den Kompromissvorschlag der Bundesregierung ab, dass eine Vertrauensperson die Listen mit den Suchbegriffen begutachten darf. Trotz des politischen Drucks dürfe die Bundesregierung keine Staatsgeheimnisse verraten, zitiert das Blatt ungenannte Quellen aus Washington.
      Die sogenannten Selektorenlisten enthalten Suchbegriffe der NSA, darunter auch Telefonnummern und IP-Adressen, die diese dem deutschen Auslandsgeheimdienst BND zum Einsatz in den Abhörprogrammen zur Verfügung gestellt hat. Es besteht der Verdacht, dass die NSA auf diese Weise auch europäische Politiker und Unternehmen ausgespäht hat.
      Quelle: DW

      Anmerkung unseres Lesers U.D.: Wenn ein regierungstreues Medium, wie “Bild am Sonntag” diese Meldung verbreitet, mit dem Hinweis auf Überlegungen die Spionageaktivitäten der USA von der BRD nach Polen zu verlagern, ist Vorsicht geboten. Die USA wollen mit allen Mitteln verhindern, das ihre Wirtschaftsspionage in Europa offen gelegt wird. Sollte die Bundesregierung auf die “Vorwände” der USA eingehen, wäre auch ohne Kenntnisse der Geheimabsprachen sichtbar, dass Deutschland nur begrenzt souverän ist und weniger Rechte hat, als jeder Staat in den USA.

      Ergänzende Anmerkung WL: Schon beim No-Spy-Abkommen ließ die amerikanische Regierung die Bundesregierung und die Kanzlerin als Lügner dastehen. Nun wollte die Regierung die Einsicht in die Selektorenliste mittels eines Sonderermittlers. Hat die Bundesregierung auch diesen Vorschlag ohne Zustimmung der USA gemacht, dann ist das entweder dilettantisch oder sie versuchte das Parlament und die Öffentlichkeit ein weiteres Mal zu täuschen. Man darf gespannt sein, welche Lügengeschichte uns die Regierung jetzt auftischt, nachdem auch der Trick mit dem Sonderermittler aufgeflogen ist.
      Interessant ist ferner, dass es laut Bild am Sonntag seit 2002 eine Vereinbarung zwischen Deutschland und den USA geben soll, wonach solche Daten niemals öffentlich gemacht werden dürfen. Das war also in der Regierungszeit von Rot-Grün.
      Schwarz, Rot und Grün haben hier also Dreck am Stecken, kein Wunder, dass dieser Skandal unter den Teppich gekehrt wird.
      Das wäre doch nun wirklich einmal ein Fall, wo die Medien ihre Wächterrolle wahrnehmen könnten.

      Dazu: Lammert über Spionagelisten: “Die Regierung ist kein Vormund des Parlaments”
      Eine einzige Person soll die streng geheimen Spionagelisten der USA sichten. Wird das Parlament dabei übergangen? Die Opposition zieht deshalb vor Gericht. Jetzt meldet sogar Bundestagspräsident Lammert neue Bedenken an.
      Man muss sich klar machen, worum es im Streit um die streng geheimen US-Spähziele wirklich geht: Angela Merkels Regierung verfolgt ein bestimmtes Interesse (Geheimdienstdetails und das Verhältnis zu den USA schützen). Das Parlament, konkret der NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags, hat ein anderes Interesse (Aufklärung der Geheimdienstaffäre). Beim Thema Spionage prallen diese Interessen so hart aufeinander wie lange nicht mehr.
      Denn werden die Spählisten öffentlich, ist die enge Kooperation zwischen Deutschland und den USA ramponiert. Ganz unter Verschluss halten kann man sie aber auch nicht. Zehntausende aufgeführte E-Mails oder Handynummern könnten Aufschluss über illegale Spionage geben.
      Welches Interesse wiegt also schwerer – das der Bundesregierung oder das des Parlaments?
      Vermitteln soll jetzt eine Vertrauensperson, die quasi als Ein-Mann-Kommando Einblick in die sogenannten Selektorenlisten bekommt. Ein Name steht noch nicht fest, die Entscheidung dazu fiel in dieser Woche.
      Quelle: Spiegel Online

      Anmerkung unseres Lesers U.D.: “Denn werden die Spählisten öffentlich, ist die enge Kooperation zwischen Deutschland und den USA ramponiert.” – nicht nur die “Kooperation” mit den USA ist dann “ramponiert”:
      Die Mehrheit der Bürger würden dann erkennen müssen, das Merkel gegen ihren Amtseid verstößt und nicht das Wohl des deutschen Volkes im Auge hat, sondern nur ihre Macht erhalten will.

      Ergänzende Anmerkung C.R.: Laut Art. 38 des Zusatzabkommens zum Nato-Truppenstatut, das auch Tätigkeiten von Geheimdiensten einschließt, sind Deutschlands Exekutive und Gerichte dazu verpflichtet, Sorge dafür zu tragen, kein US-Amtsgeheimnis preiszugeben. Das kann u.a. hier nachgelesen werden: Art. 38 NATO-TS ZAbk
      Das bedeutet, auf deutschen Boden herrscht deutsches Recht. Aber dieses merkwürdige deutsche Recht schränkt die Souveränität Deutschlands ein und könnte die wenig aussagekräftige Wortakrobatik der Bundesregierung erklären.

    2. Kurze Durchsage des Parlamentarischen Geschäftsführers der Unionsfraktion, Bernhard Kaster:
      Die Linksfraktion ist durch die Veröffentlichung ein Sicherheitsrisiko für den Deutschen Bundestag geworden.
      Welche Veröffentlichung? Die hier:
      Mein Kommentar dazu: Wer bei Malware Attribuierung macht, schießt sich damit selbst aus dem Rennen. Dem kann ich auch sonst nichts mehr glauben. Zumal die Attribuierung hier auf eher tönernen Füßen steht, sie basiert im Wesentlichen auf diesem Report von Fireeye. Fireeye ist ein “IT-Security-Dienstleister”, dessen Geschäftsmodell es ist, in großen Organisationen Email-Attachments in einer Sandbox auszuführen, und zu gucken, ob die nach Hause zu telefonieren versuchen. Ich persönlich halte den Ansatz für Schlangenöl. Deren Produkt habe ich noch nicht in der Praxis von Nahem im Einsatz gesehen.
      Jedenfalls hat Fireeye ein kommerzielles Interesse daran, auf die bösen Chinesen oder Russen zu zeigen, damit mehr Leute Angst kriegen und Kunde werden. Wenn man sich deren Report durchliest, findet man heraus, dass ihre Attribuierung daher kommt, dass internationale Elite-Hacker, die SO GUT sind, dass sie ÜBERALL REINKOMMEN, beim Erstellen ihrer Software mit einer Microsoft-Entwicklungsumgebung vergessen haben, die Metadaten zu bereinigen. Leute, die gut genug sind, um ihren Code mit sinnlosen Instruktionen aufzublähen, damit die Analyse schwerer wird. Solche Leute vergessen dann die Metadaten. Ja nee, klar. Oh und die Metadaten zeigen, dass da teilweise die russische Version eingesetzt wurde, und dass die Erstellungszeiten im Dateiheader auf reguläre Montag-Freitag 9-5 Arbeitszeiten in der Zeitzone von Moskau hinweisen.
      Quelle: Fefes Blog
    3. “Komplett schützen können sich nicht mal die Profis”
      Prof. Dr. Jörn Müller-Quade ist Inhaber des Lehrstuhls für IT-Sicherheit und leitet die Arbeitsgruppe Kryptographie und Sicherheit am Karlsruher Institut für Technologie. Auf der Tagung “Camouflage. Tarnung, Täuschung, Mimikry – in Farbe verborgen” am 19. Juni 2015 in Dresden hat er über Mimikry und Kryptographie in der IT-Branche gesprochen. Welche Auswirkungen Kryptographie, Internetspionage und die Nutzung von Social Media für unseren Alltag haben, hat er Deborah Manavi für MDR SACHSEN im Interview erklärt. (…)
      Glauben Sie, dass Bürger überhaupt vollkommenen Schutz wollen? Immerhin ist bei Social Media Networks wie Facebook bekannt, dass es so gut wie keinen Datenschutz gibt und trotzdem nutzen Millionen von Menschen das Netzwerk freiwillig.
      Das Problem ist, dass die Leute gerne Schutz wollen, aber dafür nichts tun wollen – Schutz wollen, aber auch Bequemlichkeit. Leider ist es immer ein Abwägen, wie viel Bequemlichkeit man haben kann, wenn man sich schützen will. Es ist ja auch so, dass der Sicherheitsgurt anfangs auf viel Wiederstand gestoßen ist, weil es doch so unpraktisch und unangenehm ist, sich da am Sitz festzubinden.
      Und wenn man die Leute fragt, was sie wollen, kriegt man tatsächlich widersprüchliche Antworten, je nachdem, wie man fragt, ob man mehr nach der Bequemlichkeit fragt, die gefordert ist oder mehr nach dem Schutz. Meines Erachtens sind aber eigentlich die Technikfirmen in der Pflicht. All diese Sicherheitsmechanismen haben eigentlich im Hintergrund zu werkeln, ohne dass ich als User mich damit rumärgern muss.
      Quelle: MDR Sachsen
  12. Konsequenz aus Pariser Terroranschlag: Spezialeinheiten der deutschen Polizei rüsten auf
    Distanzwaffen, besserer Schutz und internationale Übungen: Die Spezialkräfte der deutschen Polizei verbessern ihre Ausrüstung. Eine Reaktion auf das “Charlie Hebdo”-Attentat in Paris – dort schossen die Terroristen mit Kriegswaffen.
    Nach dem Terror in Paris haben die Spezialkräfte der deutschen Polizei teils deutlich aufgerüstet. Sie müssten mit Terroristen auf Augenhöhe bleiben, sagte der Chef der Innenministerkonferenz (IMK), Roger Lewentz (SPD), der Deutschen Presse-Agentur in Mainz.
    Beim Attentat auf das französische Satireblatt “Charlie Hebdo” und dem anschließenden Angriff auf einen jüdischen Supermarkt im Januar hatten die Angreifer mit Kriegswaffen geschossen.
    “An die offenbar extrem gut ausgebildeten Terroristen und ihre Waffen muss die Ausrüstung der Spezialkräfte angepasst werden”, erklärte der Mainzer Innenminister. “Mit herkömmlichen Schusswaffen kommen Polizeibeamte auch nicht immer nahe genug an Terroristen heran, um in einem Schusswechsel zu bestehen.”
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung C.R.: In diesem Zusammenhang sei an die Erläuterungen zur Charta der Grundrechte erinnert:
    „So müssen die in der EMRK enthaltenen „Negativdefinitionen“ auch als Teil der Charta betrachtet werden:
    Artikel 2 Absatz 2 EMRK:
    „Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie durch eine Gewaltanwendung verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um

    1. jemanden gegen rechtswidrige Gewalt zu verteidigen;
    2. jemanden rechtmäßig festzunehmen oder jemanden, dem die Freiheit rechtmäßig entzogen ist, an der Flucht zu hindern;
    3. einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen“.

    Und weiter:
    „Ein Staat kann in seinem Recht die Todesstrafe für Taten vorsehen, die in Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr begangen werden; diese Strafe darf nur in den Fällen, die im Recht vorgesehen sind, und in Übereinstimmung mit dessen Bestimmungen angewendet werden …“.
    Die Erläuterungen sind offenbar nicht lediglich Regelungen für die Ausführungen des Gesetzes, sondern – und das ist unüblich – dem Gesetzestext gleichgestellt. So nachlesbar im Amtsblatt der Europäischen Union vom 14.12.2007.

  13. Ursula von der Leyen stellt Parlamentsvorbehalt bei Auslandseinsätzen in Frage
    Noch muss der Bundestag bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr zustimmen. Eine Europäische Armee könnte das ändern. „Es kann sein, dass wir das deutsche Recht ändern müssen“, sagt die Verteidigungsministerin.
    Nach heutiger Rechtsprechung können Einheiten mit deutschen Soldaten nur mit Zustimmung des Bundestags eingesetzt werden. Auf die Frage, wie die Skepsis beim Aufbau einer Europäischen Armee überwunden werden kann, sagte Leyen in Brüssel: „Es kann sein, dass wir das deutsche Recht ändern müssen.“
    Sie verwies auf die multinationalen Verbände mit deutscher Beteiligung: die Deutsch-Französische Brigade, das Deutsch-Niederländische Korps in Münster und das Multinationale Korps Nordost in Stettin mit dänischen, deutschen und polnischen Soldaten, das jetzt eine größere Rolle beim Schutz der baltischen Staaten übernimmt, die sich von Russland bedroht fühlen. Demnächst werden deutsch-polnische Kampfeinheiten und deutsch-dänische Truppen dem jeweils anderen Kommando unterstellt, kündigt sie an. „70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs dienen deutsche Soldaten unter polnischem Kommando und polnische Soldaten unter deutschem Kommando.“
    Quelle: Christoph von Marschall im Tagesspiegel
  14. Bundestag unterliegt vor Gericht
    Juristischer Erfolg für das Portal abgeordnetenwatch.de: Der Deutsche Bundestag muss offenlegen, welchen Lobbyorganisationen er einen Hausausweis für das Parlament ausstellt. Mit diesem Ausweis haben die Lobbyisten weitgehend ungehinderten Zugang zum Bundestag, der Normalsterblichen versagt bleibt.
    Abgeordnetenwatch.de hatte sich auf das Informationsfreiheitsgesetz berufen. Die Bundestagsverwaltung lehnte den Antrag jedoch ab, so dass nun das Verwaltungsgericht Berlin entscheiden musste. Dabei geht die Fragestellung deutlich über den Einzelfall hinaus. Der Bundestag blockt nach Angaben von abgeordnetenwatch.de nämlich gerne Anfragen mit der Begründung ab, das Informationsfreiheitsgesetz sei gar nicht anwendbar. Denn es gehe nicht um die Verwaltung, sondern um besonders geschützte parlamentarische Tätigkeit.
    Dieser Ansicht erteilte das Verwaltungsgericht jedoch eine Absage. „Mit dieser Einstellung würde so gut wie alles im Zusammenhang mit dem Bundestag aus dem Informationsfreiheitsgesetz herausfallen“, wird die Gerichtsvorsitzende zitiert. Schließlich habe alles in irgendeiner Form mit der Tätigkeit der Abgeordneten zu tun. Den Kernbereich der Abgeordnetentätigkeit, der besonders geschützt sei, sieht das Gericht aber bei der Lobbyistenliste jedenfalls nicht berührt.
    Quelle: law blog
  15. Menschenmesserideologie
    Von der Ökonomisierung und Kommerzialisierung menschlicher Bildung
    Kann man alles Menschliche messen? Jens Wernicke spricht mit Wolfram Meyerhöfer über die Ökonomisierung des Bildungswesens durch PISA-Studien und die Rolle von Mathematisierungen in der Gesellschaft.
    Herr Meyerhöfer, Sie kritisieren seit vielen Jahren die PISA-Studien als methodisch unseriös und politisch fatal. Zuletzt sprachen Sie auch von einer »Menschenmesserideologie«, die im Bildungssystem zunehmend fröhliche Urstände feiere. Was meinen Sie damit?
Damit meine ich den Glauben daran, dass man alles Menschliche messen könne. PISA behauptet, mit ein paar dümmlichen Ankreuzaufgaben die Qualität von Schulsystemen messen zu können. Die Stiftung Warentest behauptet, den Geschmack von Schokocreme auf einer Skala angeben zu können. Es gibt sogar Skalen für religiöse Kompetenz. Natürlich kann man jedes Element des Seins in eine Skala pressen. Menschenmesserideologie ist aber der Glaube, dass diese Skala wirklich etwas über den Menschen erzählt.
    Quelle: neues deutschland
  16. Die Gegenwart des sogenannten “Qualitätsjournalismus”
    Dominik Grafs Film “Was heißt hier Ende?” über Michael Althen ist eine Verlustanzeige. Es geht um die moralisch-ökonomische Verfassung unserer Medien
    Man müsste, wenn jemand stirbt, eigentlich keinen Nachruf auf den Toten schreiben, sondern einen auf die Gesellschaft, die ihn überlebt. Wie sie sich die Dinge zurechtlegt, um selbst gut dazustehen. Wie sie, noch angesichts des Todes, so tut, als würde sie in ihrem abschließenden Urteil letztlich doch noch immer Gnade vor Gerechtigkeit ergehen lassen. Nichts Schlechtes über die Toten heißt in Wahrheit: nichts Schlechtes über die Überlebenden.
    Frank Schirrmacher, Herausgeber der FAZ, in seinem Nachruf auf Bernd Eichinger in der FAS am 30. Januar 2011.
    Ein Zufall gewiss, aber auch eine Koinzidenz, die in ihrem Zusammentreffen etwas Notwendiges hat: Soeben meldete der “Spiegel”, man werde zum nächsten Jahr 15 Millionen Euro im Etat einsparen.
    Die Sparmaßnahmen würden durch Stellenkürzungen und durch Kostensenkungen in der Dokumentation verwirklicht. Seit 2007 sei der Gewinn um etwa die Hälfte zurückgegangen. Immerhin macht der “Spiegel” noch Gewinn. Die FAZ macht bereits seit Jahren Verluste.
    Dieser Tage jährt sich auch der Tod von Frank Schirrmacher. Sein überraschender Herz-Tod war ein böser Streich des Schicksals; er kam zu einem Zeitpunkt, an dem das “Modell Schirrmacher” ausgereizt schien. Zumindest auf Zeitungsebene. Er markierte einen Einschnitt und möglicherweise Endpunkt.
    Schließlich kommt jetzt nun ein Dokumentarfilm ins deutsche Kino, der auf eine idealisierende, utopische Weise noch einmal Journalismus “at its best” feiert, und all das ins Gedächtnis ruft, was Zeitungsjournalismus sein kann und sein muss, will er Sinn machen. Heute mehr denn je.
    Quelle: Telepolis
  17. Sunday-Times-Korrespondent im CNN-Interview: „Wir veröffentlichen einfach die aktuelle Meinung der britischen Regierung“
    Nachdem am Wochenende erschienenen Artikel aus der britischen Sunday Times… über den wir schon berichtet haben, wonach angeblich russische und chinesische Geheimdienstmitarbeiter Snowden-Dokumente gehackt oder zugespielt bekommen hätten und dadurch britische „Agenten“ in Gefahr gebracht worden wären, führte CNNs George Howell mit einem Korrespondenten der Sunday Times ein Interview. Schnell wird klar, dass außer Informationen durch „various sources“, „multiple sources“, „highly placed sources“ und sonstigen – nicht benannten – Informanten keinerlei Beweise für auch nur eine der gemachten Behauptungen im Artikel der Sunday Times vorliegen. Der Bericht hat wohl nur einen Zweck, den der nette Korrespondent auch im Interview benennt.
    We just publish the position of the British Government at the moment.
    Quelle: Netzpolitik
  18. Zu guter Letzt: Das Leben ist unvorhersehbar, komisch und absurd…
    Haben sie die auch so satt? Sozialschmarotzer? Die vom Geld anderer Leute leben? Die das Wirtschaftswachstum killen? Und die Sozialkassen belasten? Sie wissen, von wem ich rede: Millionäre!
    Nun gönne ich jedem einzelnen Millionär seinen Reichtum von ganzem Herzen. Nur im Rudel sind sie nicht so toll. Sie vermehren sich aber laut einer Studie zurzeit weltweit wie die Karnickel. Analog zu einer Kaninchenplage muss man demnächst von einer „Millionärsplage“ sprechen. Super-Reiche haben nämlich nur begrenzten wirtschaftlichen Nutzen. Zu diesem Schluss kommt jetzt ausgerechnet eine Organisation, die mit Sozialismus in etwa so viel zu tun hat wie Sahra Wagenknecht mit dem Aufsichtsratsvorsitz von Nestle: der Internationale Währungsfonds (IWF)!
    Die stellen fest, dass das Wirtschaftswachstum sinkt, wenn die reichsten 20 Prozent noch reicher werden. Umgekehrt steigt das Wachstum, wenn die unteren 20 Prozent mehr verdienen. In anderen Worten: Wenn Sie zurzeit keine Post kriegen oder die Bahn mal nicht fährt, freuen Sie sich – da streikt jemand für Ihr Wirtschaftswachstum! Besonders wertvoll sind in dieser Hinsicht Migranten. Die schicken einen großen Teil ihres Lohns nach Hause und unterstützen so etwa 150 Millionen Menschen weltweit!
    Quelle: Chin Meyer

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