Hinweise des Tages

Ein Artikel von:

(KR/WL)
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.
Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Zerschlagung der Frankfurter Rundschau geplant
    Weil Betriebsrat und gewerkschaftliche Vertrauensleute befürchten, dass ein von der Geschäftsführung der Frankfurter Rundschau angekündigter „Umbau des Unternehmens in so genannte moderne, zukunftsorientierte Strukturen“ nichts anderes als die geplante Zerschlagung des Unternehmens, Tarifflucht und weitere Arbeitsplatzverluste bedeutet, beginnen Teile der Belegschaft Widerstand dagegen zu organisieren und zur Solidarität aufzurufen. Für Leser und Öffentlichkeit wurde dies anlässlich der DGB-Kundgebung am 1. Mai in Frankfurt deutlich.
    Quelle: Neue Rheinische Zeitung
  2. Verfassungsgericht rügt Rot-Grün
    Der Bundestag hätte dem Bundeswehr-Aufklärungseinsatz in der Türkei 2003 zustimmen müssen. Das entschied das Verfassungsgericht – und stärkt die Rechte des Parlamentes.
    Quelle: TAZ

    Anmerkung: Siehe zu diesem Thema auch unseren heutigen Beitrag

  3. Bayern bald demofreie Zone
    Die bayerische Landesregierung bereitet eine starke Einschränkung des Demonstrationsrechts vor.
    Quelle: TAZ
  4. Transnet-Chef Hansen wird Personalvorstand der Bahn
    Wie das Bündnis Bahn für Alle aus Unternehmenskreisen der Bahn erfahren hat, soll der Transnet-Vorsitzende Norbert Hansen neuer Personalvorstand bei der Bahn werden. Dem Plan zufolge soll der Vorstand der DB AG dies während seiner Klausur am 8. und 9. Mai beschließen. Am 15. Mai soll der Aufsichtsrat diesen Beschluss bestätigen. Hansen ist stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats und Mitglied des Präsidiums.

    “Da haben wir die Erklärung für die kuriose Schlingerlinie des Noch-Transnet-Vorsitzenden Hansen: Verzehnfachung des Gehalts”, kommentierte Stefan Diefenbach-Trommer vom Bündnis Bahn für Alle. “Hansen war einer der entscheidenden Treiber der Bahnprivatisierung und hat die Transnet auf diese unkritische und fatalistische Haltung eingeschworen, Nachdem er die Weichen für die Privatisierung gestellt hat, macht er sich aus dem Staub, kassiert ab und lässt die Beschäftigten die Zeche bezahlen.”
    Quelle: DeineBahn.de

    Anmerkung Orlando Pascheit: Natürlich überrascht uns diese Nachricht nicht. Man musste kein notorischer Verschwörungstheoretiker sein, um die ‘cohabitation’ von Gewerkschaftschef mit Bahnchef als zentrales Element des relativ lockeren Börsengangs der Bahn zu begreifen. Der Wechsel in den Vorstand rundet das Bild nur ab. Auch auf einer allgemeineren Ebene ist uns der Vorgang wohl vertraut. Zu zahlreich sind die Beispiele, in denen Spitzenpolitiker und -beamte ihre Lobbytätigkeit für die Privatwirtschaft in einer Art nachgelagerter Korruption vergütet bekommen. Dennoch bleibt es ein Faszinosum, mit welcher Leichtigkeit deutsches Führungspersonal in verschiedensten Bereichen der Gesellschaft, einmal gewählt, trotz bald einsetzender Krisensymptome unwidersprochen ihre verhängnisvollen Projekte vorantreiben durften. Man denke an die Agendapolitik Schröders, die Chryslerübernahme durch Jürgen Schrempp oder eben den Börsengang der Bahn. Selbst wenn man sich vergegenwärtigt, dass viele Akteure verwoben in einem weitreichenden Klientelsystem nur ihr Eigeninteresse im Auge hatten, bleibt die Frage, wie eine ganze Gewerkschaft (Transnet) bzw. Partei (SPD) für ein derartig offensichtlich zerstörerisches Projekt gewonnen werden konnte.

    Ergänzende Anmerkung WL: Am 15.April 2008 habe ich gemutmaßt: „Es würde einen nicht wundern, wenn für den Bahnvorstand der bis dahin zum Personalchef aufgestiegene Privatisierungsbefürworter und derzeitige Vorsitzende der Bahngewerkschaft „Transnet“, Norbert Hansen, verkünden würde, wie viel Personal eingespart werden muss, damit die Bahn wettbewerbsfähig bleibt.“ Die Wirklichkeit ist offenbar schlimmer, als wir angeblichen „Verschwörungstheoretiker“ sie ausmalen können.

  5. Rentenaufwertung für langjährig Versicherte geht an vielen Frauen vorbei
    Die rentenpolitische Debatte verlagert derzeit ihren Schwerpunkt von der unbedingten Stabilisierung der Beitragssätze hin zur Armutsfestigkeit der Alterssicherung. Aktuell werden Konzepte diskutiert, die auf eine Aufwertung der Alterseinkünfte für langjährig Versicherte abzielen. Sowohl der Vorschlag von NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers als auch der Rentenkompromiss der CDU sehen vor, dass Beschäftigten mit niedrigen Einkommen eine Rente oberhalb des Grundsicherungsniveaus garantiert wird, wenn sie mindestens 35 Jahre in die Gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben. Expertinnen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung haben auf Basis von Daten der Deutschen Rentenversicherung (DRV) die Auswirkungen einer solchen Fokussierung auf langjährig Versicherte analysiert. Ein zentrales Ergebnis: Die Koppelung an eine Versicherungszeit von 35 Jahren schließt gerade Personengruppen mit höherem Armutsrisiko von der Unterstützung aus. Dazu zählen insbesondere Selbständige mit kleinem Einkommen und Frauen, so die WSI-Forscherinnen Claudia Bogedan und Dr. Simone Leiber.
    Quelle. WSI Mitteilungen [PDF – 52 KB]
  6. Riester-Rente füllt MLP die Kassen
    Der Finanzmakler MLP hat zu Jahresbeginn von einer Rekordnachfrage nach Altersvorsorgeprodukten profitiert. Der operative Gewinn sei im ersten Quartal um 18 Prozent auf 23,2 Mio. Euro gestiegen, teilte MLP am Mittwoch in Wiesloch bei Heidelberg mit. Die jüngste Rekordrendite werde in diesem Jahr trotz steigender Erträge aus dem Provisions- und Zinsgeschäft jedoch etwas abbröckeln, hieß es.
    Quelle: FTD

    Anmerkung: Die Investitionen in die Werberedner Raffelhüschen und Rürup haben sich also gelohnt.

  7. Datenkrake Google: “Wie ein Computervirus”
    Der Autor Gerald Reischl hat sich monatelang mit dem Suchmaschinenkonzern beschäftigt. In seinem Buch “Die Google-Falle” warnt er vor der Macht des Unternehmens.
    Quelle: FR
  8. Deutsche Industrie verzeichnet Auftragsminus
    Die deutsche Industrie hat im März den vierten Monat in Folge weniger Aufträge erhalten. Besonders eine Industriesparte musste einen größeren Rückgang hinnehmen. Bei den Unternehmen wurde preis- und saisonbereinigt 0,6 Prozent weniger bestellt als im Vormonat, wie das Wirtschaftsministerium am Mittwoch mitteilte.
    Von Reuters befragte Volkswirte hatten dagegen mit einem Plus von 0,3 Prozent gerechnet. Damit lag das Auftragsvolumen im ersten Vierteljahr um 1,3 Prozent unter dem des Schlussquartals 2007.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung WL: Die Einzelhandelsumsätze gingen im März gegenüber dem Vorjahr um 6,3 Prozent zurück. Das Auftragsvolumen der Industrie geht zurück. Aber immer noch wird von unseren „Experten“ und der Bundesregierung von einem robusten Wachstum geredet, um wirtschaftspolitische Untätigkeit oder wohl eher wirtschaftspolitische Unfähigkeit zu kaschieren.

  9. Dreikampf um das Palais Röder – wählt das Saarland 2009 wieder gegen den Bundestrend?
    Wenn jemand eine Umfrage in Auftrag gibt, aber das Ergebnis unter Verschluss zu halten versucht, dann ist das Ergebnis wohl nicht so, wie es sich der Auftraggeber vorgestellt hat. Eine Wahlumfrage geheimzuhalten, ist allerdings fast unmöglich, zu engmaschig sind die Netzwerke von Politikern, Journalisten und Demoskopen geknüpft.
    Diese Erfahrung musste kürzlich auch der saarländische Ministerpräsident Peter Müller machen: Infratest prognostizierte – laut eines Berichts der Saarbrücker Zeitung – im Auftrag der Staatskanzlei nichts anderes als einen möglichen Regierungswechsel bei der Landtagswahl 2009 im Saarland. Zwar würde Müllers CDU mit 43 Prozent erneut stärkste Partei werden. Weil aber Grüne und FDP an der 5-Prozent-Hürde scheitern würden, hätten SPD (26 Prozent) und Linke (19 Prozent) eine komfortable Mehrheit im Landtag, wenn sie sich denn auf eine rot-rote Koalition verständigen würden.
    Quelle: Readers Edition
  10. Sicherheitsstaat am Ende. Kongress zur Zukunft der Bürgerrechte
    Die Politik der „Inneren Sicherheit” forciert seit einigen Jahren den Ausbau staatlicher Befugnisse. Der Bundestag hat allein in den vergangenen sieben Jahren über 50 Gesetze verabschiedet, die tief in die Bürgerrechte eingreifen. Sie reichen von der Registrierung der Konten- und Reisebewegungen über die Speicherung biometrischer Daten bis zur Überwachung der Kommunikation. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht absehbar; im Sicherheitsstaat ist kein Platz für die Rechte der Bürgerinnen und Bürger. Die Begründungen für diese Politik sind beliebig austauschbar. Waren es gestern „Organisierte Kriminalität”, „Ausländerkriminalität” oder „Jugendgewalt“, so wird heute der „Internationale Terrorismus” angeführt, vor dem nur ein mächtiger Staat schützen könne. Das so geschaffene Klima der Angst verhindert eine nüchterne Betrachtung der vermeintlichen Bedrohungen. Statt dessen wird der Staat mit immer weitergehenden Machtbefugnissen ausgestattet. Rechtliche Grenzen werden ausgehöhlt, unterschiedliche Sicherheitsapparate kooperieren, modernste Überwachungstechnik wird dienstbar gemacht. Der Sicherheitsstaat stellt eine unkontrollierbare Bedrohung für eine liberale Gesellschaft, für die Bürger- und Menschenrechte dar.

    Seit 1997 präsentieren neun deutsche Bürger- und Menschenrechtsorganisationen jährlich den Grundrechte-Report. Er berichtet über staatliche Freiheitseinschränkungen und die Entwicklung der von der Verfassung garantierten Rechte. Die Bilanz fällt ein ums andere Mal negativ aus – insbesondere im Feld der Inneren Sicherheit. Die Missachtung von Grundrechten erschöpft sich nicht in Einzelfällen, sie steht im Zusammenhang mit dem Ausbau staatlicher Überwachung und Kontrolle. Im Rahmen der Konferenz wollen die Veranstalter diese Entwicklungen der vergangenen Jahre analysieren. Gleichzeitig sollen konkrete Vorschläge diskutiert werden, wie Verletzungen der Grundrechte wirksamer verhindert und die Fülle staatlicher Macht eingeschränkt und kontrolliert werden können. Die Legitimität des Sicherheitsdenkens hat in den letzten Jahren Risse bekommen. Diese zu vertiefen, ist das Ziel des Kongresses. 23. / 24. Mai 2008, Humboldt-Universität zu Berlin.
    Quelle: Grundrechte-Report

  11. Geschmeidige Gestalten
    Nach Eichel, Struck, Müntefering und Stiegler: Es ist nicht absehbar, dass mit dem Generationswechsel in der SPD auch eine Kursänderung verbunden wäre.
    Quelle: Freitag
  12. CHE-Uniranking 2008
    Das CHE-Ranking (veröffentlicht wird es – neben der ausführlicheren Online-Fassung – im ZEIT-Studienführer) ist das umfassendste Uniranking im deutschsprachigen Raum. Gerade deswegen ist es aber auch einiger Kritik ausgesetzt, bis hin zu Boykottaufrufen. Auf der anderen Seite gibt es auch Versuche, die Ergebnisse zu Gunsten der “eigenen” Hochschule zu beeinflussen. Oliver Iost berichtet über die Vorgänge rund ums Ranking und fasst zusammen, was das aktuelle Ranking an Ergebnissen zu bieten hat.
    Quelle: Studis online

    Statt einer Anmerkung ein Auszug aus einem früheren Beitrag:
    Da Wettbewerb und Konkurrenz nach der Grundphilosophie des CHE das beste und effizienteste Steuerungsinstrument ist, muss mit Ranglisten auch dort ein Wettbewerb fingiert und inszeniert werden, wo – wie etwa bei den Hochschulen – gar kein Markt existiert. Darüber hinaus – und das ist das eigentliche Steuerungsinstrument – wird durch die Vergleiche nicht etwa nur eine Selbsteinschätzung der einzelnen Hochschule ermöglicht, sondern zugleich ein Konformitäts- und Anpassungsdruck auf alle Hochschulen ausgeübt. Aus den Rankings sollen sich Qualitätsvergleiche ergeben, und wer am besten abschneidet, soll nach den Vorstellungen der Veranstalter solcher Rankings die Qualitätsmaßstäbe vorgeben. Das Ziel ist, dass sich die schlechter Platzierten im Wettbewerb an den besser Platzierten messen und dadurch eine angebliche Qualitätskonkurrenz zur „Entfesselung“ der Hochschulen angestoßen wird.

    Man kann nun lange über die Sinnhaftigkeit von Benchmarks oder Rankings streiten. Über eine Tatsache führt nichts hinweg: Wie bei allen Vergleichsmessungen geht es bei Rankings darum, dass Qualität quantifiziert werden muss. Oder anders: Man muss Qualität in Quantitäten ausdrücken, denn nur so lässt sich vergleichen und messen.
    Bei den Rankings im Jahre 2006 wurden etwa gemessen:

    • Drittmittel pro Wissenschaftler
    • Drittmittel pro Professor
    • Publikationen pro Professor
    • Publikationen pro Wissenschaftler
    • Zitationen pro Publikation
    • Promotionen pro Professor
    • Die (durch methodisch fragwürdige Umfragen) erhobene Lehr- und die Forschungsreputation

    Zudem hat man dann noch Studierende oder Personalchefs nach ihrem Urteil über den Arbeitsmarkt- und Praxisbezug der Lehre gefragt, darüber hinaus wurden die Studienorganisation, die Betreuung, der Kontakt zu Lehrenden abgefragt. Vergleichsmaßstäbe waren ferner die Zahl der Lehrevaluationen, das Angebot an E-Learning, an AV-Medien oder die IT-Infrastruktur und ähnliche Ausstattungskategorien.
    Wie sollte eigentlich ein Studierender den Arbeitsmarkt- oder Praxisbezug seines Studiums beurteilen können, und warum wurde nicht ein einziges Mal nach der wissenschaftlichen Qualität der Lehre gefragt?

    Fragen Sie doch einfach einmal an Ihrer Hochschule nach, wie diese Daten erhoben worden und vor allem ob ihre Hochschule eine Kontrolle darüber hatte, ob Vergleichbares verglichen worden ist.Ich will nun nicht bestreiten, dass manche dieser erhobenen Daten eine gewisse Aussagekraft besitzen, wer allerdings den verobjektivierenden Eindruck erwecken will, mit solchen Umfragen und Zahlenangaben sei etwas über die Qualität von Forschung oder über die Qualität des Studiums oder gar etwas über die hoffentlich damit verbundene Bildung ausgesagt, der täuscht sich und andere.

    Ist eine Lehrveranstaltung besser oder schlechter, weil dort E-Learning oder AV-Medien eingesetzt werden, wird der der Lehrstoff didaktisch besser aufbereitet, weil die IT-Infrastrukur besser ist? So begrüßenswert solche Ausstattungen auch sein mögen:
    Rankings sollen Objektivität vorspiegeln, und deshalb heben sich solche Evaluierungen ganz bewusst von der Urteilsfähigkeit der Scientific Community, der Fachkollegen untereinander oder der Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden ab.

    Die Fetischisierung der Rangliste sei Ausdruck und Symptom einer „spezifischen Erscheinungsform von Unbildung“, nämlich mangelnder Urteilskraft, schreibt der Wiener Philosoph Konrad Paul Liessmann in seinem Buch „Theorie der Unbildung“. „Tatsächlich ersetzt jede Reihung ein qualifiziertes Urteil, da sie besessen ist von der falschen Vorstellung, Urteilen hieße Quantifizieren“, meint Liessmann. Nun muss man den neuhumanistischen Bildungsbegriff des Philosophen nicht teilen, aber recht hat Liessman, wenn er schreibt, dass der Gedanke des Vergleichens und der Reihung in Verbindung mit dem Paradigma betriebswirtschaftlichen Denkens steht, das den Betriebsablauf von Hochschulen eher mit dem von Unternehmen vergleicht.
    Quelle: Von der Freiheit der Wissenschaft zur „unternehmerischen Hochschule“

  13. Die Lehre richtet sich nach ökonomischen Interessen
    An der Uni Frankfurt gibt es 36 Professuren, die von der Wirtschaft bezahlt werden. Ein Gespräch mit Lothar Reininger, Fraktionsvorsitzender der Partei Die Linke im Römer, dem Frankfurter Stadtparlament
    Quelle: Junge Welt