Hinweise des Tages

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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. #TTIPLeaks
  2. Wir müssen den AfD-Rassismus im Keim ersticken!
  3. Der nächste Nagel im Sarg der Lebensversicherung
  4. Arbeitsmarkt: “Deutsche und Flüchtlinge stehen nicht in Konkurrenz”
  5. Between debt and the devil: money, credit, and fixing global finance with Lord Adair Turner
  6. Die USA haben jetzt ihr Griechenland
  7. Edeka plant offenbar bereits jetzt Stellenstreichungen
  8. Die Gewinne der Firmen sind nicht für höhere Löhne da
  9. Lob Ver.dient?
  10. Europa droht den Helden des Gemeinwohls
  11. Deutsche Banken bringen Fiskus um Milliarden
  12. Ein neoliberales Projekt
  13. Platz 1 Südkorea…Platz 22 Deutschland
  14. Iraks Regierung versinkt im Chaos
  15. Wirtschaft will nachlaufende Studiengebühren
  16. ARTE und „Der Fall Magnizki“
  17. Mehrheit der Deutschen hält Medien für gelenkt

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. #TTIPLeaks
    1. Regierung relativiert TTIP-Leak
      Den neuen Enthüllungen zum Trotz drängt Kanzlerin Merkel auf einen schnellen Abschluss der TTIP-Verhandlungen.
      Bundeskanzlerin Angela Merkel pocht auch nach den “TTIP Leaks” unverändert auf einen raschen Erfolg der Verhandlungen zwischen EU und USA. “Wir halten den zügigen Abschluss eines ehrgeizigen Abkommens für sehr wichtig”, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Dies sei “einhellige Meinung” der gesamten Regierung. Die Kanzlerin habe ihre Position bereits beim jüngsten Besuch von US-Präsident Barack Obama bei der Hannover Messe deutlich gemacht.
      Matthias Machnig von der SPD, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium erklärte, dass es sich bei den von Greenpeace veröffentlichten Dokumenten um sogenannte konsolidierte Texte handele, die Angebote von amerikanischer Seite und Angebote von europäischer Seite enthielten. Dies gelte bisher für 13 bis 15 von insgesamt 25 Kapiteln.
      “Forderungen von amerikanischer Seite sind noch lange keine Verhandlungsergebnisse”, sagte Machnig. Es werde keine Absenkung der Standards geben, aus europäischer Sicht gebe es klar definierte rote Linien. Zudem betonte er, dass die Verhandlungen noch lange nicht am Ende seien. “Es gilt auszuloten, ob es zu einer Verständigung kommt, oder nicht.” Machnig wollte nicht darüber spekulieren, wie groß die Wahrscheinlichkeit für eine Einigung ist.
      Quelle: n-tv

      Anmerkung JK: Als Unterstützer der NachDenkSeiten ist man einiges gewohnt, aber man muss zugeben, dass einem doch manchmal die Kräfte schwinden. Die TTIP-Papers zeigen schwarz auf weiß, dass es beim TTIP allein um die Interessen der transnationalen Großkonzerne und letztendlich um die Profitinteressen der Reichen und Superreichen geht. Man darf wohl ungestraft behaupten, dass die Mehrheit der Bürger nicht nur in Deutschland gegen das TTIP ist. Eine Angela Merkel muss das aber nicht stören, weiß sie doch welche Interessen sie zu vertreten hat. Es sind sicher nicht die des deutschen Volkes, wie sie es in ihrem Amtseid geschworen hat. Dies liefert wieder ein tiefer Einblick in das Demokratieverständnis Merkels und dann will man nicht verstehen, dass sich immer mehr Menschen von den etablierten Parteien abwenden?

      Dazu: Europas Politiker fürchten den Zorn der USA
      Erstmals sind geheime TTIP-Dokumente an die Öffentlichkeit gelangt. Welche Konsequenzen hat das? EU-Politiker stellen sich auf das Schlimmste ein.
      Quelle: SPIEGEL Online

      Anmerkung Jens Berger: Diese Überschrift ist vom SPON-Team sicher ohne Argwohn formuliert worden und zeigt gerade eben deshalb in Bravour, wie heruntergekommen unsere Politik und unsere Medien sind. „Europas Politiker“ haben allen Grund, den Zorn ihrer Wähler zu fürchten! Was die USA in diesem Kontext zu melden haben, sollte ihnen herzlich egal sein.

    2. Bei den Schiedsgerichten führt die EU die Öffentlichkeit in die Irre
      Der Vorschlag aus Brüssel war schon seit Monaten öffentlich, doch im Februar wurde er den Amerikanern noch einmal ausführlich vorgestellt: Bei der 12. TTIP-Verhandlungsrunde erläuterten die Europäer den USA ihre Idee eines Handelsgerichtshofs. Geht es nach den Vorstellungen der EU, soll er die umstrittenen privaten Schiedsgerichte ersetzen. Diese kann ein Unternehmen anrufen, wenn es durch Gesetze ausländischer Regierungen sein Eigentum bedroht sieht. Kritiker sehen darin die Möglichkeit, dass Konzerne mehr oder weniger heimlich demokratische Entscheidungen aushebeln können. Und was halten die Amerikaner von dem Vorschlag aus Brüssel?
      US-Chefunterhändler Dan Mullaney äußert sich im Februar diplomatisch: “Wir verstehen die Bedenken, die hinter dem Vorschlag der EU stehen.” Aber was denken die Amerikaner wirklich? In einer internen EU-Zusammenfassung der Verhandlungsrunde ist nachzulesen, wie stark die Meinungen in Wahrheit auseinanderklaffen: Die Amerikaner gehen auf die beiden Hauptwünsche Europas, nämlich öffentliche statt private Richter und eine Berufungschance für den Verlierer, gar nicht ein. “Andere Bestimmungen, wie das Tribunal erster Instanz und das Berufungsgericht wurden in dieser Runde nicht angeschnitten”, heißt es in dem geheimen Dokument. Und das ein halbes Jahr, nachdem die EU-Ideen öffentlich wurden.
      An dieser Stelle zeigt sich, wie sehr die EU die Öffentlichkeit im Unklaren lässt, worüber geredet wird. Denn die Kommission veröffentlicht eine Version der Zusammenfassung auf ihrer Website. Der Satz, dass die Amerikaner wesentliche Forderungen der Europäer ignorieren, fehlt darin. Also: Die aus europäischer Sicht entscheidenden Fragen wurden gar nicht besprochen. Doch davon dürfen die Bürger augenscheinlich nichts erfahren.
      Quelle: Süddeutsche Zeitung

      Anmerkung Jens Berger: Zitat aus dem Artikel: “Die USA halten weiter an den umstrittenen privaten Schiedsgerichten fest, die Firmen anrufen können, wenn sie durch Gesetze ausländischer Regierungen ihr Eigentum bedroht sehen.“ Zitat Sigmar Gabriel, am 1. Oktober 2015 im Bundestag: “Es wird keine privaten Schiedsgerichte mehr geben“. Lügt Gabriel etwa? Oder weiß der deutsche Wirtschaftsminister etwa gar nicht, was in den Verhandlungspapieren steht? In beiden Fällen ist dies ein handfester Skandal.

    3. “Die Europäer müssen genauso hart verhandeln wie die Amerikaner”
      Die TTIP-Papiere zeigen, dass der Bevölkerung wichtige Informationen bewusst verschwiegen wurden. Ist das Abkommen überhaupt noch politisch durchsetzbar?
      Quelle: Süddeutsche Zeitung

      Anmerkung Jens Berger: Und warum, verehrter Herr Prantl, sollen die Europäer genauso hart verhandeln wie die Amerikaner? Um dafür zu sorgen, dass die USA ihren Verbraucherschutz nach unten anpassen? Um die amerikanischen Arzneimittelrichtlinien, die (noch) wesentlich strenger als in der EU sind, zu schleifen? Nein, niemand muss hier härter verhandeln. Wenn es um die Bürger und das Allgemeinwohl dies- und jenseits des Atlantiks gehen soll, müssen die Verhandlungen sofort eingestellt werden. Niemand braucht TTIP.

    4. Warum ohne TTIP nichts verloren wäre
      Ökonomische Lehrbücher zählen eine Reihe von Gründen auf, warum Freihandel eine gute Sache ist: vor allem, weil er den Wohlstand insgesamt erhöht und den Konsumenten Produkte zugänglich macht, die sie sonst nicht oder nicht so günstig erhalten könnten. Man denke nur an ein Smartphone, das ein Ergebnis einer weltumspannenden Wertschöpfungskette ist.
      Doch selbst Lehrbücher räumen ein, dass der Freihandel immer auch Verlierer kenne: Exporte, die in Billiglohnländern hergestellt werden, verdrängen zum Beispiel Tieflohnjobs in reichen Ländern. Die Antwort der Theorie: Weil die Gesellschaft insgesamt profitiert, können die Verlierer entschädigt werden. Durch einen geeigneten Strukturwandel können sie sich in anderen Jobs wiederfinden. Der Umstand, dass die Kluft zwischen den unteren und mittleren Schichten im Vergleich zu den Reichsten in den letzten Jahrzehnten massiv gewachsen ist, macht dieses Argument allerdings nicht besonders glaubwürdig.
      Quelle: Tagesanzeiger

      Dazu auch: TTIP stirbt langsam
      Die TTIP-Leaks bestätigen, was Kritiker schon lange fürchten: Die USA führen die Verhandlungen als Diener der Konzerne. Die EU kann sich darauf kaum noch einlassen.
      Erinnert sich noch jemand an MAI? In den neunziger Jahren verhandelten die Staaten der OECD über ein Vertragswerk, das die Rechte internationaler Konzerne stärken sollte: das Multilaterale Abkommen über Investitionen. Vorgesehen war, dass Staaten unter bestimmten Bedingungen haften sollten, wenn Investoren Vermögen verlieren. Autarke Schiedsgerichte sollten in Streitfällen entscheiden, ohne ihr Urteil begründen zu müssen. Die Staaten hätten nicht einmal Recht auf Akteneinsicht gehabt.
      Was damals MAI hieß, ist 20 Jahre später Teil von TTIP. Es ist ein Déjà-vu: Wie damals wird heute geheim verhandelt. Wie damals sickern immer neue Informationen durch; wie damals ist die Kritik an den Plänen groß und wird durch jede neue Indiskretion größer. Greenpeace hat am Montag neue Papiere veröffentlicht, die so ziemlich alle Befürchtungen der TTIP-Kritiker bestätigen. Erstmals zeigen die Dokumente, welche Forderungen die USA in den Verhandlungen stellen. Und sie belegen: Für die USA geht es bei TTIP vor allem darum, die Interessen der heimischen Konzerne zu vertreten.
      Überraschend ist das nicht, aber nachdem diese Dokumente in der Öffentlichkeit sind, lässt es sich auch nicht mehr leugnen. Aus den Zusammenfassungen, die bislang von der EU-Kommission online gestellt wurden, gingen die Verhandlungspositionen der Amerikaner lange nicht so klar hervor.
      Welche Positionen sind das? Die USA wollen, dass Europa seine Vorbehalte gegen gentechnisch behandelte Nahrungsmittel und Hormonfleisch aufgibt. Überhaupt möchten sie ganz grundsätzlich mehr landwirtschaftliche Produkte in die EU verkaufen, also niedrigere Agrarzölle. Im europäischen Verbraucherschutz, der es ermöglicht, eventuell gesundheitsschädliche Kosmetika oder Lebensmittel rein vorsichtshalber zu verbieten, sehen sie ein unnötiges Handelshemmnis. Auch er soll fallen. In Zukunft soll die EU Regeln, die den Handel womöglich erschweren, nur noch in Ausnahmefällen erlassen können.
      Quelle: Zeit

    5. TTIP ohne ZerrSPIEGEL
      Greenpeace lässt heute die TTIP-Katze aus dem Sack. Zuvor hatten die Umweltaktivisten dem Rechercheverbund von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung einen Blick auf die Dokumente gestattet. Der Scoop, der erstmals in der Tagesschau platziert wurde, traf das einst führende politische Magazin erneut unvorbereitet. Selbst netzpolitik.org-Blogger Markus Beckedahl war offenbar besser informiert, denn heute wird dessen Veranstaltung re:publica zur Bühne des TTIP-Leaks.
      Die Entscheidung von Greenpeace, das Material offenbar nicht dem einst für investigativen Journalismus berühmten Spiegel zuerst anzubieten, dürfte mit dessen tendenzöser Berichterstattung zu TTIP zusammenhängen. Als letzten Sommer in Berlin zwischen 150.000 und 250.000 Menschen gegen TTIP demonstrierten, denunzierte SPIEGEL ONLINE den Protest als “Schauermärchen vom rechten Rand”. Bei derart infamer Propaganda bekamen selbst andere atlantisch geprägte Hamburger Blätter Fremdscham.
      Obwohl es sich bei der TTIP-Demo um die wohl bislang größte Demo seit den NATO-Protesten im Bonner Hofgarten von 1983 handelte, berichtete der SPIEGEL lieber ausgiebig und nachhaltig über die medial omnipräsenten Pegidioten, obwohl deren deutlich kleinere Spaziergänge ein regionales Phänomen geblieben sind.
      Quelle: Telepolis

      Anmerkung Christian Reimann: Das macht besonders deutlich wie schlimm “Der Spiegel” inzwischen gesunken ist. Dieses Medium ist jedoch nicht das einzige, dessen Qualität zu bemängeln ist. Die NachDenkSeiten begleiten die “Qualitätsmedien” stets kritisch – dazu einige Beispiele:

  2. Wir müssen den AfD-Rassismus im Keim ersticken!
    Liebe Freunde, bei den Nazis hieß das Feindbild Judentum, bei der AfD heißt es Islam. Wir müssen diese Religionshetze im Keim ersticken. Der Islam ist eine Religion der Barmherzigkeit. Und über 99% unserer muslimischen Mitbürger haben mit Extremismus und Terrorismus so wenig zu tun wie das Christentum mit dem Ku-Klux-Klan. Sie sind Deutsche wie Du und ich. Und Freunde der Demokratie, die sie seit Jahrzehnten mitgestalten. Konstruktiver als viele AfD-Mitglieder. Die Brandstifter der AfD machen sich mit ihrer rassistischen Islamhetze zu nützlichen Idioten des ‘IS’: Scharfe Konflikte zwischen Christen und Muslimen sind genau das, was der ‘IS’ ersehnt.
    Die Aussagen der AfD zum Thema Islam sind von einer Ignoranz, die weh tut:

    1. Der Islam ist mit unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung sehr wohl vereinbar. Unsere muslimischen Mitbürger haben sogar ein besseres Verhältnis zur Demokratie als Nichtmuslime. Nach einer Studie des European Social Survey (ESS) von 2014 bewerten die Muslime Deutschlands das Funktionieren der deutschen Demokratie sogar noch positiver als deutsche Christen. Zum selben Ergebnis kam die EES-Studie schon 2012 und 2010. Das zeigt: Die AfD hat vom gelebten Islam in Deutschland keine Ahnung.
    2. Die AfD-Führung behauptet, ‘dem Islam wohne als Religion eine Gefahr inne, die andere Religionen so nicht hätten’ (AfD-Chef Jörg Meuthen, FAZ). Auch hier zeigt der Faktencheck eine peinliche Unkenntnis der Realitäten: Durch die ausdrücklich christlich begründeten Anti-Terrorkriege (‘Kreuzzüge’) George W. Bushs starben in Afghanistan, Pakistan und im Irak laut ‘Ärzte gegen den Atomkrieg’ bis heute 1.3 Mio. Menschen. Durch den Terrorismus von Al Qaida und des ‘IS’ starben seit dem Jahr 2.000 im Westen einschließlich 9/11 rund 3.750 Unschuldige. Man muss diese Zahlen leider immer wiederholen, bis die Scharfmacher dieser Welt aufhören, Ursache und Wirkung zu verdrehen. Nicht nur Terror, auch Kriege sind ein Krebsgeschwür der Menschheit. Westliche Kriege sind sogar Hauptursache des Terrorismus.

    Quelle: Jürgen Todenhöfer auf Facebook

  3. Der nächste Nagel im Sarg der Lebensversicherung
    Neukunden klassischer Lebensversicherungen müssen sich vom kommenden Jahr an auf einen weiteren Rückgang der garantierten Verzinsung einstellen. Der sogenannte Garantiezins im Neugeschäft soll zu Beginn des Jahres 2017 auf 0,9 von aktuell 1,25 Prozent sinken. Dies will das Bundesfinanzministerium per Verordnung festlegen.
    Der Garantiezins bestimmt, welche Rendite Lebensversicherer ihren Kunden maximal fest zusagen dürfen und womit diese nach Abzug der Abschluss- und Verwaltungskosten sicher rechnen können. Da es wegen der anhaltenden Niedrigzinsen immer schwieriger wird, diese zu erwirtschaften, wurde der Garantiezins schon mehrfach gesenkt. In früheren Zeiten lag dieser schon einmal 4 Prozent. Für Altverträge ändert sich auch nichts.
    Der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) kritisierte die anvisierte Absenkung als zu weitgehend. Im Branchendurchschnitt hätten Lebensversicherer bei der Neuanlage 2015 eine deutlich über dem Höchstrechnungszins liegende Verzinsung von mehr als zwei Prozent erzielt. Zudem sei eine Anpassung zum 1. Januar 2017 zu kurzfristig, da die Unternehmen ihre Produkte neu kalkulieren müssten.
    Quelle: FAZ

    Dazu: 2,2 Milliarden Euro Überschuss in drei Monaten
    „Wir hatten einen sehr guten Start in das Jahr 2016“, sagt der Chef von Europas größtem Versicherer Allianz. Niedrige Zinsen, Turbulenzen an den Finanzmärkten – war da was?
    An diesem Mittwoch wird der neue Allianz-Chef Oliver Bäte erstmals den Aktionären in der Hauptversammlung Rede und Antwort stehen. Dann wird der Nachfolger von Michael Diekmann in der Münchner Olympiahalle über ein Rekordjahr 2015 berichten, aber auch über einen Start in das Jahr 2016 mit niedrigerem Umsatz und Ergebnis.
    Denn im ersten Quartal, das teilte Europas größter Versicherungskonzern bereits an diesem Montag mit, schrumpften die Erlöse um 6,4 Prozent auf 35,4 Milliarden Euro und auch der operative Gewinn fiel mit 2,8 Milliarden Euro um 3,5 Prozent niedriger aus als im Vorjahr.
    Grund zur Besorgnis ist das jedoch offenkundig nicht. Bäte peilt für das laufende Jahr unverändert ein operatives Ergebnis von 10 bis 11 Milliarden Euro an: „Wir hatten einen sehr guten Start in das Jahr 2016. Wir sind daher zuversichtlich, dass wir unseren Ausblick für 2016 erreichen werden, auch wenn dieses Jahr ein herausforderndes Jahr für die Finanzdienstleistungsindustrie ist.“
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers H.K.: Jetzt versteht man auch, warum der Garantiezins gesenkt wird.

  4. Arbeitsmarkt: “Deutsche und Flüchtlinge stehen nicht in Konkurrenz”
    Hunderttausende Flüchtlinge werden in diesem Jahr auf den Arbeitsmarkt drängen. Kann das funktionieren? Ja, es braucht nur Zeit, sagt BA-Vorstand Detlef Scheele.
    ZEIT ONLINE: Herr Scheele, 2015 kamen rund eine Million Flüchtlinge nach Deutschland. Bald werden viele von ihnen einen Job suchen. Verkraftet der Arbeitsmarkt das?
    Detlef Scheele: Auf jeden Fall. Wir gehen davon aus, dass rund 350.000 Menschen im erwerbsfähigen Alter bis Jahresende dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen – gleichzeitig entstanden 2015 insgesamt 700.000 neue Arbeitsplätze. Die wahre Herausforderung ist es, die Flüchtlinge möglichst schnell in die Lage zu versetzen, auch Arbeit zu finden. Das ist eine Aufgabe, vor der wir in diesem Land so noch nie gestanden haben. Aber wir haben einen Plan und können das schaffen. Es braucht nur Zeit.
    ZEIT ONLINE: Ein Großteil der Flüchtlinge ist gering bis gar nicht qualifiziert. Viele können kaum lesen und schreiben. Droht da nicht Verdrängungswettbewerb im Niedriglohnsektor, wo die Jobs sowieso knapp sind?
    Scheele: Ich sehe keine Gefahr, dass einheimische Arbeitskräfte und Flüchtlinge in direkte Konkurrenz treten. Dazu sind die Voraussetzungen bei Sprache und Qualifikation zu verschieden. Anders kann es in einzelnen Branchen wie im Bereich Gaststätten oder Logistik aussehen, wo verstärkt Migranten mit Migranten um Jobs konkurrieren können. Doch diesen Wettbewerb können wir vermeiden. Wir müssen verhindern, dass die Flüchtlinge immer nur Hilfskräfte bleiben. Arbeit muss mit Weiterbildung verbunden werden. Wir bieten seit Kurzem Sprachkurse in Kombination mit Berufsbildung an – 40.000 Plätze sind bereits ausgeschrieben.
    Quelle: ZEIT

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Ja, die Flüchtlinge sollten möglichst gut integriert werden, und Arbeit ist dabei sehr hilfreich. Aber solche Artikel bewirken genau das Gegenteil. Das hier ist gequirlter Mist (und wurde im Übrigen schon vor knapp 3 Monaten mit denselben Zahlen durch die Gazetten gedreht, z. B. hier ). Natürlich sind die Flüchtlinge automatisch Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt, was sonst? Scheele widerspricht sich im Übrigen selbst: “Anders kann es in einzelnen Branchen wie im Bereich Gaststätten oder Logistik aussehen, wo verstärkt Migranten mit Migranten um Jobs konkurrieren können.” Was denn nun, Konkurrenz oder nicht Konkurrenz? Ziel dieses Interviews ist offensichtlich, das Propagandageschwätz vom ach so toll laufenden und aufnahmefähigen deutschen Arbeitsmarkt zum x-ten Mal zu wiederholen. Wenn der Arbeitsmarkt so toll funktioniert und “2015 insgesamt 700.000 neue Arbeitsplätze [entstanden]”, warum ist die Arbeitslosigkeit nur um 60.000 gesunken, ohne daß es überhaupt Flüchtlinge gegeben hat? Zweitens werden die unsäglichen Behauptung mit untergeschummelt, es gäbe schon fast Vollbeschäftigung und einen Fachkräftemangel – nicht könnte falscher sein. Drittens soll natürlich die totale Inaktivität der BA gerechtfertigt werden, obwohl der Staat und die BA alles tun müßten für die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit – aber von SPD, Grüne, CDU/CSU, FDP und AfD wissen wir natürlich, daß jeder Markt am besten von ganz alleine und ohne Staatseingriffe funktioniert. Und viertens sollen die einheimischen Arbeitskräfte beruhigt werden, die gleichzeitig natürlich die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt erleben werden. Sind sich die Regierung, die BA und die Zeitungen nicht darüber im Klaren, daß solche Interviews nur weitere Sargnägel für ihre Restvertrauenswürdigkeit bedeuten?

  5. Between debt and the devil: money, credit, and fixing global finance with Lord Adair Turner
    Between Debt and the Devil challenges the belief that we need credit growth to fuel economic growth, and that rising debt is okay as long as inflation remains low. In fact, most credit is not needed for economic growth—but it drives real estate booms and busts and leads to financial crisis and depression. Turner explains why public policy needs to manage the growth and allocation of credit creation, and why debt needs to be taxed as a form of economic pollution. Banks need far more capital, real estate lending must be restricted, and we need to tackle inequality and mitigate the relentless rise of real estate prices. Turner also debunks the big myth about fiat money—the erroneous notion that printing money will lead to harmful inflation. To escape the mess created by past policy errors, we sometimes need to monetize government debt and finance fiscal deficits with central-bank money.
    Between Debt and the Devil shows why we need to reject the assumptions that private credit is essential to growth and fiat money is inevitably dangerous. Each has its advantages, and each creates risks that public policy must consciously balance.
    Adair Turner is chairman of the Institute for New Economic Thinking and the author of Economics after the Crisis. He lives in London.
    Quelle: 21school via YouTube

    Dazu auch: Debt, Demand, and Discipline
    Quelle: CED ifo

  6. Die USA haben jetzt ihr Griechenland
    Puerto Rico steckt knietief im Dispo: Das Außenterritorium der USA muss viele Milliarden Dollar Schulden zurückzahlen – doch die Insel weigert sich.
    Im Sommer vergangenen Jahres bot Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble seinem US-Amtskollegen Jack Lew im Scherz an, Griechenland gegen Puerto Rico zu tauschen. Unabhängig davon, wie gelungen der Witz war: Ein Tausch wäre wohl keine gute Idee gewesen. Zumindest nicht aus Sicht der Eurozone.
    Die Schulden des US-Territoriums sind zwar viel geringer als die des Euro-Mitglieds. Doch der Gouverneur Puerto Ricos macht etwas, womit die griechische Regierung lediglich drohte: Alejandro Garcia Padilla weigert sich den Großteil der Schulden zu begleichen, die am Montag fällig werden. Von den 422 Millionen Dollar werden lediglich rund 50 Millionen an die Gläubiger überwiesen. Insgesamt ist Puerto Rico mit mehr als 70 Milliarden Dollar verschuldet.
    Die Regierung könne seine Gläubiger nicht bedienen, sagt der Gouverneur. Denn sie müsse die notwendigsten öffentlichen Leistungen aufrechterhalten. Die Grundbedürfnisse der 3,5 Millionen Bürger seien “wichtiger als alles andere”. Einsparungen in diesen Bereichen würden eine “humanitäre Krise” nach sich ziehen, so Padilla. Nicht nur diese Worte erinnern an die griechische Krise: Die Gläubiger Puerto Ricos verlangen von der Insel weitere harte Sparmaßnahmen, um die finanziellen Verpflichtungen erfüllen zu können. Dazu ist die Regierung allerdings nicht bereit.
    Die Gläubiger werden nun aller Voraussicht nach vor Gericht ziehen, um die Begleichung der Schulden durchzusetzen. Das wird allerdings erst der Anfang sein: Am 1. Juli werden 1,9 Milliarden Dollar fällig – aus einer Anleihe, deren Gläubiger durch US-Recht besonders geschützt sind. “Dann kommt es zum juristischen Limbo”, formuliert es die “New York Times”.
    Quelle: n-tv
  7. Edeka plant offenbar bereits jetzt Stellenstreichungen
    Nur unter Auflagen war die Übernahme im März genehmigt worden. Als Voraussetzung galt auch die Sicherung der Arbeitsplätze.
    Bei der Übernahme der Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann will der Marktführer Edeka Zeitungsberichten zufolge doch nicht auf Stellenstreichungen verzichten. In Nordrhein-Westfalen sollen mehr als ein Drittel der Arbeitsplätze wegfallen und rund die Hälfte der 129 Supermärkte in Netto-Discounter mit weniger Personal umgewandelt werden, berichteten die “Westdeutsche Allgemeine Zeitung” und das “Handelsblatt” am Montag. Sie beriefen sich auf die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, die derzeit mit Edeka Tarifverträge aushandelt.
    Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte für die Übernahme der Kaiser’s-Tengelmann-Filialen im März eine Ministererlaubnis erteilt und damit ein Nein des Bundeskartellamts überstimmt. Die Erlaubnis ist allerdings mit harten Auflagen verbunden und kann bei Verstößen wieder zurückgezogen werden. Voraussetzung sind unter anderem Tarifverträge mit Verdi und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), mit denen so gut wie alle 16.000 Jobs bei Kaiser’s Tengelmann vorerst gesichert werden.
    Eine Einigung mit Verdi und NGG sei jedoch “nicht in Sicht”, zitierte das “Handelsblatt” einen Betriebsrat, der an den Verhandlungen zwischen Edeka und Verdi teilnimmt. Die Positionen seien weit voneinander entfernt.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung JK: Noch einmal Gabriel. Für die Interessen der deutschen Oligarchie tut ein Sigmar Gabriel einfach alles. Den Verkauf der Supermärkte an Edeka hatte der sogenannte Vizekanzler und Wirtschaftsminister nur unter der Voraussetzung genehmigt, dass die Arbeitsplätze bei Kaiser’s-Tengelmann gesichert werden. Wie obenstehender Artikel zeigt, sieht es danach aber nicht aus. Nach dem Stand der bisherigen Verhandlungen zwischen Edeka und Gewerkschaften würden so mehr als ein Drittel der Arbeitsplätze von Kaiser’s Tengelmann in Nordrhein-Westfalen abgebaut. Man sollte es so ausdrücken wie es ist: Edeka hat Gabriel schlicht und einfach verschaukelt. Und so muss man an dieser Stelle wieder einmal fragen ob die Mitglieder der SPD überhaupt noch Würde und Selbstachtung besitzen, wenn sie so eine Figur als Parteivorsitzenden weiter ertragen?

  8. Die Gewinne der Firmen sind nicht für höhere Löhne da
    Die Welt: Beim letzten Mal haben die Metallarbeitgeber ein deutlich höheres Angebot vorgelegt – da sah die konjunkturelle Lage nicht viel anders aus. Diese Taktik hat sich wohl nicht bewährt?
    Dulger: Der letzte Abschluss war zu hoch. Das haben uns unsere Unternehmen nach den Verhandlungen gesagt. So einen hohen Abschluss können wir uns nicht mehr leisten. Wir sehen jetzt schon klare Abwanderungstendenzen in der Industrie. Immer mehr Unternehmen entscheiden sich dazu, im Ausland statt in Deutschland zu investieren. Es gibt eine schleichende Standortverlagerung. Das merken wir ganz deutlich. Wir haben in unserer Branche Rekordarbeitskosten. An dieser Schraube können wir nicht weiterdrehen. Wir müssen in der Tarifpolitik wieder Maß halten, sonst leiden unsere Wettbewerbsfähigkeit und der Industriestandort Deutschland.
    Die Welt: Die IG Metall macht ganz andere Rechnungen auf. Die Gewinne wachsen weiter, die Beschäftigung auch. Allein die Milliardendividenden großer Konzerne wie Siemens, Daimler, BMW und Airbus würden ausreichen, die Lohnforderung zu erfüllen. So schlecht geht es Ihrer Branche doch gar nicht.
    Dulger: Die Gewinne in den Unternehmen sind nicht nur dafür da, Lohnsteigerungen der Mitarbeiter zu finanzieren. Mit den Gewinnen müssen die Unternehmen Investitionen finanzieren und so ihre Zukunft und künftige Entwicklung sichern. Sie müssen auch ihre Gesellschafter und Aktionäre zufrieden stellen, denn an deren Investitionen hängen dann letztendlich auch die Arbeitsplätze der Mitarbeiter. Es ist die falsche Zeit für Höhenflüge. Die IG Metall hat mit ihrer hohen Forderung den Ernst der Lage nicht erkannt. Sie weckt bei ihren Mitgliedern völlig falsche Erwartungen. Seit der Finanzkrise 2008 sind die Löhne in unserer Industrie um 20 Prozent gestiegen, die Produktivität aber nur um zwei Prozent. Die Lohnstückkosten sind damit um 18 Prozent in die Höhe geschossen, das ist erschreckend, das nagt an unserer Wettbewerbsfähigkeit.
    Quelle: Welt

    Anmerkung JK: Das übliche Geleier der Arbeitgeber, die Lohnforderungen sind natürlich immer zu hoch. Fragt sich nur warum die deutsche Industrie von Exportrekord zu Exportrekord eilt, wenn die „Wettbewerbsfähigkeit“ so in Gefahr ist? Selbst der neoliberale Ultra Hans-Werner Sinn, für den die Löhne eigentlich auch immer zu hoch waren, gab kürzlich in einem Interview mit der taz zu, dass die Löhne in Deutschland im Vergleich zur restlichen Eurozone um 31 Prozent zu niedrig sind. Und zu Dulgers zynischem Statement, stellt sich nur die Frage wer denn eigentlich die Gewinne eines Unternehmens erwirtschaftet? Und es sollte klar sein, dass nicht Flüchtlinge oder Migranten dafür verantwortlich sind wenn die Löhne gedrückt werden, sondern die Klasse, deren Repräsentant Dulger ist.

    Dazu: VW-Vorstände kassieren Millionenrenten
    Noch unverständlicher wird das jüngste Gezerre ums Geld, wenn man einen Blick auf die Pensionszahlungen wirft: Der VW-Konzern hat für ausgeschiedene Mitglieder des Vorstands mit Stand 2015 fast eine Viertelmilliarde Euro zurückgestellt, konkret sind es laut jüngster Bilanz 243 Millionen. Und allein der Ex-Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn, der seinerzeit wegen des Abgas-Skandals zurücktrat, soll 28,6 Millionen Euro Rente kassieren.
    Quelle: NDR

  9. Lob Ver.dient?
    Fast fünf Prozent melden einige deutsche Medien (FAZ, hier) in ihren Überschriften zum Tarifabschluss im öffentlichen Dienst, und die meisten sagen erst viel weiter unten, dass das für geschlagene zwei Jahre gilt. Nein, Ver.di bleibt mit diesem Abschluss im Rahmen dessen, was sie schon im vergangenen Jahr für die Länder abgeschlossen haben, nämlich etwa zwei Prozent auf ein Jahr gerechnet. Nirgendwo kann man allerdings die genaue Laufzeit des Vertrages finden, was wieder einmal (wir hatten das schon im Vorjahr beklagt, hier) dazu führt, dass man nicht genau ausrechnen kann, was der Abschluss, berechnet auf zwölf Monate, bedeutet.
    Und das ist ein Witz, aber ein ganz schlechter: Ver.di stellt eine Forderung von 6 Prozent, die eindeutig für zwölf Monate gemeint ist, und hinterher sagt niemand (Ver.di eingeschlossen, hier), was der Abschluss genau für diesen Zeitraum bedeutet. Also nehme ich die schlechteste Variante: Wenn der Vertrag vom 1. Januar 2016 an läuft, bedeutet eine Erhöhung von 2,4 vom 1. März an, dass es zwei sogenannte Leermonate gibt und auf zwölf Monate gerechnet die Löhne nur um 2 Prozent (2,4 geteilt durch 12 und multipliziert mit zehn) steigen.
    Das ist zu wenig! Ich habe in der vergangenen Woche ausführlich dargelegt, was notwendig wäre, um eine europäische Katastrophe abzuwenden. Dieser Abschluss reicht dazu nicht aus.
    Bezüglich der Transparenz von Forderung und Ergebnis wiederholen wir, was wir im vergangenen Jahr schon gesagt haben und stellen eine einfache Forderung, deren Erfüllung absolut selbstverständlich sein sollte:
    „Eine wirkliche Berechnung der durchschnittlichen Ergebnisse eines bestimmten Jahres ist komplizierter, weil man den genauen Verlauf der monatlichen Verdienstentwicklung im Vorjahr (also von 2014 in diesem Fall) kennen muss, um das Ergebnis dieses Jahres wirklich im Vergleich zum Vorjahr bewerten zu können. Alle diese Angaben haben die Gewerkschaften natürlich und könnten sie ohne weiteres ihren Mitgliedern und der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.
    Quelle: flassbeck oeconomics
  10. Europa droht den Helden des Gemeinwohls
    Der Skandal findet in aller Öffentlichkeit statt. Schauplatz ist ein Gerichtssaal in Luxemburg. Dort müssen sich seit Dienstag vergangener Woche drei Männer gegen eine Anklage verteidigen, die es gar nicht geben dürfte. Antoine Deltour und Raphael Halet, vordem Angestellte des Berater-Konzerns Pricewaterhouse Coopers (PWC), sowie der Journalist Edouard Perin werden des Dokumentendiebstahls und des Verrats von Geschäftsgeheimnissen beschuldigt.
    Gemeinsam hatten die drei Franzosen ans Licht gebracht, was 2014 als „LuxLeaks“-Affäre europaweit für Empörung sorgte. PWC hatte im Namen von mehr als 300 internationalen Konzernen geheime Deals mit der luxemburgischen Steuerbehörde vereinbart, die es den Unternehmen erlaubten, Milliardengewinne steuerfrei zu kassieren.
    Die mutige Tat machte Deltour und seine Helfer zu Helden des europäischen Gemeinwohls. Erst seitdem geht die EU-Kommission gegen Luxemburg und Irland wegen verbotener Staatsbeihilfen vor. Es ist Deltours Verdienst, dass die EU-Staaten künftig derlei Steuerabsprachen den Finanzbehörden der anderen EU-Länder mitteilen müssen. Nur weil er Alarm schlug, richtete das EU-Parlament einen bis heute laufenden Untersuchungsausschuss ein, der Licht ins Dunkel des europäischen Steuerwettbewerbs bringt. Die Straßburger Parlamentarier verliehen Deltour darum sogar den Europäischen Bürgerpreis.
    Das sollte eigentlich Anlass genug sein, solchen Aufrechten, die aus Gewissengründen Missstände publik machen, rechtlichen Schutz vor Verfolgung zu sichern, anstatt sie wie nun in Luxemburg mit Haftstrafen und ruinösen Schadenersatzforderungen zu bedrohen. Völlig unverständlich ist daher die jüngst erfolgte Zustimmung des Europäischen Parlaments zu einem Gesetz, das genau das Gegenteil bewirken wird – die „Richtlinie zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidriger Offenlegung“.
    Quelle: Harald Schumann im Tagesspiegel
  11. Deutsche Banken bringen Fiskus um Milliarden
    Medienberichten zufolge kosten die Steuertricks deutscher Banken den Fiskus Milliarden. Besonders aktiv soll die Commerzbank sein, die noch zu 15 Prozent in staatlichem Besitz ist.
    Deutsche Banken haben den Fiskus Medienberichten zufolge im Auftrag ausländischer Investoren um mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr gebracht. Besonders aktiv sei dabei die Commerzbank gewesen, die zu 15 Prozent in staatlichem Besitz ist, berichteten der Bayerische Rundfunk und das “Handelsblatt” am Montag. Sie beriefen sich auf vertrauliche Unterlagen, die sie mit dem New Yorker Recherchebüro ProPublica und der “Washington Post” auswerten.
    Den Berichten zufolge bedienten sich die Banken und ihre ausländischen Partner eines Steuertricks, der im Branchenjargon Cum/Cum-Geschäft genannt wird: Kurz vor der Auszahlung der Dividende verleihen ausländische Aktionäre ihre deutschen Aktien an inländische Banken. Versteuert werden muss die Dividende von allen Aktionären, doch inländische erhalten für die volle Summe eine Gutschrift, ausländische nur für einen Teil davon. Dank des Leihgeschäfts muss der Fiskus mehr Steuern zurückerstatten als beabsichtigt.
    Quelle: Frankfurter Rundschau
  12. Ein neoliberales Projekt
    Wer gegen die Deregulierung von Waren- und Kapitalverkehr ist, kann nicht gleichzeitig auch für die Deregulierung der Migration sein. Die Abschaffung von Grenzen ist ein neoliberales Projekt.
    Grenzen können Todesfallen sein. Dass sie es heute vermehrt und direkt vor der europäischen Tür sind, stellt der »Wertegemeinschaft« EU ein schlechtes Zeugnis aus. Die europäische Asyl- und Einwanderungspolitik nimmt bewusst den Tod von tausenden Menschen in Kauf. Vor diesem Hintergrund erscheinen Forderungen nach Öffnung der Grenzen für alle sympathisch. Auch deshalb, weil die Anhänger von Mauern und NATO-Draht oft gleichzeitig – siehe das geplante Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA – Grenzenlosigkeit für Waren, Dienstleistungen und Kapital fordern.
    Dass grenzenlose Arbeits- und Niederlassungsfreiheit zu sozialen Problemen (nicht nur in Einwanderungsländern) führen könnte, ist unbestreitbar – das gilt aber auch für Freihandel und grenzenlose Finanzmärkte. Wer letzteres (Freiheit für Handel/Kapital) fordert, ersteres (offene Grenzen) aber ablehnt, ist inkonsequent. Das gilt allerdings auch umgekehrt: Wer gegen die Deregulierung von Waren- und Kapitalverkehr ist, kann nicht gleichzeitig für die Deregulierung der Migration sein. Die Abschaffung von Grenzen ist ein neoliberales Projekt.
    Tatsächlich gibt es Radikal-Liberale wie den Schweizer Ökonomen Hansjörg Walther, die für offene Grenzen plädieren – meist mit dem Argument, dies mehre den europäischen Wohlstand. Ausgeklammert werden die Folgen für jene Länder, aus denen die Migranten kommen (sollen). Und hier wird deutlich, dass der sympathische »utopische« Ruf nach offenen Grenzen anschlussfähig ist an sehr unsympathische Praktiken reicher Länder.
    Quelle: Neues Deutschland
  13. Platz 1 Südkorea…Platz 22 Deutschland
    Schnelle Internetverbindungen sind wichtiger Bestandteil einer modernen Infrastruktur. Welche Länder liegen vorne? Immerhin hat Deutschland aufgeholt.

    Quelle: FAZ

    Anmerkung JB: Noch peinlicher ist es, wenn man auch noch die Kosten für eine funktionierende Internetverbindung einbezieht. Bezogen auf das Transfervolumen ist das moderne LTE-Netz in Deutschland fünfzig(!) mal so teuer wie in Finnland. Nur Ungarn ist noch teurer als Deutschland.

    Und da wundere sich noch jemand, warum Deutschland im IT-Bereich immer noch modernen Ländern hinterherhinkt.

  14. Iraks Regierung versinkt im Chaos
    Der Sturm auf die Green Zone und das Parlament durch schiitische Anhänger von al-Sadr zeigt die Schwäche der Abadi-Regierung, auf die Washington gesetzt hatte
    Die schon vor Monaten angekündigte (Schiitische Milizen drängen im Irak an die Macht) und am Wochenende kurz nach dem Besuch von US-Vizepräsident Joe Biden erfolgte Erstürmung der festungsmäßig gesicherten Green Zone und des Parlaments durch Hunderte von Anhängern des schiitischen Predigers al-Sadr stürzt nicht nur die irakische Regierung in ein Dilemma (Irak: As-Sadr-Anhänger stürmen Parlament). Die Pläne der US-Regierung, den faktisch zwischen Schiiten, Kurden und Sunniten zerrissenen Staat zusammenzuhalten und den Krieg gegen den IS durch die geplante Offensive zur Einnahme von Mosul in eine entscheidende Phase zu bringen, erweisen sich damit als Phantasmen.
    Bagdad war im Ausnahmezustand, die Zufahrtstraßen in die Stadt wurden zeitweise gesperrt, Abgeordnete, vor allem Kurden und Sunniten, flohen aus Bagdad aus Angst vor den schiitischen Radikalen. Zwar zogen am Sonntag die ersten Belagerer aus der Green Zone wieder ab, es hielten sich aber noch Tausende auf den benachbarten Celebration Square auf. Am frühen Abend soll dann Sadr den Abzug seiner Anhänger aus der Green Zone und die vorübergehende Beendigung der Proteste angekündigt haben. Er drohte aber schon einmal an, wieder mit seinen Anhängern zurückzukehren, wenn keine Regierungsumbildung zustandekommt.
    Quelle: Telepolis
  15. Wirtschaft will nachlaufende Studiengebühren
    Neoliberale Lobbyisten machen Stimmung fürs Bezahlstudium. Ihr Rezept: Erst abschließen, dann abstottern – wie in Australien. Für Tobias Kaphegyi ist das ein Manöver knausriger Eliten, um sich vor den Kosten für „mehr Bildung“ zu drücken. Gegenüber Studis Online erklärt der Politologe, was deren Wunsch ist: Günstige Akademiker.
    Quelle: Studis Online
  16. ARTE und „Der Fall Magnizki“
    Für den 3. Mai, den “Tag der Pressefreiheit”, hatte der Fernsehsender ARTE einen fast zweistündigen Dokumentarfilm des russischen Journalisten Andrei Nekrasov angekündigt: „Der Fall Magnizki“. Nun wurde der Film, an dem das ZDF als Koproduzent beteiligt war, kurzfristig abgesetzt. Ein Vorgang, aus dem man einiges lernen kann.
    „Andrei Nekrasov wollte die Geschichte eines modernen Helden verfilmen“ – so hieß es einst in der Programm-Ankündigung von ARTE. Die Heldenrolle sollte der russische Steueranwalt Sergej Magnizki übernehmen. Er hatte einen gewaltigen Betrugsfall – die Rede ist von 230 Millionen Dollar – aufgedeckt, in den angeblich die Moskauer Polizei verwickelt war. Um ihre Verbrechen zu vertuschen, steckte sie Magnizki kurzerhand ins Gefängnis und wollte ihn zwingen, seine Vorwürfe zu widerrufen. Als Magnizki sich weigerte, sei er gefoltert und schließlich getötet worden.
    Magnizki hatte seine brisanten Recherchen im Auftrag des Unternehmens Hermitage Capital Management des britischen Investmentbankers William Browder betrieben. Der hatte sich im postkommunistischen Russland eine goldene Nase verdient und wurde in Abwesenheit zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. Nach dem Tod Magnizkis nahm Browder im Westen erheblichen Einfluss auf Politik und Medien, sorgte für den „Magnizki Act“ in den USA, für anti-russische Resolutionen im EU-Parlament und schrieb das viel beachtete Buch Red Notice: Wie ich Putins Staatsfeind Nr. 1 wurde.
    Quelle: Augen auf! und durch …
  17. Mehrheit der Deutschen hält Medien für gelenkt
    Sechs von zehn Deutschen glauben, dass Politik und Wirtschaft Einfluss auf die Medien nehmen. Die “vierte Gewalt” wird laut einer Umfrage als Teil des Establishments wahrgenommen.
    Die Mehrzahl der Menschen in Deutschland hält Nachrichtenmedien laut einer Studie für gelenkt und für Stützen des Establishments. Das zeigt eine am Montag in München veröffentlichte repräsentative Umfrage des Instituts TNS Emnid für die Medienforschung des Bayerischen Rundfunks (BR).
    Demnach denken sechs von zehn Befragten, dass auf Nachrichtenmedien Einfluss genommen werde, worüber oder auf welche Art sie berichten sollen. Nur gut ein Drittel der Befragten (34 Prozent) hält die Berichterstattung der deutschen Nachrichtenmedien für wirklich unabhängig.
    “Als Handelnde im Hintergrund gelten insbesondere Politik (Regierung und Parteien) und Wirtschaft (Lobbyismus und Druck von Werbekunden)”, heißt es. Mehr als die Hälfte der Befragten (55 Prozent) gab außerdem an, aus ihrer Sicht kontrollierten die “Mächtigen” im Land – also Staat, Regierung, Wirtschaft, einflussreiche Personen und Interessengruppen – die Nachrichtenmedien.
    Quelle: WELT

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Vielleicht gibt es dafür gute Gründe??? Gleich im Artikel nebenan darf der Chefvolkswirt der Allianz SE, Michael Heise, Werbung für die Agenda 2010 und die Riester-Rente machen (sicher im Sinne des Allgemeinwohls) und vor einer Rückabwicklung der asozialen “Reformen” warnen:

    Warum ist unser Rentensystem besser als sein Ruf
    Das Rentensystem ist unsozial, das Zinstief macht die private Vorsorge unattraktiv, vielen Ruheständlern droht Armut. Mit diesen Argumenten wird Stimmung gegen unser Rentensystem gemacht. Zu Unrecht.
    Quelle: WELT

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