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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (PS/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Linkspartei
  2. Morde von München: Was treibt Amokläufer an?
  3. Bekommt Deutschland eine Nationalgarde?
  4. Bernie Sanders: Die beste Rede seines Lebens
  5. Corbyn, Labour, der Brexit und Immigration
  6. Türkei: Die Hexenjagd hat begonnen – SOS!
  7. Die Folgen des EU-Türkei-Deals: Griechenland im Griff der Flüchtlingskrise
  8. Debatte um Panama Papers: Quellensteuer gegen Steuerflucht
  9. Kürzer oder länger arbeiten – nicht einmal die Hälfte der Beschäftigten kann Arbeitszeitwünsche verwirklichen
  10. Urteil des Bundessozialgerichts: Elterngeld zählt für Geringverdiener als Einkommen
  11. Debatte um späteren Renteneintritt: IW fordert Rente mit 73
  12. Terror und der Spalt in meinem Kopf
  13. These Qaddafi Henchmen Are Wanted For Stealing Millions, And We Found Them In Britain
  14. Norwegen: Wie es der Arbeiterpartei gelingt, sich als stärkste politische Kraft Norwegens zu behaupten
  15. Portugal: Entgegen den Erwartungen ist die Linksallianz in Portugal erstaunlich solide
  16. Hochschulfinanzierung: Ein Fahrstuhleffekt für die Wissenschaft
  17. Medien, Politik und Terror: „Durchschaubare Reflexe“
  18. Wie man Terrorexperte wird

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Linkspartei
    1. Aufstand gegen Sahra Wagenknecht
      Nach den Anschlägen in Ansbach erklärt Sahra Wagenknecht das “Wir schaffen das” der Kanzlerin für gescheitert. In der Linkspartei tobt daraufhin ein Sturm der Entrüstung gegen die wenig linken Einlassungen der Fraktionschefin. Sahra Wagenknecht muss es irgendwie bemerkt haben. “Meine gestrige Stellungnahme zum Selbstmordattentat in Ansbach hat, wie die Kommentare zeigen, offenbar zu Missverständnissen geführt”, schreibt Wagenknecht bei Facebook. Sie wolle ihre Äußerungen deshalb richtigstellen. Die Linken-Fraktionschefin ist um Schadensbegrenzung bemüht, doch dafür war es am Dienstagmittag schon zu spät. In der Linkspartei wächst der Unmut über die Chefin der eigenen Bundestagsfraktion. Die populäre wie streitbare Frontfrau steht einmal mehr heftig unter Beschuss.
      Auslöser ist dieses Statement vom Montag: “Die Ereignisse der letzten Tage zeigen, dass die Aufnahme und Integration einer großen Zahl von Flüchtlingen und Zuwanderern mit erheblichen Problemen verbunden und schwieriger ist, als Merkels leichtfertiges ‘Wir schaffen das’ uns im letzten Herbst einreden wollte”, so hatte sich Wagenknecht erklärt. “Der Staat muss jetzt alles dafür tun, dass sich die Menschen in unserem Land wieder sicher fühlen können. Das setzt voraus, dass wir wissen, wer sich im Land befindet und nach Möglichkeit auch, wo es Gefahrenpotentiale gibt.” Sprach hier wirklich eine Linke? Den Reaktionen zufolge haben sich das auch viele Abgeordnete der Partei gefragt. So etwa Jan van Aken. Aus seinem Urlaub forderte der 55-Jährige, bei der Bundestagswahl 2013 einer der Spitzenkandidaten der Partei, den Rücktritt Wagenknechts. “Sie sollte zurücktreten”, da sie in zentralen Fragen das Gegenteil der Parteiposition vertrete, forderte er im Interview mit n-tv.de. Wagenknecht stelle Flüchtlinge unter Generalverdacht. “Es ist immer linke Position der gesamten Partei gewesen, mit Ausnahme von Sahra Wagenknecht offenbar, dass Menschen das Recht haben, vor Krieg, Gewalt und Not zu fliehen.” Auch der Ruf nach mehr Überwachung von Flüchtlingen sei keine linke Position. “Ich glaube, dass Sahra Wagenknecht manchmal einen eher nationalistischen Blick auf Dinge hat, als es der Rest der Linken hat”, sagt van Aken und fordert Konsequenzen.
      Quelle: n-tv

      Anmerkung J.K.: Langsam fragt man sich ob es noch Sinn macht? Sanders fällt um, was auch immer man ihm angedroht hat. Gegen Corbyn wird geputscht. Nun ist Sarah Wagenknecht dran. Allen ist gemeinsam, die gefährlichen Angriffe kommen aus dem eigenen politischen Umfeld. Merken die Kritiker aus der Linken nicht, dass sie die Geschäfte der herrschenden Eliten erledigen? Mit der bedingungslosen Unterstützung der Flüchtlingspolitik Merkels katapultiert sich die Linke selbst ins Aus. Merkels Grenzöffnung im Herbst letzten Jahres war ein genialer innenpolitischer Coup. Man schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe: die Linke ist paralysiert, jeder sozial konnotierte Protest, der sich an der Flüchtlingsfrage entzündet, lässt sich sofort als rechts und fremdenfeindlich delegitimieren. Das Protestpotential greift die AfD ab und macht es damit kontrollierbar.

      Anmerkung eines Lesers: Wenn die eigene Fraktion auf Corbyn eindrischt, stehen draußen 20 000 Parteileute und demonstrieren für ihn. Wenn in der Linken die Reformer, Realos und Netzwerker auf Wagenknecht dreschen, passiert gar nichts und das obwohl zumindest im Netz die Mehrheit der Linken hinter Wagenknecht steht.

      Dazu: das Statement von Sahra Wagenknecht
      Meine gestrige Stellungnahme zum Selbstmordattentat in Ansbach hat, wie die Kommentare zeigen, offenbar zu Missverständnissen geführt. Es ging mir weder darum, die Aufnahme von Flüchtlingen zu kritisieren noch alle in Deutschland lebenden Flüchtlinge unter Generalverdacht zu stellen. Das habe ich weder gesagt noch gemeint. Im Gegenteil, ich habe schließlich nur einen Tag zuvor im ZDF Sommerinterview unmissverständlich gesagt, dass das Asylrecht verteidigt werden muss und es keine Obergrenzen geben kann. Rassistische Parolen und pauschale Verdächtigungen von Schutzsuchenden habe ich immer wieder mit aller Deutlichkeit kritisiert. Es ging mir darum deutlich zu machen, dass die Integration einer derart großen Zahl von Menschen eine der größten Herausforderungen der letzten Jahre ist und um die Kritik an Merkel, die im letzten Herbst zwar ihr “Wir schaffen das” fleißig gepredigt, bis heute aber unterlassen hat, die notwendigen sozialen und politischen Voraussetzungen zu schaffen, die gebraucht werden, damit Integration gelingen kann. Der Staat, seine Kommunen, sein Sozialwesen, seine Frühwarnsysteme wie die Soziale Arbeit, die Bildungseinrichtungen, die Verwaltung vor Ort, der soziale Wohnungsbau und auch die Polizei: das alles wurde in den zurückliegenden Jahren weggespart und abgebaut. Und auch seit letzten Herbst ist ausgesprochen wenig geschehen, diese Fehlentwicklungen zu korrigieren. Ich war davon ausgegangen, dass man nicht in jeder Stellungnahme alles noch einmal sagen muss, aber offenbar hat das zu den Fehlinterpretationen geführt. Deshalb möchte ich das hiermit ausdrücklich richtig stellen.
      Quelle: Sahra Wagenknecht auf Facebook

    2. Es geht auch ohne Sahra Wagenknecht
      Sahra Wagenknecht hat zwei Gesichter. Das eine Gesicht ist das für die Talkshows, in denen sie sich zunehmend smart gibt und nicht mehr so streng wirkt wie früher. Die Vorsitzende der Linksfraktion, die sich stets energisch für die Entrechteten in die Bresche wirft, hat dazu gelernt. Das Motto scheint nunmehr zu lauten: „Bitte lächeln!“ Das zweite Gesicht ist das, das Partei und Fraktion erleben. Es trägt Züge einer gerissenen Machtpolitikerin, die eine feindselige Haltung zur Westbindung Deutschlands und zum Euro unterhält und deren Liebesdienerei gegenüber Russland und deren Ablehnung von allzu vielen Flüchtlingen nach Rechtsaußen problemlos anschlussfähig sind. Es ist kein Zufall, dass AfD-Politiker sich immer wieder lobend über die 47-Jährige äußern – und diese immer wieder durchblicken lässt, dass AfD-Anhänger berechtigte Sorgen artikulierten. Für Wagenknechts Mangel an Anstand ist es denn auch symptomatisch, dass sie die Tragödien von Würzburg, Reutlingen und Ansbach eiskalt ausnutzt, um gegen die abwartende Haltung der Kanzlerin zu punkten. Dies geht vor allem auf Kosten der Flüchtlinge und beweist hier wie dort eines: fehlendes Verantwortungsbewusstsein.
      Quelle: Frankfurter Rundschau

      Anmerkung J.K.: Die Hetzjagd beginnt. Ein Beitrag von unglaublicher Infamie.

  2. Morde von München: Was treibt Amokläufer an?
    Ich-Schwäche, Depression, Migrationshintergrund: Der Psychiater und Amoklauf-Experte Harald Dreßing, Leiter der Forensischen Psychiatrie am Zentralinstitut für seelische Gesundheit, kritisiert manche Äußerung von Politik und Staatsanwaltschaft zur Tat von München. Bei Amoktätern läge meist eine ganze Reihe bestimmter Risikofaktoren vor.
    Quelle: Spektrum der Wissenschaft

    Anmerkung unseres Lesers W.L.: Ein Plädoyer gegen einfache Antworten.

  3. Bekommt Deutschland eine Nationalgarde?
    Laut Grundgesetz darf die Bundeswehr nicht im Inneren eingesetzt werden. Um im Krisenfall trotzdem schnell reagieren zu können, hat die Bundesregierung offenbar Pläne zur Aufstellung einer Reservisten-Armee in der Schublade. Nach den islamistisch motivierten Anschlägen von Ansbach und Würzburg und dem Amoklauf von München gibt es einem Medienbericht zufolge innerhalb der Bundesregierung Überlegungen für ein neues nationales Sicherheitskonzept. Zur Unterstützung der Polizei könnte etwa eine “Reservisten”-Truppe eingesetzt werden, berichtete “Bild” unter Berufung auf Regierungskreise. Dabei solle es sich um Freiwillige mit militärischer oder polizeilicher Ausbildung handeln. Als Vorbild könnten die Nationalgarde in den USA, der Reservedienst in Frankreich und die Reserve-Armee in Großbritannien dienen. Die bayerische Landesregierung will bei ihrer mehrtägigen Klausurtagung, die am Dienstag beginnt, eine Reihe von Sicherheitsmaßnahmen beschließen und auch Forderungen gegenüber der Bundesregierung erheben. In diesem Zusammenhang zeigte sich Bayerns Innenminister Joachim Herrmann offen für den umstrittenen Einsatz der Bundeswehr im Innern. In Extremfällen sei dieser auch mit dem Grundgesetz im Einklang.
    Quelle: n-tv

    Anmerkung unseres Lesers S.L.: … minimal ausgebildet, unter Umständen nicht geübt in Konflikt- und Stressituationen (wie auch die neuen “Hilfspolizisten”, die im Gespräch sind) und dann Waffen tragend in unseren Städten wie zur Zeit der Unruhen der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts oder im Israel der Neuzeit? Wollen wir das? Statt wieder auf derartige Mittel zu setzen um der schwarzen Null willens, sollten wir vielleicht die seit 2005 fast 100.000 Polizeistellen wiederaufbauen, die aus Spargründen wegrationalisiert wurden. Ich habe ehrlich gesagt keine Lust auf eine weitere Militarisierung unserer Gesellschaft …

    Dazu: “Viele blödsinnige Ideen im Umlauf”: Polizeivertreter ärgert Sicherheitsdebatte
    Vertreter der Polizeigewerkschaften haben sich nach den Anschlägen von Ansbach und Würzburg sowie nach dem Amoklauf von München gegen Vorschläge einer Nationalgarde sowie des Einsatzes der Bundeswehr im Inneren gewendet. “Da sind viele blödsinnige Ideen im Umlauf”, sagte der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt n-tv. Es bedürfe nicht der Bundeswehr, “weil wir uns nicht im Krieg befinden, sondern wir brauchen qualifizierte Polizisten”, sagte er.
    Quelle: n-tv

  4. Bernie Sanders: Die beste Rede seines Lebens
    Fast wäre der Demokraten-Parteitag im Chaos versunken. Doch dann trat Bernie Sanders ans Rednerpult. (…) Es ist das dramatische Finale eines dramatischen Tages in Philadelphia, wo die US-Demokraten diese Woche zusammengekommen sind, um Hillary Clinton zu ihrer Präsidentschaftskandidatin zu ernennen. Doch zuvor muss noch ein lästiger Tagesordnungspunkt abgehakt werden: Bernie Sanders, der unterlegene Vorwahlrivale, dessen fanatische Anhänger seine Niederlage bis heute nicht akzeptieren und, fallen sie nicht ins Glied, Clintons Chancen zu untergraben drohen. Also hat die Regie Sanders als Schlusspunkt dieses ersten Tages gesetzt. Als Brücke zwischen dem, was war, und dem, was kommt. Und der Sozialist, der bis 2015 nicht mal Parteimitglied war, meistert diesen emotionalen Spagat brillant – für sich selbst und für die bangen Demokraten.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung J.K.: Man beachte den Tenor dieses Beitrages. Jetzt, da Sanders trotz der Enthüllungen, dass die Führung der Demokraten explizit gegen ihn gearbeitet hat, Clinton unterstützt, ist er toll, in Topform, rührt die Menschen zu Tränen. Vorher hat man noch anders berichtet, da war er ein “selbsternannter Sozialist”, ein Wirrkopf, ein Populist, ein alter Trottel in schlecht sitzenden Anzügen, den man nicht ganz ernst nehmen kann. Leider lässt sich Sanders vorbehaltloses Eintreten für Clinton aus der fernen europäischen Perspektive nicht nachvollziehen. Clinton zu wählen, nur um Trump zu verhindern ist zu wenig, gerade wenn man bedenkt welche Bewegung gegen den Neoliberalismus Sanders in Gang gebracht hat.

    Anmerkung Paul Schreyer: Verständlicherweise sind viele nun mehr als enttäuscht von Sanders Entscheidung und bleiben skeptisch. Welche Bedingungen Sanders gegenüber Clinton für seine Unterstützung erhoben hat, ist bislang nicht bekannt. Man kann annehmen, dass Clinton hinter den Kulissen konkrete politische Zugeständnisse im Tausch für die Unterstützung durch Sanders gemacht hat. Man kann auch argumentieren, dass Sanders eine langfristiger orientierte strategische Entscheidung getroffen hat. Würde er gegen Clinton antreten und Trump dann durch die Spaltung des Lagers der Demokratischen Partei gewinnen, so würde man das in der Öffentlichkeit Sanders und seiner gesamten Bewegung anlasten. Gewinnt hingegen Clinton mit Sanders´ Unterstützung, so wird sie angesichts der verfahrenen politischen Situation als Präsidentin wohl kaum punkten können, so dass Sanders und seine Bewegung voraussichtlich auf längere Sicht gestärkt werden, ohne dabei kompromittiert zu sein. Die Unterstützerbewegung, die durch Sanders´ Kandidatur entstanden und gewachsen ist, wird mit großer Wahrscheinlichkeit ein politischer Faktor in den nächsten Jahren bleiben – ganz egal, wer nun in diesem Jahr zum US-Präsidenten gewählt werden wird.
    Zwei überaus sehenswerte Video-Debatten von klugen Köpfen zu der Frage, wie Sanders sich verhalten sollte, finden sich hier und hier.

    Dazu: Neue Email-Affäre belastet US-Demokraten
    Der Parteivorstand der Demokraten hat im Vorwahlkampf entgegen der gebotenen Neutralität insgeheim Hillary Clinton unterstützt, wie von Wikileaks veröffentlichte Emails belegen. Clintons Wahlkampfteam macht Russland für die Veröffentlichung verantwortlich. Was der demokratische Sozialist Bernie Sanders und seine Anhänger schon lange vermutet hatten, hat sich nun bestätigt: Mitglieder des Parteivorstands der Demokraten, dem Democratic National Committee (DNC), hatten trotz gebotener Neutralität einseitig Partei für Hillary Clinton im Vorwahlkampf ergriffen. Das geht aus der Email-Korrespondenz des Parteivorstands hervor, die am Wochenende von Wikileaks veröffentlicht wurde. Knapp zwanzigtausend Emails wurden online gestellt, die der Enthüllungsplattform durch einen Hacker zugespielt worden seien. Nähere Angaben zur Herkunft der Daten machte Wikileaks nicht. Aus den Emails geht unter anderem hervor, dass Mitglieder des DNC im Vorfeld der Vorwahlen in West Virginia und Kentucky überlegten, das Gerücht zu streuen, der Jude Sanders sei in Wirklichkeit Atheist – was auf die als sehr religiös geltende Bevölkerung der beiden Bundesstaaten abschreckend wirken sollte. Überlegt wurde auch, wie Journalisten beeinflusst werden können, damit diese Sanders‘ Wahlkampagne in ein schlechtes Licht rücken. An der Intrige zugunsten Clintons war allen voran die Parteichefin Debbie Wasserman Schultz beteiligt, die in einer Email einen Sanders-Vertrauten einen „verdammten Lügner“ nannte. Inzwischen hat Wasserman Schultz ihren Rücktritt erklärt. Das Sanders-Lager hatte ihr schon vor Monaten vorgeworfen, dem Senator aus Vermont Steine in den Weg gelegt zu haben. (…)
    Derweil tritt das Clinton-Lager in der E-Mail-Affäre die Flucht nach vorne an. Dahinter stecke Russland, so Clintons Wahlkampfmanager Robby Mook am Sonntag in einem CNN-Interview. Moskau habe die E-Mails gestohlen und nun über Wikileaks in der Absicht veröffentlicht, Donald Trump zu helfen, sagte Mook unter Berufung auf „Experten“.
    Quelle: Hintergrund

    Anmerkung J.K.: Geht es noch blöder? Der böse Russe war’s. Der Skandal ist doch, dass die Parteiführung der Demokraten versucht hat Sanders zu torpedieren, da er sich klar gegen die neoliberale Agenda und somit gegen die Interessen der US-Finanzoligarchie positioniert hat und nicht, dass womöglich russische Hacker die Sache ans Licht gebracht haben. Man kann nur hoffen das Publikum ist in der Lage das zu reflektieren und hoffentlich wird damit auch klar, wessen Interessen Clinton vertritt.

    Und: IT-Experten vermuten, dass russische Hacker die Demokraten angegriffen haben
    Die amerikanische Bundespolizei FBI hat die Ermittlungen im Fall der so genannten DNC-Leaks übernommen. (…) Wer steckt hinter dem Hack? Es gibt Anhaltspunkte, die auf Russland hindeuten. Die IT-Sicherheitsfirma Crowdstrike veröffentlichte im Juni einen Bericht, demzufolge zwei verschiedene russische Hackergruppen in die Systemen der US-Demokraten eingedrungen waren. Crowdstrike nennt die Gruppen APT28 und APT29. Die 28er sollen im Auftrag des Geheimdienstes FSB handeln, die 29er im Auftrag des Militärnachrichtendienstes GRU. Dieser Bericht wurde in der Zwischenzeit von zwei weiteren IT-Sicherheitsfirmen bestätigt.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung Christian Reimann: Offenbar gibt es lediglich (fragwürdige?) Hinweise, jedoch keine echten Beweise für eine russische Verwicklung in diese Email-Affäre der US-Demokraten. Dennoch schreibt die “SZ” von “überzeugendsten Beweis” und “forensischen Beweismaterial”. Oft genug wiederholt könnte auch die größte Lüge als Wahrheit erscheinen. Bitte lesen Sie dazu erneut: Wer Herr über sein eigenes Denken bleiben will, muss die Methoden der Meinungsmache kennen.

  5. Corbyn, Labour, der Brexit und Immigration
    Seit Jeremy Corbyn Vorsitzender der Labour-Partei wurde, hat die Oligarchie des rechten Parteiflügels mehr Energie darauf verwendet, Corbyn zu attackieren und sich gegen ihn zu verschwören, als gegen die Politik der Konservativen zu opponieren.Einst als unwählbar angesehen, gewann Corbyn im letzten Jahr die Wahl zum Parteivorsitz mit 62 Prozent der Stimmen. Seitdem hat sich die Mitgliederzahl der Partei etwa verdoppelt: nahezu 184.000 Menschen haben sich ihr seit dem 5. Mai 2015 angeschlossen. Die Partei zählt nun 370.000 Mitglieder, die der konservativen Tories gerade einmal 150.000. UKIP hat nur 47.000. Alleine in der Woche nach dem Brexit gewann Labour 60.000 Mitglieder hinzu. Diese Neumitglieder wollen Corbyn vor dem Putsch der Parlamentsfraktion schützen. In der Woche nach dem Referendum hat die Situation einen weiteren Siedepunkt erreicht. Die Blairisten haben zwei Pläne entwickelt, um Corbyn zu vernichten – jeweils einer für ein mögliches Resultat. Die Parlamentsfraktion stellte ein Misstrauensvotum: 179 Abgeordnete stimmten gegen, 40 für Corbyn. Doch die Sache ist noch lange nicht abgeschlossen.
    Quelle: Will Denayer auf Makroskop

    Anmerkung Paul Schreyer: Diese Analyse des Portals Makroskop enthält auch Passagen, die kontrovers debattiert werden dürften, wie etwa: „Im Grunde genommen hat sich Labour auf den wohlfeilen Diskurs des Sozialdumpings herabgelassen ‒ ein Phänomen welches, wie Untersuchungen beweisen, einmal abgesehen von den untersten Einkommen nicht existiert. Jede Bemühung, Migration zu begrenzen, verstärkt ein Privileg der Geburt und Staatsbürgerschaft, das für Labour irrelevant sein sollte. (…) Darum muss Labour den rechten Diskurs des Sozialdumpings bekämpfen, der ein besonders giftiger Begriff ist, um arme migrantische Arbeiter zu desavouieren.“ Möglicherweise macht es sich der Autor mit dieser Analyse zu einfach. Eine Debatte zu Sozialdumping kann man sicher nicht per se als „rechten Diskurs“ bezeichnen. Die populäre Strategie, Positionen, die sich nicht gut mit dem eigenen Weltbild vertragen, pauschal als „rechts“ auszugrenzen und damit undiskutierbar zu machen, erschwert eine sachliche Auseinandersetzung.

  6. Türkei: Die Hexenjagd hat begonnen – SOS!
    Gestern morgen wurde ich sehr früh durch ein “Pling” geweckt. Ein Kollege hatte eine SMS geschickt: “Anscheinend geht der Großangriff los. Haftbefehl für Nazlı Ilıcak, sie suchen nach ihr.” Das war das, was viele Journalisten seit Tagen befürchtet hatten. Nazlı Ilıcak ist mit ihren 72 Jahren eine Veteranin. Eine scharfzüngige Journalistin, die gerade erst durch die Schließung der liberalen Tageszeitung Özgür Düşünce ihren Job verloren hat. Ich sprang aus dem Bett und versuchte, verschiedene Anwälte anzurufen. Bald war klar: Es kursiert eine Liste mit den Namen von 42 Journalisten, die alle verhaftet werden sollen, weil ihnen vorgeworfen wird, dem “medialen Ableger der Terrororganisation FETÖ” (Fethullahçı Terör Örgütü, zu Deutsch: Terror-Organisation der Fethullah-Anhänger, Anm. d. Red.) anzugehören, was bedeutet, dass sie angeblich der Gülen-Bewegung nahestehen. Die befürchtete Hexenjagd hat begonnen. Während ich dies schreibe, sind mindestens 19 der 42 entweder verhaftet worden oder sie haben sich freiwillig gestellt. Wo Ilıcak gerade ist, wissen wir nicht. Elf Kollegen sind anscheinend im Ausland. Die Liste ist bemerkenswert. Sie liest sich wie ein Who’s who des seriösen Journalismus. Die meisten der Gesuchten sind mutige Reporter, von der Rechten wie von der Linken, sie alle haben über Korruption, Machtmissbrauch und den Niedergang der Demokratie recherchiert.
    Quelle: Süddeutsche.de
  7. Die Folgen des EU-Türkei-Deals: Griechenland im Griff der Flüchtlingskrise
    Seit die EU den Flüchtlingsdeal mit der Türkei verhandelt hat, sitzen tausende Menschen in Griechenland fest. Sie werden die EU wahrscheinlich wieder verlassen müssen – doch Griechenland ist mit den Rückführungen bürokratisch überfordert.
    Quelle: Deutschlandradio Kultur
  8. Debatte um Panama Papers: Quellensteuer gegen Steuerflucht
    Mit Quellensteuern und Vermögenssteuern würde der Wiesbadener Ökonom Lorenz Jarass gern auf die Enthüllungen der Panama Papers antworten. Nur so könnte der Fiskus Steuerflucht uninteressant machen – auch im nationalen Alleingang. (…) Superreiche deponieren es (das Kapital) nicht etwa in einem geheimen Speicher und lassen es dort liegen. Ihr Kapital wird in einer Steueroase wie Panama nur formaljuristisch verwaltet. Investiert ist das Kapital jedoch in Industriestaaten und Schwellenländern, weil es nur dort Erträge erzielen kann. Und deswegen sollte es auch dort besteuert werden. Deutschland hat wie jedes Land dazu schon heute die Möglichkeit. Es kann unilateral handeln, also ohne jeweils eine internationale Harmonisierung abzuwarten. Konzerne und Fonds pflegen wirtschaftlichen Erfolg gern steuermindernd in Kosten zu verwandeln. Also stellen sie inländischen Niederlassungen und Beteiligungen Schuldzinsen und Lizenzgebühren in Rechnung, die an einen ausländischen Firmensitz überwiesen werden – dorthin, wo Steuersätze günstiger als in Deutschland sind.Deshalb sollte der deutsche Fiskus eine Quellensteuer auf alle gezahlten Schuldzinsen und Lizenzgebühren erheben, soweit diese in Deutschland steuermindernd als Kosten geltend gemacht werden.Im Gegenzug sollte der deutsche Gesetzgeber alle Kapitalentgelte, die von inländischen Investoren im Ausland erwirtschaftet wurden, weitgehend steuerfrei stellen, da sonst deren Kapitalverwaltung ins Ausland abwanderte. Das würde den Finanzplatz Deutschland stärken und ihn zugleich davor schützen, steuerlich umgangen zu werden.
    Quelle: Lorenz Jarass im Deutschlandradio Kultur
  9. Kürzer oder länger arbeiten – nicht einmal die Hälfte der Beschäftigten kann Arbeitszeitwünsche verwirklichen
    Millionen Beschäftigte würden gern kürzer oder länger arbeiten als ihre momentane Arbeitszeit vorsieht. Doch nur einer Minderheit gelingt es, diesen Wunsch umzusetzen, zeigt eine aktuelle Studie. Gut die Hälfte der Beschäftigten ist mit ihrer aktuellen Wochenarbeitszeit unzufrieden. Das geht aus der Untersuchung einer Forschungsgruppe um den Arbeitszeitexperten Dr. Hartmut Seifert, Senior Research Fellow im Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, hervor. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben im Rahmen eines von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Forschungsprojekts Daten des Sozio-oekonomischen Panels der Jahre 2011 bis 2014 ausgewertet. In jedem Beobachtungsjahr wurden mehr als 10.000 Beschäftigte befragt; die Ergebnisse sind repräsentativ für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland. Kürzer arbeiten würden am liebsten rund 40 Prozent der Befragten in allen Beobachtungsjahren, wobei nur die gezählt wurden, deren Wunscharbeitszeiten um mehr als fünf Wochenstunden von den tatsächlichen Büro- oder Fabrikstunden. Darunter sind besonders viele Beschäftigte, meist Männer, die über 40 Stunden pro Woche arbeiten. Die Beschäftigten wären bereit, für eine Arbeitszeitreduzierung entsprechend auf Einkommen zu verzichten.
    Quelle: Hans Böckler Stiftung
  10. Urteil des Bundessozialgerichts: Elterngeld zählt für Geringverdiener als Einkommen
    Für Hartz-IV-Empfänger gilt Elterngeld weiter als Einkommen, ebenso für Geringverdiener. Dies urteilte jetzt das Bundessozialgericht und wies damit zwei Klagen ab. Ein Vater ist vor dem Bundessozialgericht in Kassel mit dem Versuch gescheitert, die Elterngeld-Regeln für Hartz-IV-Empfänger zu kippen. Für sie zählt Elterngeld auch weiter als Einkommen.Die Klage des Vaters wurde vom höchsten deutschen Sozialgericht als unzulässig verworfen. Der vierte Senat musste sich also inhaltlich nicht mit dem Thema auseinandersetzen. Die gesetzlichen Anforderungen seien nicht erfüllt, sagte der Vorsitzende Richter in Kassel.Auch bei Geringverdienern wird das Elterngeld für die Berechnung des Kinderzuschlags als Einkommen angerechnet. Wie das Bundessozialgericht entschied, verstößt die Regelung nicht gegen das Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum.
    Quelle: Spiegel Online
  11. Debatte um späteren Renteneintritt: IW fordert Rente mit 73
    Wolfgang Schäuble will es, die Junge Union will es, die Versicherungswirtschaft und nun auch das Wirtschaftsinstitut IW. Der Druck wächst, noch länger zu arbeiten. Das IW fordert die Rente ab 73. Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) plädiert für eine weitere Heraufsetzung des Rentenalters – und bekommt dafür teils scharfe Kritik zu hören. Nur durch längeres Arbeiten könnten steigende Rentenbeiträge und ein sinkendes Rentenniveau vermieden werden, sagte IW-Geschäftsführer Hubertus Bardt der „Bild“-Zeitung. „Wenn nicht stärker privat und betrieblich vorgesorgt wird, müsste das Eintrittsalter weiter erhöht werden: bis 2030 auf 69 Jahre und bis 2041 auf 73 Jahre. (…)
    Das Geschäftsführende Vorstandsmitglied der IG Metall, Hans-Jürgen Urban, erklärte: „Bekanntlich führt die Anhebung der Regelaltersgrenze nicht zu einem längeren Verbleib in den Betrieben, sondern zu drastischen Rentenkürzungen.“ Dass die Rentenbezugszeiten länger würden, sei ein bekannter Trend, der den Rentenreformen der letzten Jahre zugrunde liege. Wer jetzt eine drastische Anhebung des Renteneintrittsalters fordere, versuch „ein bekanntes Phänomen zu skandalisieren“.
    Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Ulrike Mascher, kritisierte: „Solche Vorschläge gehen vollkommen an der Realität vorbei. Die Beschäftigungssituation für Ältere ist nach wie vor kritisch. Die meisten haben doch schon Mühe, ihren Job bis 65 oder gar 67 auszuüben. Ältere Menschen müssen am Arbeitsmarkt bessere Chancen bekommen.“ Die Vize-Vorsitzende der Linksfraktion, Sabine Zimmermann, forderte, die „rentenpolitische Geisterfahrt“ zu stoppen. „Diese schwachsinnige Diskussion muss sofort beendet werden.“
    Vor kurzem hatte die deutsche Versicherungswirtschaft deutlich gemacht, dass die Bürger künftig länger bis zur Rente arbeiten müssten als heute. Denn ohne deutlich spätere Rente drohten eine enorme Belastung der Steuerzahler und ein rapides Absinken des Rentenniveaus. Auch die Jugendorganisation der CDU, die Junge Union, dringt darauf, die Rente zukunftsfest zu machen. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) trat für eine Koppelung des Rentenalters an die steigende Lebenserwartung ein.
    Quelle: Tagesspiegel
  12. Terror und der Spalt in meinem Kopf
    Unsere Doppelstandards an den islamistischen Terror und den Staatsterror des Westens
    Unsere westliche Wahrnehmung auf den Terrorismus ist von Doppelstandards geprägt. Wir leiden unter einer gesamtgesellschaftlichen kognitiven Dissonanz. Während wir auf Terroranschläge im Westen mit Islamophobie, gesellschaftlicher Spaltung und Vergeltungsschlägen reagieren, legen wir gegenüber den Millionen Toten des westlichen Staatsterrors in Ländern des Orients eine apathische Gleichgültigkeit an den Tag.
    Quelle: justicenow
  13. These Qaddafi Henchmen Are Wanted For Stealing Millions, And We Found Them In Britain
    Three of the former Libyan dictator’s top officials are living comfortably in Britain despite being wanted in Tripoli for allegedly embezzling millions from the collapsed state – and the UK authorities have done nothing to help investigate.
    A ring of Colonel Muammar al-Qaddafi’s henchmen – including military commanders linked to the bloody suppression of the Libyan uprising – have been found living in Britain by BuzzFeed News.
    The three men – who all deny any wrongdoing – are on a target list of former regime figures wanted by prosecutors in Tripoli for allegedly fleeing the country with stolen state assets following the collapse of Qaddafi’s dictatorship in 2011. BuzzFeed News can reveal that they have been given safe haven in the UK despite being accused of laundering millions of pounds through British banks and property deals.
    General Ahmed Mahmoud Azwai, who maintained Qaddafi’s missile stockpile, is suspected of laundering millions through properties in the Home Counties via a network of offshore companies. BuzzFeed News found him living in an affluent part of Surrey.
    Quelle: Buzzfeed
  14. Norwegen: Wie es der Arbeiterpartei gelingt, sich als stärkste politische Kraft Norwegens zu behaupten
    Wir befinden uns im Jahr 2016 n. Chr. In ganz Europa ist die Sozialdemokratie im Niedergang … Ganz Europa? Nein, in einem kleinen, unbeugsamen Land im Norden Europas leistet die sozialdemokratische Arbeiterpartei (AP) Widerstand. Die Zustimmungswerte der norwegischen AP sind hoch und steigen weiter. Aktuell liegen sie bei 34 bis 36 Prozent. Auch ihre Mitgliederzahlen wachsen (2015 um zehn Prozent), und die Chancen stehen gut, dass die Arbeiterpartei nach der nächsten Wahl im Jahr 2017 die Regierung anführt. Nachdem die AP 2013 mit 30,8 Prozent ein vergleichsweise schlechtes Wahlergebnis eingefahren und die Regierungsmacht an eine Koalition aus konservativer Høyre und rechtspopulistischer Fortschrittspartei verloren hatte, durchlief sie einen umfassenden Erneuerungsprozess. Kern der Neuorientierung bildet der Partei-Slogan „Alle skal med“. Hinter dem mit „Niemand bleibt zurück“ freier übersetzten Zentralmotiv steht ein konsequent verfolgter, egalitätsorientiert-inklusiver Policy-Mix, aber auch eine stärkere Einbindung und Mobilisierung der Parteimitglieder.
    Quelle: IPG Journal
  15. Portugal: Entgegen den Erwartungen ist die Linksallianz in Portugal erstaunlich solide
    In Portugal haben sich die Parteien links der Mitte große Sprünge vorgenommen. Hierfür mussten sie aber erst einmal über ihre eigenen Schatten springen. Im November 2015 gelang damit, was vorher 40 Jahre lang undenkbar erschien. So bekam das Land eine Minderheitsregierung der Partido Socialista (PS) unter Ministerpräsident António Costa, die im Parlament auf den Rückhalt von Linksblock (Bloco de Esquerda, BE), Kommunisten (PCP) und Grünen (Os Verdes) zählt. (…) Möglich wurde diese Alternative zunächst, weil die Sozialisten ernsthaft nach Alternativen zur harten Austerität suchten, ohne jedoch am Ziel eines Haushaltsdefizits von unter drei Prozent zu rütteln. Sie gaben sich dabei weniger „brav“ als zuvor und beharrten darauf, dass eine Überdosis an neoliberal inspirierter Austerität die Wirtschaft stranguliert habe. Es gelte, fanden sie, die Inlandsnachfrage zu erhöhen. Unterdessen stellten die kleineren Parteien – die bis dahin die Sozialisten gern mit den bürgerlichen Parteien tendenziell in einen Topf geworfen hatten – ihre grundsätzlichen Bedenken gegen EU und Euro zurück. In einer pragmatischen Haltung akzeptierten sie das Programm der Sozialisten als Ausgangspunkt, um Zugeständnisse finanzieller und sozialpolitischer Natur auszuhandeln. Hatten die Sozialisten etwa die seit 2011 wirksamen Gehaltskürzungen im Staatsdienst innerhalb von zwei Jahren annullieren wollen, so ist dies nun schon für 2016 geplant. Ein krisenbedingter Aufschlag auf die Einkommenssteuer soll 2017 entfallen. Zudem wurde der gesetzliche Mindestlohn von 505 auf 530 Euro monatlich erhöht. Im Juli wurde zudem eine Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit im Staatsdienst von 35 auf 40 Stunden annulliert.
    Quelle: IPG Journal
  16. Hochschulfinanzierung: Ein Fahrstuhleffekt für die Wissenschaft
    Marode Bauten, schlecht bezahlte Forscher: Die Länder investieren zu wenig in die Hochschulen. Der Bund könnte ihre Blockade überwinden. Deutschland steht hinsichtlich seiner Hochschulpolitik vor einem strategischen Dilemma: Die Finanzierung und Steuerung der Hochschulen ist Ländersache, aber das Grundrecht auf Berufswahlfreiheit ist, garantiert durch das Grundgesetz, ein bundesweit gültiges Rechtsgut. In diesem System hat den größten finanziellen Vorteil, wer am wenigsten in seine Hochschulen investiert, zum Schaden für die Wissenschaft und den gesellschaftlichen Wohlstand. Nur der Bund könnte diese Rationalitätsfalle auflösen.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Die Bildung, insbesondere die Hochschulbildung, ist chronisch und absichtlich krass unterfinanziert. Keine neue Erkenntnis, aber trotzdem gut, wenn darauf immer wieder hingewiesen und Abhilfe vorgeschlagen wird. Nur wer hat noch einmal das hier zu Recht beklagte Kooperationsverbot in der Bildung grundgesetzlich verankert? Und wieso werden mit Blick auf die kommende Bundestagswahl trotz weiterer Verschärfung der Finanznot wieder Steuersenkungen versprochen statt eine Rücknahme z. B. der vielen Steuergeschenke an Kapitalgesellschaften oder eine Wiedereinführung der Erbschaftsteuer für Firmenerben? Der Artikel hier schlägt eine starke Ausweitung der Finanzierung durch den Bund vor, drückt sich aber um die Frage, wie der Bund höhere Kosten finanzieren könnte. Wie soll das gehen im Zeitalter von Schuldenbremse und Austeritätswahn?

  17. Medien, Politik und Terror: „Durchschaubare Reflexe“
    Prof. Dr. Klaus Beck lehrt am Institut für Publizistik und Kommunikationsforschung der Freien Universität Berlin. Wir haben mit ihm über Reflexe in der Terrorberichterstattung und politischen Diskurs im Krisenmodus gesprochen – und ihn gefragt, wie hilfreich das Twittern von Katzenbildern ist.
    Quelle: netzpolitik.org
  18. Wie man Terrorexperte wird
    Wieso uns das Fernsehen immer wieder die gleichen Personen als Fachleute für alles und jedes präsentiert – insbesondere das öffentlich-rechtliche.
    Den Vogel schoss dieses Mal CNN ab: In der Münchner Schreckensnacht holte der amerikanische Nachrichtensender den früheren Nato-Oberbefehlshaber Wesley Clark auf den Bildschirm, um das Geschehen im fernen Deutschland zu kommentieren und gehörig durch zu spekulieren. Auf die Idee muss man erst mal kommen! Was befähigt einen General, der früher einmal militärische Großverbände führte, sich mit den möglichen Motiven einer Gewalttat in München zu beschäftigen? Nichts, aber auch gar nichts.
    Das Erste präsentierte zur gleichen Stunde den früheren Spiegel-Chefredakteur Georg Mascolo als „ARD-Terrorexperten“. Dieser Titel war mir neu. Bisher kannte man Mascolo nur als „Leiter des Rechercheverbunds“, den NDR und WDR gemeinsam mit der Süddeutschen Zeitung betreiben.
    Quelle: Bilanz

    Dassend dazu: Der CIA-Agent, der nur Türsteher war
    Wayne Simmons trat regelmässig als «Terror-Experte» beim US-Sender Fox News auf – bis sein Schwindel eines Tages aufflog.
    Ein Gericht in Alexandria im US-Staat Virginia hat Wayne Simmons (62) zu 33 Monaten Haft verurteilt. Simmons war jahrelang als «Terror-Experte» auf dem Sender Fox News aufgetreten, hatte jedoch bei den Angaben zu seinem Lebenslauf gelogen: Er war kein ehemaliger CIA-Agent, sondern zeitweise Türsteher in einem Nachtlokal, Buchmacher, Manager eines Whirlpool-Mietservices, Hypotheken-Makler und Verteidiger beim Football-Team der New Orleans Saints.
    Quelle: 20 Minuten