Hinweise des Tages

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Unter anderem zu folgenden Themen:

  • Wie Banken Anleger um ihr Erspartes brachten
  • Einführung fragwürdiger amerikanischer Bilanzregeln
  • EU uneins über Rettungspaket nach US-Vorbild
  • Weltwirtschaft am Abgrund
  • Mail-Aktion an Steinbrück und Tiefensee
  • Deutschland im Bildungstief
  • Gysi im Rechtsstreit gegen ZDF erfolgreich

  1. Geplatzte Träume
    Sie wollten eine Anlage ohne Risiko, stattdessen kauften sie Zertifikate der Pleite-Bank Lehman. Nun bangen viele Anleger um ihr Erspartes. Zwei Fallgeschichten.
    Bitteres Fazit: “Die Banker…handeln eh nur im Sinne der Bank. Der Kunde ist denen egal”.
    Quelle: SZ
  2. Faire Werte, fatale Wirkung
    Die Bundesregierung empört sich über die amerikanische Wirtschaft – und will gleichzeitig deren fragwürdige Bilanzierungsregeln übernehmen.
    Im Mai hat das Kabinett den Entwurf eines »Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts« beschlossen, im Herbst soll der Bundestag die Neuregelung beraten. Es wäre ist die seit Jahrzehnten umfassendste Änderung der Regeln in diesem Bereich.
    Anders als ein zahlengläubiges Publikum denkt, hängt der Gewinn eines Unternehmens nicht nur von seinem tatsächlichen Erfolg ab, sondern auch davon, welche Rechnungsregeln angewandt werden.
    Die deutsche Sichtweise auf Unternehmen ist traditionell die des vorsichtigen Kaufmanns und Kreditgebers. Was zählt, sind Sicherheit und Stabilität. Der angelsächsische Blick ist der des Geldanlegers. Für ihn steht die Rendite im Vordergrund.
    So haben sich die Bilanzmethoden in beiden Ländern historisch unterschiedlich entwickelt. Eine wichtige Differenz besteht darin, wie Unternehmen ihr Vermögen bewerten. Nach dem deutschen Handelsgesetzbuch gilt das Prinzip, dass sich der Wert aus den Kosten der Anschaffung ergibt. Allerdings verschleißen Maschinen und Fabrikgebäude mit der Zeit, sodass sie abgeschrieben werden müssen.
    Niemals darf ein Vermögensteil nach deutschem Recht im Wert hochgeschrieben werden, nicht einmal dann, wenn ganz offensichtlich ist, dass es – wie zum Beispiel ein Firmengrundstück in guter Lage – inzwischen mehr wert ist als beim Kauf. Es bleibt trotzdem mit seinem alten Kaufpreis in der Bilanz und bildet eine stille Reserve.
    Nach den angelsächsischen Regeln ist das anders. Da sind die akuellen Werte maßgeblich für die Bilanz. Liegen die höher als im Jahr zuvor, dann darf das Unternehmen einen Buchgewinn ausweisen.
    Jetzt aber will die Bundesregierung die deutschen Vorschriften den amerikanischen angleichen, jedenfalls in Teilbereichen. Per Gesetz will sie den Unternehmen vorschreiben, dass sie künftig Aktien, Anleihen und andere Finanzpapiere in ihrem Handelsbestand nach Zeitwerten bilanzieren müssen – ein Bruch mit den bewährten Prinzipien.
    Quelle: Die Zeit
  3. EU uneins über Rettungspaket nach US-Vorbild
    Innerhalb der Europäischen Union ist ein Streit über ein mögliches gemeinsames Rettungspaket für die Finanzbranche entbrannt. Frankreich und die Niederlande unterstützen eine solche Maßnahme, von Deutschland und Luxemburg kommt ein klares Nein. Es werden auch Stimmen laut, die angesichts der Finanzmarktkrise die Maastricht-Kriterien in Frage stellen.
    „Ich sehe nicht die Notwendigkeit, dass wir ein derartiges Programm in Europa auflegen müssen“, sagte der Ministerpräsident von Luxemburg und Eurogruppenchef, Jean Claude Juncker, am Donnerstag dem Deutschlandradio Kultur.
    Bundesfinanzminister Peer Steinbrück bekräftigte in der Online-Ausgabe des „Wall Street Journal“, er sehe „keine Notwendigkeit für Deutschland, sich mit drei oder vier Prozent seines Bruttoinlandsprodukts in ein solches Programm einzustellen ohne zu Wissen, was mit diesem deutschen Geld letztlich erreicht wird und ob man konkrete Probleme damit lösen kann“. Bundeskanzlerin Angela Merkel wandte sich in der “Bild”-Zeitung gegen “Blankoschecks für alle Banken”.
    Die französische Regierung hatte sich dagegen für die Schaffung eines EU-Notfonds ausgesprochen, der bei einer Bankenschieflage eingreifen soll. “Was geschieht, wenn ein kleinerer EU-Staat von einer drohenden Bankenpleite betroffen ist. Vielleicht hat dieser Staat nicht die Mittel, um das Institut zu retten. Daher stellt sich die Frage nach einer europäischen Auffanglösung”, sagte die Vorsitzende des EU-Finanzministerrats, Frankeichs Finanzministerin Christine Lagarde in einem Interview mit dem Handelsblatt. Französische Medien berichteten anschließend unter Berufung auf ungenannte Quellen, dass der Fonds 300 Milliarden Euro umfassen solle und jedes EU-Land drei Prozent seines Bruttoinlandprodukts zur Verfügung stellen sollte.
    Quelle: Handelsblatt
  4. Weltwirtschaft am Abgrund
    Unsicherheit, Panik, Hysterie: Nach dem Lehman-Beben ist das Vertrauen der Anleger verschwunden. Damit fehlt dem Finanzsystem die Basis seiner Existenz.
    Wenn die Menschen unsicher werden, bedroht das die Existenz eines Wirtschaftssystems, das zuallererst auf Vertrauen aufgebaut ist. Keine Währung ist heute mehr voll durch Goldbarren abgesichert. Kein Sparkonto ist durch reale Werte wie Autos oder Wohnungen abgedeckt, die einem die Bank im Notfall übergeben würde. Das ganze System basiert auf dem Zutrauen, dass all die virtuellen Billionensummen tatsächlich zur Verfügung stehen. Wenn aber Sparer das Vertrauen verlieren und die Filialen stürmen, bricht das System zusammen.
    Wenn die Regierungen den Banken helfen, müssen die Bürger das Gefühl bekommen, dass die Branche und ihre Aktionäre dafür bezahlen. Am besten gleich. Oder, wenn dies wegen der Lage der Institute schwer möglich ist, durch Steuern zu einem späteren Zeitpunkt. Die Politiker sollten noch einen Schritt weitergehen: In den vergangenen Jahren haben sie es Investoren und Banken überlassen, die Wirtschaft umzuformen. Hedgefonds durften von Karibikinseln aus Firmen schlucken, ohne jede Kontrolle. Die Ackermänner in den Chefetagen durften 25 Prozent Rendite als Ziel vorgeben, dem sich alle Arbeitnehmer unterzuordnen hatten. Jetzt muss die Politik wieder Mitbestimmung durchsetzen.
    Ob die Menschen trotz ihrer Unsicherheit ein gewisses Vertrauen ins Finanzsystem behalten, hängt auch von dieser Frage ab: Gewinnen sie Vertrauen, dass es im Kapitalismus halbwegs gerecht zugeht? Wenn Banker ihre Probleme auf den Steuerzahler abwälzen dürfen und Rendite der einzige Maßstab für die Wirtschaft ist, wird dies niemand glauben.
    Quelle: SZ
  5. Mail-Aktion an Steinbrück und Tiefensee:
    Finanzkrise: Kein Börsengang!
    Die Finanzmärkte durchleben die gravierendste Krise seit 1929. Doch Bahnchef Mehdorn will weiter an die Börse und öffentliches Eigentum für einen Spottpreis verscherbeln. Er weiß: Zieht er die Privatisierung jetzt nicht durch, droht das ganze unausgegorene Vorhaben zu kippen!
    Finanzminister Steinbrück lässt jetzt offenbar ein Aussetzen der Bahn- Privatisierung prüfen. Wir haben Chancen, den Börsengang zu verhindern! Fordern Sie von Steinbrück und Verkehrsminister Tiefensee einen Stopp der Privatisierung!
    Quelle: Campact
  6. Deutschland im Bildungstief
    Während die Bundeskanzlerin durch die Lande tourte, um sich ein Bild von der deutschen Bildungslandschaft zu machen, erteilte der jährlich erscheinende Bildungsbericht der OECD der Republik abermals schlechte Noten. Wie bereits in den Vorjahren attestierte die OECD einen drohenden Akademiker- und Fachkräftemangel und kritisierte vor allem die niedrigen Bildungsausgaben: Lediglich 5,1 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts wende die Bundesrepublik für Bildung auf, im OECD-Durchschnitt seien es 6,1 Prozent. Noch deutlicher klafft die Schere auseinander, lenkt man den Blick auf den Anteil der Bildungs- an den Gesamtausgaben des Staates – hier stehen knapp zehn Prozent in der Bundesrepublik guten 13 im OECD-Durchschnitt gegenüber.
    Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik
  7. Gysi im Rechtsstreit gegen ZDF erfolgreich
    Im Rechtsstreit mit dem ZDF hat Gregor Gysi einen Teilerfolg errungen. Der Sender hatte in einem Bericht behauptet, der heutige Linken-Fraktionschef habe zu DDR-Zeiten an die Stasi berichtet.
    Quelle: Tagesspiegel
  8. Need a Job? $17,000 an Hour. No Success Required.
    Nicholas Kristof von der New York Times schreibt über Vorstandsvergütungen:
    „I’m delighted to announce that Richard Fuld, the longtime chief of Lehman Brothers, is winner of my annual award for corporate rapacity and poor corporate governance.“
    Quelle 1: The New York Times

    NDS-Unterstützer Roger Strassburg hat den Text für uns übersetzt:
    Quelle 2: Übersetzung [PDF – 24 KB]

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