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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Ermitteln auf Verdacht
  2. DGB-Chef pocht auf höheres Rentenniveau
  3. Arbeitsmarkt: Deutschland zieht kaum Fachkräfte an
  4. Gesamtkonzernbesteuerung: eine Frage der Gerechtigkeit
  5. Alte Selbstanzeigen liefern Spuren zu neuen Steuerhinterziehern
  6. U.S. and EU Sanctions Are Punishing Ordinary Syrians and Crippling Aid Work, U.N. Report Reveals
  7. Gute Bombe, böse Bombe
  8. Afghanistan-Konferenz in Brüssel: Frisches Geld, leichtere Abschiebungen?
  9. Ungerechte Verteilung: Die meisten Flüchtlinge landen in armen Ländern
  10. 6000 Flüchtlinge gerettet – an einem Tag
  11. Saisonniers in der Schweiz sowie die Knechte und Mägde des 21. Jahrhunderts in Österreich
  12. CETA: Ein Dammbruch mit Vorsatz
  13. Eskalation mit Nuklearpotenzial
  14. Preisdruck lässt nicht nach: Studentenbuden werden immer teurer
  15. “Das Volk ist draußen und drinnen hat sich die Elite versammelt”
  16. Sahra Wagenknecht zu den Reaktionen auf das Streitgespräch zwischen ihr und Frauke Petry in der FAS
  17. Die unerhörte Selbstkrönung der Sahra W. – Anatomie einer Umdeutung
  18. Das Letzte: Der Rechtspopulismus ist ein temporäres Phänomen

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Ermitteln auf Verdacht
    Neue Weisung regelt Bußgeldverfahren gegen Hartz-IV-Bezieher. Demnach haben Jobcenter ähnliche Kompetenzen wie ein Staatsanwalt
    Wenn es darum geht, Hartz-IV-Bezieher umfassend zu bespitzeln, ist der Bundesagentur für Arbeit (BA) kein Aufwand zu hoch. Für die Bußgeldparagraphen 63 und 64 im Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) hat die Mammutbehörde nun 75 Seiten umfassende »Fachliche Hinweise« herausgegeben.
    Das Papier unter dem Titel »Das Bußgeldverfahren im SGB II«, vorausdatiert auf den 20. Oktober, veröffentlichte der Sozialrechtler Harald Thomé am Montag. Es belegt, wie akribisch und rigide Jobcenter mit dem am Existenzminimum Lebende ab einem Alter von 14 Jahren vorgehen – auch sogar gegen Menschen, die sicher oder vermutet in finanzieller Verbindung zu ersteren stehen. Dafür bedarf es einzig des Vorwurfs, mangelhaft »mitgewirkt« zu haben. Bemerkenswert ist, dass alles in einem Haus passiert: Sowohl die »Feststellung« des Verdachts, »ordnungswidrig« gehandelt zu haben, als auch weitere »Ermittlungen« und die Festsetzung der Geldbuße obliegen dem Jobcenter.
    Demnach sollen die für die Betroffenen zuständigen Sachbearbeiter »Verdachtsfälle« erkennen und an die hausinterne Bearbeitungsstelle für Ordnungswidrigkeiten (OWi) weiterleiten. Letztere soll von ersteren mit den Unterlagen des Klienten sowie monatlichen automatischen Datenabgleichen gefüttert werden. Überprüft werden dabei Konto- und Meldedaten sowie Geld- oder Postverkehre mit externen Behörden. Das können das Finanz- oder Grundbuchamt sein, die Kindergeldkasse oder die Rentenversicherung.
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung Christian Reimann: Diese neuen fachlichen Weisungen zum Bußgeldrecht sind hier zu finden. Sie sind Bestandteil des “Rechtsvereinfachungsgesetz“, was aber offensichtlich den Kontrollstaat gegenüber armen Mitmenschen ausweitet. Währenddessen warten nicht Wenige auf Ermittlung und Veröffentlichung der Verhältnisse von Reichen und Vermögenden.

  2. DGB-Chef pocht auf höheres Rentenniveau
    DGB-Chef Reiner Hoffmann fordert vor einem Spitzentreffen zur Rente Schritte gegen den Verfall des Rentenniveaus. „Unser Hauptanliegen ist es, das gesetzliche Rentenniveau zu stabilisieren“, sagte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. An diesem Dienstag kommen Spitzenvertreter von Gewerkschaften, Arbeitgebern und Sozialverbänden bei Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) in Berlin zu Beratungen über die Zukunft der gesetzlichen Rente zusammen.
    Vor wenigen Tagen waren neue Zahlen des Sozialministeriums bekannt geworden, nach denen das Rentenniveau von 47,8 auf 41,6 Prozent bis 2045 abnehmen dürfte. Das Verhältnis der Rente zum Durchschnittseinkommen sinkt also deutlicher als bisher bekannt. Hoffmann sagte, das Anliegen, diesen Trend zu stoppen, teile der DGB mit vielen anderen. „Die Rente bewegt die Menschen“, sagte er. „Die alte Frontstellung ist aufgebrochen, nach der ältere Menschen sich angeblich Pfründe sichern wollen und die Jüngeren bezahlen müssen.“
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung Christian Reimann: Es ist zu hoffen, dass der DGB – und insbesondere Herr Hoffmann – bei dieser Forderung nicht einknickt wie bei CETA im Umfeld des SPD-Konvents.

    dazu: Rentenniveau stabilisieren reicht nicht
    „Das Rentenniveau wurde im Jahr 2000 von SPD und Grünen in den Sinkflug geschickt. Den gilt es jetzt sofort zu stoppen“, erklärt Matthias W. Birkwald, rentenpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, zum heutigen Treffen des Rentendialogs, zu dem erneut keine Vertreter der Opposition eingeladen wurden. Birkwald weiter:
    „Eine Stabilisierung des aktuellen Rentenniveaus von 47,9 Prozent reicht überhaupt nicht aus, um jungen Menschen eine gute Perspektive für das Alter zu geben. 47,9 Prozent reichen auch keinesfalls aus, um Geringverdienenden ein sorgenfreies Leben im Alter zu ermöglichen. Und 47,9 Prozent reichen auch nicht, um Frauen die Chance auf eine eigenständige Alterssicherung zurückzugeben. Wenn die Rente wieder den Lebensstandard im Alter sichern soll, muss eine durchschnittliche Rente wieder mindestens 53 Prozent des durchschnittlichen Lohns betragen.
    Wenn Arbeitsministerin Andrea Nahles heute das Ende der Riesterrente verkünden würde, könnten durchschnittlich verdienende Beschäftigte mehr als 100 Euro zusätzlich pro Monat in die gesetzliche Rente stecken, statt sie Banken und Versicherungen hinterherzuwerfen. Der Staat würde jährlich mehr als drei Milliarden Euro einsparen, und die Arbeitgeber müssten sich endlich wieder paritätisch an der Finanzierung der gesetzlichen Rente beteiligen. Genau so wäre ein Rentenniveau von 53 Prozent auch finanzierbar – ohne Kapitalmärkte, ohne Versicherungskonzerne und ohne Banken.“
    Quelle: Die Linke. im Bundestag

  3. Arbeitsmarkt: Deutschland zieht kaum Fachkräfte an
    Fast 900.000 Asylsuchende kamen im Jahr 2015 an. Hochqualifizierte und Fachkräfte aber kommen nur wenige. Die Grünen fordern jährliche Quoten. […]
    Auch die Grünen sehen das so, sie haben daher nun ein Konzept für eine gezieltere Einwanderungspolitik erarbeitet. „Angesichts dieser Zahlen kann von einer bedarfsgerechten Einwanderung von Fachkräften keine Rede sein“, sagte ihre arbeitsmarktpolitische Sprecherin, Brigitte Pothmer, dieser Zeitung. An erster Stelle ihres „Fünf-Punkte-Plans“, der Einwanderung „verantwortungsvoll gestalten und nicht schlicht begrenzen“ soll, steht die Einrichtung einer Einwanderungskommission. Sie würde jährlich anhand des aktuell ermittelten Fachkräftebedarfs eine sogenannte Aufnahmequote festlegen. Damit würde für jedes Jahr beziffert, wie viele Hochqualifizierte und wie viele Fachkräfte jenseits von EU-Freizügigkeit und Asylmigration ins Land kommen können. […]
    Dass es weiter Bedarf an Fachkräften aus aller Welt geben wird, legen die Vorausberechnungen zur demographischen Entwicklung nahe. Sie lassen erwarten, dass die Gesamtzahl der Menschen im Erwerbsalter hierzulande auch bei einer auf Dauer angelegten Zuwanderung von jährlich 200 000 Personen bis in die 2030er Jahre immer noch um 5 Millionen oder rund ein Zehntel schrumpft. Entsprechendes gilt dann für Fachkräfte. Selbst wenn es in den nächsten Jahren gut gelingen sollte, eine große Zahl anerkannter Asylbewerber zu Fachkräften zu qualifizieren, bliebe daher noch eine erhebliche Lücke.
    Derzeit spiele Deutschland im Wettbewerb um die besten Köpfe „noch lange nicht in einer Liga“ mit Einwanderungsländern wie Kanada und den Vereinigten Staaten, betont Pothmer. Da sich jedoch gerade dieser Wettbewerb angesichts der Alterung auch in anderen Ländern noch verschärfen werde, sei es höchste Zeit, „offensiv um Hochqualifizierte und Fachkräfte zu werben“.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Bei dem furchtbar schlimmen Fachkräftemangel wundert man sich schon, dass die deutsche Wirtschaft so dermaßen brummt, extreme Außenhandelsüberschüsse erwirtschaftet und es uns Deutschen so gut geht… oder gibt es hier innere Widersprüche? Die Grünen wollen sich mal wieder beim Kapital einschleimen und für die geplante schwarz-grüne Bundesregierung “fit” machen. Wie kann man einen Fachkräftemangel diagnostizieren bei 5 Millionen Arbeitslosen, und solange die Gehälter in Deutschland so niedrig und schlicht international nicht konkurrenzfähig sind? Und warum verlassen aber viele Fachkräfte Deutschland in Richtung Schweiz, Großbritannien, Niederlande oder Skandinavien? Doch wohl hauptsächlich wegen der viel besseren Bezahlung und den deutlich besseren Arbeitsmarktchancen in den anderen Ländern. Warum kommt von den Grünen nicht die überfällige Forderung nach viel höheren Löhnen in Deutschland, z.B. in der Pflege oder im öffentlichen Dienst, was auch die wirtschaftliche Lage sofort verbessern würde – weil das der neoliberalen grünen Agenda diametral widerspricht?

  4. Gesamtkonzernbesteuerung: eine Frage der Gerechtigkeit
    Das Thema Steuerbetrug ist in aller Munde. Zahlreiche Aufdeckungsgeschichten des Netzwerkes investigativer JournalistInnen haben in den letzten Jahren die Machenschaften großer Konzerne und reicher Privatpersonen ans Licht der Öffentlichkeit gebracht und einen Sturm der Entrüstung nach sich gezogen. Dabei existiert das Problem bereits viel länger und fungiert seit Jahren wie ein schwarzes Loch in den Steuersystemen vieler Nationalstaaten. Die Leidtragenden sind die ArbeitnehmerInnen, KonsumentInnen und Klein- und Mittelunternehmen. Sie müssen die Steuerausfälle kompensieren, sind von Leistungskürzungen überproportional betroffen und – im Falle der KMU – mit unfairen Wettbewerbsbedingungen konfrontiert. Berücksichtigt man nun noch die Dimension des Problems – die Europäische Kommission geht davon aus, dass in der EU jedes Jahr etwa eine Billion Euro durch Steuerhinterziehung und -vermeidung verloren gehen – wird deutlich, dass das Thema zu einer der bedeutendsten Fragen der Gerechtigkeit avanciert ist.
    Quelle: Blog Arbeit & Wirtschaft
  5. Alte Selbstanzeigen liefern Spuren zu neuen Steuerhinterziehern
    Die Analyse alter Selbstanzeigen von Steuerbetrügern führt Steuerfahnder aus Wuppertal auf die Spur neuer Fälle.
    Im Fokus stehen nun Banken in Österreich, die dabei geholfen haben könnten, den deutschen Fiskus zu prellen.
    Das Land Nordrhein-Westfalen hat seit 2010 insgesamt 2,3 Milliarden Euro zusätzlich durch das Aufdecken von Steuerbetrügereien eingenommen.
    Die Walser Privatbank AG ist ein feines, kleines Geldhaus, das auf eine lange Geschichte im Kleinwalsertal in Österreich zurückblicken kann. “Hier gilt: Ein Wort ist ein Wort”, schreibt die Bank über sich und verkneift sich dabei hinter “gilt” das “noch”. In den Bergen muss sich einer auf den anderen verlassen können. Aber gilt eine solche Redewendung heutzutage noch? Klar, das Geldinstitut versprach immer schon “Nähe, Sicherheit, Augenhöhe”. Trotzdem waren sich einige Kunden der 1894 gegründeten Bank nicht mehr sicher. Sie hatten am deutschen Fiskus vorbei Geld ins Kleinwalsertal gebracht und als sie nervös wurden, verschickten sie Selbstanzeigen.
    Quelle: Süddeutsche
  6. U.S. and EU Sanctions Are Punishing Ordinary Syrians and Crippling Aid Work, U.N. Report Reveals
    Internal United Nations assessments obtained by The Intercept reveal that U.S. and European sanctions are punishing ordinary Syrians and crippling aid work during the largest humanitarian emergency since World War II.
    The sanctions and war have destabilized every sector of Syria’s economy, transforming a once self-sufficient country into an aid-dependent nation. But aid is hard to come by, with sanctions blocking access to blood safety equipment, medicines, medical devices, food, fuel, water pumps, spare parts for power plants, and more.
    In a 40-page internal assessment commissioned to analyze the humanitarian impact of the sanctions, the U.N. describes the U.S. and EU measures as “some of the most complicated and far-reaching sanctions regimes ever imposed.” Detailing a complex system of “unpredictable and time-consuming” financial restrictions and licensing requirements, the report finds that U.S. sanctions are exceptionally harsh “regarding provision of humanitarian aid.”
    U.S. sanctions on Syrian banks have made the transfer of funds into the country nearly impossible. Even when a transaction is legal, banks are reluctant to process funds related to Syria for risk of incurring violation fees. This has given rise to an unofficial and unregulated network of money exchanges that lacks transparency, making it easier for extremist groups like ISIS and al Qaeda to divert funds undetected. The difficulty of transferring money is also preventing aid groups from paying local staff and suppliers, which has “delayed or prevented the delivery of development assistance in both government and besieged areas,” according to the report.
    Quelle: The Intercept
  7. Gute Bombe, böse Bombe
    In Syrien findet gerade ein großes Menschheitsverbrechen statt – doch die Welt hat nichts Besseres zu tun, als “gute Bomben, böse Bomben” zu spielen. “Böse Bomben”, das sind jene, welche die Russen über dem Land abwerfen. Sie sind es, die Zivilisten töten und den wahlweise als “Diktator” oder “blutrünstigen Machthaber” titulierten syrischen Präsidenten Assad noch an der Macht halten. Die “guten Bomben” hingegen werden von den USA und ihren Verbündeten eingesetzt – treffen sie doch angeblich “nur” islamistische Terroristen. So einfach kann man sich – jedenfalls in den Augen der meisten westlichen Beobachter – die Welt zurechtzimmern. Hier die Guten, da die Bösen. Doch eine Lösung dieses Konflikts wird man auf diesem Weg nicht näherkommen. Es gibt Experten, die davon ausgehen, dass inzwischen 230 verschiedene Gruppierungen in Syrien aktiv sind. Das Spektrum reicht von unbewaffneten Oppositionellen bis hin zu den Extremisten des sogenannten “Islamischen Staates”. Hinzu kommen mindestens zwei sich gegenseitig überlagernde Stellvertreterkriege, in denen globale Mächte wie die USA, Russland und China mitmischen, aber auch die Regionalmächte Iran, Saudi-Arabien und Türkei. Und selbst europäische Staaten wie Frankreich und Deutschland sind inzwischen über eine völkerrechtlich fragwürdige “Anti-IS-Mission” involviert. Und gerade der gestrige erste Jahrestag des militärischen Eingreifens Russlands wäre ein guter Anlass gewesen, nach den strategischen Zielen Moskaus zu fragen. Wer sich von der vereinfachenden Schwarz-Weiß-Rhetorik verabschiedet, der erkennt schnell, dass es Russland um genau zwei Dinge geht: um den Erhalt seiner einzigen Marinebasis im Mittelmeer im syrischen Tartus und um die Begrenzung des Einflusses der USA in Nahost.
    Quelle: Nürnberger Nachrichten

    Anmerkung unseres Lesers G.G.: Solche journalistischen Leistungen machen Mut, dass die “Meinungsmache” der Leitmedien doch nicht den endgültigen Sieg erringt.

  8. Afghanistan-Konferenz in Brüssel: Frisches Geld, leichtere Abschiebungen?
    Dass Afghanistan am Tropf der internationalen Gemeinschaft hängt und ohne diese lebenserhaltenden Maßnahmen zusammenbräche, ist kein Geheimnis. Umso wichtiger, dass in Brüssel die Geldzufuhr für die kommenden vier Jahre gesichert wird. Dass die Zuwendungen “genauso oder ähnlich hoch ausfallen wie derzeit”, erwartet der afghanische Finanzminister Eklil Ahmed Hakimi. Ob das aber wirklich alles reichen wird, um das Land vor dem Rückfall ins Chaos zu bewahren, ist die große Frage: “Die Taliban haben ein größeres Gebiet unter ihrer Kontrolle als 2011. Man muss von einer Ausdehnung des Einflusses der Extremisten sprechen”, warnt die außenpolitische Sprecherin der Grünen im EU-Parlament, Barbara Lochbihler.
    Laut den Vereinten Nationen wird Afghanistan für Zivilisten immer gefährlicher. 2015 gelang es den Taliban, ausgerechnet die Provinzhauptstadt Kundus, einen ehemaligen Bundeswehrstandort, zu überrennen und tagelang zu beherrschen. Jetzt, ziemlich genau ein Jahr später, drangen sie erneut ins Stadtzentrum vor. Trotz allem versuche die EU, die afghanische Regierung zur Rücknahme von Flüchtlingen zu bewegen, kritisiert Lochbihler im ARD-Hörfunkinterview: “Das sind mehr als Hinterzimmer-Gespräche. Man will organisieren, dass die Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern umgesetzt wird.”
    Quelle: Tagesschau

    dazu: “Es ist nicht so, dass man in Afghanistan nicht leben kann”
    Der CDU-Europaabgeordnete Michael Gahler hat die geplante Abschiebung afghanischer Flüchtlinge aus der EU verteidigt. Seitens der afghanischen Regierung drohe den Menschen keine Gefährdung, sagte er im DLF. Damit halte man das Kriterium der Genfer Flüchtlingskonvention ein.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung André Tautenhahn: Was für ein billiger Trick. Seitens der afghanischen Regierung droht den Menschen keine Gefährdung. Nur leider kann ebendiese Regierung auch nicht für die Sicherheit der Menschen garantieren. Ein Blick auf die Seite des Auswärtigen Amtes ist deshalb zu empfehlen. Da steht:

    Vor Reisen nach Afghanistan wird dringend gewarnt. Wer dennoch reist, muss sich der Gefährdung durch terroristisch oder kriminell motivierte Gewaltakte bewusst sein. […] Der Aufenthalt in weiten Teilen des Landes bleibt gefährlich. Jeder längerfristige Aufenthalt ist mit zusätzlichen Risiken behaftet. Bereits bei der Planung des Aufenthaltes sollten die Sicherheitslage und die daraus resultierenden Bewegungseinschränkungen beachtet werden. Zudem sollte der Aufenthalt auf der Basis eines tragfähigen professionellen Sicherheitskonzepts durchgeführt werden. […]

    In ganz Afghanistan besteht ein hohes Risiko, Opfer einer Entführung oder eines Gewaltverbrechens zu werden. Landesweit, auch in der Hauptstadt Kabul kann es zu Attentaten, Überfällen, Entführungen und andere Gewaltverbrechen kommen. Im Januar 2016 gab es in unmittelbarer Nähe des Flughafens Kabul eine heftige Detonation, bei der über 50 Zivilisten verletzt wurden. Im April 2016 wurden bei einem Anschlag gegen ein Regierungsgebäude in Kabul 80 Menschen getötet und über 340 teilweise schwer verletzt. Nach dem Ende der internationalen militärischen Unterstützungsmission ISAF haben die afghanischen Sicherheitskräfte landesweit die Sicherheitsverantwortung übernommen, sehen sich jedoch einer starken Insurgenz gegenüber und haben die Lage nicht überall unter Kontrolle. […]

  9. Ungerechte Verteilung: Die meisten Flüchtlinge landen in armen Ländern
    Über die Hälfte aller Flüchtlinge lebe in nur zehn Staaten, und die reichen Länder würden ihrer Verantwortung nicht gerecht, mahnt Amnesty International. Deutschland sei eine positive Ausnahme. Amnesty International hat die reichen Länder aufgefordert, deutlich mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Nur zehn vorwiegend arme Länder nehmen nach einem an diesem Dienstag vorgelegten Bericht der Menschenrechtsorganisation mehr als die Hälfte aller Flüchtlinge weltweit auf. Unter diesen Ländern ist kein einziges EU-Mitglied und kein Staat aus der Gruppe der sieben führenden Industrieländer (G-7). Zuflucht fanden die meisten Menschen stattdessen im Nahen Osten, Afrika, Asien und der Türkei – in Ländern, die direkt an Konfliktgebiete angrenzen und zusammen für gerade einmal 2,5 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung stehen.
    Quelle: FAZ
  10. 6000 Flüchtlinge gerettet – an einem Tag
    Bei einem internationalen Rettungseinsatz vor der libyschen Küste sind mehr als 6000 Flüchtlinge gerettet worden – an einem einzigen Tag. Nach Angaben der italienischen Küstenwache hatten sich die Menschen auf rund 40 Booten in Richtung Europa auf den Weg gemacht. Vor der libyschen Küste sind an einem einzigen Tag mehr als 6000 Flüchtlinge gerettet worden. Die italienische Küstenwache teilte mit, die Menschen seien auf rund 40 Schlauch- und Fischerbooten sowie Flößen unterwegs gewesen. Neun Menschen hätten nur noch tot geborgen werden können. An dem Einsatz waren drei Schiffe der Küstenwache, zwei der italienischen Marine, je eines der EU-Mission Eunavformed und der Grenzschutzagentur Frontex sowie Schiffe diverser Hilfsorganisationen beteiligt.
    Quelle: Tagesschau
  11. Saisonniers in der Schweiz sowie die Knechte und Mägde des 21. Jahrhunderts in Österreich
    Die Schweiz möchte von europäischer Freizügigkeit nichts mehr wissen und Zuwanderung begrenzen, fürchtet zugleich aber um billige Arbeitskräfte. Ähnliches in Österreich. Die Ausbeutung von Migrantinnen und Migranten scheint in beiden Ländern weit verbreitet. Stefan Sell mit einem Überblick über aktuelle Diskussionen in Österreich und der Schweiz sowie mit einem kurzen Blick auf Deutschland (Red.)
    Bekanntlich hat sich die Schweiz hinsichtlich der Zuwanderung in eine Situation manövriert, die man als eine mehrfache Bredouille beschreiben muss. Die Schweizerische Volkspartei (SVP) hatte im Juli 2011 im Vorfeld der damaligen Schweizer Parlamentswahlen die eidgenössische Volksinitiative “Gegen Masseneinwanderung” lanciert und ihren Wahlkampf unter das Thema “Masseneinwanderung stoppen!” gestellt. Am 9. Februar 2014 haben Volk und Stände die Initiative angenommen. Und seitdem haben die Regierungsverantwortlichen in den Schweizer Bergen eine Menge Stress, denn: Die Initiative beauftragt den Gesetzgeber, die Zuwanderung von Ausländern in die Schweiz durch jährliche Höchstzahlen und Kontingente, die sich nach den gesamtwirtschaftlichen Interessen der Schweiz richten, zu begrenzen. Sie verlangt auch die Änderung dem widersprechender Staatsverträge, also namentlich der bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der EU, welche die Personenfreizügigkeit vorsehen. Nur gibt es seitens der EU, was die vereinbarte Personenfreizügigkeit angeht, derzeit kein erkennbares Entgegenkommen, was angesichts der zwischenzeitlich erfolgten Breit-Abstimmung in Großbritannien und den anstehenden Ausstieg aus der EU auch nicht zu erwarten ist.
    Quelle: Stefan Sell auf annotazioni
  12. CETA: Ein Dammbruch mit Vorsatz
    Bei CETA geht es nur zweitrangig um Kanada. Denn – soweit sind sich BefürworterInnen und GegnerInnen einig – mit der CETA-Debatte wird die Zukunft der europäischen Handelspolitik bestimmt. Während die nächsten Abkommen schon in den Startlöchern stehen, sind die Folgen für staatliche Handlungsfähigkeit möglicherweise verheerend.
    Die zuständige EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström hat es leicht, wenn sie sagt „Wer sollte mit uns Handel treiben, wenn wir nicht einmal mit Kanada ein Abkommen zustande bekommen?“ Denn Kanada, das ist das Land der Elche, Mounties und Ahornblätter und nicht jenes des Raubtierkapitalismus und der Billigprodukte. Doch der Eindruck täuscht: CETA ist das erste Abkommen der neuen Generation, das radikal mit (mehr oder weniger) bewährten Praktiken der alten Handelspolitik bricht – zu Gunsten multinationaler Konzerne und zu Lasten der Staaten. Sollte CETA tatsächlich zum Vorbild für weitere Abkommen werden, wäre es multinationalen Konzernen und ihren HelferInnen tatsächlich gelungen, den staatlichen Möglichkeiten, Fehlentwicklungen zu korrigieren, einen schweren Schlag zu versetzen.
    Quelle: blog.arbeit-wrtschaft.at
  13. Eskalation mit Nuklearpotenzial
    Berliner Regierungsberater und Außenpolitik-Experten warnen vor einer weiteren Zuspitzung der NATO-Eskalationspolitik gegenüber Russland. Im Hinblick auf die gefährlichen Zwischenfälle bei militärischen Flugmanövern beispielsweise über der Ostsee führe “früher oder später” an “einem Umgang miteinander kein Weg vorbei”, erklärt ein hochrangiger NATO-Funktionär in der führenden Zeitschrift des deutschen Außenpolitik-Establishments. Man müsse Sorge dafür tragen, dass der Machtkampf zwischen der NATO und Russland “sich nicht zu einem Großkonflikt auswächst”, warnt ein renommierter russischer Experte eines US-Think-Tanks: Der Machtkampf sei zwar “keineswegs trivial”, doch sei er “einen europäischen Krieg … zweifellos nicht wert”. Auch die vom Kanzleramt finanzierte Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) dringt darauf, in Abkehr vom bisherigen langfristigen Kurs insbesondere der USA nicht nur Russland, sondern auch China “Einflusssphären” in ihrem jeweiligen regionalen Umfeld einzuräumen – “zur Vermeidung von Kriegsrisiken”. Die SWP weist auf die nukleare Komponente des Konflikts hin – und warnt, auf lange Sicht sei die Stationierung landgestützter nuklearer Mittelstreckenraketen in Europa nicht mehr auszuschließen.
    Quelle: German Foreign Policy
  14. Preisdruck lässt nicht nach: Studentenbuden werden immer teurer
    Mit dem Zustrom an die Unis steigen auch die Mieten für Studenten. Senioren und Berufsanfänger konkurrieren mit ihnen um günstige Appartements. Eine Studie hat untersucht, wo die Preise am schnellsten steigen.
    Wer sich in diesem Semester aus dem Elternhaus zum Studium aufmacht, muss für die erste eigene Wohnung mehr Miete zahlen als noch vor ein paar Jahren. “In Berlin sind die Preissteigerungen sehr stark”, erklärt Michael Voigtländer, der eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) im Auftrag des Deutschen Real Estate Funds geleitet hat. Gut 37 Prozent mehr Miete mussten Hochschüler 2016 in der Hauptstadt hinlegen als noch vor sechs Jahren. Für die Studie verglichen die Forscher die Mietpreisdynamik von Durchschnitts-Studentenbuden zwischen 2010 und 2016 in 15 Groß- und Universitätsstädten.
    Spitzenreiter sind dabei Berlin, München und Stuttgart. Aber auch im kleineren Osnabrück müssen Studenten mehr für ihre Wohnung zahlen als früher. Weniger stark stiegen die Mieten unter anderem in Siegen, Bonn und Heidelberg.
    Quelle: n-tv

    dazu: Schampus und Cashflow für Vermieter: Wohnungsnot verschärft sich weiter
    Deutschlands Hochschulstädte plagt akute Wohnungsknappheit. Wer als Student viel Geld hat, zieht ins Nobelapartment, wer nicht, muss sehen, wo er bleibt. Während der Mangel an staatlichen Heimplätzen die Preise nach oben treibt, herrscht Goldgräberstimmung in der Immobilienwirtschaft. Die Politik tut nach wie vor zu wenig. Nur einfach Wohnen ist öde. Heute macht Student auf „Living cum laude“. Das heiße so viel wie „Wohnen und noch viel mehr als das“, erfährt man auf der Webseite von THE FIZZ, einem der aufstrebenden Player auf dem Wachstumsmarkt „Studentisches Wohnen“. Wer bloß in der Bude abhängen und büffeln will, ist hier fehl am Platz. Ihre Wohnheime seien „pulsierende und kreative Begegnungsstätten, die einen einzigartigen Zugang zu einer smarten, internationalen Studentengemeinschaft verschaffen und Raum für neues Denken eröffnen“, werben die Macher und weiter: FIZZ stehe für „Weltoffenheit, Toleranz und Integration“ sowie eine „offene, kosmopolitische und inspirierende Atmosphäre“. FIZZ kann im Englischen auch „Schampus“ bedeuten und der steigt bekanntlich zu Kopf.
    Quelle: Studis Online

  15. “Das Volk ist draußen und drinnen hat sich die Elite versammelt”
    “Ich sehe 14 gut gekleidete, festlich gekleidete, gutgelaunte Menschen auf einer Tribüne, die mit Gold verziert ist, also eine sehr repräsentative Situation. Mich erinnert das an alte Bilder von Velasquez oder auch von Menzel, wo ja allerdings die Eliten immer, die ganz oben sind, gezeigt wurden – nicht immer nur mit ihrer Maske, sondern auch so ein bisschen verräterisch das Ganze”, schildert Greffrath die abgebildetete Szene und fasst zusammen: “Das Volk ist draußen und drinnen hat sich die Elite versammelt.”
    Quelle: Deutschlandradio Kultur
  16. Sahra Wagenknecht zu den Reaktionen auf das Streitgespräch zwischen ihr und Frauke Petry in der FAS
    In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung ist dieses Wochenende ein Streitgespräch zwischen Frauke Petry und mir erschienen. Seither echauffieren sich diverse Medien über angebliche Gemeinsamkeiten von Petry und mir, die in dem Interview deutlich würden. Spiegel Online etwa findet es skandalös, dass wir beide Merkel kritisieren und TTIP und CETA ablehnen. Zeit online missfällt, dass ich bei Petry Zustimmung ernte, als ich die EU als undemokratisch bezeichne, mich gegen die Rettung der Deutschen Bank auf Steuerzahlerkosten ausspreche und außerdem sage, dass Integration nur gelingen kann, wenn die Politik “die nötigen Voraussetzungen” schafft, also vor allem Wohnungen und Arbeitsplätze. Den Gipfel an Denunziation allerdings leistet sich die taz, die in einem Artikel unter der Überschrift “Rechtes Konsensgespräch” sogar in meiner Forderung, “Menschen in Not dort zu helfen, wo sich die meisten Notleidenden ohnehin befinden: in den Herkunftsländern und in den angrenzenden Regionen“ eine lupenreine AfD-Position wittert. Manchmal hat man wirklich das Gefühl, im falschen Film zu sitzen. Die Empfehlung dieser Journalisten an die Linke ist also offenbar: Merkel nicht mehr zu kritisieren, Junckers EU als demokratisches und soziales Projekt abzufeiern, sich für CETA und TTIP zu begeistern und sich außerdem um die hundserbärmliche soziale Situation in den Herkunftsländern der Flüchtlinge einen Dreck zu scheren. Also kurz gesagt: sich dem großen neoliberalen Konsens von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen anzuschließen und jeden, der diese unverantwortliche Politik nicht mittragen will, sich selbst oder der AfD zu überlassen. Klar, wer will, dass die Linke verschwindet und die AfD noch stärker wird, der mag das für eine tolle Idee halten. Ich möchte beides nicht, und ich finde auch nicht, dass wir nötig haben, die Auseinandersetzung mit der AfD zu scheuen: weder in der Flüchtlingspolitik noch in der Sozialpolitik oder auf anderen Gebieten. Es gibt da nämlich genau besehen überhaupt “keine Überschneidungen”, wie ich auch in der FAS klar mache. Denn: “Die AfD ist für einen schwachen Sozialstaat, niedrige Löhne und Renten, ein ungerechtes Steuersystem und ist nationalistisch und in Teilen rassistisch.” Diese Passage wie andere, in denen die Unterschiede deutlich werden, hat freilich keiner der Journalisten in ihren diffamierenden Artikeln zitiert. Aber macht euch selbst ein Bild. http://www.sahra-wagenknecht.de/de/article/2432.streitgespr%C3%A4ch-zwischen-sahra-wagenknecht-und-frauke-petry.html
    Quelle 1: Sahra Wagenknecht via Facebook
    Quelle 2: Das Streitgespräch zwischen Sahra Wagenknecht und Frauke Petry in FAS vom 2.10.

    dazu: Rechter Schmieren-Journalismus
    Seit langem läuft in der neoliberalen Kampfpresse eine Kampagne mit dem Ziel, DIE LINKE in die Nähe der AfD zu rücken. Als ich Vorsitzender der Partei DIE LINKE war, griff der Vorstandsvorsitzende des Springer-Konzerns, Matthias Döpfner, persönlich zur Feder, um mir rechtes Gedankengut „nachzuweisen“.
    An dieser Kampagne beteiligt sich, wen wundert’s, selbstverständlich die neoliberale Taz, die wie die Grünen Kriege und Sozialabbau befürwortet. Unter der Überschrift „Ein rechtes Konsensgespräch“ kommentiert die Taz-Redakteurin Ulrike Herrmann ein Streitgespräch zwischen Sahra Wagenknecht und Frauke Petry in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS).
    Um den „Konsens“ von Wagenknecht und Petry zu beweisen, schreibt die Taz-Redakteurin: „Die AfD versucht bekanntlich zu punkten, indem sie den Zuzug von Flüchtlingen ablehnt. Auch Wagenknecht findet, dass ‘entscheidend’ sei, ‘Menschen in Not dort zu helfen, wo sich die meisten Notleidenden ohnehin befinden: in den Herkunftsländern und in den angrenzenden Regionen.’“ Petry, so Ulrike Hermann, ist begeistert und sagt: „Damit haben Sie gerade AfD-Positionen referiert, Frau Wagenknecht.“ Dass Sahra Wagenknecht diese durchsichtigen Umarmungsversuche Petrys mehrfach zurückweist, die fundamental unterschiedlichen Positionen zum Asylrecht thematisiert und Äußerungen Gaulands zur Zuwanderung als menschenverachtend bezeichnet, ist der Taz-Redakteurin keine Erwähnung wert.
    Der Kommentar von Ulrike Herrmann zu Wagenknechts Forderung, den Noteidenden vor Ort zu helfen, entlarvt die Taz-Redakteurin auf beschämende Weise. Zunächst müsste sie wissen, dass noch nie ein AfD-Politiker gefordert hat, die Hilfen für die notleidenden Menschen in den Herkunftsländern und in den angrenzenden Regionen aufzustocken. Wagenknecht vertritt hier eine dezidiert linke Position. Der von den Grünen für das Amt des Bundespräsidenten gehandelte Schriftsteller Navid Kermani schreibt dazu: „Es ist möglich, eine gemeinsame europäische Flüchtlingspolitik zu entwickeln, die Grenzen schützt, Lasten verteilt und den wirklich Bedürftigen Schutz gewährt, statt eine Auslese der physisch Stärkeren zu betreiben, also vorzugsweise jungen alleinstehenden Männern, weil diese die Gefahren und Strapazen der irregulären Routen am ehesten überstehen.“
    Noch deutlicher wird der SPD-Politiker und Theologe Prof. Dr. Richard Schröder: „Nach Europa gelangen nicht die Ärmsten. Denen kann notabene nur vor Ort geholfen werden. Sie können die tausende Euro, die Schlepper verlangen, gar nicht aufbringen.“
    Offensichtlich hat die Taz-Redakteurin noch nie darüber nachgedacht, dass es viel wirkungsvoller und gerechter wäre, den Hungernden in den Lagern und in den Elendsgebieten zu helfen.
    „Allein bei der Sozial- und Steuerpolitik“, behauptet die Taz-Redakteurin, „zeigen sich deutliche Differenzen.“ Dass es sich hier um den Markenkern jeder linken Politik handelt und um die entscheidende Abgrenzung zu den neoliberalen Einheitsparteien CDU, CSU, SPD, FDP und Grünen, zu denen sich auch was die Sozial- und Steuerpolitik angeht die AfD gesellt, fällt der Taz-Redakteurin gar nicht auf. Da sie in den Konsens der neoliberalen Parteien eingebunden ist, wird sie auch zukünftig nicht zwischen rechts und links unterscheiden können.
    Quelle: Oskar Lafontaine via Facebook

    dazu auch: Die heimliche Klammer zwischen ganz rechts und ganz links
    in Doppelinterview mit Rechtspopulistin Petry und Linken-Fraktionschefin Wagenknecht zeigt, wie sehr sich linker und rechter Rand angenähert haben. Die Gemeinsamkeiten sind groß – und gefährlich.
    Quelle: Süddeutsche

    Anmerkung JK: Weiter geht die Hetze gegen Sahra Wagenknecht. Diesmal in der SZ. Der Kern ist, wie bereits gesagt, jede Kritik an der neoliberalen Politik der Mitte soll sofort kompromittiert werden. Derartige Diffamierungen schaden primär der LINKEN und genauso ist es gewollt. AfD-Anhänger dürften sich an einem gemeinsamen Interview Petrys mit Wagenknecht sowieso kaum reiben und die AfD so oder so wählen. Hier von Meinungsmache der “Qualitätsmedien” zu reden, kann natürlich nur wieder bösartig sein.
    Ein weiterer Aspekt: Sahra Wagenknecht ist das größte Hindernis einer Neoliberalisierung der LINKEN und einer rot-rot-grünen Koalition. Auch wenn man rot-rot-grün als politische Option möchte, sollte man bedenken, dass es sich bei der SPD und den Grünen inzwischen um durch und durch neoliberale Parteien handelt.

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  17. Die unerhörte Selbstkrönung der Sahra W. – Anatomie einer Umdeutung
    Sahra Wagenknecht nutzt ihre Talkshow-Popularität aus, um sich ohne Rücksicht auf den Zeitplan des Parteivorstands selbst als Spitzenkandidatin der Linken zu nominieren. Gegen diese parteischädigende Egomanie regt sich Widerstand aufrechter Parteifunktionäre. Das erfahren wir beinahe gleichlautend aus allen Medien, von der linken Junge Welt bis zu Spiegel Online. Mit den tatsächlichen Abläufen hat das ganz wenig zu tun. Wie konnten nur fast alle Medien gleichzeitig so versagen? Eine Spurensuche.
    Quelle: Norbert Häring
  18. Das Letzte: Der Rechtspopulismus ist ein temporäres Phänomen
    Den Deutschen gehe es zu gut, deshalb seien viele Bürger gegen Ceta und TTIP, sagt der Ökonom Marcel Fratzscher. In Schiedsgerichten sieht er kein Problem – im Gegenteil.
    ZEIT ONLINE: Müssen wir unseren Wohlstand mit anonymen Schiedsgerichten in Washington sichern?
    Fratzscher: Wir sind eine der offensten Volkswirtschaften der Welt. Wir haben wie kaum ein anderes Land vom Freihandel profitiert. Das müssen wir verteidigen. Die Chinesen, die Inder holen mit großen Schritten auf und werden zu echten Wettbewerbern für deutsche Unternehmen. Darum muss das Ziel aus einer rein deutschen Perspektive sein: Wie können wir diese sehr starke Marktposition sichern? Wie können wir sichern, dass die hohen Löhne und die guten Jobs bleiben, die in den Exportsektoren tatsächlich existieren? Wie können wir garantieren, dass das nicht nur in zwei, sondern auch noch in zwanzig Jahren so ist?
    ZEIT ONLINE: Noch mal: Warum braucht man dazu Schiedsgerichte?
    Fratzscher: Wir brauchen gemeinsame Standards mit den Amerikanern und globale Institutionen, die über die Einhaltung dieser Standards wachen. TTIP ist für mich weniger eine Frage eines singulären bilateralen Abkommens, sondern des globalen Wettbewerbs. Die Frage ist: Wer setzt die globalen Standards, wie ein Produkt auszusehen hat?
    ZEIT ONLINE: Kritiker sagen: Die Schiedsgerichte dienen allein den Großkonzernen, kleine Unternehmen haben weder die Möglichkeit noch das Geld, in Washington zu klagen. Außerdem würde multinationalen Konzernen die Möglichkeit eröffnet, Politik in ihrem Sinne zu beeinflussen.
    Fratzscher: Schiedsgerichte gibt es seit Jahrzehnten in einer Vielzahl von Handelsabkommen. Sie sollen frei von politischen und unternehmerischen Einflüssen entscheiden. Und sie helfen dabei, dass nationale Gerichte nicht zwischen den Interessen heimischer und ausländischer Unternehmen unterscheiden müssen und vielleicht am Ende nicht vollständig neutral sind.
    ZEIT ONLINE: Das hört sich fast so an, als ob wir Schiedsgerichte bräuchten, weil unsere Rechtssysteme nicht funktionierten.
    Fratzscher: So weit würde ich nicht gehen. Aber Schiedsgerichte sollen Sicherheit schaffen, es geht um Vertrauen. In Europa haben wir beispielsweise 28 verschiedene Rechtssysteme und darüber den Europäischen Gerichtshof. Wenn ein Unternehmen weiß, dass es noch eine unabhängige supranationale Klageinstanz gibt, schafft das notwendige Sicherheit.
    Eine solche Institution, die auf hochkomplexe Fragen spezialisiert ist, kann Entscheidungen viel schneller fällen. Wenn Verfahren ewig dauern, kann das gravierende betriebswirtschaftliche Konsequenzen haben. Schiedsgerichte unterwandern nicht die Demokratie und auch nicht den Rechtsstaat.
    Quelle: Zeit Online

    Anmerkung JK: Die Apologetik des Herren Fratzscher ist bodenlos. Ausnahmsweise hakt der Interviewer bei den Schiedsgerichten nach und Fratzscher schafft es nur hohle Phrasen abzusondern. Er versteigt sich sogar zu der Feststellung nur geheime Schiedsgerichte, die in keiner Weise rechtsstaatlichen Prinzipien entsprechen, würden den Unternehmen Rechtssicherheit gewähren. Ein Beispiel: Ein Staat erlässt Umweltschutzauflagen gegen ein Minenprojekt eines Bergbaukonzerns, so kann dieser klagen, da dadurch ja seine Investitionen bzw. die erwartete Rendite bedroht wäre, dabei ist es völlig egal ob die Umweltvorschriften durch den Beschluss eines nationalen Parlaments erlassen wurden. Durch die geheimen Schiedsgerichte können demokratisch legitimierte Regelungen und Gesetzte einfach ausgehebelt werden. Insgesamt ist die Zahl von Investor-Staat-Klagen in den letzten Jahren rasant gestiegen. Waren es 2001 noch keine 100 Fälle, so wurden im Jahr 2013 bereits über 560 Verfahren registriert. Klar ist auch weshalb. Das verklagen von Staaten ist ein sehr lukratives Geschäft, explizit für die daran beteiligten und hauptsächlich in den USA ansässigen Großkanzleien, die praktischerweise sowohl Anwälte als auch Schiedsrichter stellen. Dieses Geschäft geht sogar soweit, dass diese Kanzleien die Vorfinanzierung von Klagen anbieten. Die Unterwanderung des europäischen Rechtsstaates durch die geheimen Schiedsgerichte will der Herr Fratzscher also tatsächlich als Rechtssicherheit verkaufen. Dies manifestiert ein äußerst seltsames Rechts- und Demokratieverständnis.
    Über den grenzenlosen Zynismus, dass “es uns gerade zu gut” geht, muss man sich nicht weiter äußern. Der Witz dabei, an gleicher Stelle hat Fratzscher schon einmal ganz andere Statements abgegeben: Wer unten ist, bleibt unten.

    zu den Schiedsgerichten: Im Namen des Geldes