Hinweise des Tages

Ein Artikel von:

(KR/AM)
Heute unter anderem zu diesen Themen:

  • Was kostet die Rettung der Welt?
  • Unternehmen ringen um Refinanzierung
  • Finanzmarktkrise bringt deutsche Werften in Not
  • Koalition zankt über 100-Euro-Bonus für die Kinder von Hartz-IV-Empfängern
  • Die Rebellion der SPD gegen Schäubles BKA-Gesetz war wertlos
  • Sozialbeirat fordert mehr Bildung über Altersvorsorge – Kampagnen der Deutschen Rentenversicherung werden als “wertvolle Ansätze” gelobt
  • Auf Biegen und Brechen
  • Medienunternehmen: Die Krise als Ausrede
  • Krebs-Impfung: Eine gefährliche Illusion
  • Jeder zweite Hedge-Fund dürfte untergehen
  • Berlin: Senat will Monopol der Gasag brechen
  • Justiz-Irrtum zu Zumwinkels Gunsten
  • McJobs: Berlin zeigt, wo’s langgeht
  • Schweiz: Stunde der Wahrheit in Sachen Pensionskasse
  • Demokratie hat mit Verantwortung zu tun – Warum die Eliten Hans-Werner Sinn keine Sozialnachhilfe angedeihen lassen
  • Weihnachtsgeschenk für französische Obdachlose – mit mehrjähriger Verspätung
  • Die CDU und der vergessene Pakt mit dem Teufel
  • Erbschaftssteuerreform: Schöne Bescherung
  • China brüskiert die EU
  • Staaten ächten Streubomben

Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Was kostet die Rettung der Welt?
    Milliardenkredite für Amerikas Autokonzerne könnten nur der Anfang sein. Denn obwohl die US-Regierung der heimischen Wirtschaft bereits acht Billionen Dollar Staatshilfen zugesagt hat, warnt Nobelpreisträger Krugman: Der Staat müsse soviel ausgeben, wie er managen könne – sonst drohen Armut und Arbeitslosigkeit.
    Quelle: Handelsblatt
  2. Unternehmen ringen um Refinanzierung
    Ausgetrocknete Kapitalmärkte und die globale Rezession verschärfen die Kapitalnot der Unternehmen. Viele können ihre Schulden nicht bedienen und verhandeln verzweifelt mit ihren Gläubigern – vor allem Firmen im Besitz von Finanzinvestoren sind bedroht. Die zahlreichen Neuverhandlungen zeigen auf, wie stark die Rezession in vielen Ländern Unternehmen in existenzielle Schwierigkeiten bringt. Dabei wächst die Gefahr einer Kettenreaktion: Können die Firmen ihre Verbindlichkeiten nicht mehr begleichen, dann geraten insbesondere Banken und Private-Equity-Gesellschaften in den Abwärtsstrudel. Sie sind wichtige Gläubiger und könnten selbst in Zahlungsschwierigkeiten kommen.
    Wie groß der Einsatz der Kapitalgeber ist, der auf dem Spiel steht, lässt sich über den Anleihemarkt abschätzen. Die Summe der Verbindlichkeiten, die im kommenden Jahr refinanziert werden müssen, ist enorm. Nach Angaben von Barclays Capital werden 2009 in den USA 1600 Mrd. $ an Unternehmensanleihen fällig. Das sind neun Prozent des ausstehenden Volumens. In Europa sind es 17 Prozent oder 1600 Mrd. $, in Asien ebenfalls 17 Prozent oder 5700 Mrd. $. Rechnet man staatliche Gesellschaften heraus, muss die Unternehmenswelt in den nächsten vier Quartalen 466 Mrd. $ an Bonds zurückzahlen. Davon entfallen allein 269 Mrd. $ auf den Finanzsektor. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass nicht alle Verbindlichkeiten zurückgezahlt werden können. Angesichts der Refinanzierungsschwierigkeiten über den Kapitalmarkt und des weltweiten wirtschaftlichen Abschwungs wächst die Insolvenzgefahr. Die Ratingagentur Moody’s geht davon aus, dass die Ausfallrate in den USA von derzeit 3,3 Prozent auf 10,2 Prozent im kommenden Jahr steigen wird.
    Noch schlimmer wird die Situation bei den Unternehmen eingeschätzt, die Ziel einer schuldenfinanzierten Übernahme – Leveraged Buyout (LBO) genannt – waren. Sie ächzen unter hohen Verbindlichkeiten. Moody’s geht davon aus, dass die Ausfallrate von 10,2 Prozent im September auf 35,1 Prozent im Jahr 2013 steigen könnte.
    Peter Jaffe, Leiter Restrukturierung bei JP Morgan, hält es für möglich, dass bei der Hälfte aller in den vergangenen drei Jahren abschlossenen LBOs Schwierigkeiten auftreten. “Die Unternehmen haben zu viele Schulden. Der wirtschaftliche Ausblick ist düster, Kredite gibt es keine mehr”, sagte Jaffe auf der Debt-Brief-Konferenz in New York.
    Quelle: FTD

    Kommentar AM: Wo ist denn nun all das angeblich um die Welt schwappende, nach rentablen Anlagemöglichkeiten suchende Geld?

  3. Jeder zweite Hedge-Fund dürfte untergehen
    Hedge-Funds haben bis dato ein desaströses Jahr 2008 hinter sich, das wohl als das schlechteste Jahr überhaupt in Erinnerung bleiben wird. Bis Ende Oktober fiel der HFR-Index für Dach-Hedge-Funds um sage und schreibe 18,7%. Das ist zwar immer noch besser als der Weltaktienindex, der, in Dollars gerechnet, um 36,4% abstürzte. Doch für die Hedge-Funds-Branche, die ihren Kunden über Jahre vollmundig absolut gesehen stets positive Renditen versprach, ist die Performance eine absolute Katastrophe. Und die Krise ist längst noch nicht ausgestanden.
    Quelle: NZZ
  4. Finanzmarktkrise bringt deutsche Werften in Not
    Für mehr als ein Viertel der in den Auftragsbüchern stehenden 192 Schiffe ist die Endfinanzierung zurzeit nicht gesichert, wie der Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSM) erklärte. Zudem würden die Werften von den Banken kaum Kredite zur Zwischenfinanzierung erhalten. Die Bundesregierung will den Engpass im Rahmen ihres 15 Milliarden Euro schweren KfW-Programms für die deutsche Wirtschaft auffangen, wie Dagmar Wöhrl, die Staatssekretärin des Bundeswirtschaftsministeriums, der AP am Mittwoch sagte.
    Quelle: NZZ
  5. Koalition zankt über 100-Euro-Bonus für die Kinder von Hartz-IV-Empfängern
    Hartz-IV-Familien sollen künftig 100 Euro pro Kind und Jahr für Schulbücher und Stifte erhalten. Noch sind Union und SPD aber uneins, ob das Geld nur bis zur zehnten Klasse oder auch für ältere Schüler gezahlt wird – und über Steuerentlastungen beim Besuch teurer Privatschulen.
    Quelle: SPIEGEL
  6. Die Rebellion der SPD gegen Schäubles BKA-Gesetz war wertlos
    Wolfgang Schäuble hatte recht. Nach der lauten Ablehnung des von ihm gewünschten BKA-Gesetzes durch die SPD fand er: Die Sozialdemokraten machen einen großen Wirbel um nichts. Nach der aktuellen Einigung zeigt sich: Genau so ist es.
    Quelle: TAZ

    Siehe dazu auch:

    Auf Biegen und Brechen
    Der angebliche Kompromiss zum BKA-Gesetz ist kein Kompromiss, sondern ein Witz. Witze sollte man aber nicht machen, wenn es um die Balance von Freiheit und Sicherheit geht.
    Von zwölf schweren Bedenken gegen das BKA-Gesetz hat eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe angeblich drei ausgeräumt. In Wahrheit ist es nur eines: Auch in Eilfällen soll nun der Richter die Online-Durchsuchung anordnen müssen, eine Anordnung durch den Chef des Bundeskriminalamts, wie ursprünglich geplant, reicht nicht.
    Das ist mehr als nichts, genügt aber hinten und vorne nicht. Die beiden anderen angeblichen Kompromisspunkte sind nur Varianten der bisherigen Unzulänglichkeiten: Es gibt, anders als behauptet, keine bessere Abgrenzung der Kompetenzen von Bundeskriminalamt und Landeskriminalämtern. Und der Kernbereich der Person, der unantastbar bleiben muss, bleibt bei der Online-Durchsuchung sehr antastbar.
    Am rechtsstaatlich völlig unzulänglichen Paragrafen 20 k des BKA-Gesetzes wurden offenbar keinerlei Änderungen vorgenommen. Das bedeutet: Es gibt praktisch keine Fälle, bei denen auf eine Online-Durchsuchung von vornherein verzichtet werden muss. Wenn aber der Griff in den Computer künftig zu schnell und zu leicht möglich ist, dann hilft es wenig, wenn das Abgegriffene anschließend gut kontrolliert wird. Grundrechtsverletzung bleibt Grundrechtsverletzung. Ein Kommentar von Heribert Prantl
    Quelle: SZ

  7. Sozialbeirat fordert mehr Bildung über Altersvorsorge – Kampagnen der Deutschen Rentenversicherung werden als “wertvolle Ansätze” gelobt
    Die aktuellen Entwicklungen an den Finanzmärkten haben nach Ansicht des Sozialbeirats der Bundesregierung deutlich gemacht, wie wichtig das Wissen über die Chancen und Risiken der kapitalgedeckten Altersvorsorge ist. Deshalb lobt das Gremium in seinem Gutachten zum aktuellen Rentenversicherungsbericht mehrere Projekte, die bessere Altersvorsorge-Kenntnisse der Bevölkerung zum Ziel haben. Der Sozialbeirat besteht aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern, einem Mitarbeiter der Deutschen Bundesbank sowie dem Vorsitzenden, dem Darmstädter Finanzwissenschaftler Bert Rürup
    Quelle 1: Ihre Vorsorge

    Anmerkung Martin Betzwieser: Bert Rürup, Versicherungsvertreter mit Professorentitel, wechselt nun bald in den Innendienst der Finanzdienstleistungsbranche, scheint es aber völlig normal zu finden, weiterhin ein Gremium wie den Sozialbeirat der Bundesregierung zu leiten, welcher in Fragen der gesetzlichen Rentenversicherung berät.

    Ergänzung AM: eine weitere unerträgliche Zumutung.

    Quelle 2: NachDenkSeiten vom 19.11.2008: Zerstören, um daran zu verdienen – Rürup in der Drehtür

    Quelle 3: NachDenkSeiten vom 03.12.2008: Bravo Plusminus – Rürups politische Korruptions-Drehtür amüsant beleuchtet. Bitte weiterverbreiten.

    Hier gibt es eine Übersicht über die Aufgaben und die (teilweise illustren) Mitglieder des Sozialbeirats: „Der Sozialbeirat ist das institutionalisierte Beratungsgremium für die gesetzgebenden Körperschaften und die Bundesregierung in Fragen der gesetzlichen Rentenversicherung.“

    Quelle 4: Sozialbeirat der Bundesregierung

  8. Medienunternehmen: Die Krise als Ausrede
    Das Hauptproblem der Branche ist nicht die drohende Anzeigenflaute, sondern die Einfallslosigkeit. In Zeiten, in denen man mit neuen Ideen Geld verdienen und nebenbei auch noch publizistisch gewinnen könnte, entwerten Unternehmen ihre Publikationen, indem sie diese austauschbar machen. Erstaunlich viele Verlagsobere ruhen sich darauf aus, dass die Wirtschaftskrise sie angeblich zu Kürzungen zwingt. Statt aber die Produkte zu verbessern, die sie verkaufen wollen, tragen die Verlagschefs dazu bei, deren Substanz zu zerstören. Die Krise ist für sie eine Möglichkeit, Fehlentscheidungen zu treffen – und damit davonzukommen.
    Quelle: Freitag
  9. Krebs-Impfung: Eine gefährliche Illusion
    Der Berliner Gesundheitswissenschaftler Rolf Rosenbrock über Krebs-Impfung, Prävention und aggressive Marktstrategien der Pharmaindustrie.
    Quelle: Freitag
  10. Berlin: Senat will Monopol der Gasag brechen
    Die rot-rote Regierung in Berlin überlegt, Teile der Gasag wieder in Landeseigentum zu überführen. „Die Kommunalpolitik steht bei den Bürgern in der Pflicht, eine aktive Rolle für eine klimafreundliche und preisgünstige Energieversorgung einzunehmen“, heißt es in einem Papier aus Koalitionskreisen.
    Quelle: Der Tagesspiegel

    Siehe dazu auch:

    Deprivatisierung
    Wenn sich Banken unter Schutzschirme ducken und Autokonzerne um Milliarden betteln, lässt sich der Spieß auch umdrehen. Dann darf der Staat fragen, ob es zum Beispiel nicht besser wäre, die gut verdienenden Energieversorger wieder an die Hand zu nehmen – und mehr Kontrolle walten zu lassen im Sinne der Verbraucher, die hohe Gas-, Wasser- und Strompreise erdulden müssen. Politische Appelle an die Verantwortungsbereitschaft der Unternehmen halfen, wie die Erfahrung zeigt, leider wenig. Auch das Kartellrecht ist ein stumpfes Schwert. Wirksam mitgestalten kann eigentlich nur, wer Miteigentümer ist. In den letzten zwei Jahrzehnten haben viele Städte und Gemeinden, auch Berlin, ihre Versorgungsbetriebe privatisiert. Hauptsächlich, um die leeren Haushaltskassen aufzufüllen und sich defizitärer Landesunternehmen zu entledigen. Vorgeschoben wurden gern ordnungspolitische Gründe. Aber nun zeigt sich, dass dieser schnelle Ausverkauf langfristig auf Kosten der Bürger und Steuerzahler geht. Privatisierung oder Rekommunalisierung – das ist eben keine ideologische, sondern eine ganz praktische Frage. Wenn eine Landesbeteiligung an der Gasag hilft, einen preissenkenden Wettbewerb zu befördern, wäre das eine gute Sache.
    Quelle: Der Tagesspiegel

    Kommentar AM: „Aber nun zeigt sich, dass dieser schnelle Ausverkauf langfristig auf Kosten der Bürger und Steuerzahler geht.“ Dass sich das „nun“ erst zeige, ist ein kleiner Witz. Die Tagesspiegel-Redakteure hätten sich vielleicht früher mal beim Donnerstagskreis der Berliner SPD-Linken umsehen sollen. Dieser mühte sich, den teuren Weg des „Rein in die Pantoffeln, raus aus den Pantoffeln“ zu vermeiden. Leider damals ohne breite mediale Unterstützung.

  11. Bundesgerichtshof : Hart gegen Steuersünder
    Der BGH hat die Strafen für Steuerhinterziehung drastisch verschärft
    Quelle: FR
  12. Justiz-Irrtum zu Zumwinkels Gunsten
    Einen Tag zu spät hat die Staatsanwaltschaft einen Brief abgeschickt. Deshalb ist ein Teil der Vergehen, derer Zumwinkel angeklagt ist, verjährt. Nun liegt die beanstandete Steuersumme unter einem wichtigen Richtwert.
    Quelle: netzeitung

    Anmerkung KR: Beim genaueren Lesen fällt auf, dass die Überschrift nicht ganz korrekt ist. Die Staatsanwaltschaft hat den Brief tatsächlich unentschuldbar spät abgeschickt. Doch das genügte nicht, um die Verjährungsfrist wirksam werden zu lassen. Dazu musste das Gericht außerdem noch eine (laut Staatsanwaltschaft in anderen Fällen durchaus übliche) rechnerische Zustellzeit von drei Tagen auf einen Tag verkürzen. Ergebnis: „Weitere Fälle von 1986 bis 2001 würden nicht verfolgt. Die hinterzogene Summe, wegen der er angeklagt wird, fällt damit um rund 200.000 Euro auf knapp eine Million Euro – und damit unter den Richtwert, ab dem nach einem Bundesgerichtshof-Urteil vom Dienstag in der Regel Gefängnisstrafen ohne Bewährung fällig werden.“ Natürlich haben wir alle weiterhin volles Vertrauen in unsere Justiz.

  13. Berlin zeigt, wo’s langgeht
    Das von SPD und Linkspartei regierte Berlin ist die Hauptstadt der »McJobs«. Dies geht aus einer am Mittwoch vorgestellten Studie des DGB Berlin-Brandenburg hervor. Danach sind in keiner anderen deutschen Metropole so viele Beschäftigte auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen wie in Berlin. »Als sogenannte Aufstocker/innen arbeiten sie oftmals mehr als 40 Stunden in der Woche und haben dennoch kein Einkommen, das zum Auskommen reicht«, heißt es in dem Papier, das am Mittwoch auf einer von DGB und Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales ausgerichteten Fachtagung zum Thema »Arbeiten in Europa: Prekäre Jobs, längere Arbeitszeit und weniger Lohn?« präsentiert wurde. 110000 Berufstätige sind den Angaben zufolge in der Hauptstadt auf staatliche Beihilfen zum Arbeitslohn angewiesen – bei einer Erwerbstätigenzahl von rund 1,5 Millionen.
    Quelle 1: Junge Welt
    Quelle 2: DGB Berlin Brandenburg [PDF – 369 KB]
  14. Schweiz: Stunde der Wahrheit in Sachen Pensionskasse
    Die in der Sammelstiftung Ascoop zusammengeschlossenen Vorsorgewerke von 155 Betrieben aus Verkehr und Tourismus müssen Ende 2009 einen ersten Meilenstein auf ihrem Sanierungspfad erreichen. Etliche drohen in Existenzkrisen zu geraten, wenn Eigentümer und/oder Besteller nicht umgehend zusätzliche Mittel dafür aufbringen. Bedingt durch eine forsche Anlagestrategie, spiegelte sie in der Folge die Entwicklung der Börsen: Auf die Jahre 1999 und 2000, in denen sie wieder einen Deckungsgrad von 100 Prozent erreicht hatte, folgte bis 2002 ein Absturz auf Werte von etwas mehr als 75 Prozent.
    Weniger gefährdet sind Unternehmen mit Geschäftsfeldern, aus denen sich zusätzliche Mittel generieren lassen, etwa die BLS mit ihrem internationalen Güterverkehr. Sie geht nach wie vor davon aus, in ihrem Vorsorgewerk bereits 2015 einen Deckungsgrad von 100 Prozent zu erreichen. Für jene Privatbahnen, Busunternehmen und Bergbahnen, die keine solchen Goldesel in ihren Ställen halten, können aus anhaltend negativen Anlagerenditen schnell hohe Einschusspflichten resultieren. Für den Fall, dass sich die Börse nicht bald erholt, ist absehbar, dass einzelne Unternehmen per Ende 2009 Beträge in ihre Vorsorgewerke einschießen müssten, die sich größenmäßig in den Dimensionen ihres Eigenkapitals oder ihrer Lohnsumme bewegen, was ihre Existenz gefährden würde.
    Quelle: NZZ

    Kommentar AM: Wieder ein Beleg für das Risiko der Privatvorsorge. Wo sind jetzt eigentlich die Bewunderer des Schweizer Systems?

    Anmerkung KR: „Es ist davon auszugehen, dass in vielen Fällen die öffentliche Hand um Hilfe angegangen wird.“ Weil es wieder einmal so gut passt, verweisen wir an dieser Stelle erneut auf das Mackenroth-Theorem.

  15. Demokratie hat mit Verantwortung zu tun – Warum die Eliten Hans-Werner Sinn keine Sozialnachhilfe angedeihen lassen
    Wenn alle gesellschaftlichen Bereiche unter dem Gesichtspunkt evaluiert werden, ob sie globalen Verwertungsmaßstäben entsprechen, wäre es nur konsequent, auch nach den Kosten der Demokratie zu fragen: teure Wahlen, unnützes parlamentarisches Personal, kostenintensive Parteienlandschaft, Immobilien in bester Lage, die nach Privatisierung schreien, zu viele Gesetze, die das Durchregieren zugunsten der Wirtschaft erschweren, und schließlich eine Öffentlichkeit, die politische Entscheidungen “zerredet”. Demokratie erscheint als ein zu teurer, weil hinderlicher Luxus.
    Die wie nebenbei geführte Diskussion über den Bestand der Demokratie lässt aufmerken. Vielleicht ist die Demokratie doch nicht so stabil, dass sich Sorgen über ihren Bestand erübrigten.
    Quelle: Freitag
  16. Weihnachtsgeschenk mit mehrjähriger Verspätung
    In Frankreich wollen die ersten Obdachlosen ihr Recht auf eine Wohnung einklagen. Nach der Aufmerksamkeitswelle vom Dezember 2006 und vor den Präsidentschaftswahlen 2007 wurde ein Gesetz erlassen, das sein Vorbild in Schottland hatte: Es sollte das bereits in der französischen Verfassung von 1946 abstrakt gewährte Recht auf eine angemessene Unterkunft einklagbar und damit konkret machen. Nicolas Sarkozy hatte im Dezember 2006 sogar angekündigt, wenn er zum Präsidenten gewählt würde, dann wolle er die Obdachlosigkeit binnen zweier Jahre beseitigen.
    Die erste Stufe des neuen Gesetzes trat im Januar 2008 in Kraft: Seitdem können Wohnungslose eine Vermittlungskommissionen anrufen, die sie einstuft. Von über 50.000 bis Ende Oktober eingereichten Anträgen stammten zwei Drittel aus der Region Île-de-France, dem Ballungsraum um die Hauptstadt Paris, wo die Wohnungsnot am größten ist. Rund 13.000 der Antragsteller wurden als “vorrangig” eingestuft, davon erhielten bisher aber lediglich 3.374 eine Wohnung. Seit Montag gilt die zweite Stufe des Gesetzes, in welcher der als besonders bedürftig eingestufter Teil der Betroffenen klagen kann. Erst im Januar 2012, wenn die dritte Stufe in Kraft tritt, können sich dann alle Wohnungslosen an ein Gericht wenden.
    Quelle: Telepolis
  17. Die CDU und der vergessene Pakt mit dem Teufel
    Die Debatte um die Geschichte der Ost-CDU war auf dem CDU-Parteitag nur eine Randnotiz. Der eigentliche Skandal aber ist ihr Verhalten in den Wendejahren. Ein Kommentar.
    (…)
    Ein weiterer Höhepunkt der Ausfälle der „mitwirkenden Blockpartei“ kam, als es diese offiziell schon gar nicht mehr gab: Die CDU machte massiv Front gegen die SPD und setzte im Wahlkampf des Winters 1989/90 wider besseren Wissens SED/PDS und SPD gleich. Die Sozialdemokraten würden, so die Verlautbarungen, gemeinsame Sache machen mit den Kommunisten. Getreu dem Motto: Wer sich schon 1946 mit der KPD eingelassen habe, werde dies 1990 wieder tun. Kein Wort von Zwangsvereinigung oder ermordeten Sozialdemokraten.
    Quelle: ZEIT

    Kommentar AM: Den (notwendigen) Zeit-Kommentar möchte ich an der oben zitierten Stelle mit einer eigenen Erfahrung ergänzen. Ich war zur Zeit der Volkskammerwahl vom 18. März 1990 einer der Sprecher der Parlamentarischen Linken in der SPD-Bundestagsfraktion (PL) und als Unterbezirksvorsitzender und Abgeordneter auch im Wahlkampf im Kreis Strausberg aktiv. Damals habe ich die angesprochene SPD/PDS/SPD-Kampagne der CDU sozusagen hautnah miterlebt. Sie war von übelster Art. Unmittelbar nach der Wahl schaltete die CDU dann sofort und mit Unterstützung ihr nahestehender Medien, vor allem der Bild-Zeitung, um auf Kooperation mit der SPD und warb um den Eintritt der SPD in eine große Koalition mit der CDU. Dabei wurde so getan, als würde das auch von der westdeutschen SPD befürwortet. Deshalb schickte ich in der Nachwahlwoche im Auftrag der PL die Botschaft an die neue SPD-Fraktion in Ostberlin, der Wunsch nach der großen Koalition sei keineswegs die Haltung der gesamten SPD-Fraktion in Bonn. Ich machte auf die erkennbare Kampagne der Union und der rechten Medien und den üblen Wahlkampf aufmerksam. Postwendend wurde ich daraufhin von der neuen Ostberliner SPD-Führung zurechtgewiesen, man lasse sich in die Koalitionsentscheidung nicht reinreden. Richard Schröder und Markus Meckel zum Beispiel setzten erkennbar auf die große Koalition und die damit verbundenen Ämter und wuschen so die Blockpartei CDU rein. Clever gemacht von der Union. Und dumm von einer offenbar damals schon in Teilen fremdbestimmten SPD-Ost.

  18. Erbschaftssteuerreform: Schöne Bescherung
    Weihnachtsgeschenk für die Reichen: Nach der Zustimmung des Bundesrats in dieser Woche tritt am 1. Januar 2009 die Erbschaftssteuerreform in Kraft.
    Während des bayerischen Landtagswahlkampfes wurde es für die CSU zu einer Prestigefrage, Villenbesitzersgattinnen am Starnberger See und Kinder von Konzernherren ganz von der Erbschaftssteuer zu befreien. Nach der Wahl Horst Seehofers zum CSU-Vorsitzenden und zum bayerischen Ministerpräsidenten vollzogen die Unionsparteien den Schulterschluss und setzten die Sozialdemokraten noch mehr unter Druck, dem Drang nach bürgerlicher Besitzstandswahrung nachzugeben. Fürchtend, die Erbschaftsteuer könnte ganz entfallen, wenn bis zum 1. Januar 2009 keine Neuregelung erfolgt, knickte die SPD schließlich ein, und die CSU konnte einen für sie wichtigen Erfolg verbuchen.
    Während die kleinste Regierungspartei ihr politisches Gesicht wahrte, blieb die soziale Gerechtigkeit vollends auf der Strecke.
    Quelle: Junge Welt
  19. China brüskiert die EU
    Chinas Führung hat in den letzten Tagen die EU und deren Mitgliedstaaten Frankreich und Österreich mehrmals diplomatisch brüskiert. Anders als im Umgang mit den USA scheint Peking davon auszugehen, dass sich die EU-Staaten von einer «starken» Politik des Bestrafens und des Gegeneinander-Ausspielens einschüchtern lassen.
    Quelle: NZZ
  20. Staaten ächten Streubomben
    Am Mittwoch und Donnerstag unterzeichnen mehr als 100 Staaten den Vertrag zur Ächtung der Streumunition. Darauf hatten sie sich im Mai in Dublin verständigt. Für die Bundesregierung soll dies Außenminister Frank-Walter Steinmeier tun. Da der Bann auf eine norwegische Initiative zurückgeht, soll der “Oslo-Prozess” dort mit der Unterschriftenzeremonie besiegelt werden. “Es ist einer der wenigen Fälle, dass eine ganze Waffengattung verboten wird”, sagt Thomas Nash, Sprecher der Koalition gegen die Streumunition (CMC).
    In den USA habe der kommende Präsident Barack Obama in einer Senatsabstimmung für eine Begrenzung der Clusterbomben gestimmt, sagt die CMC-Vizevorsitzende Grethe Ostern: “Daher ist es nicht nur eine theoretische Chance, dass wir auch die USA an Bord bekommen.”
    Quelle: FR

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