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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Nach Anschlag in Sankt Petersburg – Brandenburger Tor wird nicht angestrahlt
  2. “Kein dauerhafter Frieden” EU grenzt sich in Assad-Frage von Trump ab
  3. Ramelow verteidigt Abstimmung im Bundesrat
  4. Rüstungswahn – auch ohne Trump
  5. Griechenland: Warum die linke Regierung nicht erfolgreich sein darf
  6. Mélenchon: Ein Linker, den die Sozialdemokraten fürchten
  7. Bündnis “Reichtum Umverteilen” stellt Forderungen zur Bundestagswahl vor
  8. Kein Mindestlohn ist auch keine Lösung
  9. China: Steigende Löhne
  10. Die zahnlose Leiharbeitsnovelle ist in Kraft getreten
  11. Sachlich und ohne Schnappatmung
  12. Großer Teil der Erwerbstätigen steht kurz vor dem Burnout
  13. Gunst der Stunde
  14. Der Lügner vom Amt
  15. Noch vor der Bundestagswahl: Staatstrojaner soll auch gegen Alltagskriminalität eingesetzt werden
  16. Für einen Presseprioritätsverbesserungsleitantrag
  17. Veranstaltungshinweis: 60 Jahre nach den Göttinger 18: Deutschland atomwaffenfrei oder Nuklearmacht?
  18. TV-Tipp: Die Anstalt

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Nach Anschlag in Sankt Petersburg – Brandenburger Tor wird nicht angestrahlt
    Nach Anschlägen wurde das Brandenburger Tor zuletzt immer wieder angestrahlt. Nach der Attacke von Sankt Petersburg soll das jedoch nicht geschehen. Die Begründung der Senatskanzlei wirft Fragen auf.
    In den vergangenen eineinhalb Jahren wurde das Brandenburger Tor nach Terroranschlägen sieben Mal aus Solidarität angestrahlt – zuletzt nach der Attacke in London. Nach dem Anschlag auf die U-Bahn in Sankt Petersburg soll das Berliner Wahrzeichen allerdings nicht in die Farben der russischen Flagge getaucht werden. Das sagte ein Senatssprecher der Deutschen Presse-Agentur. St. Petersburg sei keine Partnerstadt von Berlin, hieß es zur Begründung. Davon solle nur in Ausnahmefällen abgewichen werden.
    Quelle: SPIEGEL Online
  2. “Kein dauerhafter Frieden” EU grenzt sich in Assad-Frage von Trump ab
    „Wie geht man mittel- und langfristig mit dem syrischen Diktator Assad um? Europäer und Amerikaner sind sich in dieser Frage uneins. Für die EU-Außenminister ist Assad kein Mann für die Nachkriegsordnung. US-Präsident Trump sieht diese Personalie anders.“
    „Die Europäische Union hält eine Lösung des Syrien-Konflikts ohne einen Rücktritt von Machthaber Baschar al-Assad nicht für möglich. […]
    Bundesaußenminister Sigmar Gabriel warnte die USA davor, die Syrien-Frage vollkommen dem Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) unterzuordnen und forderte, Assad für seine Verbrechen zu bestrafen.“
    Quelle: n-tv

    Anmerkung unseres Lesers D.S.: Die (von mir) hervorgehobene Äußerung des Bundesaußenministers verdient meiner Ansicht eine besondere Beachtung, macht sie doch aufs Neue klar, mit welch unfassbaren Zynismus unsere Regierung ihre Syrienpolitik betreibt. Einerseits wird der militärische Einsatz stets als Kampf gegen den Terror gerechtfertigt, auf der anderen Seite sorgt sich Gabriel, dass der beabsichtigte Sturz Assads darüber ins Hintertreffen geraten könnte. Mir ist völlig unklar, ob eine derart entlarvende Äußerung des Außenministers fehlendes demagogisches Geschick oder schlicht Desinteresse gegenüber den Kritikern der deutschen Aggression gegen Syrien und seine Regierung darstellt.

  3. Ramelow verteidigt Abstimmung im Bundesrat
    Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat das Abstimmungsverhalten des Landes im Bundesrat verteidigt. Thüringen hatte sich am Freitag bei der Pkw-Maut der Stimme enthalten und so verhindert, dass die Maut in den Vermittlungsausschuss verwiesen wird. Ramelow sagte MDR THÜRINGEN, er habe dafür von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) die mündliche Zusage erhalten, dass die Mitte-Deutschland-Verbindung über Jena und Gera elektrifiziert wird. Die schriftliche Bestätigung werde in wenigen Tagen folgen.
    Quelle: mdr

    Anmerkung unseres Lesers A.O.: Ich finde, dieser Vorgang sollte der interessierten Öffentlichkeit im Wahljahr 2017 etwas näher erläutert werden, denn Politikwechsel sieht anders aus! Ramelow gehört ja bekanntlich zu den sog. Reformern in der Partei DIE LINKE, was übersetzt heißt, dass er um der Macht und des Pöstchens Willen gerne bereit ist Position, Position sein zu lassen und sich stattdessen opportun zu verhalten. Etwas anderes bedeutet die Enthaltung des Landes Thüringen im Bundesrat zur PKW-Autobahnmaut nicht.
    Als Sympathisant und langjähriger Wähler der Linken vertrete ich den Standpunkt, dass es letztlich glaubwürdiger ist eine politische Position wie die Ablehnung der mit der Autobahnprivatisierung eng zusammenhängenden PKW-Maut bei zu behalten, anstatt sie sich von Bayern mit der Elektrifizierung einer Bahnstrecke ankaufen zu lassen.

    Anmerkung André Tautenhahn: Die Haltung von Ramelow kann man natürlich kritisieren und sich fragen, in wie weit seine Regierung, in der die SPD die Finanzministerin stellt, sich in das Maut-Spiel hat einspannen lassen. Das verstellt aber den Blick auf die eigentlich Verantwortlichen. Denn weder Thüringen noch Hamburg und Baden-Württemberg, die sich beide ebenfalls enthielten, noch ein anderes Bundesland hatten über die Maut zu befinden (da kein Zustimmungsgesetz), sondern der Deutsche Bundestag, in dem die SPD aus sehr fragwürdigen Gründen (100 Prozent Treue zum Koalitionsvertrag) bereits zustimmte. Der Bundesrat hatte bei diesem Gesetz lediglich ein Einspruchsrecht. Dennoch spielen sich ausgerechnet SPD regierte Länder wie Niedersachsen auf und zeigen sich von Thüringen enttäuscht, weil es die gute Sache irgendwie verraten habe. Dabei hätte der erfolgreiche Einspruch des Bundesrates vom Bundestag noch einmal überstimmt werden können.

  4. Rüstungswahn – auch ohne Trump
    Die Erklärung des US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump zu Beginn des Jahres, die NATO sei »obselet«, löste in den Mitgliedstaaten kurzzeitig Entsetzen aus. Doch bereits wenige Wochen später versicherte US-Vize Mike Pence auf der Münchner Sicherheitskonferez (MSC), die USA stünden »fest zur Nato«. Diese Verbundenheit sei allerdings elementar von einer Steigerung des europäischen – und insbesondere des deutschen – Beitrags zu den Gesamtkosten für die Aufrechterhaltung der Weltordnung abhängig.
    Die von Trump angestoßene Debatte über eine Erhöhung des Rüstungshaushalts ist für etliche Politiker ein Geschenk des Himmels. So hatte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) schon vor drei Jahren in München für einen Paradigmenwechsel in der deutschen Außenpolitik plädiert, mit dem Ziel, militärisch-machtpolitisch endlich auf eigenen Füßen zu stehen.
    In ihrer Rede auf der jüngsten Sicherheitstagung führte sie aus, die Deutschen hätten verstanden, dass sie nach einer Periode, in der sie »die Vorzüge einer Friedensdividende nutzen konnten, jetzt beharrlich in eine Sicherheitsrücklage investieren müssen«, um eine »faire Balance« in der transatlantischen Sicherheitpartnerschaft sicherzustellen. Für Deutschland müsse die »Selbstverzwergung« ein Ende haben, forderte erst kürzlich wieder die »Bundesakademie für Sicherheitspolitik« (BAKS). Dass dies keine Alleingang ist, zeigte das Bekenntnis von Bundeskanzlerin Angela Merkel zu höheren Verteidigungsausgaben.
    Quelle: Sozialismus
  5. Griechenland: Warum die linke Regierung nicht erfolgreich sein darf
    Die Kreditgeber machen Griechenland zum Modell für ihre neoliberalen Pläne für Gesamteuropa
    Seit Monaten verhandeln Griechenland und die europäischen Institutionen im Zuge der zweiten Evaluierung des dritten Kredites, der auch mit einem harten Memorandum verbunden ist. Die eine Seite – die Kreditgeber – drängen zu mehr Austeritätsmaßnahmen, die zu noch mehr Rezession und sozialer Krise führen würden; die andere Seite – Griechenland – versucht, dies durch Erleichterungen auszugleichen, so dass zum Schluss ein fiskalisch neutrales Ergebnis entsteht. In der Sitzung der Euro-Gruppe am 20. März diesen Jahres wurde vereinbart, dass die zusätzlichen Kürzungen durch entsprechende Erleichterungen “neutralisiert” werden.
    Somit ergibt sich aber eine berechtigte Frage: Wenn die Kredite und die damit verbundenen Memoranden aus budgetären Gründen vereinbart wurden, worin besteht dann der Sinn der Übereinkunft auf der letzten Eurogruppensitzung?
    Die Antwort lautet: Die Kredite und die Memoranden waren politisch nicht neutral. Von Anfang an waren sie an eine breite und unkontrollierte Treuhandschaft gebunden, deren Anspruch auf Einmischung in Landesangelegenheiten weit über die fiskalischen Regelungen hinausging. Nach dem zweiten Wahlsieg von SYRIZA im September 2015 ist dies noch deutlicher geworden. Daher können wir die Vereinbarung eines “fiskalisch neutralen” Abschlusses der Verhandlungen nur politisch verstehen und erklären.
    Es ist offensichtlich, dass die griechische Dreiparteien-Regierung (SYRIZA, ANEL, Die Grünen) im jetzigen Europa eine Ausnahme, eine Paraphonie, darstellt. Allein die Existenz einer funktionierenden Links-Regierung ist ein positives und hoffungsvolles Beispiel für die europäischen Völker, für all jene, die gegen die Austeritätspolitik kämpfen und die politische und wirtschaftliche Hegemonie Deutschlands einschränken möchten. Aus diesem Grund müsste diese Regierung so schnell wie möglich gestürzt werden, wenn nötig auf eine sträfliche Art und Weise. Dieses Ziel verfolgt Bundesfinanzminister Schäuble heute immer noch, obwohl die demokratische Tradition Europas so etwas offiziell nicht zulässt.
    Quelle: Telepolis
  6. Mélenchon: Ein Linker, den die Sozialdemokraten fürchten
    Für die EU präsentiert Mélenchon einen Plan A und einen Plan B. Plan A sieht, dass EU-Verträge neu überarbeitet werden und zwar mit einem Ausstieg aus den bisherigen Abmachungen und dem Aufstellen neuer Regeln. Er erwähnt dazu als Beispiele: die 3-Prozent-Schwelle bei den Staatsschulden, CETA, die EU-Entsenderichtlinie und die Unabhängigkeit der europäischen Zentralbank. Darüber hinaus spricht er sich für eine Abwertung des Euro aus, um wieder zur Parität mit dem Dollar zurückzukehren.
    Plan B würde den Ausstieg aus den Verträgen – und zwar mit allen Ländern, die gegen die getroffenen Abmachungen sind, bedeuten und möglicherweise den Ausstieg Frankreichs aus der Euro-Zone. Dass er sich gegen eine weitere Privatisierung von Dienstleistungen ausspricht, versteht sich für einen Kandidaten der Linken. Erwähnt Mélenchon bei der Aufrüstung das Wort “Austeritätspolitik”, um Ausgaben zu bremsen, so argumentiert er für die Wirtschaftspolitik innerhalb Europas gegen die Sparlinie.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung unseres Lesers J.M.: Mir scheint, dieser Artikel ist ein ganz treffender Einstieg in die linke Situation vor der französischen Präsidentschaftswahl; sicher ein wenig optimistisch für Melenchon gesehen.

  7. Bündnis “Reichtum Umverteilen” stellt Forderungen zur Bundestagswahl vor
    Gemeinsame Pressemitteilung des Bündnisses „Reichtum umverteilen – ein gerechtes Land für alle!“ zur Auftaktpressekonferenz am Dienstag, den 28. März 2017, in Berlin
    Das Bündnis Reichtum Umverteilen setzt im Wahljahr 2017 auf soziale Gerechtigkeit und startet pünktlich zum Bundestagswahlkampf die Kampagne „Reichtum umverteilen – ein gerechtes Land für alle!“. Insgesamt 30 Organisationen, von Gewerkschaften über Wohlfahrts- und Jugendverbände bis hin zu Migranten- und Umweltorganisationen, haben sich im Bündnis zusammengeschlossen, das heute in der Bundespressekonferenz in Berlin erstmals gemeinsam öffentlich auftrat. Strategisches Ziel ist es, neben der Frage der sozialen Gerechtigkeit die Steuer- und Umverteilungspolitik in den Mittelpunkt des Wahlkampfs zu rücken. Gefordert werden unter anderem die stärkere Besteuerung finanzstarker Unternehmen sowie großer Vermögen, Einkommen und Erbschaften.
    „Die soziale Spaltung hat ein Ausmaß angenommen, das unerträglich ist“, so Frank Bsirske, Vorsitzender der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di). Seit Jahrzehnten nähmen weltweit und in Deutschland soziale Ungleichheit, Unsicherheit und Ungerechtigkeit zu. Zentraler Schlüssel für eine gerechtere und bessere Politik für alle sei eine steuerpolitische Kehrtwende. Deshalb müssten Millionäre und Milliardäre stärker zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben herangezogen werden, so Bsirske.
    Dem enormen privaten Reichtum stehe eine massive öffentliche Armut gegenüber, die in immer mehr Kommunen deutlich sichtbar werde. „Deutschland fährt auf Verschleiß. Aus finanzieller Not werden vielerorts Ausgaben für Kultur, Soziales und Bildung über die Schmerzgrenze hinaus zusammengestrichen. Eine solidarische Steuer- und Finanzpolitik ist letztlich die Nagelprobe und der Glaubwürdigkeitstest für einen jeden, der mit dem Versprechen eines guten Sozialstaats und mehr sozialer Gerechtigkeit antritt“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.
    Quelle: Reichtum umverteilen

    Anmerkung Christian Reimann: Die 21-seitige Pressemappe können Sie hier nachlesen.

  8. Kein Mindestlohn ist auch keine Lösung
    Der Mindestlohn hat bislang nicht zu den befürchteten Arbeitsplatzverlusten geführt, dennoch befürworten einige Wirtschaftsexperten eine Aussetzung des Gesetzes für Flüchtlinge. Ein geeigneter Ansatz zur Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt ist das jedoch nicht.
    Die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt gehört zweifellos zu den größten Aufgaben der Migrationspolitik. Manche wirtschaftspolitischen Stimmen suggerierten schon vor einiger Zeit, dass diese Aufgabe angesichts des Flüchtlingszustroms der letzten Jahre nur mit Anpassungen des Mindestlohns zu schaffen sei.
    Michael Hüther, Direktor des arbeitgebernahen Wirtschaftsforschungsinstituts IW Köln, plädiert daher für zusätzliche Ausnahmeregelungen beim Mindestlohn. So schlägt er beispielsweise eine Karenzzeit von 18-24 Monaten ab dem Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt vor, in denen der Mindestlohn für Flüchtlinge nicht gelten soll (ähnlich wie bei Langzeitarbeitslosen). In eine ähnliche Kerbe schlägt Henrik Müller im Spiegel, indem er ebenfalls Ausnahmeregelungen für Flüchtlinge befürwortet, ohne jedoch konkret zu werden, welche dies sein könnten und wie lange diese gelten sollten. Der Ökonom Hans-Werner Sinn nimmt die Flüchtlingskrise in einem Gespräch mit der ZEIT zum Anlass, den Mindestlohn gleich komplett abschaffen zu wollen.
    Quelle: Makroskop
  9. China: Steigende Löhne
    In der Volksrepublik wachsen die Einkommen und erzeugen vermehrten Druck in Richtung Automatisierung
    Shanghai hat zum 1. April erneut seinen Mindestlohn angehoben. Das berichtet unter anderem die Nachrichtenagentur Bloomberg. Demnach müssen einem Arbeiter in der chinesischen Megametropole monatlich mindestens 2.190 Yuan (298 Euro) für die reguläre Arbeitszeit bezahlt werden.
    Diese beträgt acht Stunden am Tag und 40 Stunden in der Woche. Die monatlichen Überstunden sind auf 36 begrenzt und müssen zusätzlich entlohnt werden. In der Regel soll es nach dem Arbeitsgesetz zwei Ruhetage pro Woche geben, obligatorisch ist einer. (Dass diese Rechte oft verletzt werden und schwer einzuklagen sind, steht auf einem anderen Blatt.)
    Pro Stunde beträgt der Mindestlohn in Shanghai 19 Yuan (2,59 Euro). Da der Yuan gegenüber dem Euro deutlich unterbewertet ist, entspricht die inländische Kaufkraft von 19 Yuan in China etwa der von 3,45 Euro in Deutschland. In China wird der Mindestlohn auf der Ebene von Städten und Provinzen festgelegt. (Hier eine Übersicht.) Nur in Tianjin liegt der Mindestverdienst mit 19,50 Yuan pro Stunde geringfügig höher. Das Schlusslicht bilden einige besonders unterentwickelte ländliche Regionen, wo das Minimum bei lediglich 9,50 Yuan pro Stunde liegt.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung Jens Berger: Ein Blick auf die Mindestlöhne ist interessant, verstellt jedoch auch den Blick. China ist in großen Teilen kein Niedriglohnland mehr. In den Metropolen liegt der Durchschnittslohn mittlerweile bei über 1.300 US$ pro Monat. Fachkräfte, wie Fräser, Dreher oder Schweißer mit höherer Qualifikation kommen oft auf 1.700 bis 2.000 US$ pro Monat, womit der Unterschied zu Osteuropa kaum mehr vorhanden ist.

  10. Die zahnlose Leiharbeitsnovelle ist in Kraft getreten
    Seit dem ersten April gilt das überarbeitete Regelwerk des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG). Die Reform verspricht “Equal Pay” in der Leiharbeit nach neun Monaten und eine Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten. Leiharbeitsbeschäftigte werden davon nichts zu spüren bekommen, denn das Gesetz ist leider kein Aprilscherz, sondern eine dreiste Mogelpackung.
    Nach langem Hin und Her ist vor zwei Tagen das Gesetz zur Änderung der Arbeitnehmerüberlassung in Kraft getreten. Die Große Koalition meint, damit die ausufernde Leiharbeit wieder stärker regulieren, auf ihre Kernfunktion zurückführen und Missbrauch unterbinden zu können. Die oft zu lesenden Standard-Pressesprüche dazu lauten, der Gesetzgeber habe der Leiharbeitsbranche striktere Regulierungen auferlegt, weshalb diese nun schwereren Zeiten entgegengehe. Die Beschäftigten dagegen würden fortan bessergestellt und vor Missbrauch geschützt. Verwiesen wird dabei auf zwei zentrale Neureglungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Zum Einen müsse bei der Arbeitnehmerüberlassung künftig jedem Leiharbeitenden nach neun Monaten das gleiche Entgelt gezahlt werden wie der vergleichbaren Stammbelegschaft (Equal Pay). Zum Anderen werde die Überlassungshöchstdauer auf 18 Monate begrenzt.
    Offensichtlich hat die Politik der Leiharbeit Grenzen gezogen, dieser Eindruck wird wohl in der allgemeinen Wahrnehmung der Reform hängenbleiben. Nur wer genauer hinschaut, wird erkennen, dass die Regierung auf der Karte der Arbeitnehmerüberlassungspraxis die Grenzlinien eher in einer Art Niemandsland eingezeichnet hat, dort, wo sie dem eingespielten Verfahren nur ganz selten in die Quere kommen werden. Gerade die beiden genannten Eckpunkte der Reform zeigen dies anschaulich.
    Quelle: annotazioni
  11. Sachlich und ohne Schnappatmung
    Der Migrationsforscher Alexander Betts und der Entwicklungsökonom Paul Collier sind sich sicher: Flüchtlinge haben ein Recht auf Hilfe. Die heutige Flüchtlingspolitik sei aber nicht mehr zeitgemäß: Betts und Collier beklagen die großen Ungerechtigkeiten im heutigen Flüchtlingsmanagement.
    Der Migrationsforscher Alexander Betts und der Entwicklungsökonom Paul Collier lassen in ihrem Buch keinen Zweifel daran: Flüchtlinge haben ein Recht auf Hilfe. Der heute maßgebliche Regelkanon der Flüchtlingspolitik sei aber nicht mehr zeitgemäß – wie die Genfer Konvention, die im Kontext von Holocaust, Zweitem Weltkrieg und beginnendem Kalten Krieg entstand. Die meisten Flüchtlinge hätten heute nicht gezielte “Verfolgung” als Einzelpersonen zu befürchten; die Mehrheit fliehe, um der Unsicherheit fragiler Staaten zu entkommen. “Somalische Flüchtlinge fliehen nicht vor staatlicher Verfolgung, sondern vor den Folgen einer Gesellschaft ohne Staat.”
    Die Autoren beklagen die großen Ungerechtigkeiten im heutigen Flüchtlingsmanagement. Derzeit gibt es nach ihrer Berechnung 20 Millionen Flüchtlinge weltweit. Neun von zehn haben in Entwicklungsländern Zuflucht gefunden, und sie tauchen in den europäischen Debatten kaum auf. Sie sind die Verlierer der aktuellen Entwicklung, wenn zum Beispiel Länder wie Schweden die sowieso schon unzureichenden Hilfen für diese Flüchtlinge drastisch kürzen mit dem Argument, dass man das Geld zur Integration der vielen neuangekommenen Migranten im eigenen Land verwenden müsse.
    Quelle: Deutschlandradio Kultur
  12. Großer Teil der Erwerbstätigen steht kurz vor dem Burnout
    Die Folge des Pendelns seien eine große psychische und körperliche Belastung der Arbeitnehmer, sagte der Mobilitätsforscher Stephan Rammler im DLF. Den flexibilisierten Arbeitsmarkt erkaufe sich die Gesellschaft mit billiger Energie und langen Fahrdistanzen – der Forscher forderte deshalb eine Abschaffung solcher Anreize, etwa der Pendlerpauschale.
    Eine Ursache für das Pendeln sei ein deutsches Leitbild vom Eigenheim mit Auto, ein flexibilisierter Arbeitsmarkt mit häufigen Ortswechseln und die unterschiedlichen Arbeitsorte berufstätiger Paare. Diesen Lebensstil kaufe sich die Gesellschaft mit zu billiger Energie und langen Fahrdistanzen. “Ich bin glücklich, dass dieses Thema in der öffentlichen Debatte angekommen ist”, sagte Rammler.
    Zahlreiche Pendler unterschätzten die psychische und körperliche Belastung der täglichen Fahrt von und zur Arbeit. “Es ist psychisch und körperlich anstrengend. Ein großer Teil der Erwerbstätigen steht kurz vor dem Burnout”, sagte Rammler. Laut einer aktuellen Studie pendeln 60 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland zur Arbeit.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung André Tautenhahn: Wieso wird die Pendlerpauschale eigentlich als Fehlanreiz interpretiert, wenn doch per Gesetz die Arbeitnehmer verpflichtet sind, längere Distanzen zum Arbeitsplatz in Kauf zu nehmen? So sind bei einem Vollzeitjob Pendelzeiten von insgesamt 2,5 Stunden zumutbar. Müsste man nicht erst das Gesetz ändern und die Erwartungshaltung von Unternehmen kritisieren, bevor man sich über den Lebensstil der Beschäftigten beklagt?

  13. Gunst der Stunde
    Neue Runde im Machtkampf: Mit dem Ausstieg Washingtons aus dem Freihandelsabkommen TPP eröffnen sich neue Perspektiven für die deutsche Asienpolitik
    Die Kulisse passte für die Mitteilung, die Außenminister Sigmar Gabriel der Öffentlichkeit zu machen hatte. Fast 400 Wirtschaftsvertreter und Diplomaten hatten sich am 24. März in den noblen Hallen des Hamburger Rathauses eingefunden, um zwischen riesigen Wandgemälden und unter hell erstrahlenden Kronleuchtern das »Liebesmahl« zu feiern, die jährliche zentrale Festveranstaltung des für Asien und die Pazifikregion zuständigen Außenwirtschaftsverbandes »Ost­asiatischer Verein« (OAV). Gabriel war als Festredner eingeladen, und er kam nach ein paar Vorbemerkungen rasch zur Sache. »Die Zukunft Europas, das transatlantische Verhältnis, die Krisen um uns herum, in der Ukraine, in Sy­rien – all diese Themen beschäftigen uns außenpolitisch enorm«, stellte er fest – und doch komme bei all den aufwendigen Aktivitäten etwas zu kurz: Asien. Das dürfe aber keinesfalls so bleiben, äußerte Gabriel. »Denn ich bin überzeugt: Asien ist eine Schlüsselregion für die Zukunft Deutschlands und Europas.« Und daraus folgt? »Wir brauchen eine strategische Neuorientierung unserer Asienpolitik.« (…)
    Gabriel hat in Hamburg geäußert, der systematische Ausbau des Freihandels müsse ein erstes Element der neuen deutschen Asien­strategie sein. Darüber hinaus wolle die Bundesregierung »die regionalen Institutionen in Asien stärken«, etwa ASEAN. Dabei handelt es sich um die Fortsetzung des Versuchs, eine Gegenmacht gegen China zu bilden.
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung Christian Reimann: Offenbar kennt der “Freihandel” keine grenzenlose Kooperation, sondern scheint auch gegen bestimmte Staaten gerichtet zu sein – hier China.

  14. Der Lügner vom Amt
    NSU-Mord in Kassel: Kriminaltechnisches Institut belastet hessischen Ex-V-Mann-Führer Andreas Temme. Er muss den sterbenden Halit Yozgat gesehen haben
    Der ehemalige hessische Verfassungsschützer Andreas Temme muss die Schüsse auf Halit Yozgat in dessen Internetcafé am 6. April 2006 gehört und beim Verlassen des Ladenlokals den Sterbenden hinter der Theke gesehen haben. Das ist das Ergebnis aufwendiger Untersuchungen eines kriminaltechnischen Instituts mit Sitz in London. Eine Dokumentation der Versuchsreihe, aus der sich ergibt, dass der Beamte vor Gericht und in Untersuchungsausschüssen gelogen hat, liegt junge Welt vor. Im Rahmen der Vorbereitungen auf das »Tribunal« des Aktionsbündnisses »NSU-Komplex auflösen« hatte das Forensic Architecture Institute in Originalgröße den Kasseler Tatort des vorletzten Mordes nachgebaut, der heute dem »Nationalsozialistischen Untergrund« zugeordnet wird. Zwischen dem 6. und dem 11. März stand dieses »Life size model« im Keller des Berliner Hauses der Kulturen der Welt. Institutsleiter Eyal Weizman ließ es am 9. März von NSU-Nebenklageanwälten, einzelnen Medienvertretern und Aktivisten besichtigen. Mit Hilfe dieses Nachbaus und eines Polizeivideos von der Tatortbegehung mit dem V-Mann-Führer Temme, der 2006 kurzfristig unter Mordverdacht gestanden hatte, konnten die Fachleute sein Sichtfeld am Computer rekonstruieren. Außerdem nahmen Experten Schüsse aus einer Pistole vom Typ »Ceska 83« auf und maßen die Lautstärke in Dezibel von dem Platz aus, auf dem Temme nach eigenen Angaben an einem der Rechner gesessen hatte, als der junge Besitzer des Internetcafés erschossen wurde. Auch olfaktorische Experimente mit Schmauch wurden durchgeführt, da Temme als Sportschütze den Geruch kennen musste – und nach eigenen Worten auch kannte.
    Quelle: junge Welt

    dazu auch: Schlussbericht NSU-Ausschuss: Scharfe Kritik an Behörden
    Der NSU-Ausschuss kritisiert in seinem Schlussbericht auch indirekt die Bundesanwaltschaft. Diese geht davon aus, dass der NSU lediglich aus drei Personen bestand. Aufgrund der Überprüfung der Ermittlungen zum Bombenanschlag in der Kölner Probsteigasse 2001 stellen die Düsseldorfer Abgeordneten die NSU-Trio-These allerdings infrage.
    “Es bestehen erhebliche Zweifel daran, dass Uwe Mundlos oder Uwe Böhnhardt die Sprengfalle abgelegt haben”, heißt es im Bericht. Es gebe Indizien, “die zumindest für die Beteiligung einer weiteren – bisher nicht identifizierten – Person sprechen”. Es sei nicht auszuschließen, “dass dem NSU noch weitere Personen angehörten”.
    Scharf kritisiert der Ausschuss auch den NRW-Verfassungsschutz und seinen Umgang mit sogenannten Vertrauenspersonen (VP) aus der Szene. Einer der Vorwürfe des Ausschusses: Die Verfassungsschützer vermittelten ausstiegswillige Neonazis nicht an das Aussteigerprogramm, sondern warben sie als Informanten an. “Angesichts der Vielzahl an VPen in NRW stellt sich die Frage, ob die Szene nicht hätte minimiert werden können”, so der Ausschuss. Die “Stabilisierung der Szene durch den Verfassungsschutz” müsse kritisch hinterfragt werden.
    Quelle: WDR

  15. Noch vor der Bundestagswahl: Staatstrojaner soll auch gegen Alltagskriminalität eingesetzt werden
    Die Polizei soll Staatstrojaner bald bei ganz normaler Alltagskriminalität einsetzen, nicht mehr nur gegen Terror. Das Justizministerium erarbeitet ein Gesetz, das noch vor der Bundestagswahl verabschiedet werden soll. Um das Thema klein zu halten, wendet die Große Koalition einen Verfahrenstrick an.
    Die Große Koalition arbeitet daran, den Einsatz staatlicher Schadsoftware massiv auszuweiten, auch auf gewöhnliche Alltagskriminalität. In letzter Minute soll die so genannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung in die Reform des Strafprozessrechts aufgenommen werden. Diese regelt eine Vielzahl von Änderungen der Strafprozessordnung wie die Videoaufzeichnung polizeilicher Vernehmungen und steht bereits kurz vor Verabschiedung im Bundestag.
    Quelle: netzpolitik.org
  16. Für einen Presseprioritätsverbesserungsleitantrag
    Der Terror des Jahres 2016 hatte Konsequenzen für Deutschland. Seit einigen Wochen darf gefilmt werden. Darüber berichtet werden dürfte jedoch auch. Das tut nur kaum jemand. Die Leitmedien schweigen.
    Videoüberwachungsverbesserungsgesetz. Wir sind in Deutschland. Nur da gibt es solche Worte. Wo andere Sprachen mit 36 Buchstaben schon zwei Sätze mit Informationsgehalt hervorbringen, ist es im Deutschen möglich, mit derselben Anzahl an Buchstaben nur ein Wort ohne Gehalt zu ersinnen. Das Videoüberwachungsverbesserungsgesetz wurde im Rahmen der Gesetzesnovelle zum Datenschutzgesetz vor einigen Wochen in Kraft gesetzt. Das geschah zum einen, weil man das deutsche Datenschutzgesetz an das EU-Datenschutzrecht anpassen wollte. Und zum anderen, weil man im Kampf gegen den Terror neue Instrumente benötigt. Den ersten Punkt streiten Datenschützer übrigens ab. Sie behaupten, dass die Änderung weiterhin keine Konformität mit dem EU-Datenschutzrecht verspreche. Mehr dazu bald in der Presse.
    Quelle: neulandrebellen
  17. Veranstaltungshinweis: 60 Jahre nach den Göttinger 18: Deutschland atomwaffenfrei oder Nuklearmacht?
    Aus Verantwortung „Nein“ gesagt zu haben zum deutschen Griff zur Atombombe, das ist die historische Leistung der Wissenschaftler, die 1957 den Aufruf der Göttinger 18 unterzeichneten und eine Mitarbeit an der Bombe verweigerten.
    Weiterhin „Nein“ zur Atombombe zu sagen ist 60 Jahre danach von bleibender, dramatischer Aktualität – nicht nur wegen der milliardenschweren “Modernisierungsprogrammen” in allen Atomwaffenstaaten. Die Weigerung der Bundesregierung, sich an den UN-Verhandlungen zu einem Verbot von Atomwaffen zu beteiligen, ist ein politscher Skandal. Welchen Wert haben dann einmütige Beschlüsse des Deutschen Bundestages für eine Welt ohne Atomwaffen?
    Die neu aufkommende Diskussion über einen deutschen Griff zur Bombe oder einer europäischen Atombombe als Reaktion auf die Politik eines aufrüstungswütigen Präsidenten der USA zeigt, Atomwaffen und ihre Abschaffung müssen wieder ein gesellschaftliches Thema werden. Dazu soll die Veranstaltung „60 Jahre nach den Göttinger 18: Deutschland atomwaffenfrei oder Nuklearmacht“ am 6. April 2017 an der HU Berlin beitragen.
    Es gilt die Mahnung: nie wieder Hiroshima, nie wieder Nagasaki!

    Anlage: Das Programm zur öffentlichen Veranstaltung [PDF]

  18. TV-Tipp: Die Anstalt


    Als Besetzer eines ZDF-Fernsehstudios rütteln die Vollblutkabarettisten Max Uthoff und Claus von Wagner an den bestehenden politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen des Landes. Gemeinsam mit ihren Gästen wollen sie hier “Stimme sein für Ungehörtes und Unerhörtes”. Tatkräftig unterstützt werden sie von Hazel Brugger, Abdelkarim und Thomas Maurer – am Dienstag, 4. April 2017, 22:15 Uhr – im ZDF.
    Quelle: ZDF