Hinweise des Tages (2)

Ein Artikel von:

(WL)

Zu folgenden Themen:

  1. Europawahl: Rechtspopulist Wilders triumphiert in den Niederlanden
  2. Unidentifiziertes politisches Objekt
  3. Geschönte Statistik: Wie die Regierung die Arbeitslosenzahl herunterrechnet
  4. Harald Schumann: Sehenden Auges in die Pleite
  5. Werner Vontobel: Das Europa der Oligarchen
  6. Putsch der Professoren
  7. Uni Stuttgart: Streichorchester mit Misstönen
  8. Friede den Kulturen
  9. Eine Glosse auf Koch-Mehrin

Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

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  1. Europawahl: Rechtspopulist Wilders triumphiert in den Niederlanden
    Bulgarien und Rumänien raus aus der EU, Einwanderungsstopp für Muslime: Mit populistischen Forderungen wurde die EU-feindliche “Partei für Freiheit” von Geert Wilders bei den Europawahlen zweitstärkste Kraft in den Niederlanden – und fordert nun auch Neuwahlen des nationalen Parlaments.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung WL: Schrecklich, aber nicht erstaunlich. Am Stimmergebnis drückt sich auch der Frust der Niederländer gegenüber Europa aus. Die Niederländer haben in einer Volksabstimmung den EU-Reformvertrag abgelehnt. Anschließend gab es ein paar Korrekturen und sie wurden nicht noch einmal befragt. Sie müssen sich ziemlich verschaukelt fühlen. Leider macht sich dann dieser Frust an Ausländerfeindlichkeit fest. Gehen Sie wählen, damit bei uns ein solcher Rechtsruck verhindert wird.

  2. Unidentifiziertes politisches Objekt
    Seltsame Welt, seltsame Demokratie, seltsames Europa: Da ist die heftigste Wirtschaftskrise seit 1929 ausgebrochen, die Grundfesten des Gemeinwesen erbeben, gewählt wird die parlamentarische Institution eines politischen Gebildes, das für 27 Staaten zunehmend Wohl und Wehe bestimmt, aber die bedeutsamste Botschaft auf den Plakaten scheint immer noch die folgende zu sein: „Am 7. Juni ist Europawahl“. Und das ist wirklich eine Information. Denn am Sonntag sind in manchen Bundesländern noch Pfingstferien. Das könnte wichtiger sein. Mehr als die Hälfte der Europäer haben keinerlei Interesse an den Europawahlen, sagen die Umfragen. Scheint auch noch die Sonne, so wird nur eine Minderheit ihr Kreuzchen machen. Schläft Europa ein? Mit Blick auf die Wahlplakate besteht kein Zweifel. Bedenkt man, was Spin-Doktoren und Werbefirmen sonst so alles leisten, wirkt das plakatierte Politik-Marketing für dieses schwache Event ziemlich blass. Aber in Europa geht alles seinen Gang, ob jemand wählt oder nicht.
    Quelle: der Freitag
  3. Geschönte Statistik: Wie die Regierung die Arbeitslosenzahl herunterrechnet
    Weniger Arbeitslose – trotz Krise. Doch dahinter steckt auch ein statistischer Kniff. Denn weniger Arbeitslose, das heißt noch lange nicht, dass mehr Bürger einen Job haben. Tatsächlich hat sich die Zahl der Menschen in Lohn und Brot kaum verändert. Die Regierung hat lediglich die Zählweise geändert, rechnet immer mehr Arbeitslose aus der Statistik heraus.
    Quelle: Das Erste Panorama
  4. Harald Schumann: Sehenden Auges in die Pleite
    Allein die Krise sei verantwortlich für den Zusammenbruch der Immobilienbank Hypo Real Estate – behaupten die damals zuständigen Aufsichtsgremien. Im Untersuchungsausschuss des Bundestages zeigt sich nun jedoch: Die Finanzaufsicht wusste schon im Herbst 2007 von den hohen Risiken bei der Bank.

    Doch für die nötige Korrektur des Geschäftsmodells der HRE, sagte Aufseher Schrader, habe es keine rechtliche Grundlage gegeben. Für den einfachen Beamten war der Fall damit abgeschlossen. Minister Steinbrück und sein Staatssekretär Jörg Asmussen werden es schwerer haben, ihre Untätigkeit zu rechtfertigen.
    Quelle: Tagesspiegel

  5. Werner Vontobel: Das Europa der Oligarchen
    Aus lauter Angst füttert die Bundesregierung auf Kosten des Steuerzahlers die Geld-Eliten. Stattdessen sollte sie lieber aktive Industriepolitik betreiben
    Quelle: der Freitag

    Anmerkung Orlando Pascheit: Nur, man hätte schon gerne gewußt, wie sich aktive Industriepolitik in Europa für Vontobel darstellt.

  6. Putsch der Professoren
    Viele Hochschullehrer haben Probleme mit einem starken Präsidium. So droht die Präsidentin der Uni Hamburg über ihren Führungsstil zu stürzen. Auch an anderen Hochschulen rumort es.
    Nahezu alle Hochschulen tun sich schwer mit durchsetzungsstarken Präsidenten, aber alle gehen unterschiedlich damit um. An der Uni Rostock wurde der Rektor zum Rücktritt gedrängt, weil er es gewagt hatte, sich an einer anderen Hochschule zu bewerben. An der Uni Oldenburg wurde der Präsident aus dem Amt gemobbt, weil er den einen zu viele Reformen anschob, den anderen zu wenig.
    Quelle: FTD

    Anmerkung WL: Eine autokratisch geführte Hochschule ist eben noch lange keine „autonome“ Hochschule.

  7. Uni Stuttgart: Streichorchester mit Misstönen
    Die Uni Stuttgart will in den nächsten Jahren 24 Professuren, von denen 16 aus den Geisteswissenschaften stammen, umwidmen, um ihr Forschungs- und Technikprofil zu schärfen. Diese Pläne des Rektors stoßen auf scharfen Protest. Von Kahlschlag und von einem “hochschulpolitischen Holzweg” ist die Rede.

    Anmerkung C.W.: Dafür werden 24 (!) Professuren umgewidmet. Ziel ist es, bei der Exzellenzinitiative II mehr Geld zu bekommen. Neue Schwerpunkte sollen Zukunftsthemen sein wie Simulationstechnologie, Materialwissenschaften und Komplexe Systeme.

    Geplant sind folgende Streichungen:

    • Historisches Institut: – 3
    • Kunstgeschichte: – 2
    • Literaturwissenschaft: -5
    • Wirtschaftswissenschaften: -6

    Bei den Ingenieur- und Naturwissenschaften:

    • Architektur
    • Siedlungswasserbau
    • Biologie
    • Strömungsmechanik
    • anorganische Chemie
    • Mathematik
    • Theoretische Physik

    “”Es wäre eine kulturelle Schande für Stuttgart, ohne Geisteswissenschaften dazustehen”, sagt Scholz. Nicht nur der Verlags- und Medienstandort würde geschädigt, auch Institutionen wie die Staatsgalerie, das Literaturhaus, das Italienzentrum, das Haus der Geschichte, die zahlreichen Gasthörer, mithin alle Bürger würden vor den Kopf gestoßen. “Der gute Ruf der Landeshauptstadt und der Universität werden der Lächerlichkeit anheimfallen”, heißt es in einer Stellungnahme des Historischen Instituts.”

    Bildung wird in Stuttgart offenbar nur noch um des Geldes willen angeboten. Wer braucht schon Siedlungswasserbau, oder Kunstgeschichte wenn er Simulationstechnologie und Komplexe Systeme haben kann…

  8. Friede den Kulturen
    Barack Obama hat in Kairo eine nuancierte und kräftige Rede gehalten. Er hat in überzeugender Weise die Hand ausgestreckt. Die Erwartungen waren hoch, nicht zuletzt wegen seiner persönlichen Abstammung, seiner Biografie und seiner politischen Versprechen. Zwar lassen sich die komplexen Probleme im Verhältnis zwischen den USA und der muslimischen Welt nicht von heute auf morgen bereinigen. Aber der Auftritt in Kairo hat einen wichtigen Impuls gegeben.

    Wie weit dieser trägt angesichts der harten Realität amerikanischer Interessenpolitik, des zu erwartenden israelischen Drucks, der unentwirrbaren palästinensischen Spaltung und der dschihadistischen Unerbittlichkeit, das kann heute niemand sagen.
    Quelle: FR (mit einem Video der Rede)
    Quelle 2: Obamas Rede im Wortlaut

  9. Eine Glosse auf Koch-Mehrin:

    Der Fluch des Kleingedruckten

    Mit Verzückung entnahm ich am gestrigen Tag meinem Briefkasten eine Wahlwerbung für die Europawahl, auf der mir gleich auf der Vorderseite in großen Lettern die Losung ins Auge sprang:

    „Arbeit muss sich wieder lohnen.“

    Daneben das Foto einer freundlich blickenden Dame mit dem blendendsten Zahnweißlächeln einer Zahnarztgattin. Ach nein, ist sie doch selbst Mitglied unserer Elite, wie ihr Doktortitel suggeriert. Nicht nur Doktorengattin. Nun las ich auch, welcher der politischen Parteien diese mich ansprechende Losung zu verdanken ist: der FDP.

    Auf der Suche nach der neuen FDP-Forderung für einen allgemeinen Mindestlohn von mindestens 10 Euro, welcher diese Losung mit Leben erfüllen würde, begann ich nun auch das Kleingedruckte auf der Rückseite zu lesen. Doch dabei bestätigte sich wieder einmal die alte Weisheit, auch immer das Kleingedruckte unbedingt zu beachten. Prangte mir doch gleich an erster Stelle entgegen: „Mehr Netto vom Brutto“. Sollte ich nun also auch mich dafür einsetzen, dass der deutsche Staat ein noch höheres Defizit im Staatshaushalt einfährt, weil er noch weniger Steuern einnimmt? Dann könnte die Bundesregierung doch noch weniger „systemrelevanten Banken“ mit Staatsgeldern unter die Arme greifen und sie vor dem sicheren Untergang bewahren. Sollte ich dies als verantwortungsvoller deutscher Staatsbürger wirklich wollen?

    Noch etwas anderes fiel mir in diesem Zusammenhang auf. Wollte Frau Doktor Koch-Mehrin, denn sie war diese freundlich dreinblickende Dame, dem Wähler einen neuen Weg aufzeigen, wie sich Arbeit doch wieder lohnen könnte? Getreu dem Motto: „Abschaffung der Anwesenheitspflicht für Arbeitnehmer!“. „Freiheit zur selbstbestimmten Anwesenheitsquote zwischen 75 und 45 Prozent!“ Hatte sie doch in selbstaufopfernder Vorbildwirkung dem Arbeitnehmer vorgemacht, wie so etwas funktionieren kann. Mit einer Anwesenheit von 45 bis 75 Prozent (je nach Definition) Leistungen von 100 Prozent einstreichen. Da lohnt sich Arbeit doch wieder!

    Juni 2009, Lutz Hausstein

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