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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Nahles will SPD nicht weiter nach links rücken
  2. Was Betriebsräte bewirken
  3. Auf Kosten der Alten: Die Profitgier der Pflegekonzerne
  4. Stickoxide: Kommt der Null-Tarif im Nahverkehr?
  5. „Kopf braucht Dach“: DSW-Kampagne für Neubau von Studentenwohnheimen
  6. Breitbandausbau: Deutschland, dein Lobbyproblem
  7. Know-how-Transfer
  8. Transatlantische Konkurrenten
  9. Die Nato will den «Flugzeugträger Island» wieder mehr nutzen
  10. Türkei wird zum Sicherheitsrisiko
  11. Stiller Erfolg der SPD
  12. US-Heimatschutzbehörde: Keine Beweise für Manipulation der Wählerstimmen durch Russen
  13. Wo geht’s hier zum Widerstand?

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Nahles will SPD nicht weiter nach links rücken
    Die designierte Vorsitzende der SPD, Andrea Nahles, will die Partei nicht nach links rücken. Arbeit, Wirtschaft und Weltoffenheit müssten zentrale Begriffe der SPD sein, sagt Nahles der ZEIT. “Wir müssen uns selbst auf Herz und Nieren prüfen, ob unsere Selbstverortung noch stimmt und für die Zukunft trägt.”
    Bei manchen Themen müsse die SPD linker werden, etwa wenn es um den digitalen Kapitalismus gehe – um Firmen beispielsweise, die sich als Avantgarde aus dem Silicon Valley präsentierten, zugleich aber an Monopolen arbeiteten und sich an keine Werte und Grenzen gebunden sähen. Bei anderen Themen sei das anders. Lange habe in der SPD zum Beispiel die Vorstellung geherrscht, für soziale Sicherheit zuständig zu sein, während sich die CDU für die innere Sicherheit interessiere. Sicherheit müsse aber umfassender verstanden werden.
    Zu Forderungen aus der Basis nach mehr “SPD pur”, sagt die mögliche neue Parteichefin, auch sie wolle SPD pur. Das Problem sei allerdings, “dass wir das selbst nicht mehr durchdeklinieren können”.
    Quelle: Zeit Online

    Anmerkung Christian Reimann: Das ist doch Merkel2.0, oder? Wer ist eigentlich mit “wir” gemeint, wenn Frau Nahles sagt, sie wolle SPD pur, aber es gäbe das Problem, “dass wir das selbst nicht mehr durchdeklinieren können”?

    dazu: Eine Partei schafft sich ab
    Die SPD droht an Fehlern aus der Vergangenheit zu scheitern. Sie ist so sehr mit ausbessern beschäftigt, dass Innovation keinen Platz mehr hat.
    Nicht die Großen Koalitionen von 2005 und 2013 sind für den Niedergang der SPD verantwortlich, sondern ihre „Agenda“-Politik, die im Bündnis mit der Union modifiziert fortgesetzt wurde. Dass die SPD nach 1998 die Hälfte ihrer Wähler verloren hat, ist einerseits der Enttäuschung vieler Menschen über ihre Regierungspraxis geschuldet – und andererseits der Tatsache, dass sie ihre Stammklientel, die damals noch aus Facharbeitern bestand, durch eine Prekarisierung der Arbeitswelt mit zerstört hat. Unter dem Damoklesschwert von Hartz IV akzeptierten Belegschaften, Betriebsräte und Gewerkschaften schlechtere Arbeitsbedingungen und sinkende Löhne. Heute ist der Niedriglohnsektor, in dem fast ein Viertel aller Beschäftigten tätig sind, das Haupteinfallstor für Erwerbs-, Kinder- und spätere Altersarmut. (…)
    Statt die pragmatische Linie des Regierungsflügels von Helmut Schmidt über Gerhard Schröder zu Martin Schulz fortzusetzen, muss sich die Partei wieder in die Tradition von August Bebel und Willy Brandt stellen. Brandt hat es mit seiner Ost- und Entspannungspolitik, dem Versprechen, mehr Demokratie wagen zu wollen, und dem Programm der inneren Reformen seinerzeit geschafft, aus einer Juniorpartnerschaft mit der Union heraus den Regierungs- und Politikwechsel herbeizuführen.
    Anders als damals verkörpert die SPD heute keine überzeugende Alternative zu den übrigen Parteien. Was sie braucht, sind neue Köpfe mit fortschrittlichen Ideen. Eine politische Aufbruchstimmung verbreiten weder Olaf Scholz noch Andrea Nahles, die beide schon SPD-Generalsekretär/in und Minister/in in einer Großen Koalition waren. So misslich es für die Partei war, in den Regierungskoalitionen unter Angela Merkel dezimiert zu werden: Noch existenzgefährdender dürfte es für sie werden, in den politischen Abstiegsstrudel am Ende von Merkels Kanzlerschaft zu geraten.
    Quelle: Christoph Butterwegge in der taz

    Anmerkung Christian Reimann: Möglicherweise könnte die Flensburger Oberbürgermeisterin, Frau Lange, eine personelle Alternative sein. Es sollte ihr nicht schwerfallen, auch inhaltliche Alternativen für die SPD aufzuzeigen. Bitte lesen Sie dazu erneut Über was verhandeln Union und SPD? Über was sollten sie verhandeln? Was wären sinnvolle und notwendige programmatische Entscheidungen? Das soll das Thema dieses Beitrags sein.

  2. Was Betriebsräte bewirken
    Dieses Jahr stehen wieder Betriebsratswahlen an: Von Anfang März bis Ende Mai sind Arbeitnehmer in zahlreichen Unternehmen aufgerufen, über die Zusammensetzung ihrer betrieblichen Interessenvertretung abzustimmen. Wer sich an der Wahl beteiligt, nimmt ein demokratisches Grundrecht in Anspruch – und stärkt gleichzeitig eine Institution, der wirtschaftswissenschaftliche Studien erheblichen Nutzen bescheinigen. Den aktuellen Stand der Forschung zur betrieblichen Mitbestimmung in Deutschland haben Uwe Jirjahn von der Universität Trier und Stephen Smith von der George Washington University zusammengefasst. (…)
    Auch mit Blick auf das Problem der „unvollständigen Verträge“ erscheine betriebliche Mitbestimmung sinnvoll, schreiben Jirjahn und Smith. Demnach ist es unmöglich, in einem Arbeitsverhältnis alle Details vertraglich zu regeln und damit einklagbar zu machen. Beschäftigte müssen darauf vertrauen, dass ihr Arbeitgeber sich an Zusagen hält und vertragliche Leerstellen nicht zu seinen Gunsten ausnutzt. Wenn dieses Vertrauen fehlt, haben Betriebe ein massives Problem. Eine Beförderung als Belohnung für bestimmte Leistungen in Aussicht zu stellen, funktioniert beispielsweise nur dann als Anreiz, wenn die Arbeitnehmer nicht befürchten müssen, übers Ohr gehauen zu werden. Betriebsräte mit klar definierten Informations- und Mitbestimmungsrechten, die die Interessen der Belegschaft wirksam vertreten und die Einhaltung von Versprechen durchsetzen können, ermöglichen dem Arbeitgeber glaubwürdige Selbstverpflichtungen.
    Neben den Eigentümern eines Unternehmens können auch Manager oder Vorgesetzte Vertrauen missbrauchen – etwa indem sie Schmeichler und Günstlinge fördern statt kompetente Beschäftigte oder indem sie Untergebene willkürlich schlecht behandeln. Betriebsräte können laut der Literaturstudie zur Vermeidung solcher Missstände beitragen, indem sie direkte Kommunikation mit der Unternehmensleitung ermöglichen, die nicht durch Vorgesetzte gefiltert wird. (…)
    Aktuelle empirische Studien, die auf umfangreichen Datensätzen beruhen, können überwiegend positive Effekte auf diverse Dimensionen des Unternehmenserfolgs nachweisen, so Jirjahn und Smith. Betriebsräte tragen demnach zu mehr Produktivität, höheren Löhnen und steigenden Renditen bei. Zudem können mitbestimmte Betriebe mit mehr ökologischen Investitionen und schrittweisen Innovationen, Weiterbildung und dualer Ausbildung aufwarten. Die Personalfluktuation nimmt ab, es gibt weniger Arbeitskräftemangel, dafür mehr familienfreundliche Praktiken und flexible Arbeitszeitmodelle.
    Quelle: Böckler Impuls
  3. Auf Kosten der Alten: Die Profitgier der Pflegekonzerne
    Kommerzielle Altenpflegeheime können derzeit in Deutschland gut verdienen. Denn Pflegekräfte sind rar und preiswert. Jeder Euro, der nicht fürs Personal ausgegeben wird, erhöht die Rendite. Dabei bezahlen Pflegebedürftige oft Tausende Euro im Monat dafür, dass sich in Heimen sorgfältig um sie gekümmert wird. Doch das ist nicht immer der Fall. Frontal 21 wollte eigentlich nur nachrechnen, wie viel kommerzielle Heimbetreiber am Pflegegeschäft verdienen. Doch die Recherchen ergaben neben hohen Gewinnen für die Konzerne auch vernachlässigte Bewohner bis hin zu Schwerverletzten in den Einrichtungen.
    Quelle: Frontal 21

    dazu: GroKo nimmt einen neuen Anlauf
    Pflegepersonalmangel ist heute schon Dauerbrenner in der politischen Diskussion. In wenigen Jahren könnten hunderttausende Pflegekräfte fehlen. […]
    Derzeit liegt die Zahl der offenen Stellen in der Altenpflege nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit bei rund 24.000. Durchschnittlich 170 Tage dauert es, bis eine frei werdende Stelle in der Altenpflege wieder besetzt werden kann. Das ist ein Rekrodwert unter allen Branchen. In den Krankenhäusern geht die Gewerkschaft verdi von 70.000 fehlenden Pflegekräften aus.
    Die Politik strahlt Optimismus aus, dass der Pflegenotstand perspektivisch in den Griff zu bekommen ist. Schon in der abgelaufenen Legislatur hat die Koalition von Union und SPD die Nachfrage nach Pflegekräften angeheizt. Die über mehr als zehn Jahre vorbereitete Reform des Pflegebedürftigkeitsbegriffs ab Januar 2017 sorgt für Nachfrage auf dem leergefegten Arbeitsmarkt. “Für höhere Pflegegrade benötigt man mehr Personal und damit andere Personalschlüssel”, sagte der damalige Pflegebeauftragte der Bundesregierung und heutige Gesundheitsminister in Nordrhein-Westfalen Karl-Josef Laumann (CDU) kurz nach Inkrafttreten der Pflegereform im Interview mit der “Ärzte Zeitung”.
    Sieben Länder haben die Vorgaben zur Personalausstattung bereits nachprüfbar angepasst. Das sind ausweislich der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken-Fraktion Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen. Zusammen haben sie 10.380 neue Stellen geschaffen. Ob und wenn ja wie viele dieser zusätzlichen Stellen bereits besetzt sind, ist Stand Mittwoch auch im Gesundheitsministerium nicht bekannt.
    Quelle: Ärztezeitung

  4. Stickoxide: Kommt der Null-Tarif im Nahverkehr?
    In der geschäftsführenden Bundesregierung wird offensichtlich über einen Null-Tarif im öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) nachgedacht. Das berichteten am Dienstag verschiedene Medien.
    Um eine Klage der EU-Kommission wegen verbreiteter Verletzung der Stickoxid-Grenzwerte in Dutzenden Städten abzuwehren, suchen Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD), Verkehrsminister Christian Schmidt (CSU) und Kanzleramtsminister Peter Altmayer (CDU) nach Wegen, den innerstädtischen PKW-Verkehr einzudämmen.
    In einem Brief der Minister an die EU-Kommission wird der kostenlose Nahverkehr als eine mögliche Maßnahme gegen die hohe Belastung in vielen Städten genannt. Das Schreiben ist offensichtlich die Reaktion auf eine Frist zur Ergreifung von Maßnahmen, welche die Kommission kürzlich der Bundesregierung gesetzt hatte.
    Noch immer, so Umweltkommissar Karmenu Vella Ende Januar in einer Stellungnahme, würden in der EU aufgrund der Luftverschmutzung jährlich 400.000 Menschlich vorzeitig sterben. Die Zeit für das Erreichen der von den Mitgliedsstaaten verabredeten und gesetzlich fixierten Grenzwerte sei längst abgelaufen.
    Die Kommission überlegt daher, gegen neun Mitgliedsstaaten Klagen vorzubereiten. Neben Deutschland sind dies die Tschechische Republik, Spanien, Frankreich, Großbritannien, Ungarn, Rumänien, die Slowakei und Italien. (…)
    Voraussetzung wäre allerdings auch eine erhebliche Verbesserung des Angebots, das heißt, mehr Strecken, höhere Frequenz, mehr Zuverlässigkeit und mitunter auch mehr Sauberkeit.
    Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) zeigt sich in einer Stellungnahme von dem Vorschlag überrascht und kritisch. “Endlich erkennt auch die Bundesregierung die Schlüsselrolle des ÖPNV für Luftreinhaltung und Klimaschutz”, so VDV-Präsident Jürgen Fenske. Bevor man aber mit einem kostenlosen Angebot mehr Fahrgäste in den ÖPNV locke, müsse dieser erst ausgebaut und leistungsfähig gemacht werden. (…)
    Und wer soll das alles bezahlen? Es könnten zum Beispiel Kapitalerträge und Vermögen wieder stärker besteuert werden. Oder Erbschaften. Die Vermögens- und Erbschaftssteuern sind hierzulande so niedrig, wie in kaum einem anderen EU-Land, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet.
    Das Vermögen des reichsten Prozents der hiesigen Gesellschaft wächst derzeit um 3.662 Euro pro Sekunde. Würde dies vollständig per Steuer abgeschöpft, ergäben sich für den Fiskus jährliche Einnahmen von gut 115 Milliarden Euro. Damit ließe sich nicht nur ein guter, deutlich verbesserter ÖPNV vollständig finanzieren, sondern auch noch eine vernünftige Bundesbahn und manches mehr.
    Quelle: Telepolis
  5. „Kopf braucht Dach“: DSW-Kampagne für Neubau von Studentenwohnheimen
    Aldi steigt ins Immobiliengeschäft ein und massenhaft Studierende finden keine bezahlbare Bleibe. Für Achim Meyer auf der Heyde sind das Zeichen politischen Versagens. Im Gespräch mit Studis Online fordert der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks (DSW) ein Umsteuern und mehr Geld vom Bund. Ein wenig Hoffnung macht ihm der Koalitionsvertrag. […]
    Inzwischen konkurrieren Wohnungssuchende bis in die Mittelschicht hinein um günstigen Wohnraum – und die Studierenden sind eine der Gruppen. Wenn Aldi jetzt auf den Wohnungsmarkt drängt, zeigt sich darin letztlich, wie fatal der Rückzug des Staates aus dem sozialen Wohnungsbau in den vergangenen Jahrzehnten war. Man muss ganz klar sehen: Der Markt allein hat es nicht gerichtet und er wird es nicht richten. 2.000 zusätzliche Wohnungen, wie sie Aldi jetzt in Berlin plant, sind ein Tropfen auf den heißen Stein.
    Wir brauchen neben dem Markt staatliches Handeln, wir brauchen ein Umdenken in der Politik. Die privaten Investoren zum Beispiel bauen und vermieten hochpreisig, das ist ihr gutes Recht, aber die hohen Mieten, die da aufgerufen werden, kann sich nur ein vergleichsweise kleinerer Teil der Studierenden leisten. Uns geht es gerade um jenes Viertel der Studierenden im unteren Einkommensspektrum. Sie haben weniger als 700 Euro im Monat zur Verfügung und müssen fast die Hälfte davon für die Miete ausgeben.
    Wir Studentenwerke haben deshalb die Kampagne „Kopf braucht Dach“ gestartet, mit der wir Bund, Länder und auch Kommunen auffordern, mehr im Wohnheimbau für Studierende zu tun. Denn jeder neue Wohnheimplatz für Studierende entlastet die Wohnungsmärkte zugunsten einkommensschwächerer Nachfrager.
    Quelle: Studis Online
  6. Breitbandausbau: Deutschland, dein Lobbyproblem
    Die Kundennachfrage nach Highspeed-Internetanschlüssen ist gering, klagt CSU-Politikerin Dorothee Bär. Die Aussage ist erstaunlich, passt aber auf traurige Weise ins Schema deutscher Digitalpolitik. “Im Moment haben wir ja das Problem, dass die Telekommunikationsunternehmen auch ihre 100 oder 200 Mbit/s-Anschlüsse nicht loswerden”, erklärte die Internetexpertin der CSU, Dorothee Bär zu den Digitalplänen der kommenden Bundesregierung. Bär ist ohne Zweifel sehr sachkundig. Das aber macht ihre Aussage zugleich erstaunlich, skandalös und unerstaunlich. […]
    Unerstaunlich an Bärs Aussage ist schließlich ihre Existenz, denn die regierende Politik kommuniziert im Digitalbereich auffällig konzernnah. Die Politiker tun das oft auch, wenn es den Bevölkerungsinteressen erkennbar entgegensteht. Die Telekom erklärte 2017, dass 100 Mbit/s derzeit ausreichen, was zufällig auch der für sie flächig erreichbaren Maximalgeschwindigkeit entsprach. Dorothee Bär gibt dieser Argumentation politische Rückendeckung, als sei sie Interessenvertreterin der Telekom.
    Exakt das ist eines der größten deutschen Digitalprobleme: der Unwille, digitalgesellschaftlich sinnvolle Positionen auch dann zu vertreten, wenn sie mächtigen (deutschen) Altunternehmen entgegenstehen. Das deutsche Lobbyismus-Problem lässt sich sehr gut rund um die Digitalisierung erkennen.
    In diesem Kontext ist interessant, dass die Große Koalition auf Druck der CSU soeben ein Lobbyregister verhindert hat. Damit will ich explizit nicht unterstellen, dass Dorothee Bär oder die CSU bestechlich seien. Aber die Transparenz, die das Register hätte bringen können, wollte die CSU trotzdem nicht herstellen.
    Quelle: Spiegel Online
  7. Know-how-Transfer
    Bundesregierung will Regelungslücke für Rüstungsfirmen nicht schließen
    Kanzlerin Merkel und Außenminister Gabriel lassen weiter zu, dass deutsche Rüstungsunternehmen ihr Know-how zum Bau von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern unkontrolliert in Diktaturen sowie Spannungs- und Krisengebiete exportieren können. CDU, CSU und SPD fehlt der politische Wille, eine für Rüstungsunternehmen unbequeme Gesetzesänderung zu beschließen. Profiteure sind zum Beispiel Rheinmetall und der türkische Despot Erdogan mit ihrem schmutzigen Panzerdeal. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung (PDF) auf die Kleine Anfrage „Genehmigungspflicht für technische Unterstützung im Zusammenhang mit Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ (Bundestagsdrucksache 19/644) der Rüstungsexpertin Sevim Dagdelen hervor.
    Quelle: die Linke im Bundestag
  8. Transatlantische Konkurrenten
    In Washington werden ernste Warnungen vor einer eigenständigen, auf die Schwächung der NATO zielenden deutsch-europäischen Militärpolitik laut. Man befürworte die Militarisierung der EU, sofern sie “die NATO ergänze”, wird eine hochrangige Pentagon-Mitarbeiterin zitiert; doch werde man intervenieren, wenn Berlin und die EU begännen, militärische Kapazitäten aus dem transatlantischen Bündnis abzuziehen und sie für ihre eigenen Kriege zu nutzen. Die Äußerung erfolgt mit Blick auf das heute beginnende Treffen der NATO-Verteidigungsminister, auf dem unter anderem die Einrichtung zweier neuer NATO-Hauptquartiere beschlossen werden soll. Eins wird in den Vereinigten Staaten angesiedelt; es soll die militärischen Nachschubwege aus Nordamerika über den Atlantik nach Europa sichern. Ein zweites wird in der Bundesrepublik etabliert; es soll die blitzschnelle Verlegung von Truppen aus Westeuropa über den europäischen Kontinent nach Osten optimieren. Nach aktuellem Planungsstand wird es deutscher Hoheit unterstehen und auch außerhalb der NATO nutzbar sein.
    Quelle: German Foreign Policy

    dazu: Bundesregierung an der Spitze der NATO-Provokateure
    „Anstatt sich international als Vermittler und Friedensstifter zu betätigen, stellt sich die geschäftsführende Bundesregierung ein weiteres Mal an die Spitze der Provokateure und trägt dazu bei, den Konflikt zwischen der NATO und Russland zu schüren. Das neue NATO-Hauptquartier in Deutschland, welches heute beschlossen werden soll, ist neben der stetigen Steigerung des Verteidigungsetats, Militärübungen und Truppenverlegungen an die russischen Grenze sowie Handelssanktionen dabei nur ein weiterer Schritt in Richtung Eskalation“, erklärt Alexander S. Neu, für die Fraktion DIE LINKE Obmann im Verteidigungsausschuss, zum heute beginnenden Treffen der NATO- Verteidigungsminister in Brüssel. Neu weiter: „Auch das stetige Vorantreiben der Militarisierung der EU ist alles andere als hilfreich und zugleich ein Dorn im Auge der NATO. Die im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD ausgegebene Devise, man wolle ‚transatlantisch bleiben und europäischer werden‘ kommt einer Quadratur des Kreises gleich. Denn eine europäische Selbstständigkeit steht den US-amerikanischen Interessen diametral gegenüber. Die US-Amerikaner wollen die militärischen Fähigkeiten der EU zwar ebenfalls ausgebaut sehen, diese aber im Rahmen der NATO und unter US-amerikanischer Führung nutzen. Dies wird früher oder später zu Konflikten zwischen EU und USA führen.
    Quelle: die Linke im Bundestag

    dazu auch: NATO prescht vor
    Wehretats sollen drastisch steigen. Weiteres Hauptquartier in Deutschland vorgesehen. Ziel: Schneller Aufmarsch gegen Russland. EU will eigenständig aufrüsten
    Die NATO-Verteidigungsminister haben auf ihrem am Mittwoch in Brüssel gestarteten Treffen einen deutlichen Anstieg der Wehretats konstatiert und weitere Schritte zur Militarisierung Europas und Nordamerikas in die Wege geleitet. Wie NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg mitteilte, sind die Rüstungshaushalte der europäischen NATO-Länder und Kanadas im Jahr 2017 um rund fünf Prozent gewachsen. In diesem Jahr wird zudem die Zahl der Mitgliedstaaten, die zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts oder mehr für ihre Streitkräfte ausgeben, auf acht steigen. Und Stoltenberg und Washington machen Druck, die Militäretats weiter aufzustocken.
    Quelle: junge Welt

  9. Die Nato will den «Flugzeugträger Island» wieder mehr nutzen
    Der kalte Wind zwischen dem Westen und Russland und die Modernisierung der russischen U-Boot-Flotte rücken Island wieder ins Blickfeld der Nato-Militärstrategen. In Reykjavik ist man davon wenig begeistert. (…)
    Eine neuerliche ständige Militärpräsenz der USA in Island wäre für die isländische Politik allerdings ein heisses Eisen. Dies umso mehr, als seit Ende 2017 eine von der links-grünen Ministerpräsidentin Katrin Jakobsdottir geführte Regierung an der Macht ist. Der Koalition gehören zwar mit der Unabhängigkeits- und der Fortschrittspartei auch zwei Mitte-Rechts-Formationen an, die einer Rückkehr der US-Navy nicht grundsätzlich ablehnend gegenüberstehen. Die Links-Grünen aber haben ein dezidiert pazifistisches Profil und stellen sich nicht nur gegen jegliche «Militarisierung» Islands, sondern fordern sogar einen Austritt des Landes aus der Nato. (…)
    Ausserdem besteht ein 1951 zwischen Reykjavik und Washington geschlossener Vertrag über die Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich, der nach wie vor in Kraft ist und 2016 durch einen Zusatz erweitert wurde. Die Regierung Jakobsdottir will nun prüfen, inwieweit Verbesserungen der Luftwaffenbasis Keflavik für eine Reaktivierung durch die USA ihrer Genehmigung unterlägen.
    Quelle: Neue Zürcher Zeitung
  10. Türkei wird zum Sicherheitsrisiko
    “Ich wende mich strikt gegen das Verhalten der Türkei”. So äußerte sich EU-Kommissionschef Juncker über die Eskalation, die Sultan Erdogan gleich an drei Fronten betreibt. Auch die Nato ist besorgt. Syrien, Zypern und Ägäis: Dies sind die drei Fronten, an denen die Türkei die Sicherheitsinteressen der EU und der Nato herausfordert. In Syrien droht sogar eine direkte Konfrontation mit den USA. Sie sehe in dem Konflikt zwar “keine Rolle für die Nato, aber natürlich erfüllen uns diese Vorgänge mit großer Sorge”, sagte Verteidigungsministerin von der Leyen beim Treffen mit ihren Nato-Kollegen in Brüssel.
    Quelle: Lost in Europe

    dazu: Erdogan führt Türkei in internationale Isolation
    Martina Michels, stellvertretendes Mitglied der parlamentarischen EU-Türkei-Delegation, kommentiert die Pläne Erdogans, den völkerrechtswidrigen Militärschlag in der nordsyrischen Region um Afrin auch auf das benachbarte Manbidsch auszuweiten zu wollen:
    „Am vergangenen Wochenende hatte ich in Ankara die Gelegenheit, mit Betroffenen der jüngsten Verhaftungswelle in der Türkei zu sprechen. Sie galt vor allem jenen, die ein Ende des völkerrechtswidrigen Angriffs in Nordsyrien fordern und die sich für Frieden im Innern der Türkei sowie der ganzen Region, insbesondere in Syrien, einsetzen. Zu den ersten Verhafteten gehörten sowohl Mitglieder der türkischen Ärztevereinigung, die eine Erklärung gegen den Einmarsch veröffentlichten, als auch die bis Sonntag amtierende Ko-Vorsitzende der HDP, Serpil Kemalbay, die erst Samstag wieder auf freien Fuß kam.“
    Michels ergänzt: „Dies ist bereits das zweite Mal innerhalb von zwei Jahren, dass Erdogan Menschen verfolgen und einsperren lässt, die nichts anderes als Frieden und Dialog fordern, den sowohl der Südosten der Türkei als auch Syrien und der Irak so dringend brauchen. Stattdessen ist er nachdrücklich darauf erpicht, die Eskalation der ganzen Region durch sein gnadenloses Streben nach der regionalen Vormachtstellung in Kauf zu nehmen – und dabei geht er buchstäblich über Leichen.“
    Quelle: die Linke im Europaparlament

  11. Stiller Erfolg der SPD
    Die SPD hat das Einwanderungsgesetz gegen den Willen der Union durchgesetzt. Jetzt kommt es auf die Ausgestaltung der Details an. […]
    Doch einen Erfolg haben die Sozis in der Arbeitsgruppe dann doch errungen – und der ist möglicherweise größer, als es im ersten Moment scheint: Die SPD hat sich mit ihrer langjährigen Forderung nach einem Einwanderungsgesetz durchgesetzt. Auch wenn die Union nicht von Zugeständnissen sprechen will: In der alten Groko waren CDU und CSU noch dagegen, den Zuzug von Arbeitskräften zu erleichtern und das undurchsichtige Regelwerk zu vereinfachen – obwohl sich die Wirtschaft das schon lange wünscht. Nun kann die SPD doppelt punkten: bei der heimischen Wirtschaft. Und bei denen, die sich eine weltoffenere Migrationspolitik wünschen.
    Quelle: taz

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Auch die CDU hatte ein Fachkräftezuwanderungsgesetz im Wahlprogramm – wo hat sich die SPD gegen nicht vorhandenen Widerstand durchgesetzt? Im Übrigen hat der Autor überhaupt keine Ahnung von dem geplanten Gesetz, denn es behandelt ausschließlich die Zuwanderung nichtakademischer Fachkräfte. Die genannten “ÄrztInnen und IngenieurInnen” und die übrigen Akademiker dürfen schon seit vielen Jahren auch mit Dumpinglöhnen per Blue Card zuwandern.

  12. US-Heimatschutzbehörde: Keine Beweise für Manipulation der Wählerstimmen durch Russen
    Die US-Heimatschutzbehörde liegt im Clinch mit NBC. Der Sender hatte unter Berufung auf Mitarbeiter der Behörde behauptet, russische Hacker seien im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen 2016 in Wahlsysteme eingedrungen. Diese Darstellung sei “unverantwortlich”.
    In einem von dem US-Sender NBC News vergangene Woche ausgestrahlten Beitrag behauptet dieser, russische Hacker seien während der US-Präsidentschaftswahlen im November 2016 in mehreren Bundesstaaten erfolgreich in die Wahlsysteme eingedrungen. “Wir konnten feststellen, dass Wählerregistrierungsdatenbanken auf Geheiß der russischen Regierung gescannt und geprüft wurden”, zitiert der Sender Jeh Johnson, zum damaligen Zeitpunkt Chef des Department of Homeland Security (DHS).
    Die Beauftragte für Cybersicherheit der Heimatschutzbehörde, Jeanette Manfra, sah sich jedoch genötigt, die Aussagen des NBC-Beitrags zu korrigieren. Laut einer am Montag veröffentlichten Erklärung auf der Webseite der Behörde sei die Darstellung des Senders irreführend, wonach Russland in die Wahlsysteme “erfolgreich eingedrungen” sei. In der Erklärung heißt es:
    Quelle: RT deutsch

    dazu: “Russland will Zwietracht bei den US-Kongress-Wahlen 2018 säen”
    US-Geheimdienstchefs bleiben ihren Vorwürfen treu, wonach Russland Wahlen manipuliert; der Kreml sieht in den Vorwürfen eine “Obsession”
    Bei denjenigen Vorwürfen, die glasklar zeigen, dass es sich, wenn es um russische Einmischungen geht, nicht nur um politische Rhetorik handelt, sondern um handfeste strafbare Akte, um Angriffe auf Wahlcomputer zum Beispiel, vollführen die Warner eine beschwichtigende Kurve. […]
    Nicht nur Russland, auch Teile der US-Administration und der US-Medien verbreiten eine politisch favorable Botschaft. Sie lautet: Man kann gar nicht genug vor den Russen warnen. Der New-York Times-Artikel, aus dem die beiden Aussagen stammen, ist einer der Träger dieser Botschaft, die schon in der Überschrift steckt: “Russland sieht die Zwischenwahlen (von Senatoren und Mitgliedern des Repräsentantenhauses) als Chance, um neue Zwietracht zu säen, warnen Geheimdienstchefs.”
    In dem Artikel geht es um die jährliche Anhörung der Chefs der Geheimdienste (CIA, NSA, DIA, NGA) und des FBI vor dem Ausschuss Senate Intelligence Committee über “weltweite Bedrohungen”. Mike Pompeo, Direktor der CIA, war da; der Director of National Intelligence (DNI), Dan Coats; Chris Wray, der FBI-Chef, und Admiral Michael Rogers, Direktor der NSA, um nur die Bekanntesten unter den Wichtigsten zu nennen.
    Man kann bei Interesse anhand einer Aufzeichnung des Hearings genauer verfolgen, was die Geheimdienstgrößen und der FBI-Chef in der über zweieinhalb Stunden langen Befragung vor dem Ausschuss geäußert haben. Dabei wird man feststellen, dass es erstens um mehr Bedrohungen ging als um den russischen Einfluss auf die Midterm-Wahlen, die für den November dieses Jahres angesetzt sind. Und zweitens, dass es den Herren in der Frage des Einflusses Russlands auf die Wahlen mehr um Überzeugung geht als, um das so zu formulieren: “wissenschaftliche Absicherung von Behauptungen”.
    Quelle: Telepolis

  13. Wo geht’s hier zum Widerstand?
    Als im Jahr 2000 die erste Regierung aus Konservativen und Rechtsradikalen antrat, damals noch vom Kanzler Wolfgang Schüssel und Populistenführer Jörg Haider ausverhandelt, gingen Bilder von Massenprotesten um die Welt. Tägliche Demos zogen durch Wien, zur Angelobung musste die Regierung durch unterirdische Gänge schreiten und wenige Tage nach Antritt der Koalition standen 250.000 Protestierende am Heldenplatz in Wien. Schlüsselbünde wurden geschwungen. „Widerstand. Widerstand“, hallte durch die Straßen. Warum ist es jetzt so ruhig, fragen internationale Kommentatoren? Haben sich die Österreicher und auch die Gegner der Neuauflage der Koalition von ÖVP und FPÖ jetzt mit dem Status Quo abgefunden? Bilder von Massenprotesten jedenfalls sind selten. […]
    Mittlerweile sind die Skandale der FPÖ, die allein innerhalb der ersten sieben Wochen ihrer Regierungsbeteiligung aufflogen, zur Belastung der gesamten Regierung geworden. Sebastian Kurz schweigt, weil er nicht recht weiß, was er tun soll. Er ist der FPÖ ausgeliefert. Versucht er eine klare Abgrenzung vorzunehmen, dann gefährdet er seine Koalition. Tut er es nicht, ramponiert er seine Leadership-Image. Und mittlerweile beginnt auch in der ÖVP schon das Gemurmle. Denn in der konservativen Volkspartei gibt es natürlich immer noch einen christdemokratisch orientierten Flügel, der ohnehin mit der rabiaten Anti-Ausländer-Linie nie wirklich einverstanden war und nur die Zähne zusammen biss, weil Kurz mit seinem Kurs eben Erfolg hatte.
    Quelle: Robert Misik

    dazu: FPÖ-Historikerkommission: Der rechte Rand untersucht sich selbst
    Die Historikerkommission der FPÖ soll die Partei aus dem Schmuddeleck führen. Auslöser ist die Affäre um den niederösterreichischen Spitzenkandidaten Udo Landbauer. Dessen Burschenschaft Germania hat ein Nazi-Liederbuch mit antisemitischen Texten herausgegeben. Insgesamt hat die Nähe zu deutschnationalen Burschenschaften oder der rechtsextremen Szene die Freiheitlichen seit Regierungsantritt unter Druck gebracht, die “Einzelfälle” häufen sich. Jetzt setzt die FPÖ eine Kommission ein, um ihre eigene Vergangenheit aufzuarbeiten. Doch die Aufarbeiter sind selbst tief in die rechte Szene verstrickt.
    Anlass sind einschlägige Burschenschafter in hohen Funktionen der FPÖ. Ihre Ideologie soll aufgearbeitet und braune Flecken sollen beleuchtet werden. Doch schon bevor die Kommission ihre Arbeit begonnen hat, kündigen führende Burschenschafter an, keine Einsicht in interne Dokumente gewähren zu wollen. Kritik gibt es auch an der Auswahl der Personen. Leiten wird die Kommission der Rechtsprofessor Wilhelm Brauneder, der selbst immer wieder durch seine Nähe zum Rechtsextremismus aufgefallen ist. Und auch die Besetzung der Koordinierungsgruppe macht skeptisch.
    Quelle: Kontrast.at

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