Die Chefredakteure von ZDF und ARD folgen einer Einladung der AfD nach Dresden. Ein normaler Vorgang oder ein Skandal? Was meinen Sie?

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

Das ist die Aufzeichnung von einer Veranstaltung, die gestern von ca. 19 bis 21 Uhr in Dresden stattfand. Leider ist die Akustik zumindest am Anfang schlecht. Aber man gewinnt einen Eindruck von der Veranstaltung und vom Umgang miteinander. Wenn man die AfD für eine normale Partei hält, dann ist dieser Vorgang zwar erstaunlich, aber akzeptabel. Wenn man die Partei für rechtsradikal und antidemokratisch hält, dann ist der Besuch der Chefredakteure Peter Frey und Kai Gniffke bei der AfD ein Skandal. In jedem Fall hat die Einladung an die beiden Chefredakteure und ihr Kommen die Folge, dass die AfD an Ansehen gewinnt. Dieser hohe Besuch wirkt wie ein Ritterschlag. Albrecht Müller.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Bemerkenswert: ZDF und ARD haben ja nicht irgendwelche Mitarbeiter von der mittleren Ebene, sondern die Chefredakteure geschickt. Das adelt die AfD. Das ist eine besondere Verbeugung vor der „Alternative für Deutschland“.

Den Besuch muss man als erstaunlich betrachten, wenn man die Frage stellt, ob die Herren Frey und Gniffke der Einladung eines Landesverbandes einer linken Partei folgen würden – der rheinland-pfälzischen SPD zum Beispiel. Sehr fraglich, ob sie kämen. Oder: Man stelle sich vor, der Fraktionsvorsitzende der Linken im Saarland, Oskar Lafontaine, würde die beiden Chefredakteure einladen. Würden sie der Einladung folgen? Mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht, obwohl die Linkspartei von ZDF und ARD auch nicht freundlicher behandelt wird als die AfD, also Spannungen genauso zu besprechen wären wie bei der dokumentierten Veranstaltung in Dresden.

Interessant fand ich weiter,

  • dass 70 Journalisten von der Badischen Zeitung bis zur Washington Post bei dieser Veranstaltung versammelt waren und
  • dass die kulturelle Nähe von AfD-Funktionären und Publikum auf der einen Seite und den beiden Vertretern von ZDF und ARD auf der anderen Seite optisch erkennbar war: ähnlich gekleidet, ähnliches Auftreten, usw

Insgesamt eine wirklich erfolgreiche Werbeveranstaltung der AfD.

Der Vorgang wird Folgen haben: Für die öffentliche Auseinandersetzung, für die Arbeit der unter den Chefredakteuren dienenden Journalistinnen und Journalisten und vermutlich auch für die Gremienbesetzung.

Eine weitere wichtige Folge dieser Veranstaltung: Wenn die Chefredakteure der Öffentlich-rechtlichen Sender keine Berührungsängste mehr haben, dann können CDU und CSU auch Koalitionen mit der AfD eingehen. Die Veranstaltung in Dresden hat den Weg dahin bereitet.

Übrigens, eine Feststellung kann ich mir nicht verkneifen: Die Chefredakteure der beiden Sender sind ab sofort prominente Vertreter der „Querfront“. Näheres dazu siehe hier.

P.S.:

  1. Teilweise bessere Akustik hier.
  2. Ein paar Pressestimmen:
    • Hannoversche Allgemeine:
      Chefredakteure von ARD und ZDF bei der AfD in Dresden unterlegen
      Die Chefredakteure Kai Gniffke und Peter Frey diskutieren vor einem AfD-Publikum in Dresden. Sie müssen sich gegen Vorurteile und Verallgemeinerungen wehren, geraten zeitweise ins Schwimmen, räumen Versäumnisse ein und stellen doch ein Mindestmaß an Verständnis her. Für die AfD als Gastgeber ist der Abend ein Propaganda-Erfolg. …
    • Der Standard:
      25. Oktober 2018, 22:02
      Chefs von ARD und ZDF debattierten in Dresden mit AfD-Politikern

      Dresden – Die AfD möchte von Medien differenzierter wahrgenommen werden und beklagt ein einseitiges Bild der Berichterstattung. Das ist ein Fazit einer Debatte, bei der sich am Donnerstagabend die Chefredakteure von ARD-aktuell, Kai Gniffke, und ZDF, Peter Frey, in Dresden AfD-Anhängern stellten. Beide thematisierten auch die Anfeindungen gegenüber Journalisten. Zu der Veranstaltung hatte die AfD geladen.

      An der gelegentlich lauten Podiumsdiskussion nahmen neben Gniffke und Frey der AfD-Politiker und Journalist Nicolaus Fest und Michael Klonovsky, früher unter anderem Chef vom Dienst beim Nachrichtenmagazin “Focus”, teil.

    • ZDF:
      ZDF bei AfD-Podiumsdiskussion-Frey: Fakten statt Verdächtigungen

      Datum: 25.10.2018 20:45 Uhr

      Der Chefredakteur des ZDF, Peter Frey, ist zu Gast gewesen bei einer Podiumsdiskussion des AfD-Kreisverbandes Dresden. Für ihn bei der Berichterstattung ganz wichtig: Faktentreue.

    • Heute Journal des ZDF:
      Bericht des „heute Journals“ über die Veranstaltung …

Die NachDenkSeiten sind für eine kritische Meinungsbildung wichtig, das sagen uns sehr, sehr viele - aber sie kosten auch Geld und deshalb bitten wir Sie, liebe Leser, um Ihre Unterstützung.
Herzlichen Dank!