Hinweise des Tages II

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  1. Nie wieder „nie wieder“!
  2. Die Chronik eines friedlichen Staatsstreichs
  3. Warum darf der NDR zur besten Sendezeit beitragsfinanzierte Arbeitgeberpropaganda senden?
  4. Ein Stärkungsgesetz für Betriebsrenten als totes Pferd. Nahles ist weg und die „Nahles-Rente“ auch? Keine Überraschung bei den Ungleichgewichten im Bauplan
  5. Jobs in Gefahr: Die große Streichliste: Deutschlands Großkonzerne bauen über 100.000 Stellen ab
  6. Tarifverträge für alle
  7. Schuldenbremse von SPÖ und Grünen im Bundesrat zu Fall gebracht
  8. Zur Vorstellung des Bundeslagebilds OK 2018: Wer Kriminalität nicht misst, kann Kriminalität auch nicht feststellen
  9. Militärkonvois gen Russland
  10. Urteile und Wertungen Vermummte in Hongkong gut, in Berlin böse
  11. Konstantin Wecker: Ich erkläre meine Solidarität mit Ufuk T.
  12. «Der runde Tisch und nicht die Guillotine war das Symbol der 89er Revolution»
  13. Zu guter Letzt: Greta Thunberg erhält Friedensnobelpreis! (Stimmt zwar nicht, aber wir behaupten es trotzdem, damit sich Leute aufregen können)

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Nie wieder „nie wieder“!
    Der Terror in Halle war viel mehr als ein „Alarmzeichen“: Wir haben es mit einem Systemversagen der offenen Gesellschaft zu tun. Wir brauchen jetzt keine Demonstrationen mehr. Sondern die Durchsetzung des Rechtsstaats.[…]
    Die verbale Entgleisung von AKK steht symbolisch für eine politische Kultur der Euphemismen. Immer weniger wird noch benannt, wie es ist. Es wird verschwiegen oder beschwichtigend verharmlost. Und wenn einige wenige Medien die Fakten doch nennen oder grausame Bilder trotzdem zeigen, dann werden vielfach nicht die Tatsachen beklagt, sondern wird derjenige beschimpft oder gar der Aufwiegelung bezichtigt, der die Realität beschreibt. Deutschlands Politik- und Medieneliten schlafen den Schlaf der Selbstgerechten und träumen den Wunschtraum der Political Correctness. Möchten sie nicht, dass diese Ruhe gestört wird? […]
    Wenn der HSV-Spieler Bakery Jatta eigentlich Bakary Daffeh heißt und zwei Jahre älter ist, als er angibt, dann ziehen sich die Ermittlungen der Polizei länger als vier Jahre hin, und Journalisten schauen systematisch weg. Stattdessen kritisieren einige, dass darüber berichtet wird. Das schüre Ausländerfeindlichkeit. […]
    Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind in Deutschland wieder vital. Existiert haben sie immer. Entscheidend ist, wie die Mehrheit der Bevölkerung und ihre demokratisch gewählte Führung damit umgehen. Unser Umgang wirkt derzeit wie ein Brandbeschleuniger. Die Hauptursachen dafür sind: […]
    Fünftens. Eine mediale Elite, die Dinge zu oft eher beschwört und beschreibt, wie sie sein sollten, als zu beschreiben, wie die Lage ist. Die Haltung oft über Fakten stellt. Und so aus Rücksicht auf die gute Absicht ihre wichtigsten Wirkungsgrundlagen schwächt: Glaubwürdigkeit und Vertrauen.
    Quelle: Matthias Döpfner auf Welt.de

    Anmerkung Jens Berger: Leider befindet der Artikel sich hinter einer Bezahlschranke. Ausnahmsweise machen wir dennoch auf ihn aufmerksam, denn bereits die Auszüge zeigen, wie infam die Argumentation des Vorstandsvorsitzenden des Springer-Konzerns ist. Nicht die tagtägliche Hetze der von seinem Verlag publizierten BILD-Zeitung, sondern die „Rücksicht“ der „medialen Elite“ (und dies aus dem Munde des Springer-Chefs) ist also für den zunehmenden Rassismus und die Fremdenfeindlichkeit verantwortlich. Geradezu perfide ist, dass Döpfner sogar indirekt die Affäre um den gambischen Fußballspieler Baker Jatta mit dem Terroranschlag von Halle in Verbindung bringt. Die bittere Botschaft dieser Vorwärtsverteidigung soll wohl heißen – Fremdenfeindliche mediale Hetze á la BILD verhindert rassistische und fremdenfeindliche Ausschreitungen. Ein verstörender Einblick in die Gedankenwelt des wohl mächtigsten Medienmanager Deutschlands.

  2. Die Chronik eines friedlichen Staatsstreichs
    Das Buch „Opération Macron“: Schrieben die Medien der Milliardäre das Skript zu Emmanuel Macrons Wahlerfolg?
    „So viele Wunder und Zufälle kann es nicht geben“: Beim Lesen solcher Worte wird man hellhörig, raffinierter kann man eine Verschwörungstheorie kaum verpacken. Geschrieben hat sie ein Statistiker, den man sich als eher nüchtern vorstellt: Eric Stemmelen. Einst war er Programmdirektor des öffentlich-rechtlichen Senders „France 2“. Er kennt die Medien und den Umgang der Politiker mit ihnen. Stemmelen hat einige ökonomische Bücher geschrieben. Sein jüngstes Werk ist Ende Juni erschienen: „Opération Macron“ (Editions du Cerisier).
    Es handelt sich um eine Chronik der Präsidentenwahl: Die Medien, so die These des Autors, haben das Drehbuch zu Emmanuel Macrons Machtübernahme geschrieben. Sie gehören zehn Milliardären, deren TV- und Radiosender einen Marktanteil von über fünfzig Prozent erreichen. Bei den Tageszeitungen kontrollieren sie neunzig Prozent der Auflage. Eric Stemmelen spricht von einer „Oligarchie“, er stellt dem Buch ein Zitat aus Jean-Paul Sartres „Kindheit eines Chefs“ voran.
    Wir haben dieses Buch eher zufällig in der kommunistischen Zeitung „L’Humanité“ entdeckt. Sie präsentierte Stemmelens Essay fast schon als Samisdat: Im Exil, in Belgien, musste es erscheinen, mehrere Verlage in Frankreich hätten es abgelehnt, zitiert sie den Autor. Die „Opération Macron“ erscheint mit einem Vorwort des Journalisten und Regisseurs François Ruffin, der mit „Merci Patron“ einen phänomenal erfolgreichen Film über einen der besagten Medienmilliardäre Bernard Arnault, Mehrheitsaktionär des Luxusgüter-Konzerns LVMH, drehte und als Abgeordneter des „Unbeugsamen Frankreichs“ im Parlament sitzt. Der Verlag bezeichnet das Werk als „Chronik eines friedlichen Staatsstreichs“.
    Quelle: FAZ
  3. Warum darf der NDR zur besten Sendezeit beitragsfinanzierte Arbeitgeberpropaganda senden?
    Panorama vom NDR hetzt in einem aktuellen Beitrag zur Rentenpolitik sinn- und grundlos jung gegen alt und arme Rentner gegen Leute mit guter Rente auf. Erzählt wird durchgängig eine Geschichte nach dem Geschmack und mit den Argumenten der Arbeitgeber mit einem Arbeitgeberökonomen als einzigem Experten, der aber nicht als solcher erkennbar gemacht wird. Der Beitrag lässt Wichtiges weg, verzerrt die Fakten und stellt sie in falsche Zusammenhänge. Viel schlimmer geht es eigentlich nicht. (…)
    Es wird skandalisiert, dass die Regierung, obwohl Armut also bei Alten kein Problem ist, immer wieder etwas für die Alten tut, etwa bei der Mütterrente und der Rente ab 63. Ein Ökonom des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) darf sagen, dass das schlecht ist. (6) (7) Es wird argumentiert, und der IW-Ökonom bestätigt das ebenso wie die mitfühlenden Rentner im Ostseebad, dass es den Jungen im Rentenalter später viel schlechter gehen wird als den heutigen Rentnern. Man müsse also für sie etwas tun, statt für die heutigen Rentner, die ja nicht in der Breite armutsgefährdet seien. Das Hauptproblem sei, sind sich alle einig, dass die jungen Leute kaum noch stabile, gut bezahlte Jobs bekommen, sondern sich lange mit Praktika, Leiharbeit und Gelegenheitsjobs durchschlagen müssen, sodass sie keine anständigen Rentenansprüche ansammeln können. Statt also den Rentnern mehr Geld zu geben, wäre es richtig, Initiativen zu fördern, die Hauptschülern mit schlechten Noten oder sonstigen Problemen helfen, eine Lehrstelle zu finden. (8) (9) (10)
    So weit, so oberflächlichst einleuchtend. Und hier die Probleme: […]
    Quelle: Norbert Häring
  4. Ein Stärkungsgesetz für Betriebsrenten als totes Pferd. Nahles ist weg und die „Nahles-Rente“ auch? Keine Überraschung bei den Ungleichgewichten im Bauplan
    Jeder, der heutzutage neben der gesetzlichen Rente Zahlungen aus einer Betriebsrente bekommt, kennt deren entlastende Funktion für das im Alter geschrumpfte Haushaltsbudget. Und gerade die Risikogruppen für Altersarmut zeichnen sich leider dadurch aus, dass bei ihnen neben den zumeist niedrigen Leistungen aus der umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung kaum oder gar keine anderen Einkommensquellen im Alter vorhanden sind. Vor einer solchen Kulisse sind erst einmal alle Bemühungen, mehr Arbeitnehmern den Zugang zu einer zusätzlichen betrieblichen Altersversorgung zu ermöglichen, mit Wohlwollen zu betrachten. Insofern könnte man rückblickend durchaus zu dem bereits in der Wortwahl vergifteten Fazit „Sie war bemüht“ kommen, wenn es um eine der letzten rentenpolitischen Vorstöße der früheren Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) geht, die nach einem Ausflug an die SPD-Spitze mittlerweile die politische Bühne vollständig verlassen hat. Denn Nahles hat das „Betriebsrentenstärkungsgesetz“ auf den Weg gebracht. In diesem Gesetz enthalten war und ist sogar eine weitere, eine neue Form der betrieblichen Altersvorsorge – die zwischenzeitlich als „Nahles-Rente“ bezeichnet wird (was vor dem Hintergrund der Wahrnehmung personenbezogener Rentenvorgänger wie „Riester-Rente“ oder „Rürup-Rente“ nicht gerade optimistisch stimmen sollte).
    Quelle: Aktuelle Sozialpolitik
  5. Jobs in Gefahr: Die große Streichliste: Deutschlands Großkonzerne bauen über 100.000 Stellen ab
    Deutschland droht eine Rezession: Die Angst davor macht sich auf dem Arbeitsmarkt bereits bemerkbar. Zahlreiche Unternehmen haben Sparprogramme aufgelegt. Zwar soll kaum jemandem gekündigt werden, doch Zehntausende Stellen fallen weg.
    Deutschland Exporte schrumpfen, das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird dieses Jahr wohl nur noch um 0,5 Prozent wachsen. Im Sommer war Deutschland sogar nur knapp einer Rezession entgangen. Die wirtschaftliche Krise zwischen Handelskrieg, Brexit-Ungewissheit und Auto-Krise schlägt sich auf die Bilanzen vieler Unternehmen durch – und viele reagieren darauf mit Sparprogrammen, die in den kommenden Jahren Arbeitsplätze vernichten. Hier eine Liste bekannter Stellenstreichungen:
    Quelle: Focus Online
  6. Tarifverträge für alle
    Tarifverträge stehen für gute Löhne und Arbeitsbedingungen. Wer einen Tarifvertrag hat, bekommt bis zu ein Fünftel mehr Lohn und Gehalt, arbeitet weniger Stunden die Woche und hat mehr Urlaub. Tarifverträge beschränken zudem die Lohnkonkurrenz und fördern so einen Qualitätswettbewerb. Die Unternehmen müssen ihre Wettbewerbsfähigkeit vorrangig durch Innovationen und Produktivitätssteigerungen verbessern.
    Seit drei Jahrzehnten verlieren die Tarifverträge an Bedeutung. Vor der Deutschen Einheit waren mehr als acht von zehn westdeutschen Beschäftigten durch einen Tarifvertrag geschützt. Nach der Wiedervereinigung entstanden im Osten große tariffreie Zonen. Gleichzeitig begannen Arbeitgeberverbände damit Mitgliedschaften „ohne Tarifbindung“ anzubieten. Zudem gliederten die Unternehmen verstärkt einzelne Bereiche aus, um so Tarifflucht zu begehen.
    Heute kommt nur noch jeder zweite Beschäftigte in den Genuss eines Tarifvertrags. Die kollektive Lohnsetzung muss wieder gestärkt werden. Hier sind zunächst die Gewerkschaften in der Verantwortung. Sie müssen ihre Organisationsmacht ausbauen. Auch die Politik muss Tarifverträge stärken. In Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Finnland ist dies selbstverständlich. Dort ist die hohe tarifliche Abdeckung – die Tarifbindung liegt zwischen 80 und 100 Prozent – staatlicher Amtshilfe geschuldet. (…)
    Die große Koalition muss jetzt Tarifverträge politisch stützen. Dafür müssen zunächst prekäre und atypische Beschäftigungsverhältnisse zurückgedrängt werden. Zudem muss die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen (AVE) erleichtert werden. Dann gelten Tarifverträge auch für nicht verbandsgebundene Unternehmen. Dafür sollte das Vetorecht der Arbeitgeber abgeschafft werden. Ferner sollten Tarifverträge verbindlicher gemacht werden, indem sie künftig kollektiv nachwirken bis ein neuer Vertrag an ihre Stelle tritt. Das schützt das Tarifvertragssystem vor Unternehmensausgliederungen oder Blitzaustritten der Arbeitgeber aus der Tarifbindung. Darüber hinaus sollten öffentliche Aufträge nur an tarifgebundene Unternehmen vergeben werden. OT-Mitgliedschaften in den Arbeitgeberverbänden gehören abgeschafft. All dies stabilisiert das Tarifsystem von oben. Eine solche Stärkung von Tarifverträgen schafft mehr gute Arbeit und weniger Ungleichheit.
    Quelle: Dierk Hirschel in Frankfurter Rundschau

    Anmerkung Christian Reimann: Der Autor bewirbt sich zusammen mit Hilde Mattheis um den SPD-Bundesvorsitz.

  7. Schuldenbremse von SPÖ und Grünen im Bundesrat zu Fall gebracht
    Der Bundesrat hat sich abermals in den Fokus gerückt: Nachdem die Länderkammer im Frühjahr in einem historischen Veto die Biomasseregelung gekippt hatte, brachte sie am Donnerstag die sogenannte Schuldenbremse zu Fall. SPÖ und Grüne verhinderten die von ÖVP, FPÖ und Neos gewünschte Verankerung jener Regelung in der Verfassung, die das Haushaltsdefizit begrenzt. Die roten und grünen Bundesräte verweigerten dem Plan ihre Zustimmung, womit die notwendige Verfassungsmehrheit nicht zustande kam. Zuvor hatten sie die Schuldenbremse als “Investitionsbremse” und “Zukunftsbremse” bezeichnet. ÖVP und FPÖ sahen das wenig überraschend anders und warnten vor neuen Schulden.
    Die Verfassungsmehrheit im Bundesrat wäre nötig gewesen, da das geplante Verfassungsgesetz den Ländern und Gemeinden fixe Obergrenzen für die Neuverschuldung vorschreiben würde. Im Bundesrat verfügt die SPÖ allein über die nötige Sperrminorität von 21 Mandaten, die Grünen stellen zwei Abgeordnete. Alle Bundesräte von SPÖ und Grünen stimmten gegen die Regelung, insgesamt gab es 23 Nein- und 38 Ja-Stimmen in der 61 Sitze starken Länderkammer. Die Zweidrittelmehrheit ist damit nicht gegeben.
    Quelle: der Standard

    Anmerkung Christian Reimann: Offenbar sind insbesondere die entscheidenden Mitglieder der SPÖ schlauer als die der hiesigen SPD. Während z.B. Bundesfinanzminister und Möchtegern-SPD-Bundesvorsitzender Olaf Scholz stets seine “schwarze Null” (und damit auch seine volkswirtschaftliche Inkompetenz) vorführt, wissen auch die SPÖ-Entscheidungsträger, dass eine Schuldenbremse “mit weitreichenden Konsequenzen für zukünftige Generationen verbunden” wäre, “wichtige Investitionen” verhindern würde sowie “ökonomisch und ökologisch unvernünftig” ist.

  8. Zur Vorstellung des Bundeslagebilds OK 2018: Wer Kriminalität nicht misst, kann Kriminalität auch nicht feststellen
    Onkel Horst (Seehofer) und Onkel Holger (Münch) gaben sich alle Mühe bei der Vorstellung des Bundeslagebilds OK: Damit nur ja nicht auffällt, dass sie mit leeren Händen dastehen. Die gemessenen Zahlen des (angeblichen) Schadens durch Organisierte Kriminalität sind unglaubwürdig gering. Bereinigt um EINEN Steuerhinterziehungsfall mit einem Schaden von 201 Millionen, verbleiben 480 Millionen, etwa so viel wie der Schaden durch geklaute Kraftwagen im Jahr. Die BKA-Zahlen lassen sich plausibel weder mit Schadenszahlen aus der allgemeinen Kriminalstatistik in Einklang bringen. Noch mit fundierten Schätzungen der Vereinten Nationen und von Europol zum Schaden durch Organisierte Kriminalität. Ähnlich desaströs wie bei der polizeilichen Bearbeitung der Organisierten Kriminalität sieht es auch bei deren Zwillingsbruder, der Geldwäsche, aus. Auch die ist personell, wie fachlich völlig minderbemittelt.
    Könnte es also sein, dass politischer Wille dahintersteckt? Weil die „Einflussnahme der Organisierten Kriminalität auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft“, eines der wesentlichen Kriterien für OK, schon viel weiter fortgeschritten ist, als Sie und ich bisher geneigt sind anzunehmen?
    Quelle: POLICE-IT

    Anmerkung Christian Reimann: Zum Thema Geldwäsche hat der Bundesvorstand des Bundes deutscher Kriminalbeamter auf Vorschläge der EU-Kommission hingewiesen: “Sie sind Ausdruck der vielen Defizite, die die Mitgliedsstaaten bei der Verhinderung und Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung haben.
    Lesen Sie im Einzelnen:

    • Die Supranationale Risikoanalyse (SNRA) der die Union betreffenden Risiken der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.
    • Den Bericht über die Bewertung des Rahmens für die Zusammenarbeit der Financial Intelligence Units (FIUs).
    • Den Bericht über die Zusammenschaltung der nationalen zentralen Kontenregister.
    • Den Bericht über die Bewertung der jüngsten mutmaßlichen Fälle von Geldwäsche, an denen EU-Kreditinstitute beteiligt waren.
    • Ineffektivität oder Nichteinhaltung der rechtlichen Anforderungen an die Systeme und Kontrollen zur Bekämpfung von Geldwäsche/Terrorismusfinanzierung;
    • Misserfolge bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung;
    • Fehlausrichtungen zwischen Risikobereitschaft und Risikomanagement bei Verpflichteten;
    • ineffektive Beaufsichtigung der gruppenweiten Einhaltung von Pflichten zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung.”
  9. Militärkonvois gen Russland
    Für die kommende Woche kündigen die US-Streitkräfte umfangreiche Truppenverlegungen quer durch Deutschland an. Dabei handelt es sich um zwei Rotationen im Rahmen der “Operation Atlantic Resolve” (OAR), mit denen insgesamt mehr als 5.000 US-Soldaten und mehrere Tausend Fahrzeuge über verschiedene Routen zu Kriegsübungen nach Osteuropa verlegt werden, darunter schwere Kampfpanzer und Kampfhubschrauber. Ein erheblicher Teil davon wird auf Straßen und Schienen durch die Bundesrepublik rollen. Zwischen dem 15. und dem 17. Oktober sind Zwischenstopps in deutschen Kasernen eingeplant. Die Verlegungen sind seit 2017 Routine. Seit der Eskalation des Ukraine-Konflikts im Jahr 2014 in einer neuen Phase seiner Ostexpansion stehend, forciert der NATO-Machtblock zunehmend den offenen Konflikt mit Russland. Vor diesem Hintergrund bauen die Vereinigten Staaten ihre militärische Präsenz in Europa wieder aus. Deutschland unterstützt die USA bei ihren regelmäßigen Truppenverlegungen und positioniert sich als strategisch unverzichtbare Schaltzentrale.
    Quelle: German Foreign Policy
  10. Urteile und Wertungen Vermummte in Hongkong gut, in Berlin böse
    Derzeit gelten Demonstranten in Hongkong als die Guten, die Stadtregierung und deren Polizisten als die Bösen. Den Kopftuchzwang im Iran empfindet das ZDF als schauerlichen Angriff auf die individuelle Freiheit. Der wesentlich härtere Kopftuchzwang in Saudi-Arabien verschwindet hinter der Meldung, dass dort der Reformwille voranschreite. In Ägypten finden wir die Proteste gegen den Militärdiktator al-Sisi derzeit wieder gut (= „zivilgesellschaftlich“) und vergessen bitte raschestens, wie sehr uns der Militärputsch al-Sisis gegen den infolge des Arabischen Frühlings gewählten Staatspräsidenten Mohamed Mursi 2013 erleichterte. Natürlich jubelten wir nicht über die massenhaften Todesurteile, die das neue, dem Westen verbundene Kairoer Regime fällen ließ, fragten nicht nach Folter und Gefängnissen, sondern übergingen all das mit Schweigen. Realpolitik erfordert eben Kompromisse.
    So weit man weiß, hat es in Hongkong trotz der tief ins Existenzielle reichenden Proteste noch keinen Toten gegeben. Das verdankt sich auch der dortigen Polizei und deren Führung. Diese hat sich wegen eines Schusses, der von einem schwer bedrohten Polizisten abgegeben wurde, öffentlich entschuldigt. Wo gibt es das sonst? Doch prompt legte Marietta Slomka ihr Schluchztremolo auf und verkündete mit bebender Stimme: „Erstmals wurde auch scharf geschossen.“ Was wäre denn los, wenn in Frankfurt am Main zum Beispiel radikalisierte Klimakämpfer den Flughafen tagelang blockieren, die U-Bahn demolieren und die Polizei fortgesetzt mit Molotowcocktails bewerfen würden, gedeckt von Zehntausenden friedlichen Aktivisten? Solchen simplen Überlegungen zum Trotz wird Angela Merkel bedrängt, sich öffentlich für die Protestierer in Hongkong stark zu machen, und Außenminister Heiko Maas ergreift wortreich deren Partei. Bekanntlich verspottete Konrad Adenauer seinen Außenminister Heinrich von Brentano, der unter ihm nichts zu melden hatte, als „feierliche Null“ – auch mit einer geschwätzigen Null kommt man als Bundeskanzlerin irgendwie zurecht.
    Quelle: Götz Aly in der Berliner Zeitung
  11. Konstantin Wecker: Ich erkläre meine Solidarität mit Ufuk T.
    Aufmerksam gemacht wurde ich auf diese Vorfälle von meinem Mitarbeiter Holdger Platta bereits mehrmals auf HdS (siehe hier, hier, hier und hier ) und ich bin erschüttert und zornig seither: vor einem Jahr wollte der türkische ALG-II-Bezieher Ufuk T. im Mannheimer Jobcenter seinen Sachbearbeiter sprechen, weil seit drei Wochen die Auszahlung der Hilfsgelder überfällig war und der Hilfsbedürftige über keinerlei Geld mehr verfügte, um Nahrungsmittel einkaufen zu können. Ufuk T. wurde von einem Mitarbeiter der Behörde mitgeteilt, er solle in vier Tagen wiederkommen.
    Als Ufuk T. auf Auszahlung eines Vorschusses bestand, wurde er mit Polizeigewalt aus dem Amtsgebäude entfernt und in diesem Jahr vom Mannheimer Amtsgericht wegen „Widerstandes gegen die Staatsgewalt“ zu einer Geldstrafe in der Höhe von 1.550,- Euro verurteilt, obwohl es selbst den Zeugenaussagen der Polizisten zufolge derartigen Widerstand nicht gab.
    Noch ist dieses Urteil nicht rechtskräftig, weil der Beschuldigte Revision eingelegt hat, aber bis zur Stunde verhalten sich drei staatliche Instanzen – das Jobcenter Mannheim, die Mannheimer Polizei und das Mannheimer Amtsgericht – so, als ob man es bei dem Notleidenden mit einen Straftäter zu tun hätte.
    Quelle: Hinter den Schlagzeilen
  12. «Der runde Tisch und nicht die Guillotine war das Symbol der 89er Revolution»
    Der Umbruch in Osteuropa hat viele Gesichter. Aber fast überall blieb er gewaltlos. Das hat viel mit einer strategischen Selbstbeschränkung der Beteiligten zu tun, sagt der Historiker Philipp Ther im Gespräch mit Andreas Ernst.
    Den Umbruch in Osteuropa von 1989 kann man in eine Reihe mit der europaweiten 1848er Revolutionen stellen, vielleicht auch mit der Kulturrevolution von 1968. Aber anders als bei diesen gibt es keine «89er Generation», kein kollektives Bewusstsein von denen, die «dabei» waren.
    Dafür fehlte ganz einfach die Zeit. Sehr schnell wurden die Bewegungen demobilisiert, und es wurde umgestellt auf eine neue Zeit: auf parlamentarische Demokratie, eine Marktwirtschaft und eine neoliberale Reformpolitik. Das waren tiefe Einschnitte auch in die Biografien der Menschen. Sie hatten sehr schnell andere Sorgen, als sich miteinander und mit den Werten der Revolution auseinanderzusetzen. Das wäre ja die Voraussetzung gewesen, um sich als Teil einer politischen Generation zu verstehen.
    Fehlte denn diesen Umstürzen nicht auch eine gemeinsame Ideologie?
    Es gab ein gemeinsames Bündel an Werten: Demokratie, Menschlichkeit – im Sinne von Havel –, Solidarität, inspiriert von der gleichnamigen Bewegung in Polen. Und natürlich Freiheit, wobei deren Bedeutung weit über das Wirtschaftliche hinauswies. Aber hinter den vier zentralen Begriffen standen unterschiedliche Weltanschauungen. Die Revolution ging nicht auf einen Generationenkonflikt zurück, wie die Studentenbewegung von 1968. Die Spannweite reichte vom Teenager bis zu 80-Jährigen. Aber der extreme wirtschaftliche Druck beendete viele demokratische Versuche. Während Belegschaften über die Einberufung von Betriebsräten und Mitbestimmung verhandelten, wurden die Betriebe verkauft oder geschlossen.
    Quelle: NZZ
  13. Zu guter Letzt: Greta Thunberg erhält Friedensnobelpreis! (Stimmt zwar nicht, aber wir behaupten es trotzdem, damit sich Leute aufregen können)
    Oslo (dpo) – Große Ehre für Greta Thunberg! Die 16-jährige Klimaschutz-Aktivistin aus Schweden erhält als bislang jüngste Person den diesjährigen Friedensnobelpreis. Das stimmt zwar nicht, aber wir behaupten es trotzdem, damit sich Leute darüber aufregen können.
    Quelle: Der Postillon

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