Mit Campact: Vorwärts in die politische Beliebigkeit

Mit Campact: Vorwärts in die politische Beliebigkeit

Mit Campact: Vorwärts in die politische Beliebigkeit

Ein Artikel von: Tobias Riegel

Die Initiative Campact trommelt in einer aktuellen Aktion unter anderem für eine schwarz-grüne Koalition oder gar ein Jamaika-Bündnis – da „die GroKo das Klima aufgegeben“ habe. Für „das Klima“ soll also notfalls auch eine noch unsozialere Regierung als die jetzige unterstützt werden. Das Vorhaben ist in mehrfacher Weise fragwürdig: Es birgt politische Gefahren und kann die sozialen von den Umweltbewegungen spalten. Von Tobias Riegel.

In aktuellen E-Mails ruft die Initiative Campact ihre Mitglieder auf, Stimmung gegen die Große Koalition zu machen. Da die GroKo „das Klima aufgegeben habe“, müssten die SPD-Mitglieder an der Basis zur Aufkündigung der Koalition bewegt werden. Die Begründung von Campact kann nur als unausgegoren, naiv und gefährlich bezeichnet werden:

„Damit die Klima-Blockade nicht noch zwei Jahre bis zur nächsten Wahl weitergeht, muss die SPD die GroKo jetzt beenden. Dann könnte eine neue Regierung ran. An der wären sehr wahrscheinlich die Grünen beteiligt – sei es als Jamaika-, schwarz-grüne oder rot-rot-grüne Koalition. Diese Neuaufstellung könnte das Klima wirksam schützen.“

Zwar wird in dieser Liste auch pflichtschuldig die unrealistische rot-rot-grüne Variante erwähnt. Wahrscheinlicher wäre aber ein anderer Ausgang einer Regierungs-Aufkündigung: Mit der Forderung, selbst eine im Vergleich zur GroKo in vielerlei Hinsicht destruktivere schwarz-gelb-grüne Regierung zu unterstützen („für das Klima“), leistet Campact einen politischen Offenbarungseid: Die Initiative fördert dadurch den lähmenden Eindruck einer politischen Beliebigkeit („Hauptsache gegen GroKo“) und spielt soziale Forderungen gegen Klimaschutz-Forderungen aus.

Schließlich empfiehlt Campact den Bürgern durch die Aktion indirekt, soziale Forderungen für Umwelt-Forderungen „einzutauschen“. Und indem „für das Klima“ sogar eine Regierungsbeteiligung der FDP als positiv dargestellt wird, erweist die Initiative auch der Klimaschutzbewegung indirekt einen Bärendienst: Denn durch einen angeblichen Tausch Soziales gegen Umwelt – und nichts anderes wäre (noch im besten Fall!) der Tausch GroKo gegen Jamaika – würden zentrale Vorurteile gegenüber den Klimaschützern anscheinend bestätigt, nach denen diese sich nicht um die sozialen Folgen der eigenen Forderungen scheren.

Absage an das Soziale – Warme Worte für das Klima

Soziale Verbesserungen wären von Schwarz-Gelb-Grün (auch im Vergleich zur GroKo) nicht zu erwarten. Und um wenigstens von einem Tausch sprechen zu können, müsste ein Jamaika-Bündnis zudem erst mal auf der ökologischen Ebene liefern – und selbst das ist doch alles andere als ausgemacht. Das Risiko, dass eine Regierung mit Grünen und FDP also einerseits das Soziale schleift, andererseits aber auch beim Klima nur warme Worte liefert, ist groß. Das hält Campact nicht davon ab, Stimmung gegen die GroKo sogar „schüren“ zu wollen:

„Einfache, aber ausgefallene Aktionen in etlichen Orten: So schüren wir die No-GroKo-Stimmung der SPD-Basis! (…) Auch bei Ihnen gibt es eine Ortsgruppe oder einen Stammtisch der SPD.“

In diesem Text soll natürlich die GroKo nicht über Gebühr verteidigt werden – wenn aber die angestrebte Alternative möglicherweise noch wirtschaftsliberaler und sozial kälter als der Status Quo wäre, so müsste ein GroKo-Sturz doch noch einmal überdacht werden.

Die zum Teil fragwürdigen Tendenzen bei Campact, die durch diese Aktion erneut bestätigt werden, sind für Leser der NachDenkSeiten nichts Neues. So hat etwa Albrecht Müller bereits beschrieben: “Campact feiert sich und Schwarz-Grün. Auf peinliche Weise.” oder “Campact lässt die Maske fallen, die NGO outet sich als Unterstützer von CDU, Grünen und SPD und als Gegner der Linkspartei” oder “Auf dem Weg zum Regime Change in Russland wäre ein Teil-Boykott der Fußballweltmeisterschaft ein weiterer Schritt. Campact hilft dabei. Ein Einordnungsversuch.“.

Titelbild: 360b / Shutterstock