Hinweise des Tages

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Heute unter anderem zu folgenden Themen: Nach dem „Sparpaket“ kommen Steuererhöhungen; Frankreich gegen Deutschland; Europa hat ein Wachstumsproblem; Steuerzahler gegen Banker; Angelegtes Vermögen stieg weltweit um zwölf Prozent; Merkel: Keine Bundeshilfen für Opel; Emmely muss wieder eingestellt werden; Väter oder Mütter verdienen im Schnitt 1.669 Euro; Staat zahlt im Schnitt 699 Euro Elterngeld; Kräftiger Ausgabenanstieg bei Spezialmedikamenten; Ölfieber; Luc Jochimsen; FDP stürzt ab; Bildungsgipfel: vertagen, verschleppen, vertrösten; Bildungschancen von Migranten; Rankings waren Quatsch; Südafrika; Welche Kommentare dürfen bei Focus erscheinen? (WL)

  1. Nach dem „Sparpaket“ kommen Steuererhöhungen
  2. Frankreich gegen Deutschland
  3. Europa hat ein Wachstumsproblem
  4. Joseph Stiglitz – Steuerzahler gegen Banker
  5. Angelegtes Vermögen stieg weltweit um zwölf Prozent
  6. Immer mehr Firmen gehen pleite
  7. Merkel: Keine Bundeshilfen für Opel
  8. „Fall Emmely“ – Fristlose Kündigung – unrechtmäßiges Einlösen aufgefundener Leergutbons
  9. Väter oder Mütter verdienen im Schnitt 1.669 Euro im Monat
  10. Staat zahlt im Schnitt 699 Euro Elterngeld
  11. Kräftiger Ausgabenanstieg bei Spezialmedikamenten
  12. Ölfieber
  13. Leerverkauf der Mitte
  14. Luc Jochimsen: „Eine Politik, die den Schwachen helfen will“
  15. FDP stürzt in den Abgrund
  16. Bilderberg-Treffen in Spanien
  17. Bildungsgipfel-Dreikampf: Vertagen, verschleppen, vertrösten
  18. Regierung will BAföG weiterentwickeln – Länder melden Finanzierungsvorbehalt
  19. Bildungschancen von Migrantinnen und Migranten
  20. Sorry, unsere Uni-Rankings waren Quatsch
  21. Grüne wollen Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern in der Bildung aufheben
  22. SPD fordert Anhebung des Spitzensteuersatzes zur Bildungsfinanzierung
  23. Südafrika: Jacob Zuma: Weder Wissen noch Macht

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Nach dem „Sparpaket“ kommen Steuererhöhungen
    1. Merkel will nach der Präsidentenwahl abkassieren
      Die Kanzlerin spielt mit der FDP ein gefährliches Spiel: Bis zur Wahl von Christian Wulff zum Präsidenten darf es keine Steuererhöhungen geben. Dann aber soll kräftig abkassiert werden. In Finanzministerium und Unionsfraktion laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren.
      Bis zum Tag der Bundespräsidentenwahl heißt es nun, Stillschweigen zu bewahren. Der Wortbruch, den die Unionsspitze plant, ist der wohl am besten vorhersehbare Wortbruch der jüngeren Parteiengeschichte.
      Quelle: Handelsblatt
    2. Sollen Gutverdiener stärker bluten?
      Nicht nur Merkels Regierung präsentiert Sparvorschläge – Auch Institute, Wirtschaftsverbände und die Opposition wetteifern um die beste Giftliste. Handelsblatt Online zeigt die Positionen und beurteilt die Vorschläge. Auffällig dabei: Fast alle wollen die Gutverdiener stärker zur Kasse bitten.
      Der BDI macht eigene Vorschläge: Er fordert Korrekturen im Steuersystem und spricht sich dafür aus, die umstrittene Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes für das Hotelgewerbe zurückzunehmen.
      Der Spitzenverband warnt vor dem Versuch, sich aus der Krise „herauszusparen“. Nachhaltige Haushaltskonsolidierung ist aus Sicht des BDI nur mit zusätzlichem Wirtschaftswachstum zu erreichen. Um Investitionen zu erleichtern und damit Wachstum zu generieren, müssten im Steuerrecht überfällige Strukturreformen umgesetzt werden.
      Quelle: Handelsblatt

      Anmerkung WL: Die Meinung des Arbeitgeberverbandes, dass man sich nicht aus der Krise „heraussparen“ kann. In ihrer Unternehmerlogik, denken sie natürlich nur an Steuererleichterungen für Investitionen, d.h. an Unternehmenssteuersenkungen, wie gehabt.

    3. Umfrage: Sparen statt Steuererhöhungen
      Die Bürger haben klare Vorstellungen vom Sparkurs: Fast drei Viertel (73 Prozent) sprachen sich in einer Umfrage dafür aus, dass der Staat seine Ausgaben kürzen sollte, statt Finanzlücken mit höheren Einnahmen wie Steuererhöhungen zu stopfen.
      Zugleich sehe die Bevölkerung gravierende Mängel bei der sozialen Gerechtigkeit in Deutschland, heißt es in der am Donnerstag veröffentlichten Umfrage des Allensbach-Instituts im Auftrag der Bertelsmann Stiftung und der Heinz Nixdorf Stiftung.
      70 Prozent der Befragten halten die wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland für kaum oder gar nicht gerecht. 60 Prozent monieren, dass die Bundesrepublik den Menschen sehr unterschiedliche Chancen biete. 59 Prozent sind der Meinung, dass es kaum oder keine Generationengerechtigkeit gebe. Die Befragten, die auf höhere Staatseinnahmen setzen, befürworten vor allem die Anhebung des Spitzensteuersatzes oder die Wiedereinführung der Vermögensabgabe.
      Quelle: Zeit

      Anmerkung WL: Dass eine Umfrage des CDU-nahen Allensbach-Instituts und dann noch im Auftrag der Bertelsmann Stiftung zum Ergebnis „Sparen statt Steuererhöhungen“ kommt, ist nicht verwunderlich. Aber es ist wohl nicht zu bestreiten, dass eine Mehrheit der Deutschen dafür ist, dass der Staat sparen muss und soll. Dass ist nicht erstaunlich angesichts der Horrorpropaganda die täglich stattfindet. Es ist auch verständlich, dass die Mehrheit denkt, dass Sparen des Staates wie bei einem privaten Haushalt funktioniert.
      Dass die Wirkungszusammenhänge einer Volkswirtschaft andere sind als die in einem Familienhaushalt, bei der die schwäbische Hausfrau die Finanzen verwaltet, wird ja auch kaum irgendwo erläutert.
      Ein Leser hat uns auf ein Bild verwiesen, das Oskar Lafontaine zur Erklärung dieses Sachverhalts gebraucht hat:
      Ein Gastwirt beklagt sich über weniger Umsatz und immer weniger Gäste. Seine Finanzen sind nicht in Ordnung, er muss sparen. Das meint er zumindest. Er beschließt also als erstes, dass er seine Tische weniger dekorieren wird, Kerzen und Tischdecken kosten nur unnötig Geld. Die Folge ist weniger Gemütlichkeit, weshalb noch weniger Gäste kommen und der Umsatz weiter einbricht.
      Weil er immer weniger Geld zur Verfügung hat, beschließt er die Heizung herunter zu regeln. Das bringt sicher eine große jährliche Ersparnis (Grotesk: passt ja zur aktuell geplanten Streichung des Heizkostenzuschusses, vermutlich will Merkel damit die Pulloverindustrie fördern). Die Folge ist leider, dass den letzten treuen Stammgästen zu kalt wird. Sie bleiben lieber daheim, weshalb der Wirt mittlerweile fast gar keine Umsätze mehr macht.
      Nun ist es soweit, dass der Wirt seinen Koch und seine Servicekraft entlassen muss. In der Folge bleibt auch noch die seltene Laufkundschaft aus, denn schließlich kann er keine warmen Gerichte mehr anbieten. Das Ende vom Lied ist, dass der Wirt sein Gasthaus zu sperren muss. Er hat sich zu Tode gespart.

  2. Frankreich gegen Deutschland
    1. Krieg der Ideologien
      Französische Eliten verstehen es jedoch ganz hervorragend, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch in Zusammenhängen zu denken. Anders als in Deutschland züchtet man in französischen Eliteuniversitäten seinen eigenen Verwaltungsnachwuchs. Hierzulande zieht es die Eliten stattdessen in die Wirtschaft und daher wird bereits bei der Ausbildung Wert darauf gelegt, Eigeninteressen ohne die Betrachtung des größeren Zusammenhangs zu verfolgen und einen reglementierenden Staat als potentiellen Feind anzusehen. Während das französische Denken “volkswirtschaftlich” ist, bestimmen in Deutschland “betriebswirtschaftliche” Gesichtspunkte den politischen Konsens. Dies ufert im Extremfall im volkswirtschaftlichen Idealbild der “schwäbischen Hausfrau” aus – eine Absurdität, die nicht nur französische Volkswirte bestenfalls den Kopf schütteln lässt.
      Während ganz Europa zur Sturmprophylaxe rief, wollte Angela Merkel den nahenden Orkan jedoch aus wahltaktischen Gründen aussitzen. Die Tatenlosigkeit von “Madame Non” forcierte die Krise jedoch ungemein. Plötzlich musste Europa klotzen und nicht nur kleckern und auf einmal wurde offenbar, dass Merkel die Krise instrumentalisieren will, um die Eurozone “einzudeutschen”. Der Deutschlandkorrespondent der Libération schrieb, “Merkel träum(e) von einem Heiligen Germanischen Euroreich”. Anstatt die Krise durch “Deficit-Spending” abzumildern, will Deutschland ganz Europa dazu zwingen, die Konjunktur durch Sparmaßnahmen abzuwürgen und geht dabei selbst mit “gutem” Beispiel voran.
      Dieser fortgesetzte Zweckmasochismus kommt allerdings in Europa erwartungsgemäß nicht gut an. Schnell konnte Merkels ideologischer Gegenspieler Sarkozy Verbündete gegen Deutschland sammeln. Mit Spanien, Italien und Portugal im Rücken forderte er die deutsche Kanzlerin am 7. Mai in Brüssel bei den Verhandlungen über das “Euro-Stabilitätspaket” offen heraus. Bereits das Vorgespräch unter vier Augen artete in ein Schreiduell aus und bei den eigentlichen Verhandlungen schlug Sarkozy nicht nur mit der Faust auf den Tisch, sondern drohte – spanischen Presseberichten zufolge – sogar mit dem Austritt Frankreichs aus der Eurozone. Deutschland stand plötzlich allein und musste den Franzosen in vielen Punkten entgegenkommen. Das verabschiedete Paket und vor allem die sanfte Neuaufstellung der EZB trägt eine deutliche französische Handschrift.
      Quelle: Spiegelfechter
    2. Merkel erhält Schützenhilfe von Sarkozy
      In einem Brief an EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso vom Mittwoch regen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Staatspräsident Nicolas Sarkozy ausdrücklich ein EU-weites Verbot ungedeckter Leerverkäufe auf alle oder bestimmte Aktien und Staatsanleihen an. Auch ungedeckte Kreditausfallversicherungen auf Staatsanleihen sollen europaweit verboten werden.
      Quelle: NZZ

      Anmerkung Orlando Pascheit: Wie erfreulich, dass Deutschland und Frankreich wieder einmal zueinander gefunden haben. Leider ist diese Zusammenarbeit in Deutschland seit der Regierung Schröder sehr vernachlässigt worden bzw. sehr ungeschickt betrieben worden. Europa ist durch seine permanente Erweiterung zwar durch sehr disparate Interessen geprägt, aber Deutschland und Frankreich könnten immer noch die Lokomotive für manches europäische Projekt sein. Häufig wird übersehen, dass Frankreich gemeinsam mit Deutschland hinter den USA und vor Japan und China die zweitstärkste globale Wirtschaftsmacht darstellen. – Leider werden Frau Merkel und Präsident Sarkozy in der Frage der wirtschaftspolitischer Prioritäten (z.B. die Sanierung der Staatsfinanzen) zu keiner europäischen Antwort finden.

  3. Europa hat ein Wachstumsproblem
    1. Karl Aiginger: Europa hat ein Wachstumsproblem: nicht (nur) ein Budgetproblem
      Das Schuldenproblem wird unkritisch als das größte und vordringlichste Problem Europas betrachtet, sowohl von den Finanzmärkten wie nun auch von der Europäischen Politik. Europas Schuldenproblem ist teilweise nur die Folge eines tieferen, größeren Problems: der geringen Dynamik Europas. Die europäische Wirtschaft wächst deutlich schwächer als die Weltwirtschaft und auch deutlich weniger als die Wirtschaft der USA. Europa ist vor der Krise (2000 bis 2007), während der Krise (2008/2009) und in der seit Jahresmitte 2009 erfolgten zögernden Erholungsphase schwächer gewachsen als die USA. Dies hat mittelgroße Defizite zu untragbar großen Budgetdefiziten gemacht; Spanien, Irland und Deutschland hatten vor der Krise noch Budgetüberschüsse.
      Noch stärker als Budgetdisziplin hat Europa in den letzten Jahren die aktiven Strategien in Richtung hochwertiger Investitionen, Bildung und Forschung vernachlässigt. Die südeuropäischen Länder haben ihre Produktion nicht an die neue Konkurrenz der globalisierten Welt angepasst, alte Industrien verloren, ihre Dienstleistungen nicht modernisiert. Defizite in Europa wiegen schwerer, weil Europa noch immer als Summe von Einzelstaaten betrachtet wird und nicht als Einheit. Die europäische Wirtschaftsleistung ist gemeinsam betrachtet höher als die der USA. Die Anerkennung der EU als Wirtschaftsblock kann und muss durch eine stärkere Koordinierung und durch glaubwürdige Hilfe wie auch effektive Sanktionen erfolgen. Aber dies wird nur funktionieren, wenn die Wirtschaft insgesamt dynamischer ist, dann können die schwächeren Länder auch produzieren, investieren und aufholen.
      Budgetkonsolidierung ist wichtig. Sie muss aber von der Vision ausgehen, nachher eine modernere, dynamische Wirtschaft mit einer wettbewerbsstarken Produktion zu haben. Die Konkurrenzfähigkeit in der rasch wachsenden globalen Wirtschaft muss aufbauen auf den strategischen Vorteilen Europas als wissensorientierte, technologiebasierte Gesellschaft mit ökologischer Exzellenz, mit einem hohen Beschäftigungsniveau und schrittweisem Ausgleich regionaler Produktivitätsunterschiede. Diese Strategie muss schon in der Konsolidierungsphase erkennbar sein, Wachstumstreiber müssen von den Kürzungen nicht nur ausgenommen werden, sondern es muss in sie auch bei knappem Budget vermehrt investiert werden. Wenn dieses Ziel erkennbar ist, kann Europa auch in der Konsolidierungsperiode vom hohen Wachstum der Weltwirtschaft profitieren. Wenn der Euro in dieser Phase schwächer ist, ist das kein Problem, sondern Teil der Lösung. Und am schmerzlosesten und kürzesten ist die Konsolidierungsphase, wenn es gelingt, Einnahmen aus einer Finanztransaktionssteuer zu erzielen. Am besten aus einer weltweiten Besteuerung besonders der kurzfristigen Transaktionen; wenn das nicht durchsetzbar ist, aus einer europäischen. Eine Besteuerung spekulativer Elemente in Bilanzen von Banken kann ein Einstieg in eine Finanztransaktionssteuer sein, bis zu dem Zeitpunkt, in dem auch die USA beginnen, ihr ? höheres ? Budgetdefizit zu reduzieren und auch eine Einnahmequelle brauchen. Eine stärkere Kontrolle von Hedge Fonds und von außerbörslichen Transaktionen ist aber ebenfalls unerlässlich. Sonst wird jede temporäre Schwäche schnell zu einem unlösbaren Finanzierungsproblem gemacht und negative Strategien werden immer wichtiger als positive Strukturveränderungen.
      Quelle: Ökonomenstimme

      Anmerkung Orlando Pascheit: Karl Aiginger ist nicht irgendein Ökonom, sondern der Leiter des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO), eines der bedeutenden Institute in der europäischen Forschungslandschaft. Das WIFO hat in der Vergangenheit gemeinsam mit dem Institut für Makroökonomie (IMK) und dem IWH bei der deutschen Konjunkturprognose mitgemacht. Das Angebot, sich mit dem IMK und dem britischen National Institute of Economic and Social Research (NIESR) für die nächsten drei Jahre wieder an der Gemeinschaftsdiagnose der Institute zu beteiligen, wurde von der Bundesregierung angeblich aus Kostengründen abgelehnt. Dabei lag das Angebot nur geringfügig höher als beim letzten Mal. Wer den obigen Text liest, wird in der Vermutung Aigingers bestätigt, dass dies eher daran liegt, dass die Forscher des WIFO “glauben, dass Deutschland mehr für die Binnennachfrage machen muss. Das ist im innerdeutschen Diskurs sehr umstritten”.
      Thomas Fricke hat die Auswahl der Institute für die Gemeinschaftsdiagnose durch Wirtschaftsminister Brüderle entsprechend kommentiert:
      Wenn alle das gleiche denken

    2. Paul Krugman: „Verrückte an der Macht“
      Der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman hält die Sparprogramme in Europa für eine “sehr große Dummheit”.
      Der renommierte Ökonom Paul Krugman nimmt kein Blatt mehr vor den Mund und geißelt den europäischen Sparkurs. Doch man muss kein Wirtschaftsnobelpreisträger sein, um die Sparpolitik, die derzeit in Europa zum Dogma erhoben wird, als Rezept für ein Desaster zu bezeichnen. Europa spart sich zu Tode und könnte sich in die nächste Rezession sparen. Dass das Spardogma nun auch von den G-20-Staaten übernommen wurde, hat Krugman dazu gebracht, die Herrschenden als “Verrückte an der Macht” zu bezeichnen.
      So jedenfalls titelt er in seinem Blog. Er hält es für “sehr große Dummheit”, gerade jetzt die Staatsausgaben herunterzufahren. Die wirtschaftliche Lage sei noch zu labil, weshalb das Bremsen der Gesamtnachfrage mit den Sparplänen die Erholung belaste. “Es ist unglaublich, dass das passiert, obwohl die Arbeitslosigkeit in den Euroländern weiter zunimmt und sich auch in den USA kaum zurückbildet.”
      Tatsächlich hatte gerade die Europäische Statistikbehörde (Eurostat) gemeldet, dass die Arbeitslosigkeit in der Eurozone im April weiter auf 10,1% angestiegen ist. Auch neueste Daten vom Arbeitsmarkt in den USA hatten zuletzt neue Sorgen um die Konjunkturentwicklung geschürt.
      Doch auch Krugman geht davon aus, dass die Staatsschulden vieler Staaten zu hoch sind. Aber er meint, jetzt sei der falsche Zeitpunkt für Sparprogramme. Jetzt zu sparen sei “vollkommen wirkungslos, um die künftigen Schulden zu reduzieren”. Krugman meint, dass die Sparanstrengungen dazu führten, dass auch die Einnahmen der Staaten weiter zurückgehen werden. Wegen steigender Arbeitslosigkeit würden auch Transferleistungen steigen, weshalb die Sparanstrengungen wirkungslos verpufften und letztlich die Staaten “sehr teuer” zu stehen kämen.
      Quelle: Telepolis

      Anmerkung unseres Lesers G.K.: Zum Thema Arbeitslosigkeit würden die deutsche Bundesregierung und nahezu sämtliche “Leitmedien” Paul Krugmann antworten: “das trifft auf Deutschland nicht zu. Wir haben ein Arbeitsmarktwunder.” Ein Blick hinter die Kulissen der deutschen Arbeitsmarktdaten zeigt jedoch, dass dieser von Politik und Medien angefachten Jubelstimmung mit erheblicher Skepsis zu begegnen ist. Siehe hierzu “Hinweise des Tages vom 2. Juni 2010”, Punkt 5.
      Der Telepolis-Beitrag verweist auf den Rückgang der deutschen Exporte im Monat April 2010 im Vergleich zum Vormonat März. Der Bestelleingang der deutschen Industrie lässt jedoch erwarten, dass die Exporte in den kommenden Monaten als Folge der Euroschwäche deutlich ansteigen werden. Die Euroschwäche nutzt kurzfristig der extrem exportlastigen deutschen Wirtschaft. Die außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte in Europa sowie außerhalb Europas werden hierdurch jedoch weiter verschärft. Innerhalb der Eurozone stellt das deutsche Lohndumping für die Wettbewerbsfähigkeit selbst jener Staaten eine ernsthafte Bedrohung dar, die sich seit der Euro-Einführung strikt an der stabilitätspolitischen Vorgabe der EZB orientiert haben. So z.B. Frankreich: Dort stiegen die Lohnstückkosten im Jahresdurchschnitt um 2%, und damit im Rahmen der von der EZB vorgegebenen Zielinflationsrate. Ein von Deutschland angezetteltes europaweites Lohndumping droht nun – in Verbindung mit drastischen Einschnitten bei den Staatshaushalten – in einer europäischen deflationären Abwärtsspirale zu münden. Den daraus resultierenden Schaden hätten vor allem die Arbeitnehmer hierzulande sowie in den übrigen Staaten der Eurozone zu tragen.
      Die egoistische deutsche Wirtschafts- und Finanzpolitik wird mittlerweile in vielen Staaten heftig kritisiert. Die von zahlreichen deutschen Politikern, Wirtschaftsvertretern und Medien zur Schau gestellte Attitüde des besserwisserischen Oberlehrers läuft Gefahr, das Ansehen und den Einfluss Deutschlands vor allem in Europa nachhaltig zu beschädigen.

  4. Joseph Stiglitz – Steuerzahler gegen Banker
    Das Problem mit Banken, die zu groß sind, um sie bankrottgehen zu lassen, ist heute noch ärger als vor der Krise. Die verbesserte Möglichkeit, Banken aufzulösen, wird höchstens ein bisschen Abhilfe schaffen: In der letzten Krise hat die US-Regierung ihre Befugnisse nicht genutzt und überflüssigerweise Aktionäre und Anleiheinhaber gerettet – nur weil man fürchtete, dass es andernfalls zu einem wirtschaftlichen Trauma käme. Solange es Banken gibt, die “too big to fail” sind, wird die Regierung ihre Augen höchstwahrscheinlich wieder verschließen.
    Eine echte Überraschung ist allerdings eine Bestimmung im Gesetzesentwurf des Senats, der es staatlich abgesicherten Instituten verbietet, riskante Derivate zu zeichnen. Solche staatsgarantierten Geschäfte verzerren den Markt und verschaffen den Großbanken einen Wettbewerbsvorteil – da sie zu groß zum Scheitern sind. Die Art, wie die Fed sie verteidigt – dass es für Kreditnehmer wichtig sei, ihre Risiken absichern zu können -, offenbart das Ausmaß ihrer Vereinnahmung.
    Wenn wirksame Einschränkungen des Derivategeschäfts staatlich abgesicherter Banken (ob nun formal oder aufgrund ihres “Too big to fail”-Status abgesichert) in die endgültige Version des Gesetzesentwurfs aufgenommen werden, hätten die Interessen der Allgemeinheit doch die Oberhand über Partikularinteressen behalten. Die demokratischen Kräfte hätten sich gegen Lobbyisten durchgesetzt.
    Werden allerdings, wie es die meisten Experten vorhersehen, diese Einschränkungen wieder gelöscht, wird das ein trauriger Tag für die Demokratie – und ein noch traurigerer Tag für die Aussichten auf eine sinnvolle Finanzmarktreform.
    Quelle: FTD

    Anmerkung Orlando Pascheit: Man stelle sich einmal vor, der Bundestag initiiere ein Gesetz zur Bankenregulierung gegen den Willen der Regierung und der Bundesbank bzw. der EZB.

  5. Angelegtes Vermögen stieg weltweit um zwölf Prozent
    Nach einer Studie der Boston Consulting Group ist das angelegte Vermögen im vergangenen Jahr um zwölf Prozent gestiegen. Europa bleibt demnach die reichste Region mit 37,1 Billionen Dollar. Während der Finanzkrise war das weltweit verwaltete Vermögen um zehn Prozent eingebrochen.
    Wie aus einer am Donnerstag veröffentlichten Studie der Boston Consulting Group hervorging, betrug 2009 die globale Gesamtsumme des verwalteten Vermögens 111,5 Billionen Dollar.
    Der Studie zufolge konzentriert sich der Reichtum dabei immer mehr. Millionäre seien in weniger als einem Prozent der Haushalte zu finden, verfügten jedoch über 38 Prozent des globalen Vermögens, hieß es. Familien mit mehr als fünf Millionen Dollar machten weniger als ein Zehntel Prozent aller Haushalte aus, kontrollierten jedoch 21 Prozent der weltweiten Anlagen.
    Quelle: Focus

    Anmerkung WL: Aber weltweit wird bei den Ärmsten eingespart.

  6. Insolvenzen: Immer mehr Firmen gehen pleite
    Die Konjunktur in Deutschland erholt sich zusehends. Gute Nachrichten kommen aus vielen Branchen – doch viele Firmen müssen trotzdem Insolvenz anmelden. Die Zahl der Pleiten steigt. Nach Einschätzung der Wirtschaftsauskunftei Creditreform sind nun unternehmensnahe Dienstleister wie Hausverwaltungen oder Speditionen besonders gefährdet: Vielen von ihnen geht nach der Pleite ihres wichtigsten Kunden selbst die Luft aus. Zudem treffen sie die zunehmenden Sparbemühungen der Firmen, die viele Dienste wieder selbst erledigen. Creditreform rechnet damit, dass die Zahl der Firmeninsolvenzen in diesem Jahr weiter ansteigt. Die Schadenssumme und die Zahl der gefährdeten Arbeitsplätze dürfte aber geringer ausfallen als 2009. Zugleich müssen immer mehr Verbraucher Insolvenz anmelden: Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen stieg im März um 18,1 Prozent auf 10.339. Für das gesamte erste Quartal meldeten die Statistiker einen Anstieg um 13 Prozent auf 27.236.
    Quelle: FR
  7. Merkel: Keine Bundeshilfen für Opel
    Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bekräftigt, dass der angeschlagene Autobauer Opel keine Bundeshilfen aus dem Deutschlandfonds erhalten wird. Das Unternehmen könne jedoch wie alle anderen Autokonzerne auf Forschungsmittel des Bundes zurückgreifen, sagte die Kanzlerin am Donnerstag nach einem Treffen mit den Ministerpräsidenten der Länder in Berlin.
    Dies gelte etwa für die Entwicklung neuer Antriebstechnologien. “Weitergehende Zusagen konnte der Bund heute nicht machen”, sagte Merkel.
    Die Opel-Belegschaft ist von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) “maßlos enttäuscht”. Das sagte der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel gegenüber unserer Redaktion. Dass auch der heutige Opel-Gipfel im Kanzleramt die Frage nach Staatshilfen für Opel wieder offen gelassen habe, sei “eine Ohrfeige für die Mitarbeiter, die seit Monaten um ihre Existenz bangen”, so Einenkel.
    Der Bochumer Betriebsrat geht davon aus, dass das Bochumer Werk ohne Staatshilfe aus Deutschland “ganz oben auf der Streichliste der dann zu schließenden Werke steht”, sagte Einenkel weiter, “so kann man mit den Beschäftigten nicht umgehen.”
    Quelle: Rheinische Post

    Anmerkung WL: Noch gestern hatte Merkel erklärt, dass „das letzte Wort hinsichtlich der Zukunft von Opel natürlich nicht gesprochen ist“. Das letzte Wort hatte aber offensichtlich ihr marktradikaler Wirtschaftsminister Brüderle.
    Merkels Verweis auf Forschungsmittel des Bundes ist nicht mehr und nicht weniger als eine Niederlage der Kanzlerin gegenüber der FDP und letztlich ein Wortbruch gegenüber den Opelanern.
    Nur nebenbei bemerkt: Der Kölner Stadt-Anzeiger meldet am 10.Juni: Der Kölner Autohersteller Ford erhält vom Bund und vom Land NRW eine Bürgschaft in Höhe von 160 Millionen Euro, damit der Konzern bei der Europäischen Investitionsbank (EIB) einen zinsgünstigen Kredit über 200 Millionen Euro bekommen kann.

  8. „Fall Emmely“ – Fristlose Kündigung – unrechtmäßiges Einlösen aufgefundener Leergutbons
    Ein vorsätzlicher Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine Vertragspflichten kann eine fristlose Kündigung auch dann rechtfertigen, wenn der damit einhergehende wirtschaftliche Schaden gering ist. Umgekehrt ist nicht jede unmittelbar gegen die Vermögensinteressen des Arbeitgebers gerichtete Vertragspflichtverletzung ohne Weiteres ein Kündigungsgrund. Maßgeblich ist § 626 Abs. 1 BGB. Danach kann eine fristlose Kündigung nur aus „wichtigem Grund“ erfolgen. Das Gesetz kennt in diesem Zusammenhang keine „absoluten Kündigungsgründe“. Ob ein „wichtiger Grund“ vorliegt, muss vielmehr nach dem Gesetz „unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile“ beurteilt werden. Dabei sind alle für das jeweilige Vertragsverhältnis in Betracht kommenden Gesichtspunkte zu bewerten. Dazu gehören das gegebene Maß der Beschädigung des Vertrauens, das Interesse an der korrekten Handhabung der Geschäftsanweisungen, das vom Arbeitnehmer in der Zeit seiner unbeanstandeten Beschäftigung erworbene „Vertrauenskapital“ ebenso wie die wirtschaftlichen Folgen des Vertragsverstoßes; eine abschließende Aufzählung ist nicht möglich. Insgesamt muss sich die sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses als angemessene Reaktion auf die eingetretene Vertragsstörung erweisen. Unter Umständen kann eine Abmahnung als milderes Mittel zur Wiederherstellung des für die Fortsetzung des Vertrags notwendigen Vertrauens in die Redlichkeit des Arbeitnehmers ausreichen.
    In Anwendung dieser Grundsätze hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts – anders als die Vorinstanzen – der Klage der Kassiererin eines Einzelhandelsgeschäfts stattgegeben, die ihr nicht gehörende Pfandbons im Wert von insgesamt 1,30 Euro zum eigenen Vorteil eingelöst hat.
    Die Kündigung ist unwirksam… Letztlich überwiegen angesichts der mit einer Kündigung verbundenen schwerwiegenden Einbußen die zu Gunsten der Klägerin in die Abwägung einzustellenden Gesichtspunkte. Dazu gehört insbesondere die über drei Jahrzehnte ohne rechtlich relevante Störungen verlaufene Beschäftigung, durch die sich die Klägerin ein hohes Maß an Vertrauen erwarb. Dieses Vertrauen konnte durch den in vieler Hinsicht atypischen und einmaligen Kündigungssachverhalt nicht vollständig zerstört werden. Im Rahmen der Abwägung war auch auf die vergleichsweise geringfügige wirtschaftliche Schädigung der Beklagten Bedacht zu nehmen, so dass eine Abmahnung als milderes Mittel gegenüber einer Kündigung angemessen und ausreichend gewesen wäre, um einen künftig wieder störungsfreien Verlauf des Arbeitsverhältnisses zu bewirken.
    Quelle: Bundesarbeitsgerichts

    Anmerkung WL: Letztlich lässt allerdings das höchste Arbeitsgericht die sog. Verdachtskündigung, die eine Beweislastumkehr zu Lasten eines Beschuldigten darstellt, unberührt. Diese Art der Kündigung stellt nach wie vor eine einseitige Risikoverlagerung zu Lasten der ohnehin strukturell benachteiligten Arbeitnehmer dar, die vor allem die Arbeitgeberinteressen schützt.

  9. Väter oder Mütter verdienen im Schnitt 1.669 Euro im Monat
    Im Jahr 2009 waren durchschnittlich 37.500 arbeitslose Alleinerziehende auf Arbeitslosengeld I angewiesen, 276.600 arbeitslose Alleinerziehende bezogen Hartz IV. Dies schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/1838) auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion (17/1658), die nach den Chancen und Benachteiligungen von Familien mit Kindern auf dem Arbeitsmarkt gefragt hatten. Die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit belief sich bei den alleinerziehenden ALG I-Beziehern auf 33,4 Wochen, bei den entsprechenden Empfängern von Grundsicherung auf 47,4 Wochen, heißt es in der Antwort weiter.
    Nach Angaben der Regierung lag das individuelle monatliche Nettoeinkommen von Elternteilen beziehungsweise Bezugspersonen und Partnern in Paarfamilien mit minderjährigen Kindern bei durchschnittlich 1.669 Euro im Monat, von Alleinerziehenden bei 1.370 Euro im Monat und von Personen in sonstigen Haushalten bei 1.359 Euro im Monat. Im Durchschnitt arbeiteten Erwerbstätige aus Paarfamilien im Jahr 2008 nach den Angaben im Mikrozensus 34,5 Stunden in der Woche, erwerbstätige Alleinerziehende 30,2 Stunden und Erwerbstätige aus sonstigen Haushalten 36,3 Stunden, heißt es in der Antwort weiter. Bei den beruflichen Abschlüssen macht die Regierung unter anderem folgende Angaben: 16,4 Prozent aller Personen in Paarfamilien haben keinen beruflichen Abschluss (24 Prozent bei Alleinerziehenden, 23,4 Prozent bei sonstigen Haushalten), 17,2 Prozent aller Personen in Paarfamilien haben einen Fachhochschul- oder Universitätsabschluss oder eine Promotion (11,3 Prozent bei Alleinerziehenden, 13,1 Prozent bei sonstigen Haushalten).
    Quelle: Deutscher Bundestag

    Anmerkung WL: Bemerkenswert ist, dass immerhin mehr Familien dieser Gruppe einen Hochschulabschluss bzw. sogar ein Promotion hatten als Familien ohne beruflichen Abschluss.

  10. Staat zahlt im Schnitt 699 Euro Elterngeld
    Die Regierung will das Elterngeld für Hartz-IV-Empfänger abschaffen und für Erwerbstätige kürzen. Das könnte eine Trendumkehr bewirken, zuletzt stieg der Durchschnittsbetrag laut Statistischem Bundesamt um knapp 40 Euro pro Monat.
    Eltern haben in den ersten drei Monaten 2010 mehr staatliche Unterstützung bekommen als im Vorjahresquartal. Im Schnitt stieg das Elterngeld von 662 auf 699 Euro, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Donnerstag mitteilte.
    Quelle 1: Spiegel Online
    Quelle 2: Statistisches Bundesamt
  11. Kräftiger Ausgabenanstieg bei Spezialmedikamenten
    Neue Arzneimittel gegen Rheuma, Krebs oder Multiple Sklerose belasten zunehmend die Budgets der Krankenkassen. Die Steigerungsraten der 20 ausgabenstärksten Medikamente 2009 bewegen sich bei der Barmer GEK fast durchweg zwischen 12 und 25 Prozent.
    “Warum verlangen die Pharmafirmen für das Krebsmittel Glivec in Großbritannien 1800 Euro, bei uns aber 2800 Euro? Durch das Innovationsargument sind solche Preisunterschiede jedenfalls nicht gedeckt.”
    Abermals sind es die Spezialpräparate im Hochpreissegment, die für die Ausgabendynamik sorgen. Von den rund 3,7 Mrd. Euro Arzneimittelkosten der Barmer GEK für 2009 entfallen rund 20 Prozent bzw. 700 Millionen Euro auf die Top 20-Präparate. Auf Platz 1 und 2 finden sich zwei innovative Rheumamittel mit Ausgabensprüngen um 20 bis 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr (Jahrestherapiekosten: 16.000 bis 24.000 Euro). Auf Platz 3 bis 5 liegen Präparate gegen Multiple Sklerose mit einem Ausgabenanstieg um 12 bis 24 Prozent (durchschnittliche Jahrestherapiekosten von 40.000 Euro). Für das führende Krebsmittel Glivec, Platz 8 bei Barmer GEK, Platz 3 bei den Industrieumsätzen in Deutschland, wurde ein Ausgabenzuwachs von 17 Prozent verzeichnet (Jahrestherapiekosten zwischen 38.000 und 50.000 Euro).
    Quelle 1: Barmer GEK
    Quelle 2: Arzneimittelreport Kurzfassung [PDF – 105 KB]
    Quelle 3: Arzneimittelreport Langfassung [PDF – 2.5 MB]
  12. Ölfieber
    1. Offshore-Bohrungen im Zwielicht
      Aufmerksam verfolgt die Erdölbranche – von den Golfstaaten bis zur brasilianischen Petrobras und zu den kotierten nichtstaatlichen Erdölgesellschaften – die technischen und ökologischen Folgen der Ölpest, mit der BP und die USA im Golf von Mexiko derzeit kämpfen. Die brisante Frage, was aus der Offshore-Exploration und den ehrgeizigen Plänen im Tiefseebereich werden könnte, beschäftigt nicht nur Ingenieure und Investoren. Es geht auch um das schwierige Verhältnis zwischen den grossen staatlichen Erdölunternehmen (NOC) und den internationalen Erdölkonzernen (IOC), die ohne Offshore-Projekte völlig ins Abseits gerieten.
      Quelle: NZZ
    2. Ölsucher im Rausch der Tiefe
      Die Explosion der Ölplattform “Deepwater Horizon” hat die USA in die größte Umweltkatastrophe ihrer Geschichte gestürzt. Das Ausmaß des Unglücks im Golf von Mexiko ist verheerend und in dieser Form ein Sonderfall. Das Risiko für derartige Ereignisse existiert aber auch auf anderen Ölplattformen in der Tiefsee, und zwar über den ganzen Globus verteilt. Denn nach Angaben der Umweltschutzorganisation Greenpeace sind weltweit fast 800 Offshore-Plattformen auf etwa 300 Ölfeldern im Einsatz. Sie fördern in einer Meerestiefe von mehr als 800 Metern Öl und Gas oder führen derzeit noch Probebohrungen durch. Die meisten Tiefsee-Ölfelder der Welt – rund 160 – liegen im Golf von Mexiko. In Brasilien gibt es nach den Recherchen von Greenpeace 52 und in Westafrika 46 Ölförderprojekte.
      Quelle: taz
    3. Mit blutigen Händen
      Mitverantwortung für Kriegsverbrechen im Sudan zwischen 1997 und 2003 sowie Verstöße gegen die Menschenrechte – das sind die Vorwürfe, die die “European Coalition of Oil in Sudan” (ECOS), ein Zusammenschluss von 50 europäischen NGOs, gegen ein schwedisch-österreichisch-malaysisches Ölkonsortium erhebt. In dem Bericht “Unpaid debt”, der am Dienstag veröffentlicht wurde, wirft ECOS dem Konsortium die Beteiligung am Tod von 12.000 Menschen und der Vertreibung von 160.000 vor. Die schwedische Lundin Oil AB, seit 2001 Lundin Petroleum AB, ist eine von vielen kleinen Ölfirmen, die Öl und Erdgas in solchen Ländern prospektieren und fördern, die den großen Konzernen zu “heiß” sind. 1997 gründete Lundin mit der Petronas Carigali Overseas aus Malaysia, der österreichischen OMV Sudan Exploration GmbH und der staatseigenen sudanesischen Sudapet ein Konsortium, um die Ölvorkommen in Sudans “Block 5 A” auszubeuten. Dieses Gebiet liegt größtenteils in der südsudanesischen Provinz Western Upper Nile an der Grenze zum Nordsudan und war damals schwer umkämpft.
      Quelle: taz
    4. Eine Droge für jedermann
      Es steckt im Pullover, in Tabletten, im Computer und im Gemüse. Unser Alltag ist geprägt vom Öl und den Dingen, die man daraus macht. Dafür werden täglich 10 Millionen Tonnen des Rohstoffs aus dem Boden geholt. Doch irgendwann ist die Ressource erschöpft: Erdöl wird bald knapp. Wenn es so weit ist, werden auch die CD und das Aspirin zum Luxusgut. Für Autos und Heizungen gibt es schon Alternativen, für Plastik nicht: Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen sind nicht so robust, sie zersetzen sich früher oder später. Kaum ein Rohstoff also hat unser Leben so geprägt. Ohne Öl gäbe es keine Computer, schon gar keine Laptops. All die neuen Techniken – Computergehäuse, LCD-Bildschirme und mobile Spielkonsolen – basieren letztlich auf Bausteinen aus Rohöl. Öl wärmt uns, kleidet uns, bewegt uns von einem Ort zum anderen – Öl bestimmt unser Leben. Ob wir wollen oder nicht, wir sind abhängig davon.
      Quelle: taz

      Anmerkung Orlando Pascheit: Öl ist viel zu wertvoll, um als Treib-oder Brennstoff in die Luft geblasen zu werden.

  13. Leerverkauf der Mitte
    Erstaunlich gelassen haben wir bereits in den letzten Jahren hingenommen, als Steuerbürger zwar für das Risiko des allgemein propagierten Leistungsträgertums jederzeit zu bürgen, aber immer weniger an den damit verbundenen Chancen beteiligt zu sein. Das Heer der Armen wächst.
    Dass es darüber nicht längst zu sozialen Aufständen, sondern nur zur Gründung der Linkspartei gekommen ist, muss wohl als der größte ideologische Erfolg des Kleinbürgertums gesehen werden. Scheinbar treibt auch noch das Prekariat die – völlig unbegründete, aber doch allemal disziplinierende – Gewinn- und Aufstiegshoffnung, ein Schnäppchen auf Kosten anderer zu machen. Ein solcher Geiz-ist-geil-Mob löst das Gesellschaftliche von innen her auf….
    Konfligierende Kräfte heben einander auf. Ins Politische übersetzt: So lassen sich Widersacher wunderbar entsorgen. Jetzt aber, wo sie alle entsorgt sind und es also keine Extreme mehr zu moderieren gibt, erweist sich die (klein)bürgerliche Mitte, deren Hauptexponentin Merkel ist, als das, was sie immer war: als Leerstelle. Merkel hat uns die ganze Zeit etwas verkauft, das es gar nicht gibt. Zu diesem Leerverkauf passt immerhin die letzte Personalie der Kanzlerin: Niemand dürfte die normativ entkernte Mitte so gut verkörpern wie der Kandidat Christian Wulff.
    Quelle: FR
  14. Luc Jochimsen: „Eine Politik, die den Schwachen helfen will“
    In dieser Krisenzeit vertrete ich eine Politik, die den Schwachen helfen will. Es geht darum, sie zu schützen und zur Bewältigung der Krise die heranzuziehen, die sie verursacht haben. Weiterhin unterscheidet mich mein Freiheitsbegriff von dem, den die anderen Bewerber haben. Joachim Gauck sagt, das kostbarste Gut sei die Freiheit – der fürsorgliche Staat stehe dieser entgegen. Ich hingegen meine: Freiheit gibt es nur im Einklang mit sozialer Sicherheit und Gerechtigkeit. Eine Freiheit, die dem Starken alles ermöglicht und den Schwachen ausliefert, garantiert keine Menschenwürde – was uns die CDU/CSU-FDP-Regierung gerade mit ihrem Sparpaket plastisch vor Augen führt.
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung WL: Ansonsten werden Sie viel über Luc Jochimsen, aber wenig von ihr in den Medien lesen und hören.

  15. FDP stürzt in den Abgrund
    Die neuesten Umfragen zeigen: Spätestens Westerwelles “Sieg” bei der Sparklausur, also die erfolgreiche Verhinderung von Belastungen für Spitzenverdiener und Vermögende, hat den Deutschen – bis auf ein paar Unerschütterliche – die Augen geöffnet. Selbst unter Gutverdienern und Vermögenden dürfte es keine Mehrheit mehr geben für eine Haushalts-“Konsolidierung” mit den Mitteln sozialer Sprengsätze. Und es wird der FDP auch nichts helfen, nun mit dem Scheitern von Merkels letzter schwarz-gelber Siegchance, der Bundespräsidentenwahl, zu drohen. An diesem Scheitern wäre die Kanzlerin, die Christian Wulffs Kür mit dem alten Handwerkszeug der Machttechnikerin meistern zu können glaubte, zwar selber schuld. Aber die FDP würde sie beim durchaus begrüßenswerten Scheitern von Schwarz-Gelb ganz sicher mitnehmen: in den Abgrund. Übrigens: Was ist das für eine Welt, in der selbst Ansätze sozialer Ausgewogenheit an der Notwendigkeit scheitern, Stimmen für die Wahl eines Landes-CDU-Funktionärs ins höchste Staatsamt zu sammeln! Wie immer die Kanzlerin da herauskommt: Über den sozialen Gehalt ihrer Politik sollte man sich auch dann keine Illusionen machen, wenn sie der FDP noch ein paar Korrekturen abringen kann. Bei CDU/CSU nämlich herrscht zwar nicht die gleiche soziale Kälte wie bei der FDP, statt dessen aber eine nicht entscheidend bessere Vorstellung von Gerechtigkeit: Gerecht, so streut es nun die zweite und dritte Reihe der Union, wäre die Sache dann, wenn man die Hartz-IV-Empfänger und Familien belastet – und die Millionäre eben auch.
    Quelle: FR

    Anmerkung Orlando Pascheit: Mag sein, dass bei der CDU als Ganzes nicht die gleiche soziale Kälte wie bei der FDP herrscht, an ihrer Spitze allemal. Wolfgang Schäuble war sich vorgestern nicht zu schade ganz im Stile Kochs oder Westerwelles gegen Hartz IV-Bezieher zu hetzen. Manche wohlgemeinte Sozialleistung bewirke in Wahrheit das Gegenteil und fördere nicht die Bereitschaft, einen regulären Job anzustreben.- Über diese paar tausend Leute will Schäuble den Haushalt sanieren. Nein, hier wird eine Ausgrenzungsstrategie gefahren, werden Hartz-IV-Bezieher wieder einmal zu Sozialschmarotzern erklärt, denen keine Sozialleistung zusteht und die deswegen bedenkenlos zusammengestrichen werden darf.

  16. Bilderberg-Treffen in Spanien
    Bilderberg ist kein ausführendes Organ, Bilderberg ist keine »geheime Weltregierung«. Bilderberg ist viel mehr eine Ideen- und Konsensschmiede. Die Hochkarätigkeit der Teilnehmer – will heißen: ihre Verflechtung mit sozialem und ökonomischem Kapital – erlaubt es aber, bei den Konferenzen entstandene Ideen und Konsense über eine Vielzahl von Kommunikationswegen und Verknüpfungspunkten zu den Stellen zu leiten, an denen dann tatsächlich Entscheidungen getroffen werden. Bilderberg verweist auf einen Formationsprozeß der Machtelite außerhalb der demokratischen Institutionen.
    Quelle: jung Welt
  17. Bildungsgipfel-Dreikampf: Vertagen, verschleppen, vertrösten
    Deutschland soll “Bildungsrepublik” werden, versprach Kanzlerin Merkel. Nun haben sich Bund und Länder zum dritten Mal zum Bildungsgipfel getroffen, doch erneut lautet das Ergebnis: kein Ergebnis. Der Föderalismus waltet, die Länderfürsten bocken – und die Bildungsrepublik wird zur Fata Morgana.
    Quelle: Spiegel Online
  18. Regierung will BAföG weiterentwickeln – Länder melden Finanzierungsvorbehalt
    Die Bundesregierung bekräftigt das Ziel, die Bundesausbildungsförderung (BAföG) weiterzuentwickeln. Dies entspreche ”der klaren Beschlusslage der Koalition“, schreibt die Regierung in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates zu ihrem Entwurf einer BAföG-Novelle (17/1941). Bis 2013 wolle der Bund zusätzlich 12 Milliarden Euro für Bildung und Forschung zur Verfügung stellen. Die Bundesregierung teile ”angesichts dieser gemeinsam beschlossenen Zielsetzung“ nicht die Absicht des Bundesrates, die BAföG-Reform unter einen Finanzierungsvorbehalt zu stellen.
    Der Gesetzentwurf , der vom Bundestag am Donnerstag ohne Aussprache zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen wurde, sieht eine Anhebung der BAföG-Bedarfssätze um zwei Prozent und der Freibeträge um drei Prozent vor. Er enthält hinaus zahlreiche Änderungen hinsichtlich der Gewährung und Berechnung des BAföG.
    Der Bundesrat betont in seiner Stellungnahme die finanziellen Belastungen durch die geplanten Änderungen. Den Ländern würden durch die Reform in den Jahren 2010 bis 2013 zusätzliche Ausgaben in Höhe von 529 Millionen Euro entstehen. Der Bundesrat erwarte deshalb, dass der Bund die Länder ”mit zusätzlichen Umsatzsteuermitteln“ unterstützt. ”Angesichts der Finanzsituation der Länder“ sei die Reform unter einen generellen Finanzierungsvorbehalt zu stellen.
    Quelle: Deutscher Bundestag

    Dazu:

    Deutsches Studentenwerk: Blockade im Bundesrat – Kein gutes Signal fürs Studium
    Das Deutsche Studentenwerk hat ja, im Gegenteil, gefordert, dass die Freibeträge wesentlich stärker erhöht werden sollen, als vom Bund geplant. Wir wollten so den Kreis der Förderberechtigten ausbauen. Insbesondere in der Unter- und Mittelschicht.
    Seit Einfühung der Studiengebühren sehen wir, dass sich immer mehr junge Leute mit Hochschulzugangsberechtigung für eine Ausbildung entschieden haben. Das könnten noch mehr werden.
    Quelle: FR

  19. Bildungschancen von Migrantinnen und Migranten
    Fakten – Interpretationen – Schlussfolgerungen. Eine Studie des Paritätischen Gesamtverbandes
    Das Schulsystem hat es bisher nicht geschafft, die Benachteiligungen von Kindern aus
    prekären Verhältnissen auszugleichen – eher im Gegenteil.
    Quelle: Forum kritische Pädagogik [PDF – 1.5 MB]
  20. Sorry, unsere Uni-Rankings waren Quatsch
    Höchst selbstbewusst stellt das “Times”-Ranking seit sechs Jahren die besten Unis der Welt vor. Höchst selbstkritisch sagt jetzt der Macher der Liste, dass die bisherigen Rankings beinahe wertlos waren und zu wenige Hochschullehrer befragt wurden – aus Deutschland nicht einmal 200.
    Das Hauptproblem, schreibt der reuige Ranking-Macher in der “Zeit”, stecke im sogenannten Peer Review, also der Befragung von Wissenschaftlern, welche Hochschule sie in ihrem Land für spitze halten. Fast die Hälfte ihrer Punkte, nämlich 40 Prozent, erhielten die Universitäten über die Einschätzung der Fachwelt – doch was, wenn diese “Fachwelt” nur einen sehr kleinen Ausschnitt umfasst? …So waren es selbst aus Großbritannien nur Antworten von 563 Hochschulmitarbeitern.
    Aus Deutschland – “ich schäme mich fast, es zuzugeben”, so Baty – kamen “lächerliche 182 Antworten als Rücklauf”. Deutschland hat immerhin fast 400 Hochschulen mit über 13.000 Studienangeboten. Da sind Einschätzungen von 182 Wissenschaftlern ziemlich mickrig – zumal dann, wenn sie den Ruf anderer Hochschulen beurteilen sollen, die sie häufig nur vom Hörensagen kennen.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung WL: Nun soll es das Bertelsmann Centrum für Hochschulentwicklung besser machen, dessen Rankings deutschsprachiger Hochschulen höchst umstritten sind, so dass sich die Schweiz und Österreich schon wieder verabschiedet haben.

  21. Grüne wollen Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern in der Bildung aufheben
    Für eine Aufhebung des ”Kooperationsverbotes“ zwischen Bund und Ländern im Bereich der Bildung plädiert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Mit der 2006 verabschiedeten Föderalismusreform I hätten Union und SPD die verfassungsrechtliche Grundlage für ”die Wahrnehmung gesamtstaatlicher Bildungsverantwortung zerstört“, heißt es in einem Antrag der Fraktion (17/1984), der am Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Bund und Ländern dürften seitdem ”keine gemeinsamen Bildungsprogramme und Investitionen für das allgemeine Schulwesen vereinbaren“.
    Deshalb plädieren die Grünen mit Blick auf den dritten Bildungsgipfel zwischen Bund und Ländern am 10. Juni dafür, das Kooperationsverbot aufzuheben. Auch in den Reihen der Kultusministerkonferenz werde diese Forderung inzwischen mehrheitlich unterstützt. Ebenso habe sich die ”Expertenkommission Forschung und Innovation“, die die Bundesregierung in Fragen von Bildung und Forschung berät, in ihrem Gutachten von 2010 (17/990) für eine Aufhebung des Kooperationsverbotes ausgesprochen, schreibt die Fraktion.
    Quelle: Deutscher Bundestag

    Anmerkung WL: Das hätten die Grünen schon wissen können, als sie der sog. Föderalismusreform zugestimmt haben. Siehe: Föderalismusreform: Vom kooperativen Föderalismus zum Wettbewerbsföderalismus – künftig herrscht zwischen den Ländern das Recht des Stärkeren.

  22. SPD fordert Anhebung des Spitzensteuersatzes zur Bildungsfinanzierung
    Die Bezieher hoher Einkommen sollen nach dem Willen der SPD-Fraktion einen ”Bildungssoli“ in Form höherer Steuersätze zahlen, um Bildungsmaßnahmen zu finanzieren. In einem Antrag (17/1957), der am Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht, fordert die Fraktion zudem, dass Bund und Ländern an ihrem Versprechen festhalten, bis 2015 mindestens sieben Prozent des Bruttoinlandproduktes für Bildung und mindestens drei Prozent für Forschung aufzuwenden. Um die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte und höhere Bildungsausgaben zu vereinbaren, sei ein ”Aufschlag auf den Spitzensteuersatz auf sehr hohe Einkommen“ in Form eines ”Bildungssoli“ ein ”geeignetes und sozial gerechtes Mittel“.
    Außerdem fordern die Sozialdemokraten, den Rechtsanspruch auf Betreuung für Kinder unter drei Jahren ab 2013 zu sichern, bedürftigen Kindern ein ”kostenfreies warmes Mittagessen, die Lernmittelfreiheit oder auch die Teilnahme an Klassenfahrten“ zu garantieren, die Zahl der Schulabbrecher zu senken und den Universitäten Mittel zu Verbesserung der Lehre bereitzustellen.
    Quelle: Deutscher Bundestag
  23. Südafrika: Jacob Zuma: Weder Wissen noch Macht
    Von Nelson Mandelas Traum von einem demokratischen Land ist wenig geblieben. Daran kann die Fußball-WM nichts ändern. Vollmundige Versprechen, keine Lösungen, viel Korruption – das ist die Bilanz nach gut einem Jahr Jacob Zuma als Staatspräsident.  Zumas ANC ist aus dem Gleis geraten. “Sein Führungsmangel im Zentrum der Partei und der Regierung hat den Parteibonzen auf Lokalebene freien Lauf gelassen, eigenen Interessen nachzugehen”, beschreibt der Universitätsprofessor William Gumede die Lage des ANC. “Wir hatten vor 16 Jahren bei Mandelas Amtsantritt große Hoffnung, dass die älteste Befreiungsbewegung auf dem Kontinent besser regieren wird als die restlichen afrikanischen Machthaber.” Enttäuschung stattdessen. Der Wettkampf um die Macht werde härter, zum Teil tödlich. Das zeige sich auch im Kampf um Staatsgelder. “Bling culture” nennt Gumede den Stil, den viele Politiker betreiben, in Anspielung auf dicke Autos, Schmuck und protzige Kleidung – Statussymbole der ANC-Bonzen. Wer diesen Weg wählt, schreckt vor Abkürzungen nicht zurück Trotz solider Zweidrittelmehrheit an der Wahlurne steckt der ANC in einer tiefen Krise und braucht eine klare Vision. “Zuma hat die nicht und ist schwach”, sagt William Gumede und zweifelt an einer Wiederwahl. “Wir brauchen eine wirkliche Spaltung der Partei, damit sich daraus ein kleinerer, aber funktionierender ANC hervortut. Eine echte Partei und eine ernstzunehmende Opposition.”
    Quelle: taz

    Anmerkung Orlando Pascheit: Einige zusätzliche Informationen zum WM-Eröffnungsspiel in Südafrika