Corona und Correctiv: Einfalt und Zensur gegen „Gedankenverbrecher“

Corona und Correctiv: Einfalt und Zensur gegen „Gedankenverbrecher“

Corona und Correctiv: Einfalt und Zensur gegen „Gedankenverbrecher“

Tobias Riegel
Ein Artikel von: Tobias Riegel

Der Correctiv-Chef David Schraven offenbart in einem aktuellen Interview eine große, mutmaßlich gespielte politische Einfalt. Dessen sollte man sich bewusst sein, denn Correctiv „darf“ etwa bei Facebook abweichende Meinungen unterdrücken. Albrecht Müller hat sich in seinem neuen Buch mit dem Thema befasst – wir hängen Zitate an diesen Artikel an. Von Tobias Riegel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

David Schraven ist Gründer und Geschäftsführer von „Correctiv“: Der Verein nennt sich „Recherche-Zentrum“ und fällt dadurch auf, dass er die Regierung weitgehend von Kritik abschirmt und bei Facebook über „Faktenchecks“ abweichende Meinungen „markiert“ und „weniger sichtbar“ macht – nach eigenem Gutdünken. In einem Interview mit Jakob Buhre vom Online-Magazin „Planet Interview“ hat sich Schraven nun geäußert.

Selbsternannte Torwächter der Meinungsvielfalt

Angesichts der „Corona-Pandemie“ laufen die selbsternannten Torwächter der Meinungsvielfalt – kein „normaler Bürger” hat Correctiv in ihrer Rolle als Internet-Kontrolleure legitimiert – zu besonderer Form auf. Schließlich gehe es darum, mit der „Faktencheck-Abteilung“ „gezielte Desinformation“ und „wirre Verschwörungstheorien, seltsame Sekten, Impfgegner, Hippies aus dem New Age und wild gewordene Vegan-Köche“ zu bekämpfen. Das lohnt sich auch finanziell, denn laut Schraven hat Correctiv „aus Corona-Töpfen Sonderförderungen bekommen, die uns geholfen haben, die Arbeit zu stabilisieren. Unsere Mitarbeiter sind nicht auf Kurzarbeit, sondern wir konnten sogar neue einstellen“. Zur Finanzierung und zum Charakter von Correctiv hat sich Albrecht Müller auch in seinem neuen Buch geäußert, am Ende dieses Textes wird aus dem entsprechenden Kapitel aus Müllers Buch zitiert, darin heißt es:

„Diese Organisation von Journalisten macht im Laufe der Zeit durchaus das eine oder andere Vernünftige. Aber die Grundeinstellung ist geprägt von ‚Wir sind die Guten und die im Netz sind die Bösen‘.“

Zu Corona stellt Schraven etwa fest, „Impffeinde“ seien „sehr empfänglich für gezielte Desinformationskampagnen“ – diese Kampagnen würden von „Gegnern unserer Gesellschaft“ lanciert. Correctiv ist in diesem schrägen Bild wohl eine der letzten Verteidigungslinien gegen diese „Gegner“. Aber zum Glück sind die Andersdenkenden, etwa beim Thema Corona, ja alles Dummköpfe. Das macht die „Debatte“ aus Sicht von Correctiv einfach, denn im Umkehrschluss könne man laut Schraven beruhigt sagen: „Mehr als 80 Millionen Deutsche sind gar nicht doof.“

Abbildung von Kritik: „Totaler Kokolores“

Schraven offenbart eine fragwürdige Haltung zur Meinungsvielfalt und zur Meinungsfindung. Den Vorschlag, den Arzt und Infektionsepidemiologen Sucharit Bhakdi gemeinsam mit Christian Drosten in Talkshows einzuladen, bezeichnet er als „totalen Kokolores“. Er begründet diese Ablehnung mit einem hinkenden Vergleich mit der Klimadebatte: Es sei doch wissenschaftlich alles geklärt – „und dann gibt es zwei Pfeifen, die behaupten, das sei gar nicht so.“ Schravens unreflektiertes, ja in der Selbstüberschätzung geradezu lächerliches Urteil über Bhakdi:

„Ich halte es für nicht besonders ausgereiftes Zeug, was er erzählt. Und es macht keinen Sinn, ihn gleichwertig in eine Diskussion in eine TV-Talkshow reinzubringen. (…) Ich muss mich nicht mehr mit Sachen auseinandersetzen, die erwiesenermaßen Kokolores sind. “

Diese Haltung macht die „Debatte“ wie gesagt einfach, denn sie findet gar nicht statt. Die Haltung ist aber einem „Journalisten“ unwürdig. Den Einwand, durch so eine Debatte mit Bhakdi könnte die erdrückende Dominanz von Personen wie Karl Lauterbach oder Christian Drosten aufgebrochen werden, bügelt Schraven ab: „Ich halte es trotzdem für Unsinn, ihn in eine TV-Talkshow zu setzen.“ Als Zynismus kann man bezeichnen, was Schraven über die von den Medien in kampagnenhafter Weise ignorierten Kritiker der Corona-Politik sagt, die notgedrungen auf Youtube ausweichen:

„Außerdem ist es ja nicht so, dass Wodarg oder Bhakdi nicht stattfinden. Sie erreichen ihr Publikum und können ihre Standpunkte öffentlich vertreten. Es gibt viele Berichte der beiden auf Youtube, oft mit vielen 100.000 Klicks. (…) Wodarg und Bhakdi werden nicht zensiert.“

Medienkonzerne müssen Correctiv nicht fürchten

Der Interviewer Jakob Buhre stellt zum Teil die richtigen Fragen. Aber auch er stellt einmal indirekt „Nazis“ und „Querdenker“ auf eine Stufe, wenn er beide Gruppen fast in einem Atemzug nennt. Buhre weist aber zu Recht etwa darauf hin, dass unter anderem „Zeit Online“, ARD und „Spiegel Online“ in ihrer Berichterstattung fälschlich behaupten würden, „Querdenken“ würde sich nicht von Gewalt und nicht von Rechtsextremisten distanzieren. Das ist natürlich kein Fall für die Faktenchecker:

“Wir als Correctiv würden in so einem Fall wahrscheinlich nicht aktiv werden. Wir können nicht die Rolle des Presserates einnehmen. Das sind wir nicht.“

Nein, die großen Medienkonzerne werden von Correctiv weitgehend in Frieden gelassen. Hier bekämpft man statt der Fake-News-Kampagnen großer Medien lieber jene Bürger und Blog-Beiträge, die diese Kampagnen im Netz kritisieren und schiebt sie in die rechte Ecke.

Damit soll das Problem rechter Hasssprache im Netz nicht geleugnet werden, eine Lösung dafür muss gefunden werden. Aber die Hasskommentare sind vor allem Symptom und nicht Ursache der gesellschaftlichen Spaltung. Außerdem können diese radikalen Kommentatoren zum einen nicht den propagandistischen Schaden anrichten, zu dem Medienkonzerne mit ihren Infrastrukturen in der Lage sind. Zum anderen ist die Bewertung dieser Bürger-Kommentare oder Blog-Beiträge nicht die Sache privater Zensoren: Wenn Facebook-Kommentare beleidigend oder volksverhetzend sind, dann sind sie ein Fall für Gerichte – und nicht für die willkürliche Einordnung durch „Faktenchecker“ oder einen Internet-Konzern. Bei den Kommentaren geht es oft nicht um justiziable Äußerungen, sondern um das von andersdenkenden Bürgern begangene Delikt des „Gedankenverbrechens“, das gegen eine „objektive Wahrheit“ verstoßen würde. Das hat auch Jens Berger in dem Artikel „Trump, Tichy und das Faktencheckerdilemma“ festgestellt:

„Wenn Twitter, Facebook und Co. rein technische Plattformen sind, dann sollte ihnen sogar verboten werden, in welcher Form auch immer inhaltlich Einfluss auf die Beiträge der Nutzer zu nehmen, sofern diese nicht gegen gültige Gesetze verstoßen. Ansonsten kommt man – wie man es auch dreht und wendet – immer in die Situation, eine subjektive Bewertung vorzunehmen, wo eine objektive Bewertung nötig, aber eben nicht praktisch umsetzbar ist. Für den Rest ist die Medienkompetenz der Nutzer verantwortlich.“

Correctiv und Facebook: Konstrukt einer privaten Zensur?

Darum kann die Zusammenarbeit von Correctiv und Facebook auch als fragwürdiges Konstrukt privater Zensur bezeichnet werden. Das Thema hat Jens Berger auch im Artikel „Ausgerechnet ‚Correctiv‘ soll Facebook von Falschmeldungen befreien? Da wird doch der Bock zum Gärtner gemacht!“ beschrieben. Weitere Informationen zur kritikwürdigen Kooperation finden sich in diesem Artikel auf „Übermedien“: Demnach sind mehr als 50 Organisationen weltweit Teil von Facebooks „3rd-Party-Fact-Checking-Program“, in Deutschland nimmt neben Correctiv auch die Deutsche Presse-Agentur daran teil, wofür beide Redaktionen von Facebook bezahlt würden. Der Faktenckeck funktioniert demnach über ein spezielles System: Ein Beitrag, der überprüft wurde, wird für die Nutzer markiert und von Facebook in der Sichtbarkeit herabgestuft. Kritisiert wird in dem Artikel etwa, dass diese Prozedur „nicht für die Beiträge von Politikern gilt“ und diese Schonbehandlung für die große Politik nicht öffentlich kommuniziert wird. Im Medienmagazin Kress wird zusätzlich moniert, dass weder Facebook noch Correctiv mitteilen würden, wie viel Geld die „Faktenchecker“ vom Internetriesen erhalten.
 
Zur eigenen Finanzierung (abgesehen von der Facebook-Kooperation, die laut Berichten über eine „gewerbliche Tochterfirma“ abgewickelt werde) äußert sich Correctiv auf der eigenen Webseite. Demnach betrugen die Erträge aus Zuwendungen und Zuschüssen im Jahr 2018 exakt 2.283.697,34 Euro, generiert vor allem aus Zuwendungen großer Stiftungen. Zur Finanzierung werden weiter unten aus Albrecht Müllers Buch Details zitiert.

Correctiv und Nawalny

Der Correctiv-Chef äußert sich im aktuellen Interview neben Corona auch zu anderen Themen. Bereits vorher hat sich Schraven mit diesem Tweet zum Fall Nawalny extrem weit aus dem Fenster gelehnt:

Seine Erklärung für diese gewagten Behauptungen machen den Vorgang nicht besser: In wenigen Sätzen – wieder geprägt von einer mutmaßlich nur vorgetäuschten Naivität – disqualifiziert sich Schraven hier als ernstzunehmender Beobachter:

„Und Nowitschok kann ihm in der Charite niemand gespritzt haben, denn das ist kein Stoff, den man außerhalb Russlands und außerhalb staatlicher Zusammenhänge bekommt. Nawalny hat sicher auch nicht selbst Nowitschok genommen. Also wird es jemand in seinen Tee oder sonstwohin gekippt haben. Das ist ein Mordversuch, der in Russland stattgefunden hat. Dass Putins Regime korrupt bis zum Anschlag ist, konnte in etlichen Recherchen bewiesen worden – genauso wie der Fakt, dass Putins Regime Mordanschläge im In- und Ausland durchführt. (…) Aber dass Elemente des korrupten Putin-Regimes versucht haben, Nawalny mit Nowitschok zu töten, steht für mich außer Frage.“

Die NachDenkSeiten haben den Fall Nawalny etwa hier oder hier thematisiert.

Anhang:

Weil sich Albrecht Müller in seinem neuen Buch „Die Revolution ist fällig!“ (Westend Verlag) näher mit Correctiv auseinandergesetzt hat, folgt hier ein Auszug aus dem entsprechenden Kapitel. Dort wird ausgeführt, dass es „nach Meinung der Bundesregierung falsche Informationen, Irreführungen und Desinformationskampagnen nur im Internet gibt, und es wird uns indirekt bestätigt, dass der Kampf der Etablierten gegen das Netz mithilfe von Steuergeldern ausgetragen wird“. In diesem Zusammenhang sei die Betrachtung etwa der Organisation Correctiv hochinteressant. Müller fährt fort:

(…) Deshalb eine etwas ausführlichere Untersuchung. Der erste Eintrag bei Google ist so wunderbar, dass ich auch ihn direkt wiedergeben muss: »CORRECTIV – Recherchen für die Gesellschaft CORRECTIV recherchiert langfristig zu Missständen in der Gesellschaft, fördert Medienkompetenz und führt Bildungsprogramme durch.« Auch der Anspruch auf der eigenen Internetseite ist schon sehr beachtlich: »Recherchen für die Gesellschaft und mit der Gesellschaft Investigativ. Unabhängig. Gemeinnützig. CORRECTIV ist das erste gemeinnützige Recherchezentrum im deutschsprachigen Raum. Wir recherchieren langfristig zu Missständen in der Gesellschaft, fördern Medienkompetenz und führen Bildungsprogramme durch.« Diese Organisation von Journalisten macht im Laufe der Zeit durchaus das eine oder andere Vernünftige. Aber die Grundeinstellung ist geprägt von »Wir sind die Guten und die im Netz sind die Bösen«.

Außerdem ist die Finanzierung dieser Organisation ausgesprochen seltsam. In einem langen Text »In eigener Sache. Correctiv. Wie alles begann« wird viel über viele Personen erzählt und dann kommt quasi im Nebensatz ein Hinweis auf eine Stiftung. Ich zitiere: »Die abschließenden Gründungsgespräche haben Oliver Schröm und ich geführt. Auf der Seite der Brost-Stiftung sind wir auf viel Vertrauen und Zutrauen gestoßen. Das hat uns geholfen.« Nur auf Vertrauen und Zutrauen? Oder auch auf Geld? Die Brost-Stiftung hat am Anfang mit drei Millionen Euro unter die Arme gegriffen. Zu den großen Spendern gehören unter anderem: die Schöpflin Stiftung, Omidyar Network, Adessium Foundation, Google Digital News Initiative, Open Society Foundations, Rudolf Augstein Stiftung, Deutsche Telekom, Bundeszentrale für politische Bildung, Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur, Stiftung Mercator, Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen, Facebook und die Cassiopeia Foundation. (…)

Die Finanzierung dieser Vorfeldorganisation Correctiv ist deshalb so ausführlich dargestellt worden, weil man an der Zusammensetzung der Spender erkennen kann, wie beim Kampf gegen die kritischen Medien im Internet alles zusammengreift und auf welchen Wegen das Geld der Steuerzahler und Beitragszahler in diesem Kampf fließt. (…)

Anmerkung: Im 2. Absatz wurde eine irreführende Formulierung geändert.

Titelbild: Screenshot der Correctiv-Webseite

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