Bundesministerium für Versagen und Inkompetenz (BMVI): Mit der Autobahn-GmbH versemmelt Andreas Scheuer das nächste Großprojekt

Bundesministerium für Versagen und Inkompetenz (BMVI): Mit der Autobahn-GmbH versemmelt Andreas Scheuer das nächste Großprojekt

Bundesministerium für Versagen und Inkompetenz (BMVI): Mit der Autobahn-GmbH versemmelt Andreas Scheuer das nächste Großprojekt

Ein Artikel von Ralf Wurzbacher

Eigentlich soll zum 1. Januar eine zentrale Gesellschaft in Bundeshoheit die Alleinzuständigkeit im Fernstraßenbau übernehmen. Konstruktionsfehler sowie verfassungs- und vergaberechtliche Hürden werfen die Pläne jedoch über den Haufen. Vorerst kann die Behörde bestenfalls mit halber Kraft durchstarten, noch dazu mit großen personellen Abstrichen. Experten rechnen mit der vollen Arbeitsfähigkeit frühestens in fünf Jahren. Fast selbstredend gerät das Projekt auch teurer als veranschlagt, was der Bundesverkehrsminister aber lieber für sich behalten will. Von Ralf Wurzbacher.

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Andreas Scheuer könnte einem fast leidtun. Egal, was er anpackt, nichts, aber auch gar nichts will dem Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) gelingen. Seit dem Tag seiner Amtseinführung liefert der CSU-Mann Skandale in Serie. Sein stures Eintreten für die Autoindustrie ist schon legendär, seine Versuche, den Abgasskandal zu verniedlichen, hochnotpeinlich, und sein Verdikt, ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen sei „gegen jeden Menschenverstand“, unter allem Niveau. Ganz oben auf der Liste seiner Niederlagen steht fraglos das kolossale Scheitern seiner „Ausländermaut“, das den Steuerzahler weit über eine halbe Milliarde Euro kosten könnte. Aber der Fall, der inzwischen einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss beschäftigt, überstrahlt noch reihenweise andere, vergleichsweise geringfügige Pleiten, weshalb es ratsam erscheint, sein Ministerium alsbald in das „für Versagen und Inkompetenz“ umzutaufen.

Aber wirklich spaßig ist das alles nicht und Scheuer versagt auch nicht zu seinem Vergnügen, so wenig wie sein Vorgänger und Parteifreund Alexander Dobrindt, der ihm in puncto Lächerlichkeit viel vorgemacht hat. Beide wurden dazu berufen, mächtige Interessen zu vertreten, und wer das, wie sie, ohne jede Rücksicht auf Verluste tut, der holt sich zwangsläufig eine blutige Nase. Man könnte auch sagen, Scheuer hält den Kopf hin für die Belange derer, deren Fahne er hochhält. Seine Wähler sind damit nicht gemeint. Bei der Pkw-Maut ging es nur vordergründig um das Andienen an seine CSU-Bierzeltklientel, auch wenn das medial so transportiert wurde. Die Pkw-Maut sollte niemals nur eine Genugtuung für Bayerns Autofahrer dafür sein, dass sie etwa fürs Verkehren auf Österreichs Straßen bezahlen müssen. Das Projekt war immer eingebunden in ein größeres Planspiel, mittelfristig eine allgemeine Maut auch in Deutschland zu etablieren.

Funktionale Privatisierung

In diesem Zusammenhang ist dann auch Scheuers nächste Schlappe zu sehen, mit der er dieser Tage für Schlagzeilen sorgt. Dabei geht es um die „Autobahn GmbH des Bundes“, kurz: „Die Autobahn“. Die Gesellschaft war vor zwei Jahren mit dem Ziel gegründet worden, die Zuständigkeit für Planung, Bau, Betrieb und Erhalt der deutschen Fernstraßen zum Stichtag 1. Januar 2021 auf den Bund zu übertragen. Bisher noch erledigen das die 16 Bundesländer. Zwar erhalten sie das Geld dafür aus der Bundeskasse, die Umsetzung der Vorhaben obliegt ihnen aber selbst. Im Sommer 2017 wurde das Regelwerk im Rahmen einer umfassenden Neuordnung der Finanzbeziehungen von Bund und Ländern dahingehend verändert, die Kompetenzen in einer zentralen „Infrastrukturgesellschaft Verkehr“ unter Obhut der Bundesregierung zusammenzufassen.

Die Reform rief seinerzeit Kritiker auf den Plan, die vor einer „funktionalen Privatisierung“ des Straßenbaus warnten, an der sich private Investoren eine goldene Nase verdienen sollten. Tatsächlich ist die Konstruktion auch genau darauf zugerichtet: Indem die GmbH privatrechtlich verfasst ist, untersteht sie formal dem Bund, kann aber eigenverantwortlich und abseits parlamentarischer Kontrolle wirtschaften und dafür Geld am privaten Kapitalmarkt aufnehmen. Während schon heute eine Vielzahl an Neu-, Ausbau- und Sanierungsprojekten auf dem Wege öffentlich-privater Partnerschaften (ÖPP) realisiert werden, wird dies unter den Bedingungen der Autobahn-Gesellschaft absehbar zum Standardmodell. Die verheerenden Folgen für den Steuerzahler haben der Bundesrechnungshof (BRH) und die Rechnungshöfe der Länder schon mit etlichen Prüfungen aufgezeigt – bislang jedoch ohne Konsequenz.

Anlagen für Banken und Versicherungen

Hier beweist sich einmal mehr die ministerielle Opferbereitschaft. Scheuer könnte man für seine ÖPP-Leidenschaft rügen und prügeln, bis der Arzt kommt, und trotzdem würde er jede Therapie verweigern. Denn es steht mehr auf dem Spiel als seine persönliche Würde. Die Idee zur Autobahn-GmbH hatte einst die von Ex-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) bestellte sogenannte Fratzscher-Kommission unter Leitung des Chefs des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, ausgebrütet. Der Zirkel aus marktliberalen Ökonomen und Vertretern der Finanzbranche wurde 2014 mit dem Auftrag betraut, hochprofitable Anlagemöglichkeiten für von Niedrigzinsen gebeutelte Banken und Versicherungen „zur Stärkung von Investitionen in Deutschland“ ausfindig zu machen. Daraus erwuchs der Plan, den Straßenbau noch stärker als heute für private Profitinteressen zu öffnen, damit etwa die Allianz ihre nach der 2008er-Finanzkrise erlittenen Profiteinbrüche wieder wettmachen kann. Und bluten soll dafür neben dem Steuerzahler eben auch der deutsche Autofahrer.

Wie der Ausverkauf des Straßennetzes vonstatten gehen soll, wurde in diversen Gutachten der Wirtschaftsprüfer von Pricewaterhouse Coopers (PwC) und der Kanzlei Graf von Westphalen (GvW) vorgezeichnet, über die seinerzeit etwa die „Berliner Zeitung“ berichtete. Beispielsweise hieß es bei Graf von Westfalen, „perspektivisch soll die Finanzierung der Bundesautobahnen auf Basis unmittelbar vom Nutzer bereitgestellter Finanzierungsbeträge vollständig außerhalb des Bundeshaushalts sichergestellt und abgewickelt werden können (,Straße finanziert Straße’).“ Und weiter: „Es sollen bei Bedarf haushaltsexterne Mittel erschlossen werden können, etwa durch die Möglichkeit zur Fremdkapitalaufnahme sowie die Öffnung für privates Beteiligungskapital auf Projektebene, sofern dies wirtschaftlich ist.“ PwC griff sogar ausdrücklich die „Ausländermaut“ auf und konstatierte, „dass sich die Infrastrukturabgabe erhöht, soweit die Lkw-Maut nicht zur Deckung der Kosten ausreicht“. In der Praxis werde deshalb „eine Adjustierung zwischen Lkw-Maut und Infrastrukturabgabe erforderlich sein“.

Fernziel: allgemeine Maut

Der ÖPP-Kritiker und Verwaltungsrechtler Holger Mühlenkamp legte sich schon Ende 2016 fest: „Ich rechne fest damit, dass es auch hierzulande über kurz oder lang eine allgemeine Maut geben wird“, sagte er damals im Interview mit der Tageszeitung „junge Welt“ (hinter Bezahlschranke), und fuhr fort, Dobrindts „Ausländermaut“ wäre vermutlich nur das Vorspiel dazu. „An der Maut kommt man nicht vorbei, wenn es darum geht, Privatinvestoren für die Sache zu gewinnen.“ Auf die Frage, ob sich der Staat schon bald eine privatrechtliche Gesellschaft mit dem Ziel halte, Infrastrukturprojekte teurer als nötig zu machen, um so die Gewinne von Investoren zu steigern, befand Mühlenkamp:

„So sieht es aus.“

Zurück in die Gegenwart und zu Scheuers nächstem großen Reinfall, so groß, dass Experten die Genese der Autobahn-GmbH bereits mit dem Debakel des Hauptstadtflughafens BER vergleichen, wie vor einer Woche das „Handelsblatt“ schrieb. Im Wortlaut: „Die Reform, die bisher eine halbe Milliarde Euro verschlungen hat, gilt schon bei ihrem Start als gescheitert.“ Planmäßig sollte die Gesellschaft zu Jahresbeginn 2021 die Alleinherrschaft über den Fernstraßenbau erlangen und die Bundesländer von ihrer jahrzehntelangen Verantwortung befreien. Die Sache hat indes einen gewaltigen Haken in Gestalt der „Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau-GmbH“ (Deges). Das staatliche Unternehmen ist die zentrale und bei weitem betriebsamste Auobahnbehörde der Republik. Sie setzt Verkehrsgroßprojekte für zwölf Bundesländer um, die zusammen die Zweidrittelmehrheit an ihr halten, der Rest gehört dem Bund. Aktuell schultert die Deges knapp über 200 Großprojekte mit einem Auftragsvolumen von knapp 22 Milliarden Euro. E ntsprechend war es ein vorrangiges Ziel, die Gesellschaft in der Autobahn-GmbH aufgehen zu lassen, um fortan deren Aufgaben zu übernehmen.

Teure Mammutbehörde

Daraus wurde nichts und wird auch so bald nichts werden. Nach einem „Focus“-Bericht vom Montag musste Scheuers Ministerium in der Antwort auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion einräumen, dass die Deges mindestens im nächsten Jahr weiter eigenständig agieren und laufende Projekte fortführen wird. Hintergrund sind verfassungs- und vergaberechtliche Bedenken, die einmal mehr der Bundesrechnungshof angemeldet hatte. Im Fall einer überstürzten Verschmelzung beider Gesellschaften müssten demnach sämtliche Aufträge neu ausgeschrieben werden, was der ohnehin schon corona-geplagten Baubranche heftig zusetzen würde.

Also blieb der Regierung nichts anderes übrig, als die Reißleine zu ziehen. Aber mit welcher Konsequenz? Die laufenden Deges-Projekte können nun zwar fortgesetzt werden, womit zunächst praktisch alles beim Alten bleibt. Nebenher muss jedoch eine Mammutbehörde mehr unterhalten werden, die dazu noch zu weitgehender Untätigkeit verdammt ist. Im Klartext: Die Steuerzahler päppeln eine Autobahn-Gesellschaft, die vorerst keine Autobahnen bauen kann. Im kommenden Jahr sind allein für die Verwaltung des Ladens über zwei Milliarden Euro veranschlagt. Dabei hat man die Lasten erst mit allerhand Sparanstrengungen von ursprünglich 2,6 Milliarden kleingerechnet, was aber immer noch nicht reicht, um die Vorgabe des Bundeshaushalts 2021, nämlich 1,4 Milliarden Euro, einzuhalten. Immerhin sollen in den anstehenden vier Jahren zusätzliche Kürzungen im Umfang von einer Milliarde Euro verhindern, dass die Ausgaben vollends aus dem Ruder laufen. Die Geschäftsführung rechnet damit, dass diese Abstriche „zwangsweise zu operativen Einschränkungen insbesondere in den Bereichen Betrieb sowie Planung und Bau führen können, dessen Ausmaß derzeit allerdings schwer absehbar ist“.

Gehälteraffäre

So steht es im „Wirtschafts- und Finanzplan“ der Gesellschaft geschrieben, aus dem die Presse bereits eifrig zitiert hat und der auch den NachDenkSeiten vorliegt. Dem Parlament hat Scheuer das Zahlenwerk nicht vorgelegt, obwohl am gestrigen Donnerstag die Haushaltspolitiker den Verkehrsetat zu beraten hatten. Dabei birgt das Dokument noch allerhand mehr Brisanz. Zum Beispiel mangelt es an Personal: Von den avisierten 13.660 Vollzeitkräften, die man aus den aufgelösten Länderstandorten der Länder gewinnen wollte, sind bislang nur rund 10.000 an Bord. Wie es heißt, seien viele der Betroffenen in andere Behörden oder in die Privatwirtschaft geflüchtet. Es war damals die SPD-Fraktion, die in den Verhandlungen darauf hinwirkte, dass „niemand gegen seinen Willen wechseln oder seinen angestammten Arbeitsort“ aufgeben müsse. Das war ein feiner Zug, hat aber die Strukturen aufgebläht. So werden neben den zehn Niederlassungen und 41 Außenstellen wegen der Zugeständnisse 190 Autobahnmeistereien betrieben. Hinzu kommen laut „Handelsblatt“ sogenannte Stützpunkte und Projektbüros in kostspieliger Citylage. Selbst die Zentrale, die laut Gesetz ihren Sitz einzig in Berlin haben müsste, verfügt über dezentrale Anhängsel in Essen, Frankfurt und Dresden.

Eigentlich sollten zu Jahresanfang mehr als 7.000 Mitarbeiter den Betrieb der Autobahnen regeln, gut 4.000 Planung und Bau der Straßen und und 2.000 in der Zentrale tätig sein. Eine Anfrage der Grünen-Fraktion im Bundestag beim BMVI ergab, dass die Vakanzen in der Zentrale und den Aufbauteams in den Niederlassungen bei gut einem Drittel unter den Planzahlen liegen. Bei so viel Not bleiben krumme Machenschaften nicht aus. Wie vor vier Wochen zuerst die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) berichtete, wird die Gesellschaft von einer „Gehälteraffäre“ erschüttert. „Beim Abschluss außertariflicher Arbeitsverträge (…) und deren Vorlage an den Aufsichtsrat ist es zu Unregelmäßigkeiten gekommen“, räumte Scheuers Staatssekretär Enak Ferlemann in einer Stellungnahme gegenüber dem Bundestag ein. Seither steht der Verdacht im Raum, die Geschäftsleitung könnte hinter dem Rücken des Kontrollgremiums zu hoch dotierte Arbeitsverträge mit Führungskräften abgeschlossen haben. Diese sollen weit über das hinausgehen, was der eigens für die GmbH ausgehandelte Tarifvertrag gestattet.

Milliardenlücke im Straßenbau?

Heikel für Scheuer ist die Sache auch deshalb, da er mindestens seit Juni von den Vorgängen Kenntnis haben musste, das Parlament aber nicht unterrichtete. Damals war bereits eine interne Untersuchung im Gange. Das reichte dem Aufsichtsrat allerdings nicht, weshalb er gemäß Ferlemanns Schreiben per Sondersitzung am 2. Juli 2020 einen „externen Prüfer zur Aufklärung des Sachverhalts beauftragt“ habe. Überhaupt nimmt es der Minister mit seinen Informationspflichten nicht so genau. Am 2. November machte abermals das „Handelsblatt“ Inhalte des „Finanzierungs- und Realisierungsplans“ (FRP) der Gesellschaft publik, von dem der BMVI-Chef seit Ende August Kenntnis haben musste. Demnach sollen für die Realisierung der 300 bis zum Jahr 2025 geplanten Straßenbauprojekte Mittel im Umfang von einem Sechstel des veranschlagten Kostenvolumens fehlen. Während der FRP mit 30 Milliarden Euro kalkuliert, sind im Bundeshaushalt lediglich 24,4 Milliarden Euro eingepreist. Es bestünde ein „Mehrbedarf an Investitionen über die jährlich verfügbaren Mittel hinaus“, heißt es in dem Papier mit dem Titel „Gemeinsam wachsen“. Konkret wird ein Mehrbedarf von 4,9 Milliarden Euro genannt, um alle geplanten „Neu- und Ausbauten, Erhaltungsmaßnahmen und Investitionen etwa in Raststätten oder den Lärmschutz“ umzusetzen.

Dass die Interna erneut früher in der Zeitung als bei den Haushältern im Bundestag landeten, dürfte kein Unfall sein. Scheuer will ihnen das Dokument erst Ende November zur Bereinigungssitzung präsentieren. Bis dahin vergeht noch viel Zeit, um der Empörung über die „schlimme“ Kunde Raum zu geben. Gerade in den Wahlkreisen, in denen mögliche Vorhaben auf der Kippe stehen könnten, dürfte es einigen Ärger geben. Angesichts dessen wird sich der Bundestag wohl nicht all zu lange bitten lassen, bis er die fehlenden Milliarden draufschlägt, zumal das Geld in Coronazeiten ziemlich locker sitzt.

Kostenfalle ÖPP

In ferner Zukunft könnten sich fünf Milliarden Euro rückblickend sowieso als Peanuts entpuppen. ÖPP-Projekte machen mittlerweile 60 Prozent der Neubauaktivitäten im Straßenbau aus. Allein die elf geplanten oder schon angestoßenen Programme der neuesten Generation im Bereich Autobahnen (Verfügbarkeits-, kurz V-Modell) summieren sich – Stand 2015 – auf 15 Milliarden Euro. Der Posten dürfte schon heute viel höher liegen. ÖPPs sind in der Regel auf zwei bis drei Jahrzehnte angelegt, in denen der Staat die von Investoren errichteten oder sanierten und anschließend betriebenen Strecken zu überhöhten Preisen zurückmietet. Das hat nicht nur wiederholt der Bundesrechnungshof moniert und gewaltige Mehrausgaben gegenüber einer konventionellen staatlichen Beschaffung ermittelt. Den Beleg liefert aktuell auch ein Blick in den Haushaltsentwurf für 2021. Darin veranschlagt der Bund an der A3 für das Autobahnkreuz Fürth/Erlangen 2,8 Milliarden Euro, nach 2,1 Milliarden Euro im laufenden Jahr. Teurer wird auch das Autobahndreieck Ohmtal an der A49: Statt 1,1 Milliarden Euro soll es nun 1,4 Milliarden Euro kosten. Bei einer Laufzeit von 30 Jahren will man sich nicht ausrechnen, was da noch alles nachkommt.

Ein Fass ohne Boden droht auch die Autobahn-GmbH selbst zu werden. Laut „Handelsblatt“ wird es den „Effizienzgewinn“, mit dem die politisch Verantwortlichen den Bürgern die Großreform schmackhaft gemacht hatten, „frühestens in fünf oder sechs Jahren“ geben. Bis dahin wird die Sache einfach nur teurer und teurer und die Politik wieder und wieder aushelfen. Schließlich war der Umbau im Bundesrat in einer Allparteienkoalition ins Werk gesetzt worden. Wer von den Beteiligten wollte das Kind, das man mit gezeugt hat, gleich beim ersten Problemchen in den Brunnen fallen lassen? Richtige Forderungen wie die des Grünen-Haushaltspolitikers Sven-Christian Kindler, ÖPPs müssten „gesetzlich verboten“ und das Geld besser in die Mobilitätswende investiert werden, sollte man denn auch mit Vorsicht genießen. In Hessen ist der grüne Verkehrsminister Tarek Al-Wazir gerade dabei, den umwelt- und klimapolitisch irrwitzigen Ausbau der A49 im Bundesauftrag umzusetzen, ein ÖPP-Projekt, das er selbst für „unsinnig“ hält, aber nicht für unsinnig genug, um dafür die Koalition mit der CDU zu sprengen.

Linke Schützenhilfe

Ach ja: Auch Die LINKE hält eine Aktie an der Autobahn-GmbH. In der Länderkammer stimmten seinerzeit alle drei Länder mit linker Regierungsbeteiligung (Thüringen, Berlin, Brandenburg) ohne Not, weil für den Ausgang irrelevant, für die Neuordnung, während die Bundestagsfraktion tags zuvor noch geschlossen dagegen votierte. Schon zwei Monate davor hatte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow der „Ausländermaut“ zum damals vorläufigen Durchbruch verholfen. Durch seine Enthaltung im Bundesrat musste Dobrindts Gesetzesvorlage nicht in den Vermittlungsausschuss. Zum Dank gab es vom Minister die Zusage für ein regionales Bahnprojekt. Nur gut, dass wenigstens Scheuer seinen Prinzipien treu bleibt. Vor einem Monat musste er seine Pläne für eine EU-weite Pkw-Maut sausen lassen. Die EU-Kollegen wollten partout nicht mitmachen. So ein Pechvogel aber auch – trotzdem weitermachen!

Titelbild: Yuganov Konstantin / Shutterstock