Umgang mit sowjetischem Ehrenmal in Dresden: Politisch-kultureller Vandalismus

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Das sowjetische Ehrenmal für die Befreier der Stadt Dresden soll „neu kontextualisiert“ werden. Das ist eine politisch-verschwurbelte Umschreibung für Geschichtsrevisionismus. Nun wurde diese „Neukontextualisierung“ von Unbekannten sabotiert. Aber welche Seite betreibt hier tatsächlich Vandalismus? Ein Kommentar aus Dresden von Andreas Vogt.

Die politische Führung meiner Heimatstadt Dresden scheint ein Gespür für „gut gemeinte“, aber bewusst falsche Aktionen unter dem Deckmantel der Kultur zu haben.

Unvergessen die Aktion „Monument“ im Februar 2017, als der syrischstämmige Künstler Manaf Halbouni mit Genehmigung der Stadt Dresden auf dem Neumarkt vor der weltberühmten Frauenkirche drei ausgediente Busse hochkant aufstellte, um auf diese provokante Weise Propaganda gegen den Staat Syrien und dessen „Machthaber“ Assad sowie natürlich gegen das „das Regime“ unterstützende Russland Putins zu machen.

Die Vorbilder dieser Busse standen 2015 in Aleppo und waren von islamistischen Terrorristen als Barrikaden errichtet worden. In Deutschland behauptete man natürlich, damit „seien Zivilisten vor Scharfschützen Assads“ geschützt worden. Und dass auf der Spitze die Fahne der Terrorgruppe Ahrar al Sham wehte, irritierte natürlich auch niemanden. Erst, als in Dresden Protestler aus dem rechten Umfeld eben diese Fahne auch den Dresdner Bussen aufpflanzten, war medial die Hölle los.

Ort und Zeitpunkt spielten dabei eine zentrale Rolle, denn die Busse wurden absichtlich wenige Tage vor dem Jahrestag der Zerstörung Dresdens in der Nacht vom 13. zum 14. Februar 1945 aufgestellt, und das an jenem Ort, der für die Dresdner von hochemotionaler Bedeutung ist. Schon zu DDR-Zeiten fand hier, übrigens von der SED-Führung mißtrauisch beäugt, alljährlich ein stilles Gedenken an den Krieg statt. Man versammelte sich schweigend auf dem Platz, stellte brennende Kerzen auf den Trümmerberg der damals noch als Mahnmal dienenden zerstörten Frauenkirche auf und gedachte der Toten jener Nacht.

Man muss der Aktion „Monument“ damit leider unterstellen, dass sie bewusst als Provokation der Bevölkerung der in der medialen Öffentlichkeit vor allem als „Stadt der Pegida“ diffamierten Stadt Dresden gedacht war. Und das hatte ja auch geklappt. Pegida, AfD und andere rechte Gruppen protestierten – und die Medien schossen zurück und diffamierten jeden, der diese Aktion ablehnte, routiniert als „rechts“. Der Hintergrund der „Kunstaktion“ wurde dabei völlig ausgeblendet. Das Label „rechts und ausländerfeindlich“ reichte.

Schlichter Geschichtsrevisionismus

Jetzt schreiben wir das Jahr 2023, und wieder gibt es einen medialen Aufreger: „Vandalismus“ tönt es aus den Medien! Eine „Kunstinstallation“ sei „zerstört worden“. Unerhört!

Was ist passiert? Nun, Dresden scheint mal wieder den „richtigen Riecher“ für eine falsche politische Aktion gehabt zu haben und beauftragte die Künstlerin Svea Duwe mit einer Installation, mit der das sowjetische Ehrenmal für die Befreier der Stadt von den Nazis „neu kontextualisiert“ werden sollte. Die Aktion, bei welcher Schilder mit der Aufschrift „Diese Struktur ist fragil“ direkt am Sockel des Denkmals angebracht wurden, ist ziemlich plump, erinnert eher an jugendliche Graffitisprayer als an Kunst, aber die Absicht ist klar und wurde von Dresdens Bürgermeisterin für Kultur Annekatrin Klepsch mit den folgenden Worten umschrieben:

„Ziel war es, vor der anstehenden Sanierung auf die notwendige historische Kontextualisierung aufmerksam zu machen und damit an die erinnerungskulturellen Bemühungen „Unbequeme Denkmäler“ des Amtes für Kultur und Denkmalschutz anzuknüpfen.“

Eine politisch-verschwurbelte Umschreibung für schlichten Geschichtsrevisionismus. Denn was an der Geschichte des Zweiten Weltkrieges bedarf hier einer Neukontextualisierung? Vor allem, die „Motive der mit dem Ehrenmal verbundenen Identifikation im Licht der heutigen Verhältnisse kritisch zu hinterfragen“ (O-Ton Klepsch)? Und das auch noch direkt im Vorfeld des 8./9. Mai.

Hier soll nicht nur offenkundig die Geschichte umgeschrieben werden, man verstößt auch wissentlich gegen einen geltenden Staatsvertrag (zwei plus vier) mit Russland aus dem Jahr 1990, der Deutschland verpflichtet, die sowjetischen Ehrenmäler „zu ehren und zu pflegen“. Sie mit solchen Aktionen regelrecht zu schänden, dürfte sicher nicht darunter zu verstehen sein. Und so haben das offenkundig auch unbekannte „Täter” verstanden und die Tafeln wieder entfernt. Ein eigenmächtiges Verhalten, das natürlich auch nicht in Ordnung ist, aber durchaus verständlich erscheint, schaut man sich den Blumenschmuck am Denkmal an, der praktisch zeitgleich dort erschienen ist. Rote Nelken, die auch heute noch in Russland und anderen Staaten der ehemaligen Sowjetunion am 9. Mai an solchen Denkmälern abgelegt werden, um der Millionen sowjetischen Soldaten zu gedenken, die im Kampf gegen Hitlerdeutschland ihr Leben gelassen haben. Und möglicherweise waren es ja solche Menschen, die die dort angebrachten Tafeln daher als unangemessene Störung ihres traditionellen Gedenkens empfanden, dem Denkmäler wie dieses bis heute dienen – und die zu ehren sich auch Deutschland verpflichtet hat.

Die Stadt gibt nicht auf. Schon am 11. Mai, als der „Vandalismus“ bekannt wurde, kündigten die Stadt und das die Aktion verantwortende „Kunsthaus Dresden“ (das übrigens auch schon die Aktion „Monument“ 2017 organisiert hatte!) an, die „Installation“ zeitnah wiederherzustellen. Und wehe, man sagt etwas dagegen!

„Wir bedauern die Intoleranz der dafür Verantwortlichen. Das Kunstwerk erachten wir als streitbaren Beitrag, als temporäres Denkzeichen und Anregung zum Diskurs. Mit dessen Entfernung offenbart sich die Verweigerung jeglicher Auseinandersetzung.“

So Bürgermeisterin Klepsch, die interessanterweise der Partei „Die LINKE“ angehört. Offenbar eine jener „Neulinken“; die die Partei und damit echte linke Politik in Deutschland in die Bedeutungslosigkeit zu führen die Absicht haben. Jene, die Sahra Wagenknecht in ihrem Buch treffend als „Die Selbstgerechten“ bezeichnete.

An der Absicht, das sowjetische Ehrenmal in Dresden zu verändern und damit die dahinterstehende Geschichte von 27 Millionen Sowjetbürgern, die im Kampf gegen die Nazis ihr Leben verloren, nicht nur mit dieser Aktion, sondern im Zuge der anstehenden baulichen Sanierung dauerhaft umzuschreiben, besteht jedenfalls kein Zweifel. So sagte die ausführende Künstlerin Duwe bei der Vorstellung ihrer Installation die bezeichnenden Worte:

„Das Sowjetische Ehrenmal muss aus heutiger Sicht nicht nur in Bezug auf seinen baulichen Zustand, sondern auch inhaltlich ‚saniert‘ werden.“

Ich frage mich: Wer sind hier die Vandalen?


Quellen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Monument_(Installation)

https://www.mdr.de/kultur/ausstellungen/dresden-kunstinstallation-sowjetisches-ehrenmal-100.html

https://www.tagesschau.de/inland/regional/sachsen/mdr-dresden-kunstinstallation-am-sowjetischen-ehrenmal-zerstoert-100.html

https://www.dresden.de/de/rathaus/aktuelles/pressemitteilungen/2023/05/pm_029.php