Schlagwort:
Kopfpauschale

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Honorarsteigerungen für Ärzte aus dem Sozialausgleich der Kassen

Wenigstens in einem Punkt ist auf die FDP Verlass. Obgleich kaum Geld in den Kassen ist, konnte Gesundheitsminister Daniel Bahr Honorarsteigerungen in Milliardenhöhe für die Ärzte durchboxen. Um die Mehrkosten haushaltsneutral zu finanzieren, hat das Finanzministerium einen Passus in die Gesetzesnovelle schreiben lassen, der verhindert, dass die aus Bahrs Milliardengeschenken resultierenden Zusatzbeiträge über den Sozialausgleich abgefedert werden. Dies ist nicht der erste Frontalangriff auf den Sozialausgleich, der streng genommen nur vom Namen her existiert. Die Umverteilung von unten nach oben geht auch im Gesundheitssystem unaufhörlich weiter. Von Jens Berger

INSM und Raffelhüschen: Angriff auf die Familie

Dass Bernd Raffelhüschen mit seinem Freiburger „Zentrum Generationsforschung“ ein verlängerter pseudo-wissenschaftlicher Schreibtisch der Versicherungswirtschaft und der am gleichen Strick ziehenden „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM) ist, das haben wir auf den NachDenkSeiten unzählige Male belegt (z.B. hier oder aktuell hier) Die neueste Raffelhüschen-„Studie“ mit dem Titel „Fehlfinanzierung in der deutschen Sozialversicherung“, finanziert von der INSM, wird als ein besonders raffinierter Versuch genutzt, wieder einmal die Lieblingsthemen dieser allein in diesem Jahr mit über 7 Millionen Euro arbeitgeberfinanzierten PR-Agentur, nämlich die Senkung der sog. „Lohnnebenkosten“ zum öffentlichen Thema zu machen und gleichzeitig den (inzwischen finanziell schwächelnden) privaten Krankversicherern Kunden zuzutreiben. Von Wolfgang Lieb

Demokratie = Durchsetzung des Willens der selbst ernannten Eliten

Am 2. September 2010 hatten wir auf eine eigenartige und zugleich typische Sendung im Presseclub hingewiesen (siehe in der Anlage hier) Der Moderator des Presseclub, Jörg Schönenborn, hatte viel Journalisten eingeladen, die sich mit ihm völlig einig waren, dass das Renteneintrittsalter auf 67, wenn nicht gar auf 70 Jahre erhöht werden müsste. Und man wunderte sich über die mangelnde Einsicht des Publikums. Derartiges erleben wir immer wieder. Der NachDenkSeiten-Freund R.S. machte jetzt auf eine ähnliche Konstellation beim Thema Kopfpauschale/Gesundheitsprämie aufmerksam. Dazu hatte sich der zuständige Staatssekretär im Gesundheitsministerium, Kapferer, in einem Interview geäußert und dabei die Unterstützung des „Spiegel“ lobend hervorgehoben, die Mehrheitsmeinung im Sinne der Meinung der selbst ernannten Eliten umzudrehen. Albrecht Müller.

Der talentierte Mr. Rösler

In der FDP herrscht Endzeitstimmung. Mit der reinen Lehre freier Märkte lässt sich nach der Finanz- und Wirtschaftskrise kaum noch ein Wähler hinter dem Ofen hervorlocken. Da sich die FDP in ihrer Führungsebene jedoch auf Gedeih und Verderb an marktradikale und marktgesellschaftliche Dogmen gekettet hat, findet sich naturgemäß auch in der erweiterten Parteispitze kaum jemand, der eine inhaltliche Alternative zum scheidenden Vorsitzenden Westerwelle bieten könnte. Als Konrad Adenauer 1958 auf die Wehrmachtsvergangenheit der hohen Offiziere der neugegründeten Bundeswehr angesprochen wurde, sagte er sinngemäß, die NATO nähme ihm nun einmal keine 18-jährigen Generäle ab. Da der Wähler der FDP nun einmal auch keinen 18-jährigen Parteivorsitzenden abnehmen würde, schrauben die Liberalen die Altersgrenze der potentiellen Westerwelle-Nachfolger marginal nach oben. Der engere Favoritenkreis besteht aus Christian Lindner (32, Spitzname „Bambi“), Daniel Bahr (34) und dem immerhin schon 38 Jahre alten Philipp Rösler. Gerade so, als sei ein junges Alter bereits ein politisches Qualitätsmerkmal, verfallen die Medien in einen Jugendrausch, der eher an die Diskussion über Jogi Löws EM-Kader, als an die Frage, wer eine Partei führen soll, erinnert. Vor allem Rösler wird medial über den grünen Klee gelobt und bereits in das Amt des Westerwelle-Nachfolgers hineingeschrieben. Dabei gibt es selbst bei der FPD kaum einen Politiker, bei dem Anspruch und Wirklichkeit derart auseinanderklaffen. Aber vielleicht qualifiziert ihn ja gerade das für den Parteivorsitz. Von Jens Berger

Generation Yuppies – Wechsel ohne Wandel in der FDP

Am Wahlabend des 27. Septembers 2009 noch als Held in der Parteigeschichte der FDP gefeiert, wurde Guido Westerwelle kaum eineinhalb Jahre danach von seiner Partei gefeuert. Er habe „eine Entscheidung getroffen“, er werde sich auf dem nächsten Parteitag am 13. Mai in Rostock nicht erneut zur Wiederwahl als Parteivorsitzender stellen.
Nach einem Rekordergebnis der FDP von 14,6 Prozent bei der Bundestagswahl, kam der Absturz des Selbstdarstellers. Es gab noch einen kleinen Hoffnungsschimmer von 6,6 Prozent in Hamburg, aber bei unter 5 Prozent in Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz und nur knapp über 5 Prozent im „Stammland der Liberalen“, in Baden-Württemberg, sind 10 Jahre Parteivorsitz von Westerwelle weggeschmolzen wie der Schnee von gestern. Wolfgang Lieb

Gesundheitsreform: Abriss der solidarischen Krankenversicherung

In den USA hat Präsident Obama gerade den Beginn einer solidarischen gesetzlichen Krankenversicherung mit vielen Anfeindungen und inhaltlichen Abstrichen durchboxen können. Bislang waren 45 Mio. Amerikaner ohne eine gesetzliche Krankenversicherung. Der Anteil der Gesundheitskosten am Bruttosozialprodukt liegt mit inzwischen über 18 Prozent am höchsten im internationalen Vergleich.
In der Bundesrepublik geht die schwarz-gelbe Regierungskoalition den umgekehrten Weg: Durch die jetzt vom Bundeskabinett beschlossene Gesundheitsreform wird der Abriss der solidarischen gesetzlichen Krankenversicherung eingeläutet. Von Ursula Engelen-Kefer

So schlimm wie die soziale Unwucht ist auch die Konstruktionsschwäche der “Gesundheitsreform“

Von den Kritikern der so genannten Gesundheitsreform (siehe Anlagen) wird vor allem die schräge Lastenverteilung beklagt: zulasten der Arbeitnehmer, zulasten der Beitragszahler, „vollkommen unsozial“, entgegen den Versprechungen nicht mehr netto vom brutto, im Gegenteil. Diese Kritik ist berechtigt. Aber sie ist einseitig und damit nicht massiv genug. Die neuen Regelungen haben nicht nur eine Verteilungsschwäche, sie haben eine massive Konstruktions- und Effizienzschwäche. Albrecht Müller.

FDP Wahlaufruf – Im Wahlkampf stirbt die Wahrheit zuerst

Im Wahlkampf stirbt die Wahrheit zuerst, möchte man ausrufen, wenn man den am Sonntag auf einem außerordentlichen Parteitag verabschiedeten Wahlaufruf der FDP [PDF – 20 KB] liest. „Nordrhein-Westfalen wird heute gut regiert. Wir haben NRW vom rot-grünen Absteigerland zu einem echten Aufsteigerland gemacht“, heißt es da großspurig. Halten wir einmal einige Facetten der Wirklichkeit dagegen. Wolfgang Lieb

Der Trick, mit dem die großen privaten Krankenversicherer der gesetzlichen Krankenversicherung das Wasser abgraben wollen

Die Financial Times Deutschland berichtet von einem Krieg der Krankenversicherer. Danach wollen die Allianz, Axa und Ergo eine Einheitsversicherung mit nur noch einem Grundschutz für alle Einwohner einführen, mit einer Einheitsprämie und einer verpflichtenden Grundsicherung zu gleichen Konditionen für private und gesetzliche Krankenversicherungen. Damit könnten die privaten Versicherer, die bisher nur einen kleinen Anteil an den Krankenversicherten haben und nur einen Bruchteil des Gesamtumsatzes erzielen, endlich auf breiter Front auf das Geschäftsfeld der Krankenversicherungen vordringen. Das ganz große Geschäft wären dann noch die privaten Zusatzversicherungen für Leistungen, die der Grundtarif nicht abdeckt. Mit der Unterscheidung zwischen Grundsicherung und ergänzenden Zusatzversicherungen wäre dann die jetzt schon verdeckte Zweiklassenmedizin ganz offiziell eingeführt. Wolfgang Lieb

BILD-Kampagne gegen die gesetzliche Krankenversicherung geht weiter

Derzeit erleben wir mal wieder ein typisches Beispiel für den Kampagnen-Journalismus der BILD. Am 7.1.08 verlautbarte BILD eine Studie der Arbeitgeber-PR-Agentur INSM mit einer Horrormeldung: „Wegen Gesundheitsfonds – Kassen-Beiträge bis zu 712 Euro pro Jahr rauf!“. Einen Tag später lautete die Schlagzeile: „Wirtschaft fordert Stopp des Gesundheitsfonds“. Und heute titelt BILD: „So teuer kann`s werden“.
Wir haben erläutert, welche Absicht hinter dieser Kampagne steht, nämlich das Inkrafttreten des von der Großen Koalition beschlossenen „Gesundheitsfonds“ im Jahr 2009 zu stoppen und stattdessen einen Systemwechsel von der paritätisch zur komplett privat finanzierte Gesundheitsvorsorge, mit einer unsolidarischen, für alle gleich hohen „Kopfpauschale“ durchzusetzen. Wolfgang Lieb

Nochmals: BILD zur angeblichen „Beitragsexplosion bei Krankenkassen“

Kritiker werfen den NachDenkSeiten manchmal vor, wir würden hinter den Veröffentlichungen der INSM oder auch der Bild-Zeitung stets einen einseitigen Interessenbezug oder gar Verschwörungen wittern. Heute Nacht, habe ich der Schreckensmeldung in BILD über eine INSM-Auftragsstudie, wonach die Kassenbeiträge aufgrund des Gesundheitsfonds im nächsten Jahr um 712 Euro steigen sollen, zweierlei Absichten unterstellt:
Die hinter der INSM steckenden Arbeitgeber stemmten sich erstens gegen Mehrausgaben bei der paritätisch finanzierten gesetzlichen Krankenversicherung und zweitens kämpften sie gegen den „Gesundheitsfonds“, weil sie eine Beseitigung des solidarisch finanzierten Gesundheitssystems anstrebten.
Wenige Stunden später bestätigt BILD meine unterstellte Absicht: „Wirtschaft fordert Stopp des Gesundheitsfonds“, lautet jetzt die Schlagzeile. Wolfgang Lieb

Sozialstaatsfeindlich

„GELD-SCHOCK! Arbeiten wir bald NUR noch für den Staat“ fragt BILD auf Seite eins, „Nur 47% des Einkommens bleiben im Portemonnaie“ „berichtet“ die Tagesschau, „Von jedem Euro bleiben nur noch 47 Cent“ das ZDF, erst ab dem 13. Juli, 11.40 Uhr arbeiteten wir in diesem Jahr in die eigene Tasche, so die FR und fast alle anderen Medien ebenso plapperten die dummdreiste Milchmädchenrechnung des selbsternannten „Bundes der Steuerzahler“ nach, der vorrechnete, dass nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben von einem Euro nur noch 47 Cent netto in der Tasche der Beschäftigten blieben. In einer üblen Stimmungsmache werden die 20 Cent, die an die gesetzliche Renten-, Kranken-, Pflege und Arbeitslosenversicherung abgeführt werden, dem „gefräßigen Monster“ Staat zugeschlagen. Würden die Bürgerinnen und Bürger etwa weniger bezahlen, wenn sie privat versichert wären? Wolfgang Lieb.

Ursula Engelen-Kefer: Eine immanente Kritik der unendlichen Geschichte der Gesundheitsreformen. Es gibt viel Reformbedarf an der neuesten „Reform“.

Die ehemalige DGB-Vizechefin und Sozialpolitikerin Ursula Engelen-Kefer war schon an vielen Gesundheitsreformen der letzten zwei Jahrzehnte beteiligt und hat schon einige „Durchbrüche“ erlebt. Die jüngst von der Großen Koalition beschlossenen „Eckpunkte“ sind nach ihrer Meinung auch nur wieder Verschiebemanöver beim Stopfen der Finanzlöcher, dem neu erfundenen Gesundheitsfonds sei mangels Einbeziehung der privaten Krankenkassen die Basis entzogen, die Zwei-Klassen-Medizin werde verfestigt, ohne Risikostrukturausgleich zwischen den Kassen würden die Arbeitnehmer weiter einseitig belastet, bei der Begrenzung der Ausgaben hingegen bewegte sich die Koalition nur in Mini-Schritten.
Weil auch bei dieser Reform nur an Symptomen kuriert wird, dürfte gelten: Nach der Reform ist vor der nächsten Reform. Siehe dazu auch die Anmerkungen der Herausgeber am Ende des Textes.