Wieder ein Blick auf die uns umstellenden Manipulationen durch Falschinformation, PR, Weglassen usw.

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

Gelegentlich müssen wir Sie gebündelt darauf hinweisen, dass wir alle die Welt um uns herum nicht richtig begreifen, wenn wir für bare Münze nehmen, was uns so serviert und verschwiegen wird. Ich gehe auf einige aktuelle und kurze Zeit zurückliegende Fälle ein. Albrecht Müller.

  1. Softstorys zu Angela Merkel und keine Fragen zum angeblichen Erfolg der deutschen Bundeskanzlerin
    Die Public-Relations-Macher von Angela Merkel haben, so der Eindruck, entdeckt, dass jetzt zusätzlich zu den Storys über die eiserne Kanzlerin auch große Geschichten über die persönliche Seite von Angela Merkel geschrieben und publiziert werden sollen. Musterbeispiel war die ganze Seite auf Seite drei in der Süddeutschen Zeitung von Evelyn Roll. Ein Meisterstück von PR. Dazu ein Kommentar von Alfons Pieper hier „Medien schonen Merkel“ heißt die Überschrift. Sie schonen sie und sie heben sie in den Himmel. Jeder kritische Biss fehlt. Nur so ist der ständige Anstieg ihres Ansehens bei Umfragen zu erklären.
    Das entscheidende ist: die Folgen der Politik von Angela Merkel, das aus unserer Sicht folgende Desaster der Eurozone, werden nicht beschrieben und deshalb auch nicht gewertet.
  2. Beschönigung der so genannten Leistungen und historischen Rolle von Margret Thatcher
    Die gängige und auch beim Tod von Margret Thatcher verbreitete Meinung: Sie hat den „kranken Mann“ Großbritannien wieder nach vorn gebracht. Sie hat mit den Gewerkschaften aufgeräumt, mit harter Hand regiert. Einige der Schattenseiten wurden anlässlich ihres Todes thematisiert, aber das Gesamtbild ist keinesfalls auch nur annähernd objektiv. Mit objektiv meine ich zu beachten, dass bei einem Urteil über die Premierministerin Großbritanniens nicht nur die Interessen der Oberschicht gewichtet werden sollten, sondern auch die Lage und die Chancen der Unterschicht und der Mittelschicht. Und außerdem muss im konkreten Fall die Frage gestellt werden, was Margret Thatcher sonst hinterlassen und angestellt hat. Ein paar Hinweise:

    • Thatcher hat die Existenz der britischen Gewerkschaften nachhaltig beschädigt. Das kann man nur dann positiv würdigen, wenn man die Notwendigkeit des Zusammenschlusses der Schwächeren in unserer Gesellschaft, der Arbeitnehmer, nicht für eine zentrale Grundlage der Demokratie hält. Genau im Umfeld des Todes von Margret Thatcher gab es im Deutschlandfunk einen Bericht und ein Gespräch mit einem Gewerkschafter aus Ägypten. Dort kämpfen die Gewerkschaften sowohl gegen Mubarak-Jünger wie auch gegen die Islamisten. Im Bericht war korrekterweise festgestellt worden, dass zur demokratischen Entwicklung dieses Landes ganz selbstverständlich starke Gewerkschaften gehören, wovon Ägypten und Großbritannien ähnlich weit entfernt sind.
    • Thatcher hat privatisiert, unter anderem die britischen Eisenbahnen. Das Ergebnis ist eine einzige Katastrophe.
      Korrekturhinweis eines NDS-Lesers, danke vielmals:
      Margaret Thatcher hat zwar so gut wie alles im UK privatisiert, aber an die British Rail hat sich nicht einmal die eiserne Lady herangetraut.
      Das überließ sie ihrem Nachfolger John Major, der die Privatisierung von 1994 bis 1997 umsetzte. Siehe unter anderem hier.
    • Der ehemalige Chefredakteur des Guardian Will Hutton hat mit The State We’re In“ ein kritisches Buch zu Thatcher geschrieben und darin beschrieben, wie korrupt die konservative Premierministerin war. Eindrucksvoll fand ich den von ihm benutzten Begriff „Quangos“ für quasi regierungsnahe Organisationen, in denen Thatcher ihre „Unteroffiziere“ zum Betrieb und zur Finanzierung ihrer Partei unterbrachte. – Nirgendwo ist seine Kritik aufgenommen worden.
    • Die Frau hat einen Krieg geführt, den Falkland-Krieg. Das war ein neuerer Fall der klassischen Kriegführung zum Zwecke der innenpolitischen Stabilisierung und des Wahlgewinns. Dafür wird sie gelobt. Purer Zynismus.
  3. Steinbrück, der SPD Parteitag und die Machtchancen von Rot-Grün. Nirgendwo die Frage, wie das gehen soll ohne das Bündnis mit der Linkspartei.
    Wer sich nur ein bisschen die Umfragen anschaut, der wird feststellen müssen, dass die Chance, dass Rot-Grün die Bundestagswahlen am 22. September mit der Chance zur Kanzlerwahl gewinnt, gegen null geht. Wenn Sie sich diese Zusammenstellung der Umfragen in den letzten vier Wochen anschauen, dann werden Sie finden, dass das beste Ergebnis von Rot und Grün gerade mal 42 % ausmacht. Schwarzgelb hat zwischen 45 und 47 %. Das ist ein beachtlicher Abstand. Wenn man dann noch von der Beobachtung vieler Wahlkämpfe her weiß, dass in den letzten Monaten eines Wahlkampfes in der Regel die Regierungsparteien zulegen und nicht die Opposition – so z.B. ganz markant 1998 – dann muss man sich wundern, dass die beobachtenden Medien nicht in Gelächter ausgebrochen sind, und vor allem muss man sich wundern, dass kaum ein Medium entdeckte, dass die Linkspartei mit Werten zwischen sechs und 9 % den Kanzlerwechsel möglich machen würde. Und nirgendwo wird Gabriel und Steinbrück nachhaltig gefragt, warum sie einer Illusion nachlaufen, statt die Chance zu sehen. Gut, man könnte in Rechnung stellen, dass sie Angst haben vor der Neuauflage einer Rote-Socken-Kampagne. Aber das kann doch nicht die Sorge der Medien sein.
  4. „Euro Retter“ Schäuble
    So wird Schäuble in den Medien gefeiert. Das ist absolut unkritisch geschichtslos.
  5. Wir hier die Guten, dort die Bösen.
    Angewandt auf Deutschland im Verhältnis zu den Südländern und angewandt auf den „guten Westen“ und die „bösen Russen“. Die auch im Umgang zwischen Menschen gängige Methode, sich dadurch zu erhöhen, dass man den anderen schlecht macht, konnten wir im Umgang mit den Südländern beobachten: „Ihr Pleitegriechen“, „Macht Eure Hausaufgaben“, „Härte zeigen“ und vieles mehr.
    Der neue Versuch, die Gefühlsweit der Fünzigerjahre und der Nazizeit wiederzubeleben, in dem man einen grundsätzlichen Werteunterschied zwischen uns im Westen und „den Russen“ zu konstruieren versucht, war mit Händen zu greifen beim Disput zwischen Merkel und Putin.
    Das bedarf einer ausführlichen Würdigung. Sie folgt in den nächsten Tagen.

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