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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Knapp der Rezession entgangen
  2. Inflation – Eine deutsche Obsession
  3. Tarifergebnis für die Metall- und Elektroindustrie: Ein Plus für uns – das passt!
  4. Jobkahlschlag: ThyssenKrupp streicht 3000 Stellen
  5. Experten wollen private Kassen abschaffen
  6. Von wegen russische Oligarchen bei zypriotischen Banken…
  7. Ausländerhass in Griechenland: Geprügelt wie ein Hund
  8. Europa geht anders
  9. Norman Birnbaum: Soziale Utopien – Das Scheitern meiner Generation
  10. Der permanente Alarmzustand und seine Folgen für die Seele
  11. Einwanderungsziel: Deutschland
  12. Klimaabgabe für Fluggesellschaften
  13. AfD-Chef will NPD-Wähler gewinnen
  14. Kretschmanns Himmelfahrt
  15. CSU-Abgeordnete Dagmar Wöhrl: Äußerst verdienstvoll
  16. Viele Lehrstellen unbesetzt und trotzdem: Jeder dritte Bewerberin findet keinen Ausbildungsplatz!
  17. Hochschulpolitik
  18. Syrien/Türkei: Rasend schnell
  19. Bahrein: Großes Zauberwort Iran
  20. Tracker: Spione kommen hier nicht rein
  21. “Massenarbeitslosigkeit in Europa – Auswege aus der Krise”

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Knapp der Rezession entgangen
    1. Deutsche Gesamtwirtschaft wächst im ersten Quartal nur um 0,1 Prozent
      Trotz positiver Konjunkturindikatoren ist die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal nur wenig gewachsen. Unter anderem wird der kalte Winter dafür verantwortlich gemacht. In Frankreich sieht es noch schlechter aus.
      Das magere Wachstum der deutschen Wirtschaft im ersten Quartal hat viele Volkswirte enttäuscht, sie hatten mit mehr gerechnet als nur einem Plus von 0,1 Prozent gegenüber dem letzten Quartal…
      Quelle: DLF
    2. Bruttoinlandsprodukt im 1. Quartal 2013 leicht gestiegen
      Die deutsche Wirtschaft nimmt nur langsam wieder Fahrt auf: Um 0,1 % war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im ersten Quartal 2013 – preis-, saison- und kalenderbereinigt – höher als im Vorquartal. Bei diesem schwachen Wachstum zum Jahresbeginn spielte allerdings auch die extrem winterliche Witterung eine Rolle. Im Schlussquartal 2012 hatte die deutsche Wirtschaft nach neuesten Berechnungen mit – 0,7 % einen kräftigen Dämpfer erhalten. Für das gesamte Jahr 2012 ergibt sich beim BIP keine Änderung im Vergleich zu den bisher veröffentlichten Werten (+ 0,7 %, kalenderbereinigt + 0,9 %), teilt das Statistische Bundesamt (Destatis) mit.
      Positive Impulse kamen im Vorquartalsvergleich nach vorläufigen Berechnungen fast ausschließlich von den privaten Haushalten, die ihre Konsumausgaben zum Jahresbeginn erhöhten. Allerdings waren die Ausgaben im Schlussquartal 2012 nach neuesten Berechnungen zurückgegangen. Bei den Investitionen setzte sich der negative Trend des Jahres 2012 fort: Es wurde wiederum weniger investiert als im vorangegangenen Quartal. Der Außenbeitrag hatte im ersten Quartal 2013 kaum Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum: Zwar wurden deutlich weniger Waren importiert als im Schlussquartal 2012, die Exporte waren aber ebenfalls rückläufig.
      Im Vorjahresvergleich sank das preisbereinigte BIP im ersten Quartal 2013 um 1,4 %.
      Quelle: Statistisches Bundesamt

      Anmerkung WL: Typisch mal wieder die beschönigende Überschrift des Statistischen Bundesamtes.

      Siehe dazu auch: Thorsten Hild, Nichts ist in Ordnung
      So sehen also – vorhersehbar und nicht überraschend – die Ergebnisse einer Politik aus, die, wie es die deutsche Bundesregierung unternimmt – allen Ländern der Eurozone eine Radikalkur nach dem deutschen Modell der Agenda 2010 vorschreibt und dieser Ideologie auch im eigenen Land weiter verpflichtet ist.
      Quelle: www.wirtschaftundgesellschaft.de

    3. Wirtschaft in der Krise
      Die deutsche Wirtschaft steckt in der Krise. So müssten die Schlagzeilen heute eigentlich lauten. Doch nach Veröffentlichung der Quartalszahlen zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts lauten sie anders. Deutschland entgeht nur knapp der Rezession, Neuer deutscher Optimismus verhindert Rezession usw. Dabei ist die deutsche Wirtschaft nach einem heftigen Einbruch im Schlussquartal 2012 (-0,7 Prozent) in den ersten drei Monaten des neuen Jahres gerade mal um mickrige 0,1 Prozent gewachsen. Schaut man sich die Gesamtentwicklung an, kann man gut und gerne von einer Stagnation sprechen. Seit dem zweiten Quartal 2012 gibt es kaum noch positive Impulse.

      BIP Preisbereinigt

      Quelle: Tautenhahn Blog

      Anmerkung WL: Komisch allerdings das gewerkschaftsnahe IMK sieht die Rezensionsgefahr als sehr gering an.

  2. Inflation – Eine deutsche Obsession
    Die größte Gefahr für unseren Wohlstand ist nicht die Inflation selbst, sondern die Angst vor ihr, schreibt Mark Schieritz in einem lesenswerten Buch. (…) Aber ein Problem haben wir in Europa nicht: das Inflationsproblem. Nur die deutsche Politik und deutsche Medien glauben, die Inflationsgefahr wäre unser Hauptproblem. Die „Geldschwemme“, für die die Europäische Zentralbank sorge, würde unser Geld „aufweichen“, ist da zu lesen. Bald, wird hier der Teufel an die Wand gemalt, würde es Hyperinflation geben. Dann ist das Geld nichts mehr wert, die Sparer sind „kalt enteignet“. Die Inflation ist so ein bisschen eine deutsche Obsession. Mark Schieritz, Zeit-Redakteur und einer der gescheitesten Wirtschaftsjournalisten des Landes, hat jetzt ein instruktives kleines Buch geschrieben, in dem er klar macht: All das ist nicht bloß Obskurantismus – sondern gefährlicher Obskurantismus. „Die größte Gefahr für unseren Wohlstand ist im Moment nicht die Geldentwertung selbst – sondern die Angst vor ihr. Sie verleitet zu Fehlentscheidungen und trübt den Blick für die wahren Herausforderungen unserer Zeit.“ Denn wer auf eine eingebildete Inflationsgefahr starrt, wie das Kaninchen auf die Schlange, neigt zu falschen Entscheidungen. Der senkt Staatsausgaben, damit nicht „zu viel Geld“ in die Wirtschaft gepumpt wird, und würgt das Wachstum ab. Wenn aber das schwache Wachstum das eigentliche Problem ist, Inflation aber nicht, dann hat einen solchen Politiker seine Inflationsparanoia zu einer fatalen Fehlentscheidung. getrieben. Genau so etwas ist schon mal geschehen, im Deutschland zu Beginn der Dreißiger Jahre.
    Quelle: der Freitag
  3. Tarifergebnis für die Metall- und Elektroindustrie: Ein Plus für uns – das passt!
    Das Ergebnis im Detail: Die aktuellen Entgelttabellen gelten für 2 Monate weiter (Mai/Juni 2013). Zum 1. Juli 2013 werden die Entgelte um 3,4 Prozent für 10 Monate (bis 30. April 2014) erhöht. Zum 1. Mai 2014 werden die Entgelte um weitere 2,2 Prozent für 8 Monate (bis 31. Dezember 2014) erhöht. Damit hat die IG Metall eine Erhöhung der Entgelttabellen um insgesamt 5,6 Prozent durchgesetzt. Eine Differenzierung des Tarifergebnisses haben wir verhindert. Eine entsprechende Erhöhung der Ausbildungsvergütungen und in Bayern die Anbindung an die Eckentgeltgruppe 5 B. Die Gesamtlaufzeit des Tarifvertrages beträgt 20 Monate. Laufzeitende ist der 31. Dezember 2014. Der Tarifvertrag zum Flexiblen Übergang in die Rente wurde wieder in Kraft gesetzt. Die Gegenfinanzierung und die Rückstellungsbedarfe wurden geklärt. Die Schieds- und Schlichtungsvereinbarung bleibt unverändert gütig. Die Friedenspflicht endet am 28. Januar 2015.
    Quelle: IG Metall

    Anmerkung unseres Leser B.S.: Der Tarifabschluss, sein Zustandekommen und die Art, wie er von der IG Metall verkauft wird, zeigt, wie sehr das Selbstbewusstsein der Gewerkschaften in den in den letzten Jahren gelitten hat. Da wird ein Abschluss als “fairer Kompromiss” bezeichnet, der kaum mehr als den Inflationsausgleich bringen wird und meilenweit von dem entfernt liegt, was die IG Metall anfangs gefordert hatte. Einen nennenswerten Anstieg der Binnennachfrage und eine nachhaltig spürbare Verbesserung für die Beschäftigten werden derartige Tarifabschlüsse leider nicht bewirken.
    Unter dem Gesichtspunkt der Meinungsmache ist aber ein anderer Aspekt interessant. Bereitwillig wird in den Medien der Ausspruch von Gesamtmetall-Präsident Rainer Dulger zitiert, dass man “ohne verstaubte Rituale” ausgekommen sei. Klar, die Arbeitgeberseite ist froh, dass sie einen moderaten Tarifabschluss erreichen konnte und noch nicht einmal in den Arbeitskampf gehen musste. Dass das Mittel des Streiks – ein von der Rechtsordnung vorgesehenes, wichtiges und zeitloses Mittel der Tarifauseinandersetzung – von der Arbeitgeberseite diskreditiert werden soll, ist nicht überraschend. Traurig ist, dass der Ausspruch von den deutschen Medien (Bild, Spiegel Online, Welt, Deutschlandradio…) kritiklos übernommen und brav nachgeplappert wird. Streik ist so was von 20. Jahrhundert, so lautet die Botschaft. Na dann Willkommen im 21. Jahrhundert, wo man “so was nicht mehr macht”, sondern sich die Löhne am besten vom Arbeitgeber diktieren lässt.

  4. Jobkahlschlag: ThyssenKrupp streicht 3000 Stellen
    ThyssenKrupp verschärft sein Sparprogramm. Der angeschlagene Industriekonzern streicht in den kommenden Jahren 3000 Stellen in der Verwaltung, die Hälfte davon in Deutschland. Die Finanzlage des Unternehmens wird nach erneuten Abschreibungen immer bedrohlicher …“
    Quelle: Spiegel-Online
  5. Experten wollen private Kassen abschaffen
    Hat die private Krankenversicherung ausgedient? Verbraucherschützer und Bertelsmann Stiftung sehen das so. Sie fordern eine Einheitsversicherung und haben sogar schon einen konkreten Plan entwickelt.
    Die neue Krankenversicherung soll künftig von allen Kunden frei wählbar sein und sich an der heutigen gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) orientieren.
    Quelle: stern.de

    Anmerkung WL: Angesichts der schwieriger werdenden Situation der privaten Krankenversicherungen geht es wohl eher um eine Gleichschaltung der gesetzlichen mit den privaten Krankenversicherungen, zwischen denen dann frei gewählt werden kann.

  6. Von wegen russische Oligarchen bei zypriotischen Banken…
    Vor allem in einigen nordeuropäischen Ländern ist es herrschende Meinung, dass Zypern seinen Finanzsektor zu dem Zweck aufgebaut habe, russischen Oligarchen und Großunternehmern illegale Operationen zu ermöglichen. Diese Wahrnehmung ist schlicht falsch. Denn die Entscheidung der politischen und ökonomischen Elite der Republik Zypern, das Land in ein regionales Finanz- und Wirtschaftszentrum zu verwandeln, wurde bereits in den 1980er Jahren getroffen. Diese wirtschaftspolitische Neuorientierung zielte schon deswegen nicht auf das russische Kapital, weil es so etwas gar nicht gab. Schließlich existierte damals noch die Sowjetunion.
    Quelle: Le Monde Diplomatique
  7. Ausländerhass in Griechenland: Geprügelt wie ein Hund
    Griechenland hat nicht nur mit seinen Staatsschulden zu kämpfen. In dem Land wächst die Fremdenfeindlichkeit, doch gewaltsame Übergriffe werden kaum registriert oder bestraft. Das darf Europa nicht ignorieren – auch Deutschland nicht…
    Quelle: SZ
  8. Europa geht anders
    1. Am Anfang war ein „Nein“
      Ende Juni soll am Europäischen Rat die Grundsatzentscheidung über die Pakte für Wettbewerbsfähigkeit fallen. Worum es dabei geht?
      „Troika und Strukturreformen für alle!“ lautet die zugespitzte Antwort: Die Einschnitte in das Sozialsystem, die im südeuropäischen Laboratorium erprobt wurden, sollen verallgemeinert werden. Erst ein klares „Nein“ – wie es etwa die Initiative „Europa geht anders“ fordert – wird den Raum für Alternativen öffnen …
      In Pakten für Wettbewerbsfähigkeit, so die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, sollen sich die Mitgliedstaaten vertraglich gegenüber der Europäischen Kommission zur Deregulierung ihres Arbeitsrechts, zur „Reform“ ihrer Pensionssysteme und zur Senkung ihrer Löhne verpflichten. Um politischen Widerstand zu überwinden, so die Kommission, wird Zuckerbrot und Peitsche in Position gebracht: Wenn die Maßnahmen zeitgerecht umgesetzt werden, gibt es dafür ganz nach dem in den Krisenländern zur Anwendung kommenden Modell eine finanzielle Unterstützung. Andernfalls drohen Verwarnungen und Sanktionen in Form von Geldbußen. Geht es nach dem Europäischen Rat, dem politischen Steuerungsgremium der EU, in welchem die Staatschefs der Mitgliedstaaten vertreten sind, sollen durch die Pakte „alle dem Euro-Währungsgebiet angehörende Mitgliedstaaten“ gebunden werden.
      Quelle: Arbeit & Wirtschaft

      Anmerkung WL: Siehe dazu den Aufruf „Europa geht anders“.

    2. Alternativen für eine gerechte und solidarische europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik
      Es gibt einen gerechten, solidarischen Ausweg aus der europäischen Finanz- und  Schuldenkrise. Ein Positionspapier des Instituts Solidarische Moderne zeigt, dass es politische Alternativen zur bisherigen Krisenpolitik gibt. Das Papier benennt konkrete politische Maßnahmen, die sofort umgesetzt werden können. Das Papier zeigt außerdem, dass auch für die Lösung der europäischen Finanz- und Wirtschaftskrise progressive Konzepte vorliegen, die parteiübergreifend in der politischen Linken mehrheitsfähig sind.
      Das Papier des Instituts Solidarische Moderne benennt die strukturellen Ursachen der Krise – die falsch konstruierte Währungsunion, die deregulierte Finanzwirtschaft und die bisher getroffenen unsozialen Maßnahmen und stellt dem eine progressive Antwort in Form eines Maßnahmenkatalogs gegenüber: 10 konkrete Maßnahmen nennt das Papier, die sofort und innerhalb der bestehenden EU-Verträge umgesetzt werden könnten, wenn dies politisch gewollt ist. Es bündelt konstruktive Lösungsansätze aus Wissenschaft, Politik, Gewerkschaften und sozialen Bewegungen.
      Quelle: Institut Solidarische Moderne
    3. Soziale Ungleichheit und die Krise
      Die große Krise der 1930er Jahre und die große Krise ab 2007 haben eines gemeinsam: Ihnen ging eine drastische Polarisierung der Einkommen voraus. Eine Lehre aus den 1930er Jahren war die Abkehr von radikal-liberalen Denkmodellen. Wer heute die Krise ernsthaft bekämpfen möchte, wird an der gleichen Konsequenz nicht vorbeikommen: Es gilt, mit der völlig ausgeuferten sozialen Ungleichheit die grundlegendste Ursache der Krise zur Kenntnis zu nehmen. Es gilt, diese Ungleichheit umzukehren. Es gilt, mit Neoliberalismus und Marktfundamentalismus zu brechen.
      Und dazu gilt es wiederum, radikal von oben nach unten umzuverteilen: Durch eine andere Lohnpolitik, die auf höhere Löhne für untere und mittlere Einkommensgruppen setzt, sowie durch eine andere Steuerpolitik, die höhere Steuern auf hohe Einkommen, große Vermögen und Unternehmensgewinne vorsieht.
      Quelle: annotazioni
    4. Leben in einer auf den Kopf gestellten Welt
      Die Lage ist nicht alltäglich, und sie ist widersprüchlich: Die Aktienkurse steigen, als ob die Wirtschaft sich in einer Aufschwungphase befände, und gleichzeitig sind die Kapitalmarktzinsen auf niedrige Niveaus gefallen, die eigentlich eine Rezession signalisieren. Zwischen den auf einer Flutwelle von Liquidität reitenden Finanzmärkten und der realen Wirtschaft ist ein ausgeprägter Kontrast entstanden. Für Europa und Japan bedeute dies eine Fortsetzung schwachen Wachstums und hoher Arbeitslosigkeit, während Länder wie die USA zwar genesen würden, aber zu wenig schnell, um «Fluchtgeschwindigkeit» zu erreichen. Aufstrebende Länder mit gesunder Wirtschaft würden dagegen weiter wachsen. Diese Situation könne geraume Zeit, aber nicht permanent anhalten. In der Euro-Zone gebe es Ermüdungstendenzen: Die Gläubigerstaaten wollten nicht ewig neue Checks ausstellen, und die Schuldnerländer seien des Austeritätskurses überdrüssig. Die Region werde harte Entscheide nicht umgehen können und wählen müssen zwischen reduzierter Mitgliederzahl, um wieder wachsen zu können, oder anhaltender Fragmentierung. – Ohne harte Entscheide sieht auch der Chefökonom der Citibank, Willem Buiter, keine Zukunft für die Euro-Zone, die unter einer von Zombie-Banken verursachten «Bilanzrezession» leide. Nur eine rasche, umfassende Restrukturierung der Schulden könne ein «Implodieren» der Region verhindern. Die Entschuldung sei nicht durch Wachstum zu erreichen, da die Region erst nach erfolgreichem «deleveraging» zu Wachstum zurückkehren könne. Die Hauptinstrumente bestünden deshalb in der Vergemeinschaftung von Staatsschulden und Bankverlusten sowie zusätzlichem «Bail-in» der Anteilseigner von Banken und aller Gläubiger einschließlich der nichtgesicherten Depositäre. Eine frühe Abwicklung sei einer wirtschaftlich kostspieligen und politisch nicht aufrechtzuerhaltenden Austerität oder einer fortgesetzten zwecklosen Finanzierung zu weichen Bedingungen vorzuziehen. Die Verluste würden so geringer ausfallen als bei weiterer Verzögerung. – Auch für den Co-Chef der Saxo Bank, Lars Seier Christensen, steht die Euro-Zone vor tiefgreifenden Entscheiden und Entwicklungen. Als politisches Konstrukt, dessen Gefahren der Delors-Kommission in den neunziger Jahren bekannt gewesen seien, habe sie die Hoffnungen auf eine Stärkung Europas und Disziplinierung der Mitglieder nicht erfüllt. Innere Widersprüche durch allzu große Unterschiede bezüglich Kultur, Wirtschaft und Bevölkerung verhinderten eine effiziente Integration. Über kurz oder lang werde sich die Region spalten, weil entweder die schwächeren oder die stärkeren Länder austreten würden. Ohne eine derartige Restrukturierung werde die Rezession nicht überwindbar sein.
      Quelle: NZZ

      Anmerkung Orlando Pascheit: Natürlich trifft Andreas Uhlig nur eine Auswahl an Analystenmeinungen, allerdings trifft er die Stimmung an den Märkten immer recht gut. Und die Prognose für ein Überleben der Eurozone fallen denkbar schlecht aus. Denn auch die Vorschläge des Chefökonomen der Citibank, Willem Buiter, Vergemeinschaftung von Staatsschulden und Bankverlusten sowie zusätzlichem «Bail-in» der Anteilseigner von Banken und aller Gläubiger einschließlich der nichtgesicherten Depositäre, leiden an der wenig wahrscheinlichen Umsetzung. So trifft sich der Markt, vielleicht nicht in der Ausgangsanalyse, aber in der Folgerung des Nicht-mehr- Aufrechterhaltens der Währungsunion, mit Ökonomen wie Flassbeck oder Politikern wie Lafontaine.

  9. Norman Birnbaum: Soziale Utopien – Das Scheitern meiner Generation
    Was ist aus unseren Idealen geworden? Wir stellten uns eine sich selbst regierende Bürgerschaft vor, sogar oder gerade in der Wirtschaft und im Rahmen einer auf Partizipation ausgerichteten Demokratie. Wir glaubten, eine immer besser gebildete Arbeitnehmerschaft werde sich in unseren Texten wiedererkennen. Wir versuchten, den Gang der Geschichte zu beschleunigen, indem wir unsere Fähigkeiten in den Dienst sozialdemokratischer und christlicher Parteien stellten. Am Ende sahen wir uns selbst im Bildungswesen, im Staat, in den freien Berufen und in der Wissenschaft als Ersatz für deren Wähler, als eine nicht gewählte, aber erkennbare Avantgarde. Wir glaubten, wir wären auf dem Weg, einen Anteil an der Lenkung und Gestaltung der Gesellschaft zu erlangen. Wir wurden von Bankern und Industriellen, Politikern, Verlegern und selbst von ansonsten skeptischen Gewerkschaftern gehört. In den Vereinigten Staaten schickte das Militär uns Offiziere, damit sie bei uns studierten. Konservative klagten, Harvard und Princeton hätten eine ganze Generation von Generälen verweichlicht. Wir verwechselten Aufmerksamkeit mit Zustimmung, Anerkennung als Darsteller mit Billigung des Dargestellten. Gewiss, die Menschen wünschten sich Fairness, ein gewisses Minimum an Respekt und einen ordentlichen Anteil am Volkseinkommen. Ihre Begeisterung für Sport und Urlaub war deutlich stärker ausgeprägt als ihr Streben nach wirtschaftlicher Mitbestimmung. Sie wollten keine neue Gesellschaft, sondern mehr Lohn in der bestehenden. Unsere weitergehende Kritik des zeitgenössischen Daseins berührte sie nicht. Die Eliten, die uns so wohlwollend behandelten, bewiesen ideologisches noblesse oblige, aber sie machten uns nicht den Vorschlag, die Macht mit uns zu teilen.
    Unsere Nachfolger und Studenten säkularisierten den Keynesianismus und die Sozialdemokratie und ersetzten Visionen durch Verwaltungstechniken. Der Dritte Weg vereinte Demokraten unter Clinton und eine Reihe von Europäern (Blair, d’Alema, Jospin, Piersson, Schröder) in einem neuen Klassenkompromiss, dessen Hauptmerkmal ein eklatantes Versagen im Blick auf die Konsultierung der Führer einer im Niedergang befindlichen organisierten Arbeiterschaft bildete. Dem schrumpfende Anteil der arbeitenden Bevölkerung am Volkseinkommen und den Einschränkungen des Sozialstaats folgte die Krise, die der neue Kapitalismus angeblich unmöglich gemacht hatte. Amerikanische Demokraten und europäische Sozialdemokraten hielten den Profit für das wichtigste Instrument wirtschaftlichen Wachstums und landeten prompt in der Rezession.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung Orlando Pascheit: Ein ziemlich resignativer Text,  wie schon der Titel verspricht. Scheitern!? Aber wann haben schon Intellektuelle Kraft ihrer Gedanken eine “neue Gesellschaft” erschaffen. Ist das nicht schon eine Vorstellung nahe der Hybris? Die Intellektuellen haben, jeder in seiner Generation in seiner Kultur, ihr Tagwerk verrichtet: Fragen an das Etablierte gestellt, sich um Erkenntnisse bemüht und gestritten und je nach Vermögen versucht, diese ihren Mitbürgern zu vermitteln. Und sie haben nicht zuletzt anderen, die sich am etablierten System rieben, das Gefühl gegeben, nicht allein zu sein. Und natürlich laufen alle Gefahr, sich allzu sehr anzupassen, ja sich korrumpieren zu lassen. Norman Birnbaum sollte sich dennoch fragen, was denn gewesen wäre, wenn er und seine Mitstreiter nicht existiert hätten. Wie sähe dann die heutige Welt aus? Die 68er sind ohne deren Vorarbeit nicht zu denken. –  In jeder Generation rollt Sisyphos den Felsbrocken den Berg hoch. “Doch wenn er ihn über die Kuppe werfen wollte, so drehte ihn das Übergewicht zurück: von neuem rollte dann der Block, der schamlose, ins Feld hinunter” (Homer, Odyssee).  Lass gut sein Norman, andere werden den Kampf gegen den alten Adam in uns aufnehmen. Jeder auf seine Weise, in seiner Zeit und sich erinnern, nie allein zu sein.

  10. Der permanente Alarmzustand und seine Folgen für die Seele
    Eltern bereiten ihre Kinder auf das Leben vor, indem sie sie mit Urvertrauen ausstatten. Also dem Glauben daran, dass sie, was auch geschehen mag, dem Strudel, der sie ins Unglück zieht, entkommen. Das Gefühl absoluter Sicherheit ist freilich immer eine Illusion. Aber es ist eine der wichtigsten Illusionen überhaupt, weil Illusionen als Schutzmechanismen fungieren. Erst das System illusorischer Überzeugungen erlaubt es uns ja, in der Welt zu funktionieren, sie als stabil, sicher und vorhersehbar zu erleben. (…) Was passiert, wenn vermeintliche Gewissheiten von allen Seiten akut bedroht werden, liegt auf der Hand: Unser inneres Sicherheitsgerüst bekommt Risse. Anfangs sind sie ganz fein, mit der Zeit jedoch werden sie größer und größer. Im schlimmsten Fall bricht das Gerüst irgendwann zusammen. Permanente Alarmiertheit ist Gift für die Psyche. Das ist nicht nur ein individuelles Problem, es ist auch ein soziales und politisches. (…) Auf der Website der Internationalen Arbeitsorganisation heißt es: „Feste Vollzeitanstellungen, wie sie für vorangegangene Generationen zumindest in den Industrieländern als normal galten, sind für viele Jugendliche unerreichbar geworden. Der Zuwachs von befristeter und Teilzeitarbeit seit dem Ausbruch der globalen Krise zeigt, dass dies oft die einzige Möglichkeit für Jugendliche darstellt, überhaupt Arbeit zu finden.“ Der Soziologe Hartmut Rosa hat den flexiblen Menschen einmal als Wellenreiter bezeichnet. Aber heutige Mediennutzer denken da gleich an einen alles überrollenden Tsunami, in dem ein Surfbrettchen wenig hermacht. „Wir sind Getriebene“, schreibt Katharina Nocun. In solchen Gefühlswelten heißt die einzige Konstante Vorläufigkeit. Anders formuliert: Man sitzt innerlich auf gepackten Koffern, fortwährend auf dem Sprung zum nächsten Lebensentwurf. Wer sollte da auf die Idee kommen, sich festzulegen? Wer sollte den Mut aufbringen, eine Familie zu gründen? Wer sollte Kinder kriegen? So treffen die großen globalen Alarmnachrichten auf ein fragiles individuelles Sorgenumfeld der jungen Erwachsenen, denen der Mut zum Wagnis, auch zum kreativen Wagnis verlorengeht. Und damit verschärft sich die Krise so richtig.
    Quelle: FAZ
  11. Einwanderungsziel: Deutschland
    Im vergangenen Jahr sind so viele Einwanderer nach Deutschland gekommen, wie seit rund 20 Jahren nicht mehr. Besonders aus den südeuropäischen Krisenstaaten wächst dabei die Zahl der neu Zugezogenen kräftig an. Das zeigen vorläufige Berechnungen, die das Statistische Bundesamt am Dienstag veröffentlicht hat. Danach zogen 2012 rund 1.081.000 Personen hierher, während gleichzeitig 712.000 Menschen Deutschland den Rücken kehrten. Daraus ergibt sich ein Zuwanderungsplus von fast 370.000 Personen. Das Einwanderungsplus von 370.000 Personen liegt noch ein bisschen höher, als die Statistiker in ihrer letzten Schätzung vorausgesagt hatten. Hinter diesen Zahlen verbergen sich ganz unterschiedliche Lebenswege: Sowohl anerkannte Flüchtlinge als auch Personen, die für einen begrenzten Arbeitsaufenthalt hierherkommen, sind darunter, aber auch Menschen, die langfristig nach Deutschland migrieren. Die Statistiker können dabei nur erfassen, wer sich bei einer Meldebehörde an- oder abgemeldet hat. Die neueren Entwicklungen machen hingegen deutlich: Die Attraktivität Deutschlands als Einwanderungsland wächst parallel zur Ausweitung der Wirtschaftskrise in Europa. Mehr Einwanderer kamen 2012 im Vergleich zu 2011 vor allem aus Spanien (+ 9.000 Personen bzw. 45 Prozent), Griechenland (+ 10.000 Personen bzw. 43 Prozent), Portugal (+ 4.000 Personen bzw. 43 Prozent) und Italien (+ 12.000 Personen bzw. 40 Prozent). So attraktiv Deutschland für die einen, so unattraktiv ist es für die anderen. Rund 712.000 Menschen kehrten 2012 diesem Land den Rücken, darunter 133.000 Deutsche. Letztere zog es vor allem in die Schweiz, in die USA oder nach Österreich. Von den ausländischen Personen, die genug von Deutschland hatten, packten die meisten ihre Koffer mit dem Reiseziel Polen, gefolgt von Rumänien und Bulgarien.
    Quelle 1: taz
    Quelle 2: destatis.de

    Anmerkung Orlando Pascheit: Leider konzentriert sich die “taz” wie auch viele andere Zeitungen allzu sehr auf die Einwanderung aus Südeuropa. Die Zuwanderung aus Osteuropa liegt viel höher: Rumänien (21 000 Personen) Polen und Ungarn (jeweils 13 000 Personen) oder aus Nicht- EU-  aber europäischen Ländern (16 000 Personen). Auch werden die Zahlen kaum analysiert. So wären schon einige Gedanken darüber angebracht, was der ‘brain drain’ für den Erholungsprozess Südeuropas aber auch den Entwicklungsprozess Osteuropas bedeutet. Es stellt sich die Frage, ob das Binnenmarktrojekt nicht eher für gleichranginge Volkswirtschaften Vorteile bringt. Die erfolgreichen ‘Aufholer’ wie Japan, Südkorea, Taiwan und zuletzt China haben zunächst nicht auf den freien Markt gesetzt. – Bemerkenswert ist die hohe Zuwanderung aus Italien. Obwohl Italien in der Krisendebatte noch nicht im Mittelpunkt der Krise steht, empfinden die Italiener das anders. – Schade, dass das Statistische Bundesamt nicht über die Altersstruktur oder auch den Ausbildungsgrad der Zugewanderten berichtet.

  12. Klimaabgabe für Fluggesellschaften: Wie Airbus Chinas Regierung geholfen hat
    Monatelang hatte China keine Aufträge mehr an den europäischen Flugzeughersteller Airbus vergeben. Der Grund: Die EU wollte Fluggesellschaften dazu verpflichten, CO2-Emissionszertifikate für Flüge von und nach Europa zu erwerben. Der Kaufstopp war die Strafe für die europäische Politik. Hinter den Kulissen hat sich Airbus offenbar massiv dafür eingesetzt, das umstrittene CO2-Vorhaben zu beerdigen – jedenfalls zeigt das ein jetzt bekanntgewordenes Schreiben an die chinesische Regierung.  Schon im Herbst 2012 unterstrich der Flugzeughersteller in dem Brief seinen Anteil daran, dass die Klimaschutzabgabe auf Eis gelegt wurde. Ziel war es, die blockierten Milliardenaufträge der Volksrepublik freizugeben. “Ich hoffe, wir bei Airbus konnten unsere starke Unterstützung für die chinesische Luftfahrt deutlich unter Beweis stellen”, heißt es in dem Brief von Firmenchef Fabrice Brégier, schreibt die Nachrichtenagentur Reuters. Das Schreiben richtete sich an Li Jiaxiang, Chinas obersten Regierungsbeauftragten für die zivile Luftfahrt. Brégiers Unterschrift ist auf den 16. November 2012 datiert. Nur vier Tage zuvor hatte die EU-Kommission die zu Beginn 2012 eingeführte Pflicht zum Erwerb von CO2-Verschmutzungsrechten für Flüge von und nach Europa für ein Jahr ausgesetzt. In dem Zeitraum soll in internationalen Verhandlungen eine globale Lösung erreicht werden. Dem Einlenken der EU folgte eine wohlwollende Reaktion der chinesischen Führung. Von den insgesamt 45 auf Eis gelegten Airbus-Bestellungen billigte die Volksrepublik im Rahmen eines Besuchs des französischen Präsidenten François Hollande im vergangenen Monat 18 Orders im Wert von zusammen etwa vier Milliarden Dollar. Ob auch die übrigen Aufträge freigegeben werden, hängt allerdings davon ab, was die internationalen Verhandlungen über eine Klimaschutzabgabe der Luftfahrt ergeben.
    Quelle: Spiegel Online
  13. AfD-Chef will NPD-Wähler gewinnen
    Die „Alternative für Deutschland“ hofft auf den Einzug in den Bundestag. Parteichef Bernd Lucke kündigt im Interview mit dem Handelsblatt an, auch auf Stimmen vom rechten Rand zu setzen.
    „Grundsätzlich ist es gut, wenn jemand uns wählt und nicht die NPD“, sagte Lucke, der der „Sprecher“ der Partei ist. Lucke sieht im Einbinden rechter Protestwähler eine Funktion der AfD, denn diese seien nicht von vornherein extremistisch. „Ohne uns“, so der AfD-Chef, „gäbe es die Gefahr, dass enttäuschte Wähler, die eigentlich gar nicht rechts sind, aus Protest extremistische Parteien wählen“.
    Quelle: Handelsblatt

    Dazu:

    CDU-Konservative warnen Merkel: „AfD kann uns entscheidende Stimmen kosten“
    Die CDU-interne Kritik am Umgang der Parteispitze mit der neuen Partei Alternative für Deutschland (AfD) reißt nicht ab. „Wir müssen die AfD ernst nehmen. Die Vogel-Strauß-Taktik, Kopf in den Sand stecken und hoffen, dass alles an uns spurlos vorüberzieht, wäre brandgefährlich“, sagte der der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Bareiß Handelsblatt Online.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung WL: Die beiden Meldungen zeigen: Deutschland rutscht politisch nach rechts.

  14. Kretschmanns Himmelfahrt
    Die Leute fragen, was sich unter Grünrot verändert hat im Land? Sie werden es nicht glauben: vieles. Sie haben es nur nicht bemerkt, weil ihnen der Glaube an das Gute fehlt. Sie müssten einfach, wie Winfried Kretschmann, an Wunder glauben. Oder Hannah Arendt für Praxis halten.
    Quelle: Kontext: Wochenzeitung
  15. CSU-Abgeordnete Dagmar Wöhrl: Äußerst verdienstvoll
    Als Bundestagsabgeordnete erhält Dagmar Wöhrl 24.756 Euro im Quartal, als Verwaltungsrätin einer Schweizer Bank deutlich mehr – und das ist nicht ihr einziger Posten. Da fragt sich bloß, was hier eigentlich der Haupt- und was der Nebenjob ist.
    Quelle: SZ
  16. Viele Lehrstellen unbesetzt und trotzdem: Jeder dritte Bewerberin findet keinen Ausbildungsplatz!
    „Davon, dass keine Lehrlinge mehr zu finden sind, kann keine Rede sein. Jeder dritte Bewerber, der nach den Kriterien der Bundesagentur für Arbeit (BA) ausbildungsreif ist, hat keinen Ausbildungsplatz bekommen. Diese Jugendlichen werden in Warteschleifen – wie Praktika, Einstiegsqualifizierungen, schulischen oder berufsvorbereitenden Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit – ‚geparkt’. Immerhin 76.000 dieser jungen Menschen suchen trotz ‚Warteschleife’ weiter aktiv einen Ausbildungsplatz. Rein rechnerisch hätte somit jede offene Lehrstelle doppelt besetzt werden können. Wer Jugendlichen suggeriert, sie bewegten sich auf einem entspannten Ausbildungsmarkt, macht ihnen falsche Hoffnungen.
    Vor allem junge Hauptschüler haben es schwer. Die Hälfte der Ausbildungsberufe ist für Menschen mit Hauptschulabschluss faktisch abgeschottet. Die Unternehmen müssen deshalb ihr Einstellungsverhalten ändern und jungen Menschen mit schlechteren Startbedingungen echte Chancen einräumen.
    Es ist richtig: einzelne Branchen haben große Schwierigkeiten, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen. Dies gilt insbesondere für das Hotel- und Gaststättengewerbe. Gerade in dieser Branche aber findet man auch die schlechtesten Ausbildungsbedingungen. Fast jeder zweite Ausbildungsvertrag wird hier gelöst, Azubis verdienen besonders wenig Geld und fallen überdurchschnittlich oft durch die Prüfungen. Branchen, die für Jugendliche aber wieder attraktiv werden wollen, müssen ihnen gute Ausbildungsbedingungen, eine bessere Bezahlung und gute Perspektiven bieten.“
    Zur Information:
    Die unten stehende Statistik zeigt, dass von den 824.626 jungen Menschen, die im Laufe des Berichtsjahres 2012 ein ernsthaftes Interesse an einer Ausbildung hatten – und als „ausbildungsreif“ deklariert wurden – lediglich 551.271 einen Ausbildungsvertrag unterschrieben haben. Damit haben nur 66,9 Prozent dieser jungen Menschen einen Ausbildungsplatz gefunden.

    Berichtsjahr 2012
    Junge Menschen mit Ausbildungsvertrag 551.271
    Bewerber in Warteschleifen mit Vermittlungsauftrag   60.379
    Bewerber in Warteschleifen ohne Vermittlungsauftrag 107.393
    Bewerber, deren Verbleib nicht bekannt ist   89.933
    Offiziell unversorgte Bewerber   15.650
    INSGESAMT AUSBILUNGSINTERESSIERTE 824.626

    Quelle: DGB

    Anmerkung WL: Siehe dort auch zum Download:

    • DGB-Expertise: Hohe Abbrecherquoten, geringe Vergütung, schlechte Prüfungsergebnisse – Viele Betriebe sind nicht ausbildungsreif
    • Votum der Gruppe der Beauftragten der Arbeitnehmer zum Entwurf des Berufsbildungsbericht 2013
  17. Hochschulpolitik
    1. HRK-Generalsekretär: Bund muss sich stärker engagieren
      … dieser Wettbewerb hat selbstverständlich Auswirkungen – Auswirkungen in vielerlei Hinsicht. Nicht nur, dass Hochschulen also im Kampf um Reputation und Mittel sich versuchen gegenseitig zu überbieten, sondern auch im Hinblick darauf, dass sich Interessensverbünde bilden …
      Strukturell unterfinanziert bedeutet, dass sie ihren Aufgaben in Lehre, Forschung, Weiterbildung, Gleichstellung, Internationalisierung und so weiter gar nicht mehr in vollem Umfang nachkommen können, denn dazu fehlen ihnen die Ressourcen. Deswegen gibt es in der Hochschulrektorenkonferenz ja schon seit Langem die Forderung, dass der Bund angesichts von Schuldenbremse, von dem Auslaufen der Pakte und so weiter stärker im Hochschulbereich sich engagieren sollte. Deshalb fordern wir eine Änderung des 91b, Grundgesetz.
      Quelle: DLF
    2. 3000 Professoren wären „nur ein Tropfen auf den heißen Stein“
      Zur Finanzierung der deutschen Hochschulen soll der Bund in die Pflicht genommen werden. Thomas Kathöfer, Generalsekretär der Hochschulrektorenkonferenz, ist überzeugt, dass 3000 Bundesprofessoren auch ohne Änderung des Grundgesetzes möglich seien.
      Die Forderung der Hochschulrektorenkonferenz nach Bundesprofessoren unterstützt Michael Hartmer vom DHV “voll und ganz”, aber 3000 Professoren allein würden nicht ausreichen. Denn das Betreuungsverhältnis von Lehrkräften zu Studenten sei im internationalen Vergleich “absolut unterdurchschnittlich”.
      …wenn wir sehen, dass wir auf hohem Plateau von 2,6, 2,7 Millionen Studierenden mit 25.000 Universitätsprofessoren arbeiten müssen, das ist ein Betreuungsverhältnis von 1 zu 60, wenn wir nur die Universitäten anschauen, was international absolut unterdurchschnittlich ist, um es ganz vorsichtig zu sagen – also eigentlich international gerade für Spitzenuniversitäten unvergleichbar schlecht ist…wir haben immer davon gesprochen, dass wir 6500 bis 7000 Professuren eigentlich bräuchten, um zu halbwegs vernünftigen Betreuungsrelationen allein bei den Universitäten zu kommen.
      Quelle: DLF
    3. SPD legt Antrag zur Bologna-Reform vor
      Nach zehn Jahren zeigt sich nach Ansicht der SPD, dass der Bologna-Prozess noch nicht als europäische Erfolgsgeschichte bezeichnet werden kann. Insbesondere sei eine Überarbeitung der „Studierbarkeit“ unverzichtbar …
      Die SPD fordert die Bundesregierung in ihrem Acht-Punkte-Plan unter anderem dazu auf, dafür zu sorgen, dass die soziale Situation der Studenten verbessert und damit die Bildungschancen ausgeweitet werden. Die soziale Öffnung der Hochschulen soll forciert werden.
      Ferner soll sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die Kapazitäten der Hochschulen weiter ausgeweitet und damit die Zulassungsbeschränkungen wie NCs zurückgedrängt werden. Dazu solle die Bundesregierung mit den Ländern sofort in Gespräche über die Vereinbarung eines „Hochschulpakt-Plus“ eintreten. Ferner sollen die Fachhochschulen den wesentlichen Teil der Hochschullandschaft und diesen besonders „erfolgreichen Motor“ des Bologna-Prozesses stärken.
      Die Lehre an den Hochschulen und ihre Grundfinanzierung müsse verbessert werden, fordert die SPD. Ferner geht es nach Auffassung der Sozialdemokraten darum, die Struktur und Studierbarkeit der Studiengänge gemeinsam mit den Ländern und Hochschulen zu optimieren. Zu diesem Zweck soll eine „Nationale Bologna-Konferenz“ auf zunächst fünf Jahre eingerichtet und institutionalisiert werden. Auch schlägt die SPD vor, einen Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes vorzulegen, der die zu schaffenden verfassungsrechtlichen Möglichkeiten zur Bildungszusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen „in Anbetracht dieser bildungspolitischen Herausforderungen ausreichend berücksichtigt“, heißt es im Antrag.
      Quelle: Deutscher Bundestag
  18. Syrien/Türkei: Rasend schnell
    Aufklärung und erste Geständnisse nach den Anschlägen im türkischen Grenzort Reyhanli sind eine Sache weniger Stunden. Danach passt alles perfekt. Zu perfekt.
    Schon drei Stunden nach den Anschlägen im Grenzort Reyhanli präsentieren die türkischen Behörden Aufklärung und Hinweise auf die Täter. Es dauert noch einmal etwa genauso lange, bis die Nachricht kursiert, es gäbe die ersten Verhaftungen und Geständnisse gleich dazu. Wohl dem, der in einem Staat lebt, dessen Sicherheitskräfte mit solch beeindruckender Effektivität arbeiten. Und das in einer Region, die unübersichtlicher kaum sein kann.
    Quelle: der Freitag
  19. Bahrein: Großes Zauberwort Iran
    Sicherheitsberater aus den USA, Polizisten aus Pakistan – das Königshaus traut dem eigenen Volk nicht. Das protestiert weiter. “Opposition hatte für mich nichts Konfessionelles”, sagt Rula Saffar. Ihr sei es um Meinungsfreiheit gegangen. Sie erlebte, wie das Regime vornehmlich Schiiten verfolgt und dabei den Iran vorschiebt. Erst im Gefängnis stellte ich fest: Alle, die hier sitzen, sind Schiiten.” Pfleger, Ärzte, Krankenwagenfahrer, die, wie die Medizinerin Rula Saffar, während der Unruhen verletzte Demonstranten versorgt hatten. Sie alle wurden gleichermaßen beschuldigt, Umstürzler zu sein, Agenten des Iran, darum bemüht, im Königreich Bahrain die Herrschaft der schiitischen Religionsgelehrten zu errichten. Die Prinzessin und Polizeioffizierin Nura al-Khalifa, ein Sprössling der Herrscherfamilie, kümmerte sich persönlich um die Fälle, schlug die Gefangenen, folterte sie mit Elektroschocks, ließ Frauen mit Vergewaltigung bedrohen und am Ende mit verbundenen Augen ein Geständnis unterzeichnen, in dem sie sich als Helfershelfer des Iran bezichtigten.
    Quelle: taz

    Anmerkung Orlando Pascheit: Es gehört zu den unergründlichen Schizophrenien der USA, wie eine so alte Demokratie in dieser Region Staaten unterstützt, die Demokratie und Menschenrechte mit Füssen treten. Ist ein Luft- und Flottenstützpunkt soviel wert? Dazu gehört auch das Verhältnis zum Hauptverbündeten Bahrains Saudi Arabien, das mit seiner extremen, fundamentalistischen Auslegung des sunnitischen  Islam, dem Wahhabismus, den weltweiten Dschihadismus nicht nur geistig, sondern auch materiell ermöglichte. Unbegreiflich wie ein Land, das einen “Krieg gegen den Terror” führt, diese Hauptstütze der Ideologie dieser Terroristen nie in Frage stellt.

  20. Spione kommen hier nicht rein
    Stellen Sie sich vor, Sie gehen auf die Website einer großen deutschen Tageszeitung, und 70 Unbekannte lesen mit. Späher, die wissen wollen, für welche Themen Sie sich interessieren, wann und wie oft Sie auf der Seite sind. Und die Ihre Vorlieben mit Ihrem Kaufverhalten bei Amazon oder Ihren Wissenslücken auf Gutefrage.net abgleichen. Je umfangreicher das Surferprofil, desto kostbarer die Daten für die Werbeindustrie. Deshalb platzieren sogenannte Trackerfirmen ihre Spione auf so vielen Internetseiten wie möglich. Der dreisteste Schnüffler ist der Onlinemarketingdienst DoubleClick, der seit 2008 Google gehört. DoubleClick sammelt auf 260 der deutschen Top 500 Internetseiten Daten. Das verrät ein Eingeweihter, der nicht genannt werden möchte.
    Anstatt einzelne Zugriffsmethoden wie Cookies oder Flashcookies zu blockieren, hat das Fraunhofer-Institut die Tracker selbst ins Visier genommen. Dazu entwickelten die Forscher des SIT einen Webcrawler: ein Programm, das die wichtigsten deutschen Internetseiten nach Trackingmethoden durchforstet. Damit konnten die Tracker selbst ermittelt – und deren Domains erfasst werden. Die sogenannte Tracking Protection List (TPL), die seit November frei zur Verfügung steht, kann man auf der Institutsseite herunterladen. Einmal installiert, unterbindet die Liste jeglichen Datentransfer zu mehreren hundert Trackern. Und jede Woche kommen mehr hinzu. Der Vorteil der Liste gegenüber den oben erwähnten Programmen ist, dass der Nutzer sich um nichts mehr kümmern muss. Der Browser lädt alle drei Tage die aktuelle Liste nach. Der einzige Haken an der Sache: Nur der Browser Internet Explorer setzt den Mechanismus um. Mozilla Firefox oder Google Chrome wollen die Technologie nicht umsetzen, weil sie selbst mit der Schaltung personalisierter Werbung Geld verdienen. Unter den Top-50-Trackern gehören 17 zum Google-Imperium.
    Quelle: taz
  21. “Massenarbeitslosigkeit in Europa – Auswege aus der Krise”
    Am 16. Mai 2013 um 18:00 Uhr hält Dr. Heiner Flassbeck im Gewerkschaftshaus in Braunschweig den Vortrag
    Quelle: www.braunschweig-spiegel.de

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